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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin,
Band 3, Heft 1, Text 4 (S. 90-110)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Preßburg,
Löwe, 1783
Autor:
Péter Zöld,
Karl Gottlieb Windisch
Zuordnung: Reisebeschreibung; Religionsgeschichte
(p90)
4. Reise nach der Moldau
Sollten Sie wohl den Aufsatz, von dem ich Ihnen neulich nur im Scherze Meldung that, im Ernste von mir fordern? —- Zur Befriedigung Ihrer Neugierde mag er wohl noch so ziemlich dienen, aber in Ihr Magazin? Was sollte er in demselben? da er nicht viel vom Geographischen Fache, aber vielleicht zu viel vom Missionarismus enthält? Und wir zween sind doch keine Missionärs, und werden es auch wie ich hoffe, wohl nie werden! - Nun, zur Strafe Ihres Eigensinnes, sollen Sie ihn haben! Nur muß ich vorläufig erinnern, daß er
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den Pfarrer in dem Siebenbürgisch-Szeklerischen Dorfe
Csikdelne Peter Zöld zum Verfasser habe. Ob er in die Zahl derjenigen gehöre, die bey der neuen Einrichtung aus
Siebenbürgen in die
Moldau entwichen, kann ich eben nicht behaupten. Genug, daß ihn um das Jahr 1766 die Lust anwandelte, die in der Moldau zerstreuten Ungrischen Kolonien zu besuchen. Es ging ihm, über die disseitigen Gränzen der
Ozakowischen Tatarey zu dringen, wiewohl ihm die Herren de propaganda anfänglich einige Hindernisse machten, 1) die er aber in der Folge glücklich überwand. - In Erzählung der Sachen, die er selbst sah, und untersuchte, hat er mein ganzes Vertrauen, besonders, da ich einen
Aufsatz vom Jahre 1693 besitze, - der dem seinigen bey nahe in allen Stücken entspricht, und aus welchem ich auch gelegentlich einige Zusätze anbringen werde. Was er aber von den Moldauischen, Sachsen, und Bischtümern anmerket, hat er seinem eigenen Zeugnisse nach, nur vom Hörensagen aufgezeichnet; doch hat die Glaubwürdigkeit der Männer,
1) Das muß Sie von diesen Herren nicht befremden. Schon im Jahre 1743, wurden aus vier Jesuiten, die der Fürst Konstantin Maurokordato, aus Ungern, und Siebenbürgen berufen hatte, um seinen Prinzen in der lateinischen Sprache, und die in seinem Lande zerstreuten Ungern der Religion zu unterrichten, zween derselben von dem Vorsteher de propaganda in den Bann gethan. Dieser Held nannte sich Frater Joannes Franciscus Maria Auxilia de Palermo. SS. Theologiae discretus; und war aus dem Orden der Franziskaner, wie solches aus der Excommunicationsformel, die mir ein Jesuit mitgetheilet hat, zu sehen ist. - Gewiß, Sie würden sich des Lachens nicht enthalten können, wann ich Ihnen das Zeug herschriebe! -Er vergieng sich so weit, daß er gedachte vier Jesuiten, bey dem Fürsten als Freimaurer angab. Der Christliche Missionar! - Das Volk ward dadurch bethört, und der Fürst gezwungen, sie zu entlassen; er hätte die de propaganda jedoch aus dem Lande gejagt, wann nicht die Jesuiten für sie
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auf die er sich bezieht 2) ebenfalls meinen vollkommenen Beyfall.
Dieß allein kömmt mir unwahrscheinlich vor, daß er die Sachsen und Ungern erst im Jahre 1420, unter der Regierung des
Königs Siegmund, aus Siebenbürgen in die Moldau ziehen läßt. 3) Von den Sachsen kann man es leicht begreifen, da sie aus Deutschland, als Ansiedler nach Siebenbürgen gekommen sind; ich will es auch zugeben, daß einige Ungern zur Zeit eines Miß-
gebeten hätten. Diese hatten aber in kurzer Zeit, theils selbst, theils durch fleißiges Nachforschen erfahren, daß eine gute Anzahl Ungern folgende Oerter bewohnten: Gorczofalva, Tatros, Szófalva, Forrofalva, Kalogar-Pataka, Terebes, Bacov, Szabófalva. Kiczkó, Damafalva, Zsidofalva, Tamásfalva, Kutnár, Jassy, Stoicsin; Von diesem letztern sagt das Verzeichnis: de hoc pago nec noverunt Fratres de propaganda, an sit in rerum natura. - Huss-vásár, Göbörcsök, Nesterfejérvár, Man kann sie mit denen, die in diesem Aufsätze vorkommen, vergleichen.
2) Gleich im Anfange schreibt er: Res, locaque, quae describo, aut ego oculus insspexi, lustravique, aut ab ipsis sepioribus, & conscientiosis Catholicis accept, ipsi autem fide sua interposta se se a Majoribus suis accepisse testabantur. Multa fateor, praecipue de Saxonibus relata sunt a Jegumeno, seu Guardino Agaptiensis monasterii, qui asseverabat, ita descripta esse omnia in monasterii, sui archivo, & chronicis suis libris. Alis non pauca, praecipue de Episcopatibus Milkoviensi & Argensi narravit mihi monasterii Foxin Svantuviner prothosyncellus, homo, ut mihi videbatur, in litteris graecis satis excultus, & Boero, seu nobilis regni, nunc proprietarius pagi Milko, in Oppido Odobest residens, homo circiter octogenarius.
3) Eben daselbst: Anno 1420.sub Sigismundo Rege Hungariae, indulgentia piissimi illius Regis, ut fert in Moldavia Hungarorum antiqua traditio, & testatur Chronicon patrium, ex Transylvania magna multitudo Saxonum, & Sicolorum in Moldaviam abivit,
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wachses, oder aus andern Ursachen, sich in der Moldau, an den Siebenbürgischen Gränzen häuslich niedergelassen haben; aber das kann meines Erachtens weder auf die Menge, noch auf die, welche weiter entfernt, in
Bessarabien, am
Pruth,
Szereth, und gegen
das schwarze Meer zu wohnten, passen, es müßte denn seyn, daß, beynahe die Hälfte der Ungrischen Einwohner, Siebenbürgen verlassen hätten, welches aber wider alle Wahrscheinlichkeit, und selbst wider die Geschichte streitet. Die Sachsen hielten sich nicht so lang, als die Ungern, mit denen sie endlich vereinigt, auch ihre Muttersprache algemach vergassen. - Dieses mußte ich vorläufig, erinnern; und nun hören. Sie auch, wie sich der Pfarrer
Zöld in seiner Reibeschreibung ausdrücket.
* * *
Die Sachsen, welche sich oberhalb des Flusses
Moldawa in den angenehmsten, und meist weinreichen Oertern niederließen, bauten dort nach ihrer Gewohnheit, schöne, und den Festungen ähnliche Kirchen, von denen man nur noch einige Bruchstücke, und in manchen Oertern starke, aber verfallene Mauern siehet. Sie errichteten dort neun Pfarreyen, die unter der geistlichen Gerichtsbarkeit des Bischofs von
Bakow stunden. 4) Nach
vit, ibique per Stephanum, bellicorum Principem Moldaviae, non modo paterne & clementer sunt recepti, verum etiam in optimis & fertilissimus Principatus ilius locis habitationem figere illis indultum est. - In den Vaterländischen Chroniken finde ich nichts von diesen Wanderungen.
4) Der Aufsatz vom J. 1693, dessen ich oben erwähnet habe, zählt folgende Ortschaften in dem Bakowischen Kirchsprengel: Ad Episcopatum Bacoviensem pertinetes pagi Catholici: Lukátsfalva 5 nunc 15. domorum; Comanfalva, 9 domorum; Völczök, 15 domorum; Godrafal, 15. domorum; Albalu, & Szalonecz 25. domorum;
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der Zeit aber, nahmen die Nachkömmlinge der Sachsen, durch Kriege, durch die Veränderung der Zeit, durch die Verheerungen der Tatarn und Türken, oder durch alle diese Zufälle zusammen, und durch ihre Wegschleppung in die Sklaverey, so sehr ab, daß nun alle ihre Wohnplätze öde stehen, die jedoch aus den Ruinen der Kirchen und Häuser, wohl erkannt werden können. Auch die mit Weinstöcken beflanzten Berge, und die abgetheilten Gärten sieht man ganz deutlich, sie werden aber von niemand mehr gepflogen. So findet man auch Reihen von
morum; Forrofalu, 80. domorum; Ujfalva, 22. domorum; Bogdánfal 25. domorum; Paschan, 5. domorum; Hidegkut, 11. domorum Terebes, 25. domorum; Tamest, & Damofal 389. homines, cum parvulis numerant; Szabofal, Lokost, & Steczkof 310. homines; Serata, alias Salsata 40. homines; Amadui 44. homines cum parvulis, Capella lignea; Strunga 4. domos. Omnes hi pagi Hungaricic, & Catholici - Man vergleiche dieß mit Herrn Sulzers II. Th. S. 419. Anmerkung zu diesem Bischtume: über dessen Kirchsprengel so viel in den langen Tag hinein geredet, geschrieben, und gestritten wird. — Sulzer hätte diese Sache entweder nicht rügen, oder sie ausmachen sollen. - Eben, als ich diese Note niderschrieb, brachte mir mein Buchhändler die litterarische Reise des Herrn Sulzers. Ich las sie mit eben der Geschwindigkeit durch, mit welcher sie vielleicht ausgesetzt worden — Was in derselben von unserm würdigen Abbé Pray gemeldet wird, ist durchaus unrichtig. - Ich war mit noch drey Personen in dem Zimmer desselben, als, Herr S. im Herbstmonate des verflossenen Jahres bey der Abenddämmerung eintrat. Keiner von uns allen kannte diesen Herrn; so bald er aber seinen Namen nannte, ward er sowohl von unserm Pray, als von uns bewillkommnet. — Wir sind also vier Zeugen ihres Gespräches, welches über eine Stunde gedauert hat, gewesen. — Von der Ofner Universität ist dem ehrlichen Pray kein Wort entfallen, geschweige daß er über den Zustand der hohen Schule geklagt hätte; er, der nicht einmal alle Professors von Person kennet; der während der fünf Jahre als die Universität in Ofen ist, noch keinen aus ihnen besucht,
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Birn, Aepfel, Kirschen, Pflaumen, Wallnüß, Kastanien und andern Obstbäumern, an den ehemaligen Häusern, welche jährlich eine Menge der schmackhaftesten Früchte tragen, die sich die benachbarten Walachen, die Reisenden, und das nicht weit entfernte
Kloster des Heiligen Basilius wohlschmecken lassen. - Der einzige Ort
Kutnár, wird itzt noch bewohnt, aber nicht von Sachsen, sondern von Ungern, die ungefähr zwanzig Familien ausmachen. Dieser Ort, ist ein redender Beweis von der Güte und Fruchtbarkeit der Sächsischen Besitzungen;
auch keiner Disputation, oder Lektion beywohnet hat, und sich außer der Bibliothek, um anderer Thun und Lassen gar nicht bekümmert, sollte über den Zustand der Ofner hohen Schule geklaget haben? —Nein, Pray ist so unbesonnen nicht, daß wann er auch so, wie Herr Sulzer schreib, dächte; sich gewiß gegen einen Fremden, den, er nur dem Namen nach kannte, so vertraut heraus ließe. - Daß er aber, die Aufhebung seines Ordens nicht zu bedauern scheine, ist die zwote Unrichtigkeit. Auch mit keiner Sylbe ward, von Aufhebung des Jesuitenordens gesprochen. Dieses würde auch von Seiten des Gastes sehr unbescheiden gewesen seyn, und Pray wie ich sagte, meldete nicht ein Wort von der Aufhebung. Er trägt sein Schicksal mit Gedult, wie es einem Manne gebühret, der sich nach den Befehlen den Geistlichen und Weltlichen Oberkeit richtet. - Sollte wohl dieß den Herrn S. auf einen so, irrigen Schluß verleitet haben? Welch eine verkehrte Logik! - Die dritte Unrichtigkeit: Pray sey ein Beweis, daß in seinem Orden das wahre Verdienst nicht allemal geachtet, und belohnet worden.- Nicht leicht, hatte ein Jesuit in Ungern, so viele Beqwemlichkeit und Aufmunterung zum Studiren, als eben unser rechtschaffene Pray. Und die Belohnung? Nach seinem eigenen Geständnisse, bekam er seit 1761 aus der Oesterreichischen Jesuiten Skribentenkasse 250, aus der Ungrischen aber 40. Gulden alle Jahre, ohne, was ihm einige Obern von gutgestifteten Häusern in Ungern jährlich zuschickten, um sowohl die nöhtigen Bücher anzuschaffen, als die verschiedenen Reisen bestreiten zu können. Ist das nicht Belohnung genug, für einen Religiösen?- Sollte
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denn er ziert noch heut zu Tage die Tafel des Fürsten von der Moldau mit dem schönsten Obste, mit einer Menge des ausgesuchtesten Waitzen, und einem Weine, der alle andern der Moldau an Güte weit übertrift. Besagte zwanzig Familien sind, damit ihren jährlichen Tribut abzuführen gehalten, der sich auf etliche hundert Thaler
beläuft. Die Nachkommen dieser Sachsen, sind, wie ich schon gesagt habe, entweder ganz ausgestorben, oder, welches wahrscheinlicher ist, so sehr geschmolzen, daß sie sich zu den Ungern geschlagen, und ihnen, nach und nach an Sprache und Sitten gleich geworden; welches die vielen bey denselben noch üblichen Deutschen Namen, als Müller, Schuster, und dergleichen, ganz klar beweisen. Diese Familien wissen es auch aus der mündlichen Überlieferung ihrer Vorfahren, daß sie Abkömmlinge der Sachsen sind; sie nennen sich aber itzt nebst den Uiberbleibseln der Ungern
Csángó-Magyar, ungeachtet sie gar nicht wissen, woher, warum, und von wem sie diesen Namen erhalten haben. — Viele derselben wohnen noch bis itzt, auf den zu den obern Csikersitze der
Sekler gehörigen Alpen, und ihren sich blos von dem Verkaufe der Schaafe, und Ochsen; weil man auf diesen Gebirgen den Pflug nicht brauchen kann. Es wächst aber viel Gras auf denselben; daher sie ganze Heerden Vieh aus verschiedenen Gegenden von Siebenbürgen, und der Moldau weiden lassen, und dadurch ihr tägliches Brod verdienen, welches meist aus Mays (Kukurucz) gemacht ist, und nebst der Milch ihre einzige Nahrung ist. Sie bekennen sich alle zur Römischkatholischen Religion, und empfangen die Sakramente von den Pfarrern, in deren Cirkel die Alpen, welche sie bewohnen, liegen.
Er etwa zum Rektor des Kollegiums bestellet worden seyn? Hm. Da würde es mit seinem Studieren wunderlich ausgesehen haben! Genug für itzt. Man kann allzeit noch näher von der Sache sprechen. – Nur wünsche ich dem Herrn Reiseschreiber ein treues Gedächtniß, und – wohlüberlegte Ausfälle, um allzeit eine sichere Retirade zu haben!
(p97)
Ein Theil der Ungern, welche nach der Moldau gezogen sind, schlugen ihre Wohnungen an dem Flusse
Tatros in dem
Bakower Komitate; ein anderer an dem Flusse
Seret, der dritte in dem
Románvásárer Komitate 5) zwischen der Seret und
Moldawa; und der vierte, an den Gränzen von
Podolien, am Flusse
Pruth auf. 6) Alle haben sich seit ihrer Einwanderung zur Römischkatholischen Kirche bekennet, welcher sie auch itzt noch zugethan sind; sie leiden auch keine andern Religionen, am wenigsten aber die
Socinianer, oder Unitarier unter sich. Gotteslästerungen und Fluchen wird bey ihnen auf das Schärfste bestraft. Sie reden sowohl Ungrisch, als Walachisch, die erste aber sehr unangenehm, 7) wiewohl rein, und nach ihrer alten Einfalt. Ihre - Kleidung ist walachisch, nicht kostbar, und ein Werk ihrer Weiber. Diese Ungern
Csángó genannt, waren der geistlichen Gerichtsbarkeit zweyer Bischöfe unterworfen; wie denn die, welche sich an den Flüßen
Seret, und
Moldawa niederließen, unter dem
Bakower, die andern aber die an dem Flusse Tatros wohnten, unter dem
Milkower Bischöfe stunden. Dieses alles erzählen diese Ungern gleichförmig, aus der mündlichen Uiberlieferung ihrer Vorfahren.
5) Also genannt von dem Marktflecken Roman. Von diesem schreibt mein zweyter Aufsatz: Roma oppidum quasi nova Roma, a Colonis in Daciam translatis appellata, habet duo Templa Catholica; incolae Saxones, Hungari, Armeni, Valachi; hic sedes Episcopi Valachi.- Ich weis nicht, ob Grübler die Muhtmassung von Romanis Colonis werden gelten lassen! —
6) Das ist, wann man einmal annimmt, daß alle Ungern aus Siebenbürgen gekommen sind.
7) Aus diesem kann man auf das Argument des Herrn Sulzers II, Th. S. 117. schließen. Die Sprache kann rein, aber etwas anderst, als die Ungrische beschaffen seyn: loquuntur Hungaricam multum blaese. Herr Zöld ist ein
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Der Marktflecken
Bako 8) liegt an dem Flusse
Besztercze, welcher nicht weit von diesem Orte in den
Seret fällt, und mit ihm zugleich unterhalb dem weitläufigen Marktflecken
Foxin von der
Donau verschlungen wird. In diesem Orte sieht man die Uiberbliebsel einer Bischöflichen Residenz auf einem Hügel, unweit welcher eben dergleichen, eines Konvents der
Franziskanermönche (strictioris observantiae) stehen. Zu diesem Konvente soll das dem Marktflecken nah gelegene Dorf
Barat genannt, welches von Ungern bewohnt wird, gehöret haben; und dieß ist desto glaublicher, weil dieses Dorf mit seinen Einwohnern, auch itzt noch frey ist, und weder wie andere, den
Bojaren, welches die Edelleute des Landes sind, noch zur Herrschaft eines Klosters gehören In diesem Marktflecken sind die Ungern und Walachen die ansehnlichsten, wiewohl auch viele Griechen, Juden, und allerhand Flüchtlinge aus andern Nationen, nebst drey Türken darinnen wohnen. Denn es dörfen in keiner Stadt oder Marktflecken der Moldau, mehr als drey Türken wohnen, und diese auch nur wegen der Handlung; es ist ihnen jedoch nicht erlaubt, ihre Weiber sonst wo, als in dem Marktflecken
Galacz, an den Ufern der Donau, oder in den Festungen
Bender, und
Berlat zu halten.
gebohrner Siebenbürger, welches Herr Sulzer gewiß nicht ist. Man wird doch das Wort blaese nicht auf den Mangel der Zunge deuten wollen; denn sonst mueßten alle Moldauischen Ungern von lispelnder Art seyn.
8) Von diesem Orte steht in meinem zweyten Aufsatze folgendes: Bacovia civitas olim principalis sedes Moldavorum Principum tempore Margarethe Hungarae, Stephani Vayvodis uxoris, nunc Episcopalis sedes Catholica; ad septemtrionem palatinum Principis in cinere sepultum jacet; ad meridiem 115 domus Catholicorum. Die Prinzessinn Margaretha, ist wahrscheinlich eine Tochter des Siebenbürgischen Woywoden Stephan von Losoncz gewesen. S. Herrn Bibliothekar Pray Hierarch. Hung. P. II. p. 34. Die Bischöfe residieren gemeiniglich in Pohlen.
(p99)
Ein anderes Bischtum, unter welches die Ungern, die sich an dem Flusse
Tatros niederließen, gehörten, war das
Milkower 9) an dem Fusse des Karpatischen Gebirges, welches die Moldau von den
Seklersitzen Kezdi,
0rbai, und
Sepzi scheidet, und
Bakow gegen Norden liegt. Hier stand vor Zeiten der weitläufige Marktflecken
Milko, wie solches die vielen Rudera zeigen. Vielleicht hat er seinen Namen von dem
Flusse der eben so heißet, und denselben vorbeyfließet, erhalten. Am Ende des obern Theils stehen noch die Uiberbleibsel einer Bischöflichen Residenz, und der Kathedralkirche, in einer sehr angenehmen Gegend. Zu diesem Bischthume sollen einige in einer sehr schönen, dem Flecken Ostwerts gelegenen Ebene und auf etliche Meilen sich erstreckende Pfarreyen gehöret haben; nämlich
Szent-Kereszt,
Szent Miklos und mehr andere. Itzt steht auf dem Platze dieses Fleckens ein geringes Dorf, welches von Walachen bewohnet wird, die diese ganze Gegend mit Weinstöcken bepflanzt, und in gedachten Ungrischen Oertern ihre meisten Kolonien, davon aber nichts als den Namen beybehalten haben. In dieser Ebene wächst manchmal so viel Wein, daß zur Zeit der Weinlese ein Eimer, der zehn cuppas hält, für drey, höchstens vier Polturaken verkauft wird, welches ich, da ich fünf Jahre in dieser Gegend war, glaubwürdig bezeugen kann.-
Doch, ich will zu meinem Endzweck zurück kehren. Alle Uiberbleibsel und Nachkömmlinge der Ungern und Sachsen, besitzen, wie ich schon gemeldet habe, in der Moldau 62. Dörfer, die in neun Pfarreyen eingetheilt sind. Diese versehen italiänische
Minoriten der Römischen Provinz, die von der heiligen Kongreration de propaganda fide dahin geschickt werden. Sie können
9) Von diesem Bischtume, kann man obgedachten Herrn Prays ersten Th. seiner Hierarch. Hung. und Herrn Benkö M. Transylv. Ducatus. Tom. II. auf der 140. S. nicht minder dessen Milkovia nachsehen.
(p100)
aber weder die Walachische noch Ungrische Sprache, und sie sind meistentheils mehr auf ihr Interesse, als auf das Heil der Seelen bedacht. Den Neid gegen diejenigen Priester, welche der Ungrischen, oder Walachischen Sprache kundig sind, treiben sie bis zur Bosheit, wie solches in den Jahren nach 1770. sich ereignet hat. Denn damals kamen zween Priester aus besagten Orden und von dem nämlichen Institute hieher, den Seelen in ihrer Landes sprache zu dienen, welche aber nach ein par Jahren Wegziehen mußten, ungeachtet sie von dem Ungrischen Volke sehr geliebt wurden. Ja, ich mußte selbst das nämliche erfahren, indem der Pater Präfekt von der Mission, mir keine Gerechtsame erlauben wollte, bis er von dem Moldauischen Fürsten
Gregorius Gyka, der vor zwey Jahren durch die Türken umgebracht worden, dazu gezwungen ward, dem sich aber gedachter Präfekt nicht nur widersetzte, und mir mit der Excommunikation drohete, bis ich von dem Bakower Bischöfe, der meistentheils zu
Amberg in Pohlen residirt, Erlaubniß dazu, und hernach auch vom
Pabste Klemens dem Dreyzehnten die Konfirmation derselben erhielt.Die Pfarren aber sind folgende. Und zwar die erste in der Hauptstadt
Jassy selbst. In dieser volkreichen Stadt 10) haben die Väter aus dem Minoritenorden ihre Residenz, deren Vorsteher allzeit Präfekt der
10) Mein Aufsatz von 1693. beschreibt diese Stadt also: Iassy, Ungaricae Iászváros nunc metropolis, Principis sedes primaria, in ipso meditullio regni in duobus collibus latissimis, interjecta valle situm, domos habet 15000, templa 60, monasteria 11. palatinum Principis Habitores habet maxima ex parte Valachos, praetera Hungaros, Armenos, Graecos, Bulgaros, Albanos, Turcas, Tartaros, Polonos, Ruthenos, Saxones, Moscovitas, & nonnullos Italos. Populus Hungaricus olim 1000, nunc 300. cum parvulis, habet templum unum ligneum. Ibidem resident Missiona
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Mission, und zugleich Generalvikar des Bakower Bischofs ist. In dieser Stadt wohnen viele Katholiken fast aus allen Europäischen Nationen, die entweder aus Uiberläufern, Handwerkern, oder Kaufleuten bestehen. Die meisten derselben sind Ungern, bey welchen besagter Pater Präfekt nebst einem Gehilfen die geistlichen Verrichtungen besorgt. Diese sind nun auch gehalten, auf obberührtes Dorf
Kutvár, und in die Tuchfabrick, welche unweit der Stadt in dem Flecken
Kuperest, von oben besagtem Fürsten Gregor errichtet worden, und aus Deutschen katholischen Arbeitern bestehet, zu gehen. 11)
Die zwote Pfarre ist in dem Markflecken Mugyilo, welches ein weitläufiger Ort ist, und an dem Ufer des Flusses
Pruth liegt. Die hiesigen Ungern treiben Handel mit geschliffenen Feuersteinen. Zu dieser Pfarre gehören vier dem Flecken nahgelegene Dörfer, welche durch einen von den Missionarien versehen werden.
Die dritte ist in dem Dorft Damafalva, an dem Ufer des
Seret. Unter diese Pfarre gehören dreyzehn an beyden Ufern dieses Flusses gelegene Ungrische
natii Conventus S. Francisci, & duo Societ. Jesu: sunt 65. domus Catholicae; omnium mercium Tartaricarum, Turcicarum, & Moscoviticarum emporium, unde distrahuntur in Poloniam, Hungariam, & Transylvaniam. Armenicae parochiales Ecclesiae erant ibi duae, & adhunc supersunt: scilicet B- V. Assumpte, & S. Gregorii, grandis Armenorum Illuminatoris; singuli Parochi a 120. familiis fixis alebantur.- Freylich muss Jaschy vorhin anders ausgesehen haben, als es Herr Sulzer im ersten Theile seines Transalpinischen Daciens, auf der 170igsten Seite beschreibt.
11) Eben der vorige Aufsatz rechnet noch folgende dazu: Herle olim oppidum Hungarorum, ultra 300. domos, nunc schismaticorum, templa 2 lapidea, ex ligno totidem: domod 200. Vazlo oppidum a fluvio cognominatum: olim majori numero erant incolae Hungari, jam Valachi & Armeni, Valachorum domus sunt 200 Arme-
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Dörfer. Besagte Pfarre erstrecket sich auf eine von mehr als zwo Meilen, und wird gleichfalls von einem Pater der Mission versehen.
Die vierte ist in
Szabo-falva, auf dem jenseitigen Ufer der Moldawa. Dieses Dorf bewohnen ungefähr 500. Wirte. Sie hat zu Filialen:
Gyerjest,
Turko-falva,
Halvesest,
Kokoset,
Huszár-falva,
Ankucza, und noch drey andere Oerter, deren Namen mir entfallen sind. Sie wird auch durch einen Missioner administrirt.
Die fünfte ist in
Talpa, an dem diesseitigen Ufer erst gedachten Flusses Moldawa, und hat zwölf Dörfer zu Filialen. Die drey letzt erwähnten Pfarreyen bauen keinen Wein, haben aber an allerhand Baumfrüchten, einen solchen Uiberfluß, und die Dörfer sind mit so vielen Bäumen besetzt, daß man sie vom Weiten für Wälder hält. Und weil auch in diesen Pfarren allerhand Arten von Getraide sehr reichlich wächst, so pflegt man sie den Speicher der Moldau zu nennen. Man findet hier keinen Bettler. Es wird nur einmal gepflügt, denn wenn es öfter geschähe: so würde das Korn noch in dem Keime verderben.
Die sechste befindet sich zu
Kaluger-pataka an dem Flusse Besztercze. Dieses Dorf hat starken Weinbau, viele Obstgärten, besonders aber grosse Nußbaumwälder. Zu Filialen hat es den Flecken
Bako,
Barát und 16 andere Oerter; ihre Größe aber beträgt etwas über drey Meilen. Die Einwohner derselben sind größtentheils aus denen, welche vor Alters sich hier niedergelassen haben, und die sich noch neuerdings aus dem Lande der Sekler hieher flüchten.
Armenorum 100. Catholicorum 6. Takucz oppidum olim Hungaricum, habuerunt 200. domos, templum, & Parochiam; nunc nullus illic Catholicus; domus 500, homines 4000, templa 3 ex logno. Karaczönkö oppidum olim Hungarorum, nunc 3 domus, Valachorum vero 3000.
(p103)
Die siebente Pfarre ist in dem Dorfe
Forrofalva an dem Flusse
Seret, unterhalb dem Flecken
Bako, und unter allen Moldauischen Pfarren die größte, gesündeste und fruchtbarste. Sie hat zwölf Filialen, die durchaus fruchtbare Weinberge haben. Die Weine die sie bauen, lassen sich auch weit länger, als die andern dieser Gegend halten. Sie haben überdieß eine Menge der schönsten Baum-und Feldfrüchte. In diesen Dörfern wird der Kukurucz, der so häufig gebaut wird, nur einmal aufgehauen. Es werden hier auch außerordentlich große Fäßer, deren eines drey hundert Eimer 12) hält, verfertiget, welche hernach die Pohlnischen und Russischen Kaufleute von ihnen abnehmen. Man sagt, daß diese Pfarre aus sieben bis acht tausend Seelen bestehe, und ihr jährlicher Provent beträgt wenigstens tausend Türkische Thaler. Daher es eine gemeine Sage unter den dortigen Ungern ist, daß derjenige Missionär, der die Forrofalver Pfarre drey oder vier Jahre versehen hat, wohlbeschwert nach Italien zurückkehre. Es wird aber diese Pfarre auch immer nur einem der Vornehmsten nach dem Präfekte der Mission zu Theile.
Die achte liegt an dem Flüsse
Tatros in dem Dorfe
Garzafalva, welches ehedem zu dem
Milkower Bischtume gehörte. Dieser Ort ist zwar sehr volkreich, hat aber ein etwas kälteres Klima, indem er zwischen den Alpen, und den unserm Seklerland benachbartem Bergen liegt, daher auch nicht so fruchtbar, als andere der schon angeführten Oerter ist; er hat jedoch viele Obstbäumer, und sehr gute Viezucht. Die Filialen davon sind: die Flecken
Tatros, 13) und
Akna, welches letztere
12) Vermuthlich muss der Eimer auch hier so, wie schon oben angedeutet worden, verstanden werden: Urna vini decem Cuppas faciens.- Eine Kuppa aber hält eine gute Ungrische Maas!
13) Von diesem Orte sagt der Aufsatz von 1693: Ta-
(p104)
wegen der Steinsalzgruben berühmt ist. In diesem Flecken wohnen nebst den Ungern auch Juden, Griechen, Walachen, Armenier, von den Irrthümern des Eutichetis, und Dioscori angesteckt, und einige Türken. Die Nichtuniirten Griechen haben hier sieben Klöster, und ihr Vladica, oder Bischof pflegt allzeit hier zu wohnen. Zu dieser Pfarre gehören auch die Filiale
Káson und
Hersa.
Die neunte Pfarre endlich ist in dem östlichen Theile der Moldau, an dem Flusse
Pruth, in dem ansehnlichen Markflecken
Huss-városa. Von diesem haben die Ungrischen Einwohner eine sichere Uiberlieferung, daß die Einwohner Nachkömmlinge derjenigen Ungrischen
Hussiten sind, die der
König Mathias Korvin aus Ungern,
tros oppidum, incolae Hungari, nunc 36 domus; templum Catholicum ex lapidibus; non procul ab oppido Capella SS. Cosinae & Damiani; salis sodina, unde devehintur sal in Transalpinam, Turciam, Bosniam, Tartariam, Moscoviam, & puteus aquae, quae appelatur Hungarica Dekenye, pro ugendis curribus, Valachice Bescura quam canes horrent plurimum; item ruinae antiquae Tatros - Und bald darauf von Szoczava: Szoczava Principium sedes secundaria, olim primaria; incolae olim Saxones intermixtis Hungaris fuere; cives ultra 8000; nunc 25 capita Catholicorum, nativae linguae obliti, Valachis similiores sunt. Templa lapidea 2, Valachi 20.000. Armen, 3000, cum parvulis. Templa universe 17 Archiepiscopalis sedes in monte Ascensionis, ubi reliquiae A. Joannis servantur. Armeni habent 4 Ecclesias, ex his tres parochiales: primum SS. Triadis, alterum S. Crucis, tertium S. Simonis; quilibet eorum Parochus a 150 familiis fixis, sustentabatur; Episcepi Armeni sedes extra civitatem. - Nicht weit von dieser Stadt, war auch ein Nonnenkloster Quarte parte milliaris heißt es, ab eadem Szocuava erectum quoque est monasterium Monalium ad meridiem; pacis tempore alebantur ex ejus proventubus circiter 40, viduae mixtae virginibus. Ita omnes
(p105)
und Siebenbürgen vertrieben 14) und von denen ein Theil, von dem Fürsten der Moldau die Erlaubnis sich hier niederzulassen, erhalten hat. Diese erbauten zum Gedächtnisse ihres Patriarchen des Johann Huß, besagten Marktflecken; zum Andenken aber des Hyeronimus von Prag, das Dorf, Hieronymus genannt. Nach der Zeit aber, ohne jedoch den Urheber zu wissen, haben sie alle ihre Irrthümer abgeschworen, und den Katholischen Glauben angenommen, zu dem sie sich auch itzt noch treulich bekennen. — Der Marktflecken hat seinen Namen behalten, das Dorf aber wird
Szent-Jeronimus genannt. Wein wird hier nicht gebauet; aber alle Arten von Baumfrüchten, besonders aber Kastanien, Wall-und Haselnüße, deren letztere sehr dünne und weiche Schaalen haben, trift man überall im Uiberflusse an, und es wird damit jährlich ein starker Handel getrieben. Die Administration dieser Pfarre hat ebenfalls einer aus der Mission.
Dem andern, und vielleicht dem größten Theile besagter
Hussiten ward es nicht erlaubt, in der Moldau zu verbleiben, sie wurden daher genöhtiget, an die Gränzen der Krimmischen Tatarey zu wandern, wo sie sich niederließen, den Flecken
Csöbörcsök genannt, und an drey Seiten desselben, die drey Dörfer
Szent-Péter, Szent János und Szent-Antal erbauten. Ob nun diese Dörfer vor oder nach der Bekehrung dieses Volkes
veteri more, sine ulla regulari disciplina, aut formali voto, pie tamen vivebant.
14) Eben dieser Aufsatz giebt das Jahr 1460. an: Huss oppidum ab Hussitis originem habet, qui propulsi ex Hungaria in exilium a Mathia Corvino rege anno Christi 1460, devenerunt ad hunc locum a tribus collibus notum. Incolas habet plures Hungaros, minori numero Valachos.Catholici sunt 682, & 3 Templa, 2 lignea, & unum ex lapide. Hic sedes Episcopi Valachorum.
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also genennt wurden, sind keine Spuren vorhanden; daß sie aber alle in den Schoos der Katholischen Kirche zurückgekehret, bin ich selbst Zeuge. Denn, nach Ostern des 1767igsten Jahres nach dem alten Kalender, — der Gregorianische ist in der Moldau nicht gewöhnlich — fuhr ich mit einem alten Missionar, den Pater Franz Carisi, Administrator von
Huss-várasa, von diesem Orte in die Tatarey, wo ich den sechsten Tag in gedachtem
Csöbörcsök ankam. Wir wurden von den Einwohner, die schon ganzer siebenzehn Jahre keinen Katholischen Geistlichen gesehen haben, so, wie Engeln, die von Himmel kommen, aufgenommen. Sie haben eine steinerne Kirche, die der heiligen Jungfrau, und den zwölf Aposteln geweyht ist; Meßkleider von verschiedenen Farben, die fast an die Fersen reichen, und zween silberne Kelche. Die Pfarrey, oder die Wohnung des Missionars ist ziemlich beqwem, und nebst der Kirche auf einem Hügel, in der Mitte des Orts erbauet. Der Weingarten, der für das H. Meßopfer, und ihren Geistlichen bestimmt ist, liegt fast in der Mitte ihres Weingebirges, den sie jährlich bauen, den Wein zu diesem Ende einbringen, und bis er nicht verdirbt aufbehalten; wann aber solches geschieht, ihn ausschütten, und die Fäßer mit neuem Moste füllen, damit, wann ein Katholischer Priester dahinkömmt, es nicht am Weine für ihn, und das heilige Meßopfer fehlen möge. — Das Volk versammelt sich alle Sonn-und Festtage in der Kirche, wo ihnen ein alter Mann von
Kézdiháromszék, der in den Anfangsgründen der Religion ziemlich unterrichtet ist, vorbehtet, einige geistliche Lieder, anstimmet, und täglich zween Rosenkränze der heiligen Jungfrau zu Ehren, mit den Anwesenden andächtig hersagt. Diese Rosenkränze sind aus Knoten von starken Fäden gemacht. - Die Ehen vor dem Richter und den Geschwornen des Orts geschlossen, welche die Grade der Blutsfreundschaft, hauptsächlich aber der Schwägerschaft genau untersuchen. Die Kir-
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chenfasten, besonders, die vor, Ostern, nebst der am Freitage, und Sonnabende, werden bey Wasser und Brod auf das Schärfste gehalten, ja sie enthälten sich sogar der Fleischspeisen am Mittwoche, an welchem Tage sie sich jedoch Milchspeisen erlauben. Die Fleischeslust sowohl, als das Fluchen verabscheuen diese Leute auf das Hefftigste. — Bey den Sterbenden versammeln sie sich fast alle, ermahnen sie zur ernstlichen Reue und Erkenntniß ihrer Sünden, und bitten Gott Tag und Nacht um ihre Auflösung. Den Todten suchen sie durch reichliche Almosen zu helfen, und behten, unabläßig für das Heil ihrer Seelen.—
Ihr Ackerland ist ziemlich fruchtbar, in welches sie meistentheils Waitzen, und Hirse bauen. Aus dem ersten backen sie sehr gutes Brod, aus letzterm aber machen sie ein tatarisches Getränk, Braha genannt, dessen sie sich zum täglichen Gebrauche bedienen. Ihre Kleider sind theils Moldauisch, theils Tatarisch, und ihre Leinwand, die ihre Weiber aus Flachs und Hanf weben, ist ziemlich fein, und dauerhaft. Sie haben starke Hornvieh- Schaaf- und Pferdezucht, die des Winters kaum einmal in zehn Jahren, mit Heu gefüttert werden, sondern auch in dieser Jahreszeit immer auf den Triften weiden. An jährlichem Tribute entrichten sie dem Tatarkan zwey tausend Türkische Thaler; und weil sie unter der Herrschaft der vornehmsten Gemahlinn desselben stehen: so unterstehet sich auch niemand, sie in ihrer Religion zu stören.
Als wir den Tag nach unserer Ankunft, die Kanonischen Stunden geendigt hatten, gab ich dem häufig versammelten Volke von den nöhtigen Heilsmitteln über eine Stunde lang Unterricht in Ungrischer Sprache, hernach aber hörten wir beyde die Beichten der älteren Einwohner bis 11 Uhr. - Und diese Last blieb, da ich allein der Ungrischen Sprache mächtig war, meistentheils auf mir, ungeachtet einige auch dem alten Pater Franz in der Walachischen Sprache beichteten. Sodann lasen wir Messe, stärkten auch die, welche gebeichtet hatten, mit
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dem H. Abendmahle, und nahmen darauf das Mittagmahl ein. Um zwey Uhr nach Mittage, gab ich wieder dem aus dem Flecken, und den drey Dörfern zusammberufenen Volke Unterricht von den Sakramenten überhaupt, insonderheit aber von der Taufe, und ihrer Nohtwendigkeit bis drey Uhr; von dieser bis fünfe, hielten wir aus den gegebenen doppelten Unterrichte Examen, wiederholten das Gesagte, und erklärten und unterrichteten sie beyfällig in andern aufgestossenen Wahrheiten. Von fünf bis sechst ließen wir alle Hebammen, nebst dem alten Licentiaten holen, und hielten ein scharfes Examen mit ihnen, von ihren Pflichten, größtentheils wegen der Taufe, fanden aber, daß diese nie von den Hebammen recht und giltig verrichtet worden. Denn ungeachtet sie die Kinder in das Wasser tauchten, so sprachen sie doch die gehörigen Worte nicht dazu, sondern machten nur das Zeichen des Kreutzes über die Täuflinge. Auch die von dem Alten ertheilte Taufe fanden wir überaus zweifelhaft, Denn dieser sprach vorher die Taufformel, und erst als er auf den Namen des heiligen Geistes kam, fieng er an das Wasser aufzuschütten. Daher wir genöthiget wurden, den Vätern sowohl, als den Müttern aufzutragen daß sie alle ihre Kinder, die seit siebenzehn Jahren entweder von den Wehmüttern, oder dem alten Licentiaten getaufet worden, des folgenden Tages nach Mittag in die Kirche bringen, zugleich aber auch die gewöhnlichen Pathen dahin bestellen sollen. Hernach hörten wir wieder Beichte, bis in den späten Abend.
Am zweyten Tage nach verrichtetem Gottesdienste gab ich ihnen, von der Beichte und Busse Unterricht, und nach Endigung desselben hörten wir wieder bis 11 Uhr Beichte, und theilten darauf wie gestern das heilige Abendmahl aus. Nach Mittage ertheilte ich von der Taufe, und ihren Erfordernissen bey den Erwachsenen, bis fünf Uhr Unterricht; von da aber bis sieben, tauften wir in Gegenwart aller Hebammen, und des Alten bis
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sechzig Kinder um. Und so hörten wir ganzer sieben Tage vor Mittage die Beichten der Erwachsenen, nach Mittage aber tauften wir die jungem. Während den übrigen sechs Tagen taufte ich allein 768 Personen um, und hörte meist Generalbeichten von beyläufig 1400 Seelen. Die folgenden fünf Tage vor Mittag nach vorhergegangem kurzen Unterrichte brachten wir ganz mit Beichtehören der ältern zu, nach Mittage aber im Umtaufen derjenigen, die über 10. Jahre alt, auch einiger die verheurathet waren. Den zwölften Tag endlich, unterrichteten wir für den Flecken sechs, und für die Dörfer neun Hebammen, nebst den alten Licentiaten in der Art, und allen Zugehörungen der Taufe. — In diesen zwölf Tagen, welche wir bey diesem Volke zubrachten, hörten wir 7139. Beichte, und tauften 2512. Personen um. Ich stand überdieß dreyen Sterbenden bey, begrub zwey derselben, den dritten aber verließ ich am Leben. Sodann den dreyzehnten Tag, nach verichtetem Gottesdienste, und gehaltener Rede von dem Harren im Glauben, beurlaubten wir uns von ihnen. Unter den bittersten Trähnen und Seufzen, begleiteten uns über 2000. Männer, und Weiber fast auf eine Ungrische Meile, und bähten, und beschworen uns durch das Leiden Jesu Christi, daß wir ihnen einen Priester von dem Vorsteher der Mission verschaffen möchten. Diese sehnlichen Wünsche, und dringenden Bitten hinterbrachten wir auch bey unserer Zurückkunft in Jaschy, dem Pater Präfekte; er antwortete aber, daß keiner von den Missionarien dahin gehen wollte; er auch keinen zwingen könnte, weil alle nur für das Fürstenthum Moldau abgeschickt worden. - Ob seit dieser Zeit ein Katholischer Priester bey ihnen gewesen sey, ist Mir gänzlich unbewußt. –
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Bis hieher gehet die Reisebeschreibung des wackeren, und eifrigen Pfarrers. — Wann sie davon in Ihrem Magazine Gebrauch machen können, so steht es in Ihrer Willkür. — Aber, von der Moldau, - wie reimt sich das mit den Beyträgen zur Ungrischen Geschichte, Geographie, Naturwissenschaft, und der dahin einschlagenden Literatur? Nun, ich dächte, Moldau, auch den
Dniester mit einbegriffen hat doch ehedem zu Ungern gehört? 15) und sollte nicht die einheimische Literatur hinlänglichen Anspruch darauf haben? - Denken Sie darüber nach, vielleicht, wann ich Ihren Beyfall erhalte: so sollen Sie ein neues Stück aus
Serwien bekommmen! Doch nur vielleicht; denn ich bin sehr wankelmühtig in dergleichen Gesinnungen; aber desto mehr
Ihr beständiger Freund
Anonymus.
15) Herr Abbé Pray hat es in der sechsten siebenten Dissertation ad Annales veteres Hunnorum, & c. begreiflich genug gemacht.