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XXXVII.
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Beschluß von den Merkwürdigkeiten an den Insekten.
Der Mayenwurm, schwitzt aus allen Gliedern eine fette Feuchtigkeit, wenn man ihn anrühret. — Die Weibchen des Laternenträgers, werfen in den Sommernächten auch in den Gesträuchen ein Licht von sich. Sie brennen gleichsam für Liebe, und bringen durch ihr unverzehrliches Feuer, die Flammen der Männchen gleichfalls in Brand. Ich will mich nicht weitläufig bey der grossen Fliege aus
Surinam aufhalten, die vor der Stirne eine grosse Laterne hängen hat. Auch will ich des Vielfusses nicht gedenken, der im Finstern nicht anders, als wie der Rücken einer Katze schimmert, wenn man sie streichelt.
Will man die sonderbaren Beywohnungen der Insekten wissen, so gebe man auf die Hochzeit unter den Bienen, den Ameisen, und den Affelwürmen, Acht. Es giebt unter ihnen viele Kastraten,
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wenige Mannchen, wenige Weibchen. Was ist es wohl für eine Ursache, daß die Natur den Männchen unter den Laternenträgern, und unter gewissen Schmetterlingen Flügel verliehen hat; da es doch scheinet, als wäre es zu ihrer Fortpflanzung besser gewesen, wenn das weib' liche Geschlecht Flügel gehabt hätte?
Was für schreckliche Klauen haben der Krebs, der Skorpion, und die Skorpionspinne? Was für einen gräulichen Schwanz hat der Skorpion, die Biene, und die Hornisse? Was für fürchterliche Zähne haben der Wasserkäfer, der indianische Vielfuß, und einige Spinnen? und was für ein verderbliches Gift führen nicht dieselben bey sich? Wie wunderbar wissen nicht die Skorpionspinne, der Wasserkäfer, und die stechende Wasserwanze zu rudern? Wie lang ziehet der Seidenwurm seinen Faden, und spinnet sich damit selbst ein?
Ich erstaune wenn ich das künstliche Netz der Spinne, und ihren Sitz betrachte, den sie im Mittelpunkte desselben nimmt, damit sie die kleinste Fliege gewahr werde, die nur im Geringsten ihr Netz bewegt. Sie läuft von einer Wand zur andern, ohne auf den Boden, oder der Decke zu gehen. Sie erhebt sich weit
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über die höchsten Thürme, höher als unser Gesicht reicht, ja so gar bis zu den Wolken. Wir sehen beym angehenden Frühlinge , unsrer lieben Frauen Fäden, eine Arbeit die von den Spinnen herrührt, ganze Felder bedecken. Wie vielfach ist nicht der Faden, selbst in dem Netze, wie mannichfaltig ist nicht derselbe verstrickt, und mit welcher grossen Kunst ist er nicht an einander gewebet? Sie lauert den ganzen Tag auf ihre Beute, und wenn sie dieselbe gefangen hat, spinnet sie sie ein; sie selbst aber wird von der Schlupfwespe, wenn sie ihr in die Klauen geräht, umgebracht.
Fast alle Pflanzen haben ihre Insekten, und alle Puppen haben ihre Pflanzen, wovon sie sich ernähren. Doch giebt es einige, die von vielen leben. Allein, alle diese Pflanzen scheinen doch den Kräften nach, überein zu kommen. Vielleicht könnten uns die Puppen die Kräfte der Pflanzen in der Medicin angeben.
Wer
Apulien von den Taranteln, Indien von den Skorpionen,
Norland von den Mücken,
Lappland von den Viehbramsen, die Bauernhütten von den Hausgrüllen, Finnland von den Schaben, Paris von den Wanzen, die Kinder von den Lausen, die Pferde von den
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großen Stechstiegen, die Garten von den Flöhen, die Obstbäume von den Puppen, und die Kleider von den Motten befreyen könnte, der würde eine grosse Ehre, und Belohnung verdienen. —
Dieses sind die Heere, welche Gott aussendet, ein ungehorsames Volk zu strafen. Jegliche Ordnung derselben hat ihre Befehle, die sie entweder zur Belohnung, oder zur Strafe ausführen wird. Will er die Menschen züchtigen, so muß sich eine Art derselben, auf sein Geheiß, wie der Sand am Meere vermehren, und des HErrn Befehl augenblicklich vollführen. Will er das Gras von den Wiesen abmähen lassen, so stehen ihm viele Millionen von Graßhüpfern zum Dienste. Die grossen Erdschnacken verzehren die grünen Kräuter auf dem Felde. Der Kornwurm frißt die Aehren von den Halmen ab, und der Schrotwurm verwüstet die Speicher. Eine Art von Wasserwanzen verdirbt das Küchenkraut. Die Kohlraupe verheeret den Kohl, der Marienkäfer den Spargel, und eine Art von Nachtschmetterlingen den Hopfen. Der Mayenwurm die Blätter der Bäume, die Obstraupe die Blühten, der Speckkäfer das Fleisch, der Schildkäfer die getrockneten Fische, die Milbe
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den Käs und das Mehl, der Kleiderwurm die Kleider, und der Holzwurm das Holz. — Allein wer wollte alle diese Geschöpft zahlen? Der oberste Beherrscher der Welt, hat so gar die kleinsten Würmer unter der Haut des Menschen zu seinem Dienste, die uns vom Kopfe bis auf den Fuß plagen, so lang noch etwas gesundes an uns ist; der andern Uibel zu geschweigen, als der Pest, der Blattern, des Friesels, und dergleichen Krankheiten mehr, die alle den Tod der Menschen zu wege zu bringen, bereit sind.
Allein wir müßen zum Ende eilen.—Dieses sind die Werke GOttes, womit wir uns beschäftigen sollen. Dieses sind die Wirkungen der göttlichen Macht, und Weisheit, auf die wir unsere Zeit verwenden sollen. Denn der Schöpfer hat uns deswegen in die Welt gesetzt, und mit Augen versehen, daß wir die Vortreflichkeit dieses Gebäudes betrachten, und ihn aus seinen Werken erkennen sollen! Diejenigen halte ich für Verächter der göttlichen Einrichtung, denen diese Wissenschaft unnöhtig scheinet. Hat nicht derjenige, der uns hervorgebracht hat, auch die kleinsten Insekte geschaffen? Und werden nicht in den kleinsten Dingen, die
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größten Wunderwerke angetroffen? — Wir wollen diejenige Zeit, welche andere dem Spiele, den Fröhlichkeiten, den Schmausereyen, und den Scherzen opfern , auf die Untersuchung der Schätze in der Natur, verwenden. Wir wollen aufhören, uns über die Kürze des Lebens zu beschweren. Es ist lang genug, wir wollen aber machen, daß es uns kurz werde!
Die Wunderwerke, und die Schätze der Natur. sind nicht zu zählen. Wer die mehresten weis, der ist für den Weisesten zu halten. Die wir erkannt haben, zeigen uns den Schöpfer, und dasjenige was uns nützlich ist. Alle haben nicht gleichen Verstand, gleiches Vermögen, gleiche Gelegenheit, etwas in den Wissenschaften zu erfinden. Wir entdecken täglich viele Dinge, deren Nutzen wir noch nicht kennen. Wir pflanzen schon Bäume , wovon unsere Enkel erst die Früchte sehen werden. —
Alexander der Große lobte daher mit Rechte den Greis, welcher Datteln saete, damit die spätesten
Nachkommen die Fruchte davon zu genüßen hätten.
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Verhältniß der menschlichen Lebensjahre.
Nach einer Berechnung, die in England gemacht worden, haben sich unter 100,000 Menschen, die gestorben sind, befunden:
7. von 100.Jahren, 2. von 104.Jahren,
5. — 101. — 4. — 105. —
5. — 102. — 2. — 106. —
4. — 103. — 1. — 107. —
Unter einer Million Verstorbener waren:
7. von 108.Jahren, 3. von 111.Jahren,
3. — 109. — 3. — 112. —
4. — 100. — 3. — 116. —
1. — 118.Jahren
Nach diesem Verhältnisse befindet sich unter 3125. Todten, nur eine Person von 100. Jahren.
In den Brandenburgischen Landen ist eine Berechnung der Verstorbenen innerhalb sechs Jahren gemacht worden. Ihre Anzahl belief sich auf 351,998. Unter denselben war eine Person von 114. eine von 115, eine von 120, und eine von 125 Jahren.
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Als dieser berühmte Gelehrte einen grossen Saal bauen ließ, der zu öffentlichen Reden bestimmet war, kam er einsmals dahin, um zu sehen, wie die Arbeit von Statten gienge. Er wollte gern wissen, wie sich die Stimme vom Katheder hören ließe, und befahl daher einem der Arbeiter hinauf zusteigen, und eine Rede zuhalten. Der Kerl sagte aber, daß er nicht wisse, was er reden solle. — Und in Wahrheit war er ganz und gar kein Redner. — O! sagte der Ritter Steele, es ist einerley, redet das Erste, was euch einkömmt. Hierauf sprach der Kerl: Nun mein Herr! Wir haben bereits sechs Wochen lang gearbeitet, und können keinen Pfenning Geld erhalten: wenn wird es ihnen daher gefällig seyn,uns zu bezahlend Sehr gut, sehr gut, rief Steele, kommet nur herunter, ich habe genug gehöret! Ich muß gestehen, daß ihr sehr deutlich redet, ob mir gleich die Materie dieser Rede gar nicht gefällt!
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