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XLII.

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Neue Art, den Hanf mit wenigerem Abgange, und geringern Kosten zu bereiten, und ihn am beßten zu nutzen.

Aus dem Journal Oeconomique.

Obgleich seit langer Zeit der Ge brauch des Hanfes eben so noht wenig, als gemein ist, so scheint es doch, daß bisher die Natur, und Eigenschaften dieser Pflanze, noch nicht Vollkommen gut erkannt sind. Viele haben geglaubt, das Rösten wäre eine Art von Faulung, und wann man den Hanf zu lange im Waffer ließe, faulte er zu stark, und gebe auf der Breche, oder Hechel nur Hahre, ohne Güte, und Stärke. Im Gegentheile gedachten sie wieder, der Hanf, den man nicht lange genug geröstet, behielte eine Rinde, die zu sehr an den Kern und Mark hienge, und nur harte, elastische und zur Bereitung sehr beschwerliche Hahre gebe. Endlich wäre doch eine

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Mittelstrasse die man dabey halten müßte. Aber, es wäre unmöglich. Regeln davon zu geben, und gleichwohl ebenso leicht, als gefährlich, sich davon zu entfernen. Um allen diesen Unbequemlichkeiten vorzubeugen, und eine einfache, und untrügliche Regel von dieser ersten Zubereitung zugeben, hat man bemerkt, daß das gewöhnliche Rösten des Hanfes nichts anders sey, als die Auflösung eines zähen, und der Pflanze natürlichen Harzes, welches das einzige Band derselben ausmachet, und daß man den Hanf nur in einem ebenmäßigen Verhältnisse, mit dem Uiberflusse an diesem Harze, und mit der Stärke seines Anhängens rößten müße. Läßt man den Hanf allzulange im Wasser, so kann man die Fasern der Rinde, weil sie alsdann durch die Auflösung fast alles Harzes, zu sehr von einander abgesondert sind, nicht mehr nach ihrer ganzen Länge wegnehmen; und der größte Theil bleibt mit dem Strohe, womit man es oft in der Breche bearbeitet, vermengt. Es ist also dieser Ursache wegen gefährlich, den Hanf allzulange rösten zu lassen; und man muß kein anderes Ziel der Zeit setzen, als hinreichend ist, die Rinde

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genau, und ohne Verlust vom Kerne und Mark abzusondern. Vielleicht gebraucht man dazu nicht mehr, als fünf, oder sechs Tage. Da, nachdem man den Hanf lange genug im Wasser gelassen hat, um ihn nur zum Brechen geschickt zu machen, die Rinde, nach der alten Art zu verfahren, hart, elastisch, und zur Zubereitung feiner Hahre durch die Hechel wenig tauglich scheinet: so hat man durch Uiberlungen, und durch die verschiedenen angestellten Versuche, das Mittel gefunden, ihr leicht, und ohne Kosten, alle guten Eigenschaften zu geben, die ihr fehlen. Das Wasser, welches schon geschickt gewesen ist, die Rinde bey dem ersten Rösten von ihrem Strohe abzusondern, wird durch die gänzliche Auflösung des noch zurückgebliebenen Harzes, weit besser, und ohne Gefahr, die Fasern, oder Fibern voneinander theilen. Zu dem Ende ist es also hinreichend, den Hanf, wann er gebrochen ist, zu kleinen Handvollen von einem Viertlpfunde, oder so ungefähr ins Wasser zu legen. Man biegt sie ganz lose in der Mitte, durch einen etwas starken Bindfaden, um sie in dem Wasser handhaben, und bewegen zu können, ohne daß sie sich in

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einander verwickeln. Nachdem man alle Handvolle mit Wasser getränket hat, muß man sie auf eben die Art, wie man Garn zum Einweichen in einen Kübel legt, in ein hölzernes, oder steinernes Gefäß thun. Hierauf füllt man dasselbe mit Wasser, und läßt den Hanf verschiedene Tage hindurch, sich darinnen soviel befeuchten, und durchziehn, als nöhtig ist, sein Harz aufzulösen. Drey bis vier Tage sind zu diesem Werke hinlänglich. Hiernächst muß man jede Handvoll bey ihren Bindfäden herausziehen, sie durch Drehen ausdrücken, und im Fluße waschen, um sie, so viel als möglich ist, von dem schlamichten, und harzigten Wasser, woraus sie kommen, zu reinigen. Wann sie so ausgewaschen sind, bringt man sie wieder nach Hause, und dann kann man sie auf einem Brette bläuen, um völlig alle Theile, die noch nicht genug zertheilet sind, zu trennen. Zu dem Ende breitet man eine jede Handvoll von diesem Hanfe auf einer Bank von starken, und festen Holze aus, nachdem man den Bindfaden davon abgenommen hat. Man schlagt sie der ganzen Länge nach, mit der Fläche eines gemeinen Waschbläuers, bis die dicksten Theile oben, und unten Hinlänglich von einander getrennet sind.

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Dieses aber muß man eben nicht übermäßig thun, denn es würden sodann die Fasern nicht genug Stärke behaltendem Kamme vor ihrer Richtung zu widerstehen. Dieses ist eine Behutsamkeit von der Art , die man allein durch die Erfahrung lernen kann. Nach dieser geringen Arbeit, welche gleichwohl die langweiligste ist, muß man eine jede Handvoll wieder im fließenden Wasser waschen, so, daß man sie von einem Ende zum andern nehme; und dann sieht man den guten Ausschlag von aller dieser Zubereitung. Alle Fasern des Hanfes, die so im Wasser durchspielet sind, theilen sich, waschen sich aus, machen sich von einander los, und scheinen so vollkommen zugerichtet, als wenn sie schon durch den Kamm gegangen waren. Je geschwinder, und stärker der Strom des Wassers, und je schöner dasselbe ist, desto weißer, und reiner werden auch die Fasern. — Wenn nun der Hanf helle genug, und von seinem Schmutze gänzlich gereiniget zu seyn scheinet, so zieht man ihn, so breit, als nur möglich ist, aus dem Wasser. Hierauf hängt man ihn auf eine Latte gegen die Sonne, damit er austräufte, und trockne.

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Auf diese Weise lösen sich die Fasern des Hanfes, wie so viel Hahre von Seide, theilen sich, reinigen sich, und werden fein, und weiß, weil das Harz, welches der einzige Grund ihrer Vereinigung war, auch den einzigen Grund ihres Schmutzes, und der verschiedenen Farben, die man an dem Hanfe sieht, abgab. Wann der Hanf nun einmal recht trocken ist: so biegt man ihn behutsam, so, daß man ihn ein wenig drehe, damit sich die Fäden nicht weiter in einander verwickeln können. Alsdann kann man ihn hächeln, um die feinen Hahre auszuziehen. Es wird nicht mehr nöhtig seyn, ihn so lange wie sonst zu schwingen. Diese Arbeit, welche wegen der Kräfte, die sie erforderte, so schwer, und wegen des tödtlichen Staubes, den der Arbeiter einschluckte, so gefährlich war, wird nicht mehr, als ein mittelmäßig mühsames Werk seyn. — Wenn man sich seiner Kämme, oder Hecheln bedienen will, so wird der so gewaschene Hanf Hahre geben, die sich zu den schönsten Faden spinnen, und mit dem schönsten Flachse vergleichen lassen; auch wird nicht mehr, als ein Drittheil von gutem Werke herauskommen. Dieses Werk nun, welches

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Vorher ein verwerflicher Ausschuß war, und gemeiniglich den Sailern um ein sehr Geringes verkauft ward, wird durch eine neue Bearbeitung , eine Sache von der größten Nutzbarkeit. Wenn man es wie Wolle kämmt; so kömmt ein neuer, feiner, sanfter, und weißer Stoff heraus, wovon man den Gebrauch bisher nicht gekannt hat. Man kann Watten daraus machen, welche vor den gemeinen Watten einen Vorzug haben werden; aber man kann ihn auch noch spinnen, und einen ziemlich schönen, und guten Faden daraus ziehen. Die Leinwand, die man von dem so zubereiteten Hanfe machen wird, darf nicht so lange in der Bleiche seyn, und das Garn selbst wird die Laugen, wodurch man es gehen lassen müßte, nicht mehr nöhtig haben. Die ersten Entdeckungen haben die Gedanken erreget, daß selbst der größte Abgang vom Hanfe und das Auskehricht der Werkstätte, wo man ihn verarbeitet, noch einen guten Stof enthielte, den man gemeiniglich ins Feuer, oder auf den Misthaufen warf, weil man den Gebrauch nicht wußte. Er darf gleichwohl nur gebrochen, und im Waffer gesäubert, und gereiniget werden, um in den Papiermühlen

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brauchbar zu seyn. Die Probe die man damit gemacht hat, läßt dießfalls keinen Zweifel übrig, und man sieht leicht ein, daß dieses in der That erheblich ist. Ein blindes Verfahren nach der Gewohnheit, und die Vorurtheile, welche dieselben hervorgebracht hat, sind Ursache gewesen, daß man bisher die vortreflichen Eigenschaften, und die natürliche Vollkommenheit des Hanfes nicht erkannt hat. Man hatte noch nicht wahrgenommen, baß der Faden, unabhänglich von den Bearbeitungen der Kunst, die ihn weder bilden, noch vollkommen machen kann, in der Pflanze vorhanden war; daß die Arbeit blos darauf eingeschränkt ist, ihn zu reinigen und durch die Absonderung der Hahre, woraus die Rinde besteht, zu theilen, und daß diese Rinde eine Art von einem natürlichen Strange ist, dessen Fäden, ihrer Länge nach, durch eine unreine , und leimichte Feuchtigkeit verbunden sind, die man nohtwendig auflösen, und wegschaffen muß, weil sie eben sowohl dem Arbeiter, als der Bearbeitung zuwider ist. Da uns aber die Natur des Hanfes und seine Eigenschaften besser bekannt sind, so zweifelt man nicht, die Leute werden sich alle die Vortheile zu Nutzen machen, die sie sich, durch diese neue Art zu verfahren, verschaffen können.


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Topic revision: r5 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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