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V. Jahrgang, XXX. Stück, den 26. Julii 1775.
I. Naturgeschichte.
Beschreibung des Cementwassers, unterschiedlicher warmen Bäder und andrer Naturalien in den ungarischen Bergstädten.*)
Das berühmte Cementwasser in denen ungarischen Bergstädten, welches nach gemeiner Art zu reden, das Eisen in Kupfer verwandelt, wird in dem Kupferberwerk Herrngrund genannt, angetroffen, welcher Ort eine Meilewegs von Neusohl in dem Gebirge gegen Mitternacht lieget, und aus lauter Heyer- und Bergbedienten Wohnungen bestehet. Die Gruben ist die größte und weitläuftigste unter allen in denen sieben Bergstädten und schon über 400 Jahre alt; wie dann derselben erste Anlegung in das Jahr 1251. gesetzet
*) Diese Beschreibung ist bereits im Jahre 1703 verfasset worden, wir theilen sie hier, als ein schätzbares Stück mit, und zwar unverändert.
wird. Die ersten Waldburger daselbst waren etliche deutsche Herren, welche vom Könige Bela durch Ertheilung großer Privilegien aus (Deutschland) ihrem Vaterlande hieher gezogen worden, deren Nachkommen auch, als sie Gott in gemeldtem Bergwerk reichlich gesegnet, die königl. freye Bergstadt Neusohl angelegt und erbauet haben, welches geschehen, im Jahre Christi 1345. Als aber im vorigen Säculo ihre Nachkommen durch einen langwürigen Unseegen gezwungen worden, solche Gruben aufzulassen, haben solche Ihre damals glorreichest regierende Kaiserl. Majest. angenommen und gebauet; bey welcher es auch bis dato geblieben, dergestalten, daß sie nunmehro völlig und ganz allein dem höchsten Aerarium zugehöret.
In dieser Gruben nun befindet sich obengemeldtes Cementwasser und zwar an etlichen unterschiedlichen Orten, wie dann sieben dergleichen Cementkammern gezählet werden, unter welchen ich nur die größte und vornehm-
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ste also beschreiben will, wie ich im Jahre 1700. den 23. Nov. sie selbsten in Augenschein genommen. Ich hatte, als ich dazu eingefahren 700. Klafter in die Tiefe auf der Mannsfarth zu fahren, wiewohl sie nach dem Schacht und perpendikulär gerechnet, nur 70. Klafter tief in der Erden lieget, und ist nichts anders, als ein in einem Felsten ausgehauener, auf der einen Seiten mit Brettern und Hölzern verschlagener Ort, ungefehr 35. Schuh lang, und 2. bis 3. breit. Das Wasser tröpfelt aus dem Felsen, welcher gegen Abend lieget, überall gemächlich heraus, und wird theils in hölzernen 2. Spannen breiten Trögen, theils in den im Felsen auf den Boden ausgehauenen Kavitäten gesammelt: in diese (Tröge und Kavitäten) nun wird das Eisen stück oder stangenweis gelegt, und so lang darinnen liegen gelassen, bis es zu Kupfer und hart worden, da es heraus genommen, und wieder ein anders hineingebracht wird, welches zuweilen in 4. zuweilen in 8. 12. auch mehr Wochen geschiehet, nach dem nämlich das Cement stark zufließet, oder schärfer und kräftiger ist. Oben über dem Wasser sammlet sich eine Haut, welche man den Schmund nennet, und der öfters herab genommen, und zu Kupfer geschmolzen wird.
Die Bretter, wie auch die Wände sind überall mit Vitriol angelauffen.
Der Abfluß des Wassers gehet in die Tiefe durch die übrigen Cementkammern durch, welche aber alle kleiner sind. In diese können sie auf einmal 20 Centner Eisen legen, davor sie 40. bis 50 Centner des schönsten Kupfers herausbekommen. Dann dieses ist hiebey absonderlich zu bemerken, daß man allezeit noch einmal so viel Kupfer heraus bekommt, als man Eisen hinein thut, und darf eben das Eisen nicht neu seyn; sondern man nimmt meistens altes, zerbrochenes Eisen, das sonsten zu nichts mehr zu gebrauchen ist. Ich habe etliche Seitel von diesem Wasser mit mir aus der Gruben genommen, und damit unterschiedliche Experimenten gemacht, derer etliche ich kürzlich melden will: Ich habe nämlich ein Seitel evaporieren lassen, und 3. Unz.
gelbes und röthliches Pulver davon bekommen, welches süßlich adstringirend, und am Geschmack einem Vitriolo-Veneris nicht zugleich gewesen: In eine andere Quantität, habe ich genugsames Oleum Tartari per Deliquium gegossen, so ist es erstlich trüb und stahlgrün worden, nach einer kurzen Zeit, hat sich ein eben solch grünes Sedimentum auf den Boden gesetzt, obenher aber das Wasser klar und ohne Geschmack geblieben mit dem Spirit. Salm. vol. vermischt hat es sich auch alsobald getrübet, und am Boden ein stahlgrünes Sedimentum gehabt, das obere Wasser aber war an Farbe Sapphyrblau und ohne sonderliche Geschmack. Als ich das Wasser beyderseits abrauchen lassen, ist ein salziges gelblichtes Pulver in fundo geblieben. Von den Spir. Vitrioli und anderen darein gegossenen
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Acidis hat es sich wenig oder gar nichts verändert.
Sonsten siehet dieses Wasser an der Farbe grünlich aus, dem Geschmack nach ist es süßlich adstringirend und vitriolisch, ist auch schwerer, als ein gemeines Brunnenwasser, doch aber ganz klar, nur wann es eine zeitlang in einem Gefäße stehet, setzet sich etwas gelbes und trübes auf den Boden.
Die Heyer, wenn sie sich etwas übel, absonderlich in dem Magen befinden, so nehmen sie einen guten Trunk davon zu sich, welches sie heftig per superiora und inferiora purgiret; ingleichem gebrauchen sie es in Ophthalmia anstatt eines Collyrii &c. Aus welchem allen ich schließe, daß dieses Cement nichts anders sey, als Aqua vitriolo Cupri saturata, oder ein durch Kupfer Gäng und Mineren fließendes, und mit von selbigen hin und wider abrodirten uns solvirten particulis cupreis impregnirtes vitriolisches Wasser. Dahero wenn ein Eisen darein gelegt wird, greiffen die particulae vitriolatae selbiges alsobald an, adhäriren ihm und rodiren e so lang, bis sie es soviren, diese solvirte particulae ferri aber präcipitiren, das in dem Wasser sich befindende Kupfer, welches sich alsdann anstatt des Eisens dahin setzet. Dieses confirmiret ferner so wohl der Augenschein als das Experimentum Tachenii
in seinem Hippoer, chymic, welches ich auch probiret, und wahr gefunden, und bestehet selbiges hierinnen.
Man nehme eine Quantität Aquafort solvire darinnen genugsames Silber, und lege alsdann etliche Kupferblech hinein, so wird man gleich sehen, wie die Schärfe des Scheidenwassers das Silber verläst, und das schwächere Kupfer angreift, das Silber aber anstatt des solvirten Kupfers sich in Form eines kompacten Pulvers hinsetzet: man lege aber ferner in eben diese Solation etliche Stück Eisen, da wird man ebnermaßen gleich gewahr werden, wie es das Eisen angreift und solviret, an diese Stelle aber das vormals, in diesem Wasser solvirte Kupfer präcipitirt und
niederschläget.
Was den Augenschein selber anlangt, so kann jedermann sehen, wer ein Stück Cementkupfer betrachten will, daß es aus lauter auseinander gesetzten Körnlein bestehet, und wird man bey der Veränderung des Eisens in Kupfer deutlich gewahr, daß das Wasser die erste Tage, das Eisen nur obenher angreiffet, und sich nur gleichsam ein Kupferstaub darauf setzet, hernach aber häufet sich solcher Staub oder Sand immer mehr und mehr, und setzet sich noch einmal so dick, an statt des solvirten Eisens hin, bis es endlich kompact, hart und ein vollkommenes Kupfer wird. Und dieses ist das notabelste, so ich bei dem Cementwasser im Herrngrundt annotiret.
Bey dem Städtlein Schmölnitz in Oberungarn fließt zwar auch ein dergleichen Cementwasser, aus dem da-
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selbst sich befindenden Kupferbergwerk heraus, es ist aber lang nicht so stark und kräftig, als dieses, und wird nun am Tage in etliche Rinnen aufgefaßt, auch daß darein gelegte Eisen erst in einem viertel-meistentheils auch halben Jahre zu Kupfer: gleichwol findet man bey den Historicis mehrere Nachricht davon, als von dem im Herrngrundt, wie dann dessen Joh. Ludov. Godefredus in seiner Archontologica Cosmica, Tit. de Regno Hungariae p. m. 309. gedenket, aber zugleich unrecht berichtet, daß das Eisen in selbigem in gar kurzer Zeit, wie ein Laim oder Thon weich, hernach aber im Feuer zu Kupfer geschmolzen werde, welches sich laut meines obigen Berichts nicht so verhält, und das Cementkupfer zu schmelzen nicht vonnöthen, weil es schon rein und pur genug ist. Etwas bessere aber doch auch ganz unvollkommene Nachrichten habe ich in dem Ortelio redivivo & continuato per Martin Mayern, Tit. de Regn. Hung. p. 18. gefunden, da er also schreibet; bey dem Städtlein Schmölnitz kommt aus dem Metallbergwerk ein Wasser hervor, welches das Eisen in Kupfer verwandelt, welches ein großes einträgt, denn dasselbige Kupfer wird mit ganzen Wägen voll jährlich nach Pohlen und so fort auf Flößen oder Kahnern nach Preußen geführet, und von da in andere entlegene Länder.
(Die Fortsetzung folgt.)
II. Vermischte Nachrichten.
Von der Erziehung der Zigeuner.
Der Mensch wird durch die Erziehung gebildet, und zu dem vorbereitet, was er in der Reise seiner Jahre vorzustellen im Stande seyn soll. Die Erziehung giebt dem Körper, entweder die erforderliche Gesundheit, Stärke und Dauer, oder macht denselben zärtlich, und zu allen mühsamen Geschäften ganz und gar unbrauchbar, und untauglich. So kann auch der Gemütscharakter eines Menschen, die Quelle seiner Ausschweifungen oder Tugenden, ordentlicher und vernünftiger Weise, nirgends so sicher, als in seiner Erziehung und nachherigen Umgang gesuchet und wirklich entdecket werden. Hiervon finden wir die vollkommenste Bestättigung an dem Beyspiel der Zigeuner, deren völlige Unart und Ausgelassenheit, aus keinen andern Quellen, als eben aus diesen hergeleitet werden kann. Man darf weiter nichts thun als den Zigeuner von seiner Entstehung und Geburt an, bis zur Erreichung seiner vollkommenen Jahre bey allen seinen Abwechslungen recht betrachten, so wird man leicht gewahr werden, wie nicht sowohl sein Körper, als vielmehr seine Seele und seine ganze Gemüthsverfassung, eben dadurch verwahrloset, und
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gänzlich heruntergesetzt und abgewürdiget werde.
Eine Zigeunerin die während ihrer gesegneten Umstände, sich neben dem Müßigang und einmal angewähnter Faulheit, mit Betteln, Stehlen, und allerhand Betrügereyen abgiebt, bringet endlich in ihrer elenden Hütte, oder auch nach Beschaffenheit ihres Zustandes, und wenn es nicht anders seyn kann, unter freyem Himmel, in einem Gebüsche, oder wo sie sich sonsten verbergen kann, ein Kind glücklich zur Welt. Wenn es nun dabey recht zigeunerisch zugeht, und zugleich den Hebammendienst ein Weib von eben diesem Geschlechte vertritt, so wird in dem Erdboden ein Grübchen ausgegraben, mit kaltem Wasser (als worinnen sie meistens ihre Kinder zu baden pflegen) angefüllet, und dieses muß, wegen mangel des Hausraths, anstatt eines Gefäßes dienen, in welchem das neugebohrne Kind , abgewaschen und gebadet wird. Nachdem wird das Kind in Lumpen die vorhin schon die mütterliche Sorgfalt auf den Straßen und Dörfern aufgefunden hat, eingehüllet, und zu der heiligen Taufe befördert; wobey aber fast niemalen Zigeuner, sondern andere Leuthe, die nicht von ihrem Geschlechte sind, zu Pathen oder Taufzeugen erbethen und angenommen werden. Nach vollzogener Taufhandlung, führet der Vater des Kindes, seine Gevattern in die Schenke *)
*) Dieser Umstand hat vielleicht einigen Anlaß gegeben zu glauben, daß die Zigeuner ihre Kinder in denen Wirthshäusern taufen: was aber sowohl hievon, als auch von der Wiederholung der Taufe, die man ihnen ebenfalls zur Last leget, zu halten sey, darüber wollen wir in Zukunft, wenn von der Religion dieses Volks etwas wird angeführt und gesagt werden, unsere Gedanken eröfnen.
oder in Ermangelung dessen, in ein anderes Haus, und bewirthet dieselben mit Wein oder Brandwein und Semmel. Ist er aber vermögend und will freygiebig seyn, so lässet er auch andere Speisen zurichten, und solche seinen Gevattersleuten vorsetzen: er selbst aber speiset in ihrer Gesellschaft nicht; sondern machet nur lediglich zu ihrer Bedienung die nöthigen Anstalten. Hiemit wird nun diese Handlung beschlossen; die Taufzeugen gehen auseinander, und die Kindbetterin hält in ihrem Zelte, oder in einem öden Keller, und wo sie sich sonsten befindet, ihr Wochenbett, sammt dem Kinde, größtentheils beym Feuer und Rauch, wo sie in den ersten Tägen von ihren Gevattern einige Erquikungen erhält, und mit Speise versorget wird. Doch aber sind diese zigeunerische Wöchnerinnen zuweilen gegen ihre Gevatter so unhöflich, und undankbar, daß sie kein Bedenken tragen, wenn ihnen das eingelegte Pathengeld, oder die zugeschickten Speisen unanständig sind, ihre Unzufriedenheit an den Tag zu legen, jenen Vorwürfe zu machen, ja um solcher Ursachen halber, ihnen auch so gar die Gevatterschaft gänzlich aufzukündigen.
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Einige Zigeunerinnen **) pflegen ihre neugebohrne Kinder mit einer gewissen Salbe zu schmieren, und legen sie alsdenn an die Sonne, oder an das Feuer, damit das Fett in die Haut recht eindringe, und also ihre schwarze Schönheit, um desto mehr erhöhet werde. Sie bedienen sich keiner Wiegen bey Einschläferung ihrer Kinder, besetzen auch diesen Hausrath nicht; sondern das Kind schläft entweder in den Armen seiner Mutter, oder auf dem Erdboden. Nach ausgehaltenem Kindbette (welches aber selten über acht Tage dauert) gehet die Mutter mit ihrem Kinde zur Kirche, und hält den gewöhnlichen Kirchgang, betritt aber gleich darauf die nämlichen Wege, die sie sich genöthiget sahe, auf eine kurze Zeit zu verlassen; sie bettelt mit dem kleinen Kinde in Armen desto dreuster, und mauset allenthalben, wo sie nur zum Streich kommen kann. Wird sie darüber ertappet, so setzet es auf frischer That Schläge ab, und wenn sie sich nicht anders schützen kann, so stellet sie das unschuldige Kind den Streichen beständig entgegen, ziehet sich sachte zurück, bis sie in das Freye kommen, und endlich schnell davon lauffen kann. Wenn das Kind einigermaßen zu Kräften gekommen, und ohngefähr drey Monat alt worden ist, so
**) Dieses ist von denen Deutschredenden Zigeunern, die sich in Siebenbürgen mit Wahrsagen und Betteln ernähren, haputsächlich zu verstehen.
trägt die Mutter dasselbe selten mehr auf den Armen, sondern meist auf dem Rücken, wo es in einem leinen Tuch, auch so gar in der harten Kälte nackend sitzet und mit dem bloßen Haupte über die eine oder andere Achsel seiner Trägerin herfürraget. Hat sie mehrere Kinder (als woran es selten fehlet; nachdem dieses Volk sehr fruchtbar ist) so führet sie noch eines oder zwey neben sich an der Hand, die größeren laufen voraus, oder hinten nach, und mit einem solchen Zuge durchstreichet sie Häuser und Dorfschaften. Diese Kinder, ohnerachtet dieselbe die Farbe ihrer Eltern haben, sehen dennoch weder häßlich noch ekelhaft aus, sondern recht munter lebhaft und artig. Sie sind meist mit einer recht guten Gesichtsbildung, wohlgestalten und aufs beste verbundenen Gliedmassen begabet, haben ein krauses Haar und schwarze lebhafte Augen. Ueber der Stirn wird ihnen das Haar, damit es dem Kind nicht über die Augen hänge, sondern das Gesicht frey behalte, zusammen gebunden und geflochten; welches als ein Kennzeichen, zugleich aber auch als eine Zierde eines Zigeunerknabens angesehen werden kann.
Sobald das Kind von selbsten zu gehen vermögend ist, so wird es nach ihrer Art zum Tanzen abgerichtet, von dem die Kunst in nichts anderen bestehet, als daß sie nackend auf einem Fuß herumspringen, mit der Ferse des andern aber, beständig an den hintern Backen anschlagen, und da-
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mit einem Klatschen verursachen. Die Zigeunerkinder pflegen diesen Tanz, als ein Mittel anzuwenden, wodurch sie denen Vorbeygehenden etwas abgewinnen wollen; daher auch niemand bey dem sie etwas spühren, neben ihren Hütten vorbeyzugehen im Stande ist, ohne von einem Schwarm solcher Kinder, mit Tanzen und Geschrey eine ziemliche Strecke begleitet zu werden; die sich doch nicht anders, als entweder mit einigen Pfennigen, oder gar mit Ungestimm und Drohungen oder gar mit Schlägen abfertigen lassen. Nebst diesem werden die nämlichen Kinder, besonders von ihren Müttern zum Stehlen recht vorsetzlich abgerichtet: indeme die Mutter bettelt, oder mit Wahrsagen und dergleichen Tändeleyen, die Hausleuthe unterhält,
so wissen die Töchter und Söhne, den Zeitpunkt wohl abzumessen, sich bey solcher Gelegenheit in die Winkel des Hauses einzuschleichen, und entweder Kuchelgeräthe, oder Bethzeug, Eßwaaren, Kleidungen, und was ihnen sonsten in der Geschwindigkeit am ersten vorfällt, zu erwischen, und sich mit dem Raub auf das eilfertigste wegzumachen. Auf dem Lande fangen sie Gänse, Hüner und ander Federvieh auf, welches sie sehr geschickt und listig an sich zu locken, und unvermerkt zu erhaschen wissen *).
*) Hiemit stimmet ziemlich überein, was Hänn in seinen unvergleichlichen Gedanken vom Stadt- und Landbetteln, auch von der Dieberey des Zigeunervolks gesagt hat. Dieberey des Zigeunervolks gesagt hat. „Bey Tage schicken sie ihre Weiber und Kinder auf die benachbarten Dörfer zum Stehlen aus, welches sie unter dem Vorwand des Betteln und Wahrsagens durch Entwendung Kleider, Waaren, und leinen Geräths aus den Bauernhäusern, Abfangung der Hüner und Gänse, oder was ihnen sonst zum mausen vorkömmt, sehr meisterlich und behände zu verrichten wissen. — Sind auch schnell zu Fuß, daß man sie nicht wohl einholen kann."
Glück es ihnen, mit dergleichen geraubten Flügelwerk, so fortzukommen, daß sie dasselbe lebendig wegbringen können; so treiben sie damit Handel, und verkaufen es anderwärtig; gelingt ihnen aber der Streich nicht so gut, und wenn sie in Gefahr stehen, durch den Lärm und Geschrey verrathen zu werden; so ersticken sie es auf der Stelle, und essen es alsdann selbsten auf; nachdem ihr Geschmack zwischen einem geschlachteten und erstickten oder krepirten gar keinen Unterschied zu machen weiß.
Einer solchen Verführung zum Bösen sind nun die Kinder der Zigeuner von der zartesten Kindheit an beständig unterworfen, und laufen bis in das zehende Jahr meist nackend herum. In Wintertägen behängen sie ihren Körper, um in etwas für der Kälte gesichert zu seyn, mit alten Lumpen, im Sommer aber gehen sie entweder ganz bloß einher, oder hängen sich, ein Stück von einem alten leinen Tuch, in Form eines Mantels
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um den Hals, damit sie die gestohlnen Sachen darunter verbergen können. An keine Schule, Zucht, Unterricht, Arbeit, wozu dem Kinde die gehörige Anleitung so nöthig wäre, wird h ier nicht im mindesten gedacht, außer daß zuweilen, wenn es die Noth erfordert, eines von ihnen die Handbälke drückt, indem der Vater schmiedet. Ansonsten laufen sie in ihrer Wildheit und Ausgelassenheit immer hinweg, bis ihnen das Heurathen, welches aber größtentheils sehr früh uns zeitig geschiehet *) einfällt. Dazumal fänget der Sohn erst an, das Handwerk und Gewerbe seines Vaters zu erlernen, und sobald er nur etwas darinnen zu thun vermögend ist, nimmt er sich in dem 13ten oder 14ten Jahre seines Alters, ein Weib, von zwölf oder eben so viel Jahren, als er selbst hat, und führet alsdenn seinen Ehestand und
*) Toppeltin Osig. & occas. Transilv. cap. 17. pat 56. Saepe uxores ducunt vix pubertatem egressi, quae iterum levi de causa repudiant.
sein Hauswesen in eben der Unordnung, wie er solches von seinen Eltern gesehen und gelernet hat.
Diese Gestalt hat die Erziehung der Zigeuner zeither in Ungarn gehabt, einige sehr wenige Horden ausgenommen, die durch einen besserenUmgang, auf andere Gedanken gebracht, ihre Kinder und Nachkommen aus einem so großen Verderben herausgerissen und dadurch bewirket haben, daß sie andern brauchbaren Menschen ähnlicher worden sind. Daher man sich auch nicht wundern darf, daß dieses Volk mitten unter gesitteten Leuten, ungebessert geblieben ist, und dieses Geschlecht, sich in der alten ruhmlosen Unart, eine so lange Reihe von Jahren erhalten habe. Nachdem nun aber nach Anleitung Allerhöchster Verordnungen im Lande die eigentliche Quelle und der erste Grund dieses Uebels gebessert wird, so ist im geringsten nicht mehr zu zweifeln, daß man die erwünschte Früchte davon in kurzer Zeit mit Freuden ansehen werde.