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XLVII.
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Der menschliche Leib.
Die kleinste Gestalt, unter welcher die geübtesten Augen der Beobachter, die menschliche Frucht erblickt haben, ist ein eyrundes Bläschen, welches sich nach und nach entwickelt. Nach sieben Tagen kann man schon mit blossen Augen die erste Anlage zu einem Menschen erkennen. Diese sieht jedoch nicht anderst, als eine durchsichtige Gallerte aus, welche schon einige Festigkeit hat, und in welcher man den Kopf, und den Rumpf, unterscheiden kann. — Nach vierzehen Tagen fängt man an, den Kopf deutlicher zu bemerken, und die stärksten Züge des Gesichtes zu erkennen. Die Nase ist noch weiter nichts, als ein hervorragendes Fäserchen, welches senkrecht auf einer Linie stehet, welche die voneinander gesonderten Lippen bezeichnet. Man sieht an der Stelle der Augen, zween schwarze Punkte, und wo sich die Ohren bilden sollen, zwey kleine Löcher. Zu beyden Seiten des oberen Theils des Rumpfes sind kleine Hervorragungen,
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welche die ersten Aufrisse zu Armen und Beinen sind. Nach Verlauf von drey Wochen hat der Leib etwas zugenommen. Die Arme nnd Beine, die Hände und Füße, sind merklich geworden. Das Wachsthum der Arme ist schneller als der Beine, und die Finger sondern sich eher ab, als die Zähen. Wenn die Frucht einen Monat alt ist, so ist die menschliche Gestalt nicht mehr zweydeutig. Alle Theile des Gesichtes sind kenntlich, der Körper hat seine völlige Zeichnung, die Hüften, und der Bauch erheben sich, die Gliedmassen sind gebildet, die Finger und Zähen abgesondert, und die Eingeweide durch hin und wieder gebundene Fasern bemerket. Nach vier und einem halben Monate erscheinen auch die Nägel an den Fingern und Zähen.
So nimmt das Kind immer zu, bis in den neunten Monat, ohne, daß man jedoch das Maas der Theile bestimmen kann. — Die Zeit in welcher es sich zu bewegen anfängt, ist ungewiß, gemeiniglich aber geschieht es gegen die Hälfte der Schwangerschaft. Das Kind kömmt gewöhnlichermassen nach dem 274sten Tage zur Welt. Diese Zeit ist jedoch sehr oft viel kürzer, und Kinder von 182. Tagen werden für ehlichgebohrne gehalten. Sie
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ist aber auch öfters viel länger. Wenigstens kann nach den römischen Rechten ein Kind auch zehn Monate nach des Vaters Tode ehrlich zur Welt kommen , und in den Gerichtshöfen fehlt es nicht an Beyspielen von solchen, welche in dem zwölften und sogar im dreyzehnten Monate, für Ehrlichgebohrne sind erkläret worden.
Die Weiber im Ganzen genommen , sind nicht nur kleiner als die Männer, sondern sie haben auch einen kleineren Kopf, einen längern Hals , die Schultern, und die Brust sind mehr gedrängt, die Brüste und der Unterleib etwas niedriger , die Hüften breiter, die Arme und Beine stärker, die Hände schmäler, die Dickbeine kürzer, der Bauch größer, und die Füße schmäler. Ihre Muskeln sind weniger sichtbar; ihr Umriß ist daher gleicher, und mehr in einander fließend, und ihre Bewegungen sind sanfter.
Die größte Höhe eines Kindes, das zur rechten Zeit zur Welt kömmt, ist 1
Fuß, und 11.
Zolle rheinisch, und die kleinste ist von einem Fuße, und 6. Zoll. Die Höhe der Erwachsenen ist sehr verschieden. Der ansehnliche Wuchs bey Männern ist zwischen 5. Fuß, und 4. bis 5. Zoll, und zwischen 5. Fuß, und 8
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bis 9. Zoll. Der Mensch ist des Abends kleiner, als des Morgens; und
der Unterschied in der Hohe beträgt beynahe einen Zoll.
Die größte Schwere eines Kindes, das zu rechter Zeit zur Welt kömmt, geht selten über acht
Pfunde, und die geringste ist wenig unter fünfen. Personen von mittlerer Größe wiegen ungefähr 150. Pfunde. Im Sommer wiegt ein gesunder Körper gegen 3. Pfunde weniger, als im Winter.
Der Mensch bringt gemeiniglich Hahre mit auf die Welt. Diejenigen, welche blond werden sollen, haben blaue, Die rohten, brennendgelbe,und die braunen blaßgelbe Augen. Die Farbe der Hahre bey den Erwachsenen ist mannigfältig. Man unterscheidet vier Hauptfarben die blonde, die braune, die schwarze, und die rohte, davon aber jede wieder verschiedene Abweichungen hat. Das goldgelbblonde wird dem milchblonden vorgezogen; das aschenfarbigblonde hingegen wird für das schönste gehalten. Das eigentliche braune, das hellbraune, und das dunkelbraune giebt die gemeinste Farbe der Hahre. Unter dem schwarzen, ist das glänzendschwarze dasjenige, welches man ohne Puder tragen kann, aber man
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kömmt es nur selten zu sehen. Das rohte geht durch vielerlei Abstiche vom goldgelben bis zum brennrohten. Der europäische Geschmack will sich nicht an diese Farbe gewöhnen, in andern Ländern aber gehört sie unter die Schönheiten.
Die Hahre an den Schläfen werden zuerst grau, hernach die an dem Haupte, an den Augenbrämen, an den Augenwimpern, und an dem Barte. Die krausen Hahre werden später grau, als die glatten. Es giebt sehr verschiedene Gattungen grauer Hahre. Diejenigen, welche man mohrengrau nennet, sind vorher
glänzendschwarz gewesen. Die schmutzig schwarzen finden sich an braunen Personen. Das weiße Hahr auf gelben Grunde ist die Farbe blondgewesener Hahre. Unter den durch Alter weißgewordenen Hahren, werden die Agatweißen für die schönsten gehalten. Gemeiniglich bekommen sie diejenigen Personen, deren Hahre am allerschwärzesten gewesen sind. Das Perlenweiße ist die Farbe der Kastanienbraunen, so wie das Milchweiße der blonden, oder rohten Hahre. Die, welche blond gewesen sind, haben keine so guten Eigenschaften, wie die rohten. Diese sind stark, gleich, beständig, fein an der Spitze, und von Natur zum
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Kräuseln geschickt. Zwischen blonden, und andern Personen ist dieser Unterschied: daß je älter jene werden, desto dunkler auch ihre Hahre sind; dahingegen bey den andern, sie immer stärker und höher an der Farbe werden, je mehr sie mit den Jahren grau werden. Jedoch geschieht dieses Zunehmen nur bis gegen das sechszigste Jahr, weiter hin haben sie nicht mehr die nämliche Nahrung, sie werden daher trocken, und werkig. Man nimmt überhaupt wahr, daß die Hahre der Personen, welche die Mäßigkeit lieben, sich länger erhalten, dahingegen die von Unmäßigen weniger Saft haben, eher austrocknen , und eher ihre gute Beschaffenheit verlieren. Das Kahlwerden ist fast nur dem männlichen Geschlechte eigen. Das weibliche hat die Natur von diesem Uibelstande frey gemacht, wofern nicht äußerliche Zufälle die Hahre ausfallen machen.
Der Mensch hat gemeiniglich 32. Zähne. Die Schneidezahne sind an der Zahl achte, davon vorn in jedem Kinnbacken, sowohl oben als unten viere stehen. Sie kommen selten ehe, als im siebenten Monate zum Vorscheine, und zuweilen erst gegen das Ende des ersten Jahres; und die vier Augenzähne brechen im neunten
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oder zehenten Monate hervor. Gegen das Ende des ersten, oder den Anfang des zweyten Jahres erscheinen sechszehn andere, welche man Backenzähne nennet. Die Augenzähne stehen an den Schneidezähnen, und die Backenzähne an den erstern.. — Die zween Schneidezähne , die Augenzähne , und die vier ersten Backenzähne, fallen von dem fünften, bis zum achten Jahre wieder aus; sie werden aber durch neue ersetzet, davon einige zuweilen erst in dem mannbaren Alter erscheinen. — Es giebt noch vier Zähne, welche zu beyden Enden der Backenzähne stehen, welche viele Personen gar nicht haben. Sie kommen überhaupt spät zum Vorscheine, nie eher, als mit dem mannbaren Alter, und oft noch viel später. Man nennet sie Weisheitszähne.
Die gewöhnlichsten Farben der Augen sind, dunklpomeranzenfarb, gelbblau, grün, grau, und grau mit weis vermischt. Die blauen und pomeranzengelben trift man am meisten an. Oefters befinden sich auch beyde Farben in einem Auge. Die Farbe derjenigen Augen, welche man für schwarz hält, ist nichts anders, als gelbbraun, oder dunkel Pomeranzenfarb. um sich hievon zu überzeigen, darf man diese Augen, nur in der Nähe betrachten.
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In der Ferne, oder gegen das Licht, scheinen sie blos deswegen schwarz, weil die braungelbe Farbe so sehr mit dem Weißen im Auge absticht, daß man sie, in Absicht auf das Weiße, für schwarz halt. Die Augen welche weniger braungelb sind, werden auch unter die schwarzen gerechnet, sie sind aber nicht so schön, als die andern, weil diese Farbe gegen das Weiße, nicht hoch ausfällt. Es giebt auch gelbe, und hellgelbe Augen; diese aber fallen gar nicht schwarz aus, weil dergleichen Farben nicht dunkel genug sind, sich im Schatten zu verlieren. — Man sieht sehr oft in dem nämlichen Auge Anstriche vom Pomeranzen, farbe, von Blau, Gelb, und Grau. So bald sich etwas Blaues darunter befindet, so wird diese Farbe die herrschende. Sie zeigt sich in verschiedenen Fäserchen, durch den ganzen Umfang des Regenbogens, und das Pomeranzenfarbige steht in Flocken in einer kleinen Entfernung von dem Ster um dasselbe herum. Das Blaue verdrängt diese Farbe so sehr, daß das ganze Aug blau aussieht, und man wird die eingemischte Pomeranzenfarbe nicht ehe gewahr, als wenn man es in der Nähe betrachtet.
Der Beschluß folgt.
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