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ZUM GESAMTINHALT

Ungrisches Magazin, Band 3, Heft 1, Text 5 (S. 110-117)
Hrsg. von Karl Gottlieb Windisch
Preßburg, Löwe, 1783
Autor: Karl Gottlieb Windisch
Zuordnung: Numismatik

(p110)

5. Versuchte Erläuterung einer Denkmünze des Ungrischen Königs Ludewigs des Zweyten.


Die Abbildung dieser Münze findet man auf dem Titelblatt dieses Bandes.

Auf der Vorderseite erscheinet das Brustbild des Königs im Profile, mit einem Lorberkrantz auf dem

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Haupte, dicken, und kurzgeschnittenen Hahren, und mit einem Barte. Ein Mantel deckt die Schultern, und über denselben hängt der Toison an einer goldenen Kette. Neben demselben stehet die Jahrzahl 1525, und rund herum: LVDOVICVS* DEI* GRA*tia HUNGARIE BOHEMIAE* EC* etera REX*

Die Rückseite bestehet aus zwey neben einander liegenden, mit einer Krone bedeckten Wappen, um welche sieben kleine Wappenschilder in die Runde gesetzt, sind. Unter den beyden mittleren Wappen stehen die über einander liegenden Buchstaben L. M; und etwas unterwärts K B. In der Umschrift liest man: DUX* LVCEN* sis SILESIA* e MAR* chio MORAVIAE* ET* LVSACIE*&c.

Daß diese Münze zum Andenken einer merkwürdigen Begebenheit geschlagen worden, erhellet sowohl, aus dem Stämpel, als aus den auf der Rückseite befindlichen Wappen der Königinn, welche man auf den gewöhnlichen Ungrischen Münzen nirgends antrift. Das Bildniß des Königs ist ziemlich alt, und einem jungen Fürsten von neunzehn Jahren gar nicht ähnlich. Und obgleich nach dem Zeugnisse des Bohuslaus Balbinus an dem Könige Ludewig alles, die Geburt, die Krönung, die übernommene Regierung, die grauen Hahre, und der Tod selbst sehr frühzeitig war, so scheint doch der Stämpelschneider hier die Gesichtszüge viel zu stark ausgedrückt zu haben. - Das goldene Vließ bekam dieser König entweder vom Kaiser Maximilian dem Ersten, als er im Jahre 1515 bey der von drey Königen zu Wien gehaltenen Versammlung, zum Verweser des Römischen Reichs durch ein öffentliches Dekret ernennet ward; oder vom Kaiser Karl dem Fünften, als er mit Maria, der Schwester des bemeldten Kaisers, und des Erzherzogs von Oesterreich Ferdinand, vermählet worden. - Von der auf der Rück-

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seite befindlichen Wappen und Buchstaben werden wir am Ende dieser Erläuterung das Nöhtige berühren.

Und nun wollen wir untersuchen, bey welcher Gelegenheit diese Münze geschlagen worden. — Freylich werden diese Untersuchungen meist, nur auf Muhtmassungen beruhen; aber auch Muhtmassungen behalten ihren Wehrt in der Geschichte so lang, bis man aus schriftlichen Zeugnissen mehrere Richtigkeit erlanget. —

Das Jahr 1525. von dem man bey, unsern Geschichtschreibern sehr wenig aufgezeichnet findet, war für unsern Ludwig gewiß eins der Verdrüßlichsten. Man weis, was Stephan Werbötz bey der zu Hatwan gehaltene Versammlung für Unruhen erregte; aber aus welchen Ursachen dieselben entstanden, und durch wen sie hauptsächlich unterstützet worden, ist nur wenigen bekannt. Wir wollen daher die Geschichte besagten Jahres hier so kurz als möglich erzählen. Wir wissen es auch, daß wir bey denjenigen, die für den Johann Sapolya eingenommen sind, sehr schlechten Dank verdienen werden; wir hoffen aber, den Liebhabern der Wahrheit einen desto angenehmeren Dienst, durch diese unsere Bemühung zu erweisen.

Ludwig ließ auf das 1525igste Jahr einen Landtag nach Pesth ausschreiben, und zu Eröfnung desselben den 10ten May bestimmen. Eine so unvermuthete Zusammenkunft ließ keinen gar zu guten Ausgang hoffen. Denn schon den dritten Tag nach Eröffnung desselben, schickte der bey Pesth versammelte Adel sechzig Abgeordnete an den König, die unter andern Forderungen, hauptsächlich darauf drangen, daß der König seine bisherigen Rähte ihrer Würde entsetzen, und andere wählen; daß er, die Deutschen von seinem Hofe entfernen; daß er den Kaiserlichen Gesandten, der sich ungebehten, in die Ungrischen Angelegenheiten gemischet, sowohl, als den Venezianischen, der wegen des Bündnisses mit den Türken einen Kundschafter, als einen Gesandten vorzustellen

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schien, das Königreich zu verlassen, gebiehten sollte. — Der König begehrte Bedenkzeit, darauf zu antworten; aber die ungeduldigen Ungern schickten abermal 120. Abgeordnete nach Ofen, die das Nämliche vom Könige begehrten. Unter diese mischte sich auch der Königlich Pohlnische Gesandte, der im Namen seines Königs, den Johann Sapolya, und den Herzog Laurenz von Ujlak, den Ludwigs Vater, der König Wladislaw der Zweyte, des größten Theils seiner Güter beraubet hatte, auf das Nachdrücklichste empfehlen. 1) Der König antwortete endlich, daß er die Gesandten des Kaisers, und der Republik Venedig, ohne Ursache, und ohne ihre Herren auf das Höchste zu beleidigen, aus dem Königreiche nicht schaffen könnte; die Deutschen aber, wären wegen der Gefahr, welche die Türken dem Reiche droheten, in demselben höchst nothwendig. — Sogleich wurden wieder 120. andere Aedle an den König abgeordnet, die ihn bahten, in das Rákoscher Feld zu kommen, indem ihm der dort versammelte Adel viele sehr wichtige Sachen ohne Zeugen vorzutragen hatte. — Die Vertrauten des Königs widerriehten ihm zwar dieses, und er selbst schien ihrem Rahte zu folgen. Aber den folgenden Tag begab er sich heimlich, und nur von einigen seiner Trabanten bedeckt dahin, und befahl, daß diejenigen, welche an ihn abgeschickt waren, hier ihre Anforderungen öffentlich vortragen sollten. Nachdem also dieselben alles das, was schon begehret worden, wiederholet hatten, verlangte der König Zeit, sich zu einschließen; das Volk aber fieng an zu murren, und so gar Drohungen wider den König auszustossen. So empfindlich ihm dieses auch sehn mußte, so sehr verbürg er doch seinen Unwillen, und redete fast gar nichts

1) ln questo giorno hebbe audienza lo Ambasciadore del Re di Pologna, parlo parole generale - - & riccomendó la causa del Vajvoda, de gli beni dal Duca Laurenzio.

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dawider. Seine Wache entfernte ihn sodann nach und nach von dem Haufen, und brachte ihn über die Donau, wieder glücklich nach Ofen zurück.

Die Aufrührer, welche die Entfernung des Königs beleidigte, schrieben einen Landtag auf das Fest des Heiligen Johann des Täufers nach Hatwan aus, und luden die Bischöfe sowohl, als die Magnaten dahin ein; sie erklärten solche aber auch im Falle sie nicht erscheinen würden, für Feinde des Vaterlandes. Dieses geschah den 21ten May. - Was sollte nun der König thun, da die Sachen schon so weit gekommen waren? Er gab den Aufrührern nach, und begab sich in Begleitung des Päpstlichen Nuntius Barons von Borgio, des Erzbischofs von Gran, des Palatins, und einer nicht geringen Anzahl von Prälaten und Baronen nach besagtem Hatwan. Dort hörte er eine Rede des Werbötz an, die er in der Muttersprache zwo Stunden lang in der Versammlung gehalten hatte. Der Inhalt dieser Rede bestund hauptsächlich darin, daß das Reich durch die Trägheit, und den Geitz der Rähte, welche die Königliche Gewalt gemißbrauchet, sehr merklich geschwächet worden, und daß diesem Uibel nicht anderst abzuhelfen wäre, als wann ihre Stellen mit andern besetzet, und diesen, einige aus dem Adel zugegeben würden, die mit ihnen gleiches Recht, und gleiche Stimmen hätten. Ferner, daß jeder Provinz ein eigener Feldzeugmeister vorgesetzet, die Löhnung der Militz vermehret, daß die Güter des Lorenz von Ujlak, sie möchten verkauft, oder verschenket worden seyn, dem Johann Sapolya gegeben werden; und daß endlich der Palatin Stephan Bathori abgesetzt, und ein anderer erwählet werden solle. Dieses letztere, verlangte der bewaffnete Adel, der über siebentausend ausmachte, mit grossem Ungestümme, und einige nahmen, ohne des Königs

2) — Di li beni del Duca Laurenzio e supplicato, che si donassero al Vayvoda.

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Einwilligung abzuwarten, den Redner nach altem Gebrauche auf die Schultern, und riefen ihn zum Palatine aus. Dem Könige, der dieses mehr aus Nohtwendigkeit als Wohlgefallen gut hieß, ward hernach auf jedes Haus ein Aufschlag von einem Gulden verwilligt, das Uibrige aber, seiner Willkür gänzlich überlassen.

Unterdessen unternahm Johann Sapolya durch seine Anhänger die diesem Landtage behwohnten, allerhand bedenkliche Dinge. Er unterhielt verschiedene Personen unter der Militz, die den ganzen Adel für ihn einnahmen; und diese bewirkten auch die zugestandene Auflage, wovon sie den vierten Theil, in seinem Namen der Königinn antrugen. Und als man auf die Abschaffung der Deutschen auf das Hartnäckigste drang, und der König für sich, und seine Gemahlin, nur zween Deutsche zu behalten begehrte, aber auch dieses nicht erhalten konnte, so machten diese Vertrauten des Sapolya der Königinn im Geheim zu wissen, daß sie der Deutschen wegen ohne Sorgen seyn sollte, indem, sie alle gewiß bleiben würden. Es ist auch der Verdacht nicht ungegründet, daß die Aufrührer damit umgiengen, nach dem Absterben, oder der Hinrichtung des Königs, dessen Gemahlinn mit dem Sapolya zu verbinden. 3) Dieses erhellet sowohl aus dem, was wir erst gesagt haben, als auch daraus, daß er eine Heuraht, mit Anna, einer Schwester des Französischen Königs Ludwig ausschlug.

3) Alcuni sono, che sospettano troppo grand secrete raggione - - dicano, che mandaranno il Re via, a regnare in l' altro mondo, farian lo Voyvoda Re, & li daran per moglie la Regina.- Ein Gleiches bezeugen die von Thurnschwamm, der zu den Zeiten des Mathias Korvins, des Wladislaw II. seines Sohns Ludwigs, und Ferdinands I. lebte, in seinem Manuscripte befindlichen Nachrichten: „Auch hat der Janos Wayda. — des Königs Ludwigs Wohlfahrt von Jugend auf, als ich gesehen, gehindert — und dem Könige Ludwig nach dem Leben gestanden, und selbst König werden wollen.„

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4) Die Königinn aber, die überaus fromm und tugendhaft war, entdeckte alle diese Anschläge ihrem Gemahle, und wendete durch ihre Treue, und Klugheit das Unglück ab, welches ihm so schrecklich drohete. 5)

Und diese so glücklich abgewendete Gefahr mag nun auch die Gelegenheit zur Prägung gegenwärtiger Denkmünze gegeben haben. Dieses laßt sich nicht nur aus der Lorberkrone, mit welcher das Königliche Haupt geziert ist, sondern auch aus dem Wappen der Königinn, welches man sonst auf keiner Denkmünze dieses Königes findet; nicht minder aus dem in der Mitte der beyden größern Wappenschilder stehenden Buchstaben L und M, welche die Anfangsbuchstaben der Namen des Königs und der Königinn bedeuten, mit allem Grunde vermuhten. Die Buchstaben K und B bezeichnen den Ort, 6) in welchem die Münze geschlagen worden, obgleich diese Buchstaben ehedem eine ganz andere Bedeutung hatten. 7) Vielleicht aber ist diese Denkmünze von den Fuggern aus Dankbarkeit gepräget worden. Denn in der Zu-

4) Eben derselbe daselbst: Denn er nach des Wladislaws Tochter, des Königs Ludwig Schwester gestanden, und hätte gern den Vertrag verhindert, so zwischen dem alten Kaiser Maximilian, König Wladislao, Siegmund, und Ludovico in 1515ten Jahre zu Wien aufgericht ist worden.

5) Wir haben diese Nachricht aus einem Briefe, welchen der Baron von Borgio, nach geendigtem Landtage, den 11ten July an den Sadolet geschrieben hat, und der ein Augenzeige aller dieser Begebenheiten war.

6) Und so würden diese Buchstaben die Kremnitzer Gruben bedeuten müßen, welche in der Ungrischen Sprache Körmetz Bánya heißen. Denn Bánya bedeutet eine Aerzgrube. Was das K anbelangt, so hat es seine Richtigkeit, daß dadurch die Bergstadt Kremnitz angedeutet werde; das B aber bedeutet nicht die Grube, sondern den Kammergrafen, der dazumal Bernhard Böheim hieß.

7) Man sehe hievon die im ersten Bande dieses Magazins, auf der 107ten und flg. Seiten befindliche Abhandlung, über die in den Ungrischen Münzen vorkomenden Buchstaben.

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sammenkunft zu Hatwan, wo man so sehr auf die Abschaffung der Deutschen gedrungen, waren die Fugger hauptsächlich genennet, die dazumal den Königlichen Bergwerken vorgesetzet waren, und beträchtliche Reichthümer erworben hatten. Man nahm ihnen daher diese Würde, und gab sie dem Emeritus Seretschéni, einem erst kürzlich getauften Juden, der jedoch, weil er die Münze viel geringer schlagen ließ, gar bald wieder abgesetzt, und auf Begehren des Adels in das Gefängniß geworfen worden. Nachdem aber diejenigen Aufruhrer, welche den Werbötz zum Palatine erwählet, von ihrem Begehren abgestanden, und alles der Willkür des Königs überlassen hatten, so blieben auch die Deutschen im Lande, und die Fugger bekamen die Verwaltung der Bergwerke gleichfalls wieder, 8) welche hernach vermuhtlich sowohl dieserwegen, hauptsächlich aber, wegen der glücklich abgewendeten Gefahr, in welcher das Leben des Königs stand, diese Denkmünze prägen lassen.

v. W.
Topic revision: r24 - 01 Dec 2011, KatalinBlasko
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