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XVI.

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Von der Nachtigall.

Aus dem Magazzino Toscano

Die Nachtigall ist ein allzubekannter Vogel, als daß ich mich bey der Beschreibung desselben aufhalten sollte. - Es ist dieses ein einsamer, wilder, und seiner Natur nach furchtsamer Vogel. Die Männchen sind über ihre Weibchen sehr eifersüchtig, und man wird niemals zwo Nachtigallen bey ein ander, oder miteinander Gesellschaft machen sehen. Wenn die Jungen ausgekrochen sind, schlägt der Hahn nicht mehr, weil er alsdann beschäftiget ist, ihnen Futter zu suchen.

Die Nachtigallen, welche aus dem Neste genommen werden, schlagen nicht so gut, als die, welche es von dem Vater gelernt haben; daher die vom Monate September besser sind, als die vom Auguste. Aldrovandus sagt, daß er eine ganz weiße Nachtigall gesehen habe, wie

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der Kaiserinn Agrippina ihre war, von welcher Plinius redet. Dieses sind Seltenheiten der Natur, so wie weiße Sperlinge, weiße Schwalben, weiße Rebhühner, und endlich auch bisweilen weiße Raben, und Amseln.

Man möchte gern wissen, wo die Nachtigallen im Winter hinkommen; und es ist schwer, diejenigen zu befriedigen, welche diese Neugierde besitzen. Es ist nicht wahrscheinlich, daß sie übers Meer ziehen, sondern, daß sie sich vielmehr in Löchern, die für der Kälte verwahrt sind, verbergen, ohne das Land zu verlassen. Es hat Jäger gegeben, welche versichert, mehr als eine mitten im Winter getödtet zu haben, die sich in dunkeln steinigten Höhlen verborgen hatten. Dieses ist heut zu Tage die gewöhnlichste Meynung; und man kann daher leicht glauben, daß die Schwalben, die Wachteln, und die Nachtigallen den Winter ohne Essen hin bringen, wie ihn viele grosse Thiere, die Bären, die Murmelthiere, die Schild kröten, die Schlangen, die Eydexen, die Frösche, die Käfer, und tausend andere Insekten zubringen. - Wenn nun die Nachtigallen im Winter in andere warme Länder ziehen sollten, so würden sie nach Spanien, oder auf die Küsten von Afrika

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gehen; allein wir wissen es von den Reisenden, daß man sie in Afrika nicht ein mal kennet.

Die Nachtigall macht ihr Nest gemei niglich niedrig in die Hecken, unter die Stöcke, in den Buchsbaum, und in das Gebüsch. Vornämlich aber an die Oerter, wo ein Echo ist, weil der Hahn, wenn das Weibchen brütet, bey Tage und Nacht seine schönen Töne verdoppelt, um seine liebe Gattinn zu belustigen, und zu trösten. Dieses Brüten geschehet meistentheils dreymal im Jahre, das letzte aber taugt gemeiniglich nichts. In jedem Neste pflegen vier, oder fünf Eyer zu seyn, welche eine sehr feine Schaale, und eine dunkle Olivenfarbe haben. Es wer den auch allezeit mehr Männchen, als Weibchen ausgebrütet, welches fast bey allen Vögeln geschiehet.

Eine der angenehmsten Belustigungen auf dem Lande, ist die Nachtigallenjagd. Sie wird des Morgens im Kühlen gehalten, und man kann meistentheils versichert seyn, daß sie gut von statten gehen werde, weil dieser Vogel, wie die Poeten, beständig in Gedanken ist, und bloß auf seinen Gesang denkt. Und dann ist er auch auf die Würmer, welche im Mehle wachsen, so begierig, daß er, wenn man

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sie ihm nur zeiget, gar leicht in die ihm gestellten Netze fällt. Die Zeit, wo man ihn am leichtesten betrügen kann, ist vom Aufgange der Sonne an, bis gegen zehn Uhr des Morgens, weil er alsdann, da er die ganze Nacht nichts gegessen hat, die kleinen Würmchen, Fliegen, Ameisen, oder die Eyer, wovon er sich nähret, aufsucht.

Die Art, und Weise, wie man diese Jagd anzustellen hat, ist folgende: Den Tag vor derselben geht man an den Ort, wo sich die Nachtigall aufhält. Hierauf nimmt man ein Stöckchen, das einen Schuh lang, unten spitzig, und oben ge spalten ist. In die Spalte steckt man eine Nadel, woran zween Mehlwürmer stecken, und steckt das Stöckchen in die Erde, zwanzig, oder dreyßig Schritte von dem Orte, wo man die Nachtigall hat schlagen hören, so, daß sie es von dem Baume sehen kann. Um dasselbe herum, muß man die Erde leicht aufreißen, und geht alsdann wieder nach Hause. Da selbst richtet man einen Vogelbauer zu rechte, der vor dem Fenster angemacht wird, wo er die ganze Zeit über, da die Nachtigall schlägt, nicht weggenommen werden darf. Er muß gegen Morgen hängen, und mit einem Stücke grüner

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Leinwand, oder Zeuge bedeckt seyn, so, daß das Licht nirgends hinein fallen kann. Wenn die Nachtigall der Mittagshitze ausgesetzet ist, so hindert sie dieses am Schlagen, weil ihr die große Hitze beschwerlich fällt, und sie in wenig Monaten blind macht. — Dieses ist bey allen Vögeln, die man in Käfichen hält, zu merken, daß sie nämlich, wenn sie der Mittagshitze ausgesetzt sind, blind werden. —

Den nämlichen Morgen, wenn man fangen will, geht man an den Ort, wo man die Stäbchen den Abend vorher eingestecket hat, und wenn man findet, daß die Nachtigall die Würmer gefressen hat, so zweifle man gar nicht, daß sie wieder kommen werde. Hierauf stellt man sein Netz an den Ort, wo das Stäbchen steckt, und reißt die Erde ein wenig auf, damit die Nachtigall dahin komme, ihren Fraß zu suchen, oder das zu besehen, was man gemacht hat. Wenn es ist kein Vogel in der ganzen Welt neugieriger, als dieser. Man muß aber das Netz so aus spannen, daß der Vogel die angesteckten Würmer sehen kann, daher man alle Blatter und Zweige, die es verhindern könnten, wegschneiden muß. Wenn auch der Vogel, während daß man das Netz aufstellt, fortflöge, so darf man nicht

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befürchten, daß er nicht wieder kommen werde, sollte er aber zu lange ausbleiben, so darf man nur hingehen, und mit Steinen nach ihm werfen, so wird er unfehlbar nach seinem vorigen Aufenthalt zurückkehren.

Wenn er nun gefangen ist, so muß man ihn mit der einen Hand über dem Netze nehmen, mit der andern aber das Netz von der Erde aufheben. Alsdann nimmt man ihn unten bey beyden Beinen, bindet diese locker, und steckt ihn geschwind in einen dazu ausdrücklich gemachten Sack, den man oben und unten mit einem Bande aufmachen kann. Man muß sich aber dabey in Acht nehmen, daß man ihm keine Feder ausreiße, weil dieses das Schlagen auf einige Zeit verhindern würde; und dieserwegen bedienen sich einige statt des Netzes eines seidenen Tuches.

(Die Fortsetzung künftig.)

Ein Mittel wider den Stein.

Aus der Gazette Litter. de l' Eur.

Ein gewisser Herr Buttler, wie er in einem Briefe an einen seiner Freunde meldet, war wenigstens seit 46. Jahren

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mit den erstaunlichsten Steinschmerzen ge plagt worden, Er hatte eine Menge Arzneyen, ohne alle Wirkung gebraucht. Endlich nahm er seine Zuflucht zu den wilden Karotten (Daucus sylv.) die in dergleichen Fällen vom Herrn Boyle sehr waren gerühmet worden. Er machte dar aus einen Thee, trank davon täglich, Morgens, und Abends 3. oder 4. Tassen, ohne dabey eine sonderliche Diät zu halten. Zu Ende des dritten Tages verminderten sich die Schmerzen, und am fünften war er völlig davon befreyt. Die Kräfte kamen nach und nach wieder, kurz, er befand sich vollkommen gut. Nach Verlauf einiger Monate verließ er den Gebrauch dieser Arzney, und das Uibel kam wieder. Er bediente sich abermal seines Trankes, und ward in wenig Tagen wieder hergestellet.

Die Zubereitung der Pflanze ist folgende: Man sammelt sie im August, und laßt sie gemächlich trocknen. Man bedient sich nur der Köpfe, oder der Saamenkörner. Will man Gebrauch davon machen, so thut man 6. bis 7. dieser Köpfe in die Theekanne, schüttet siedendes Wasser darauf, läßt sie wie den ordentlichen Thee ziehen, und trinkt dann diese Quantitat auf zweymal. Das Verhalten da-

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bey, bestehet lediglich darinn, daß man sich der gesalzenen Speisen, und der starken Getränke enthalt.

Vom Scharlache.

Aus den Mem. de l'Acad. des Sciences.

Man bemerket an einer Art von Eichen, Kermes genannt, die in den hei ßen Landern angetroffen wird, eine Art von Wanzen, die mit sehr kleinen, und subtilen Federn bedeckt ist. Diese Wanze durchsticht die umliegenden Oerter dieses Baumes, worauf die Geschwulst rund wird, und kleine Körner gestaltet, die mit einem Wesen, von einer sehr lebhaften lohten Farbe angefüllet sind, welches das Ey eines kleinen Wurms in sich schließt, und dieser Wurm läßt eine kleine Fliege entwischen. Dieses lebhafte Roht, wenn es trocken wird, ist die Scharlachkreide, die zum färben, und der Confectio Alkermes so nützlich ist.


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Topic revision: r7 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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