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LI.
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Die mosaische Arbeit.
Aus dem Italienischen.
Die mosaische Arbeit ist eine Art von Malerey, welche vermittelst kleiner Stückchen Marmor, gebrannter Erde, feiner Steine,Glases,oder Schmelzwerkes, alles dasjenige bewerkstelliget, was der Pinsel mit den Farben zu verrichten pfleget.
Diese Kunst ist schon den Griechen bekannt gewesen , welche sie zu einem grossen Grade der Vollkommenheit gebracht hatten. Die Geschichte der schönen Künste, hat uns den Namen eines gewissen Sosus von Pergamo aufbehalten, dessen Werke in besonderer Achtung waren. Man bewunderte unter andern einen Fußboden von seiner Arbeit, worauf er die Uiberbleibsel, welche bey einer Mahlzeit auf die Erde zu fallen pflegen, so natürlich vorgestellt hatte, daß das Auge des Zuschauers betrogen wurde. Man rühmt noch einen andern Fußboden von
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diesem Meister, worauf ein Becken mit Wasser zu sehen war , auf dessen Rande vier Tauben stunden , davon die eine in der Stellung zu trinken war, und deren Bild in dem Wasser , wie in einem Spiegel, zurückgeworfen wurde.
Die Uippigkeit, welche die Uiberwinder von Griechenland nach Rom begleitete, machte die mosaische Arbeit, bald auch in dieser Hauptstadt der Welt bekannt. Man glaubt, daß Sylla der erste gewesen sey, welcher in dem Tempel der' Göttinn des Glückes zu Preneste, diejenige mosaische Arbeit verfertigen lassen , welche sich gröstentheils, bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Sie stellt einen Helden vor, der aus einem Horne trinket, worein eine weibliche Figur, aus einer Opferkanne, welche sie in der Hand hat, ein gewisses Getränk gegossen zu haben scheinet. Vier andere Figuren tragen einen Sarg, vor welchem eine Frau auf der Erde sitzet, verschiedene andere Personen, spielen, und trinken, unter einer grünen Laube — Man hat verschiedene Auslegungen von diesem Werke; sie beruhen aber alle, auf blossen Muhtmassungen.
Die mosaische Arbeit fand in Rom einen so grossen Beyfall, daß in kurzer Zeit
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kein Einwohner war, der in seinem Zimmer nicht eingelegte Fußböden sollte gehabt haben. Man blieb aber nicht hiebey stehen. Die Wände in den Zimmern, die Bäder, ja, die Strassen selbst, wurden mit gefärbten Steinen, nach verschiedenen Zeichnungen ausgezieret. Endlich gieng der Geschmack an dieser Art von Uippigkeit so weit, daß einige Bürger, so gar auf ihren Reisen, Kisten mit gefärbten Steinen mit sich führten, damit sie sich , so gleich an allen Orten, wo sie sich zu verweilen gedachten, mosaische Fußböden konnten machen lassen. Man erzählt, daß unter dem Feldgerähte des Julius Cäsar, sich allzeit ein Vorraht Von Steinchen befunden habe, womit der Fußboden in seinem Zelte mußte angelegt werden.
Da die Römer, die die mosaischen Werke so sehr liebten, und zugleich alle Mittel zur Verschwendung im Uiberfluße befassen, so darf man sich nicht verwundern, daß die Stadt Rom grosse Künstler in dieser Arbeit hervorgebracht hat. Das, was davon bis auf uns gekommen ist, verdient noch heut zu Tage die Bewunderung der Kenner. — Eines von den schönsten, und seltensten Denkmälern der römischen mosaischen Arbeit, ist in
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dem prächtigen Landhause, welches der Kaiser Hadrian, nach seiner Zurückkunft aus den römischen Provinzen, zu Tivoli , hatte erbauen lassen. Es stellt dasselbe eine Schaale voll Wasser vor, auf welcher vier Tauben sitzen, davon die eine trinken will, und scheint eine Nachahmung des sosystischen Werkes zu seyn. Man hat es lang für das Schönste in dieser Art gehalten. Es ist in der Mitte eines Fußbodens eingesetzt gefunden worden, der selbst ein vollkommen wohl ausgearbeitetes Stück ist, von den Binden mit Laubwerke, welche ins Gevierte auf demselben umher liefen, hat der Kardinal Alexander Albani ein Stück eines Palm breit, und vier Palmen lang in einem Tischblatte von orientalischen Alabaster einfassen lassen, und von demselben erhielt der verstorbene Kurfürst, damahliger Kurprinz von Sachsen, ein ähnliches Tischblatt, mit einer noch längern von diesen Binden, von der Breite, und Arbeit. — Das vorzüglichste Werk nach jenem ist wohl die Sirene. Parthenope, welche auf dem Palatino zu Rom gefunden worden, und sich gegenwärtig in der königl. farnesischen Gallerie zu Capo di Monte, bey Neapel befindet.
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In der feinen Arbeit aber wird dieses sowohl, als jenes, von einem schätzbaren Werke übertroffen, welches in der verschütteten Stadt Pompeji, den 28. April 1763. entdecket worden. Dasselbe wurde in der Mitte des Fußbodens eines Zimmers gefunden, ist zwey Palmen hoch, und stellt vier Figuren vor, welche komische Masken vor dem Gesichte haben, und auf Instrumenten spielen. Die erste Figur zur rechten Hand spielet das , was man in Italien den Tamburino nennt; die andere schlägt die Crotali, oder kleinen Becken aneinander, und diese beyden sind männliche Figuren. Die dritte ist weiblich, ins Profil gekehrt , und bläst zwo Flöten; die vierte ist ein Kind, welches die Schalmey bläst. Die kleinen Steinchen zum Grunde dieses Gemäldes, sind in der Größe eines ganz zu oberst abgestutzten Federkiels, und vermindern sich in den Figuren, bis sie dem blossen Auge nicht mehr kenntlich sind. Es sind so gar die behahrten Augenbramen an den Masken ausgedrücket. Den Wehrt dieser unnachahmlichen Arbeit, erhöhet der Name des Künstlers Diskoribes, aus der Insel Samos, welcher dieses Werk verfertiget hat. —
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Diese Kunst hat das besondere Glück gehabt, daß sie sich mitten unter den Verheerungen der Barbaren, und in den Zeiten der Unwissenheit, welchen Italien so viele Jahrhunderte hindurch, ausgesetzet gewesen, dennoch beständig erhalten hat. Man siehet allenthalben mosaische Malereyen, welche in den ältesten Zeiten zu Auszierung der Kirchen gebraucht worden, und man trift Spuren derselben , bis in das fünfte Jahrhundert an. Es ist wahr, daß der Geschmack und die Zeichnung abscheulich sind. Es sind gemeiniglich grosse steife Figuren, von einem sehr übel gerahtenen Verhältniße auf goldenen Grunde, welche zu nichts dienen, als zu beweisen, wie wenig man in jenen Zeiten, die Schönheiten der Natur gekannt habe, welche man so Übel nachgeahmet hat. — Dieser Geschmack dauerte in Italien bis auf die Zeiten des Malers Giotto, den man als den ersten ansehen kann, welcher die gute mosaische Arbeit wieder zum Vorscheine gebracht hat. Dieser Künstler war kein ungeschickter Maler, und lebte in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts.
Florenz und Rom sind in Italien, die Orte , wo heut zu Tage, das schönste Mosaick verfertiget wird. Jedoch ist die
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Art zu arbeiten , in beyden Städten verschieden. — In Florenz sind die Materien , deren man sich dazu bedienet , die kostbaresten Marmorarten, Agathe, Granaten, Gardoniche, Korallen, Perlenmutter, Lazurstein, Jaspis, Schmaragden, und Topasen. Diese Materien, ob sie schon sehr kostbar sind, kosten doch weit weniger, als die Handarbeit. Da man, so viel als möglich, der Malerey, und ihren Farben nachahmt, so muß man diese sehr harten Steine, in überaus kleine Stückchen sägen, welches sowohl Mühe und Zeit, als Arbeiter erfordert , die geschickt genug sind, nichts zu verderben. Diese Arbeit ist so beschwerlich, und erfordert eine so starke Anstrengung der Leibeskräfte, daß wenig Arbeiter stark genug sind, solche einige Jahre lang auszuhalten. Sobald sie merken, daß ihre Gesundheit einigen Anstoß leidet, so müßen sie ablassen, denn, wenn sie aus Liebe zum Gewinne, fortarbeiten, so sind sie ohne Hilfe verloren. Man arbeitet in dieser Werkstätte blos für den Großherzog, und niemand kann etwas von dergleichen Werken erhalten, es sey dann aus der Hand des Fürsten. Die florentinische Arbeit geht sehr langsam von statten, vierzig Menschen bringen
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anderthalb Jahre mit einem Gemälde zu, das fünf Fuß in der Länge, und halb so viel in der Breite hat, worauf blosse mit Korallenzweigen untermengte, und mit einer Perlenschnur umwundene Kränze von Muschelwerk gezeichnet sind. Der Künstler hat beständig die gemalte Zeichnung, nach welcher er arbeitet, vor Augen, und wählt zu erst die Steine, welche die Farben ausdrücken. Er setzt diese Steinchen, auf ein grosses Stück Stein, von der Art, welche man Lavagna nennet, welcher dichter und schwerer als der Schiefer ist, und den man zuvor mit einem dicken Kütte überzogen hat. Wenn diese Stücke festhalten, und genau aneinander kommen sollen, so müssen sie wenigstens 7 bis 8 Linien hoch seyn. Je dünner sie sind, desto länger müßen sie seyn. Man stelle sich vor, wie viele Pinselstriche nöhtig sind, um ein Gewand, eine Hahrlocke, ein Gesichts eine Blume, oder eine Wolke zu malen, so wird man sich von der Menge der verschiedenen Stückchen einen Begrif machen können, welche erfordert werden,
die verschiedenen Gegenstände auszudrücken,welche man vorstellen soll; und davon viele dem Gemälde sehr nahe kommen, außerdem in die Augen fallenden Glanze, den man den Steinen nicht geben kann. —
Der Beschluß folgt.
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