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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin,
Band 3, Heft 3, Text 18 (S. 276-301)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Preßburg,
Löwe, 1783
Autor: o. N., vermutlich
Samuel Ab Hortis, siehe Windisch an Cornides, 07.07.1783
Zuordnung:
(p276)
18. Kurze Beschreibung des sogenannten Königsberges (Kralowa Hola) nebst den Merkwürdigkeiten desselben.
Von dem
Königsberge den wir hier beschreiben wollen, finden wir bey den Schriftstellern, die das physikalische Fach unseres Vaterlandes bearbeitet haben, nur sehr sparsame Nachrichten; und man kann mit allem Rechte sagen, daß dieser große und ansehnliche Berg noch kaum dem Namen nach allgemein bekannt geworden ist. Aus diesem Grunde hoffen wir unsern Lesern um so weniger zu mißfallen, wenn wir ihnen von der eigentlichen Gestalt, der Lage, und den übrigen Merkwürdigkeiten desselben, einen kurzen Bericht vorlegen.
Dieser Berg liegt in einer Ecke, wo die drey Komitater,
Zips,
Liptau, und
Gömör zusammstossen, in einer kleinen Entfernung von den hohen Bergspitzen des
Karpatischen Gebirges gegen Mittag. Der Raum, zwischen beyden macht nur, ein mäßiges Thal aus, welches der
Waagfluß durchströmet, und einige Dorfschaften, die in dieser kalten und unfruchtbaren Gegend liegen, in sich fasset. Seine eigentliche Lage ziehet sich der Länge nach von der Mittagsseite, bey dem Dorfe
Wernar oder Wernsdorf in dem
Gömörer Komitate, gegen Nor-
(p277)
den, bis in die
Hradeker Herrschaft des
Liptauer Komitats, zu dessen Gebiete ein grosser Theil dieses Berges, so wohl von der Ost - als Nordseite gehöret.
An Höhe übersteigt er, außer den hohen Spitzen des
Karpatischen Gebirges, alle umliegende, und vielleicht auch, wo nicht alle, doch die meisten hohen Berge in Ungern. Vier ganze Stunden hat ein guter Fußgänger zu thun, bis er den Gipfel desselben erreichet, ob er sich gleich während dem Aufsteigen bey den gefährlichen Klippen und Gängen nicht aufhalten darf, sondern seine Reise stracks und ungehindert in geraden Fußsteigen fortsetzen kann: indem diese so beschaffen sind, daß auch Schaafe, Pferde, und Hornvieh, ihnen nachgehen, und den Berg besteigen können. Und eben aus dieser Ursache, konnte man besagten Berg, wiewohl er gegen die Spitze ziemlich steil, und von erstaunlicher Höhe ist, unter die sanften Gebirge zählen.
Seine Gestalt ist oben einer Wölbung ähnlich, die sich in die Länge ziehet, und von beyden Seiten hie und da mit Steinen und Steinklippen wechselsweise belegte Vertiefungen hat, die man hier Gründe nennet. Diese sind vermuhtlich nach und nach von dem durch starke Regengüße, Hagel, Schnee, oder Wolkenbrüche gesammelten und herabrollenden Wäßern entstanden. Auf dem Rücken des Berges sind einige Beugungen, die denselben etwas theilen, und gleichsam besondere Bergspitzen vorstellen; die aber von keiner grossen Bedeutung sind, indem man von einer auf die andere ganz gemächlich kommen kann , wann man einmal nur die Höhe des Berges erstiegen hat, und sich auf einer dieser Spitzen befindet. Eben so giebt es auch mit unter von allen Seiten angesetzte Hügel, davon einige ziemlich hoch sind, die aber wegen den umliegenden Gebirgen, die den Königsberg umschließen, aus der Ferne nicht bemerket werden können. Der höchste Buckel dieses ganzen Berges,
(p278)
der am Ende desselben gegen Mittag liegt, heißet eigentlich der Königsberg, (Kralowa Hola) die übrigen hingegen, die sich gegen Norden ziehen, und um etwas niedriger sind, nennen die slowakischen Anwohner nur schlechtweg ohne Beynamen, Hola, welches in dieser Sprache so viel, als einen kahlen Berg bedeutet; wiewohl eine solche Benennung im strengsten Verstande, und nach der einmal von den Naturforschern angenommenen Sprache und Redensart, auf diesen Berg nicht allerdings passet, indem man nach derselben nur solche Gebirge kahl nennet, die von der Erde so entblößt sind, daß man ihre Gesteinart so gleich sehen, und erkennen kann, wie solches an den
Karpatischen Gebirgen wahrzunehmen ist. Der Königsberg hingegen, lediglich, die Vertiefungen und Gründe, nebst einigen wenigen Plätzen ausgenommen, ist von unten bis oben ganz mit Erde bedeckt, daraus verschiedene Vegetabilien, als Holz, Gras, Moos, und allerhand Blumen und Kräuter hervorwachsen. Von unten bis über die halbe Höhe des Berges, sind lauter schöne Tannen, Fichten und Lerchenbäume; etwas weiter hinauf, hie und da Büsche von Krummholz; und der übrige Theil ist mit Gras und Moos überdecket. Allein nach der Sprache des hiesigen Landmanns, heißen alle Berge kahle Gebirge, die von Bäumen und Gebüschen entweder ganz, oder doch größtentheils entblößt sind, und nur zur Weide angewendet werden. Ganz oben auf dem Berge ist zwar nirgends eine vollkommene Ebene anzutreffen; indem derselbe, wie wir bereits erinnert haben, einer Wölbung gleichet, und auf seiner Oberfläche sich seitwärts in einer ovalen Form von allen Seiten herunter gegen den Fuß beuget; dennoch aber, wenn man sich einmal auf demselben befindet, so kann man der Länge nach auf und ab, wie auf einem Spatziergange gehen, und sich von allen Seiten umsehen. Um denselben herum stehen
(p279)
allerhand steile, sticklichte, und zum Theil prallige, mit lauter Tannen und Fichtenbäumen besetzte Kalkberge in verschiedener Gestalt und Lage. Diese sehen sehr hoch aus, wenn man sich unten am Fusse derselben befindet; kömmt man aber auf den Königsberg, und wirft einen Blick herab, so erscheinen diese um ihn liegenden Berge, nur als kleine steile und spitzige Hügel, die um den Königsberg wie Zwerge, um einen ungeheuern Riesen stehen. — Ob nun gleich der hohe und grosse Königsberg mit lauter Kalkbergen, fest umringet ist, so bemerket man dennoch auf ihm selbst nichts mehr von dieser Steinart, sondern meistentheils nur Sandsteine, und einen schönen weißen Kies. Ganz oben auf dem höchsten Gipfel des Berges liegen hin und wieder auf der Dammerde, ganze, ungefähr einen halben Schuh dicke, eine Klafter lange, halb so breite, und oft noch größere und kleinere Tafeln solcher Sandsteine zerstreuet; auch einige von eben dergleichen Steinen aufgethürmte Hügel, die, man von ferne, auf etliche Meilen sehen kann. Es scheinet, daß diese steinernen Tafeln oder Platten, gar nicht mit dem Berge zugleich entstanden sind, sondern bey einer Überschwemmung sich auf dieser Stelle abgesetzt, und durch die vielfältige Bewegung ihre Figur erhalten haben.
Was die eigentliche Benennung, oder den Namen dieses Berges betrift, so berichtet davon
Mathias Bel *) folgendes: Mons Regius sive Kralova Hola germanis Königsberg. Hic Scepusium a
Gömöriensi Comitatu, qua is ad grani fontes vergit, discriminat. Haesit ei Nomen, a Regis
Mathiae Corvini, quam hic instituisse fertur, venatione. T'unc enim, in praeceso ejus cacumine, eoque arboribus nudo, pransum fuisse perhibent, super lapide quadrato, cui epigraphen
In Prodromo pag 71 & 72.
(p280)
hanc insculpi curavit, sed vetustate jam nimium exesam: HIC HOSPITATUS EST MATHIAS REX HUNGARIAE, anno 1474. adjectum quoque axioma politicum: Privatum commodum, latens odium, juvenile consilium, per haec tria omnia pereunt regna. Sunt tamen, qui adfirment, antiquioribus temporibus montem hunc ita cognominatum fuisse, fidem eis praestrumente
Bela IV. diplomate quodam, quod suo aliquando loco exhibebimus. Hier finden wir also eine doppelte Meynung von der ursprünglichen Benennung dieses Berges. Einige leiten seinen Namen von den Zeiten des ungrischen
Königs Mathias Korwins her, andere hingegen, und vielleicht mit mehrerer Wahrscheinlichkeit, setzen die Entstehung desselben in weit ältere Zeiten zurück. Nach der Meynung der erstern soll der König Mathias Korwin im Jahre 1474. da er sich in dieser Gegend mit der Jagd belustiget hatte, auf dem höchsten Gipfel dieses Berges das Mittagsmahl eingenommen haben, dabey er sich statt des Tisches einer steinernen viereckigten Platte bediente, auf welcher er zum Andenken die oben angeführten Worte: Hic hospitatus est &c. aushauen ließ. Dieses ist zwar richtig, daß die historischen Umstände in Ansehung der Lebensgeschichte dieses Königs, mit der angeführten Jahrzahl ziemlich übereinstimmen; indem die Geschichtschreiber einmühtig berichten, daß sich dieser König in eben demselben Jahre, nach geendigtem pohlnischen Kriege, um allen Unruhen und Streifereyen vorzubeugen, in dieser Gegend aufgehalten habe. Es ist dieses auch aus einer gewissen Urkunde klar, daß er sich zu derselben Zeit in dem
Liptauer Komitate zu
Rosenberg, und folglich nahe an dem Königsberge befunden habe.
Thomas Thurso war dazumal Schloßhauptmann des
Schlosses Arva, und der König fertigte zu Rosenberg einen Grundbrief aus, darinnen einem gewissen
Urban einige zu der Herr-
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schaft
Arva gehörige, und bey dem Dorfe
Poruba gelegenen Grundstücke angewiesen, und geschenket worden sind. Die Unterschrift lautet in diesem Briefe also: Datum in oppido nostro Rosenberg, feria sexta ante Dominicam ramis palmarum, anno Domini 1474. &c. Allein damit ist es noch nicht bewiesen, daß der Königsberg von der erzählten Begebenheit, die noch vielen Zweifeln ausgesetzet ist, seinen Namen wirklich erhalten habe. Denn der Stein, von dem man sagt, daß der König darauf gespeiset habe, zeiget nicht einmal deutliche Spuren einer jemals eingehauenen Schrift; sondern nur einige undeutliche Vertiefungen auf seiner Oberfläche, die eben so, wie auf andern dergleichen Steinen, deren man hier genug antrift, zufälliger Weise, vermittelst der Luft-und Witterung entstanden seyn konnten. Wenn der gemeine Mann, der von dieser Erzählung weis, vor dem nämlichen Steine stehet, und seine Glossen darüber machet, so entdecket seine Einbildungskraft auf demselben, ausgehauene Schüßeln, Teller, Messer, und dergleichen Tischgerähte mehr. Allein könnte man denn nicht hiebey fragen: Ob dieser Berg vor den Zeiten des
Königs Mathias Korwins, entweder gar keinen, oder einen andern Namen, und was vor einen gehabt habe? Man könnte weiter fragen: Woher der König in dieser wüsten Gegend, wo nicht einmal eine Stadt Nähe ist, sogleich einen Steinmetz gefunden habe, der diese Schrift auf frischer That hatte einhauen können? Denn auf der Jagd führet wohl schwerlich jemand dergleichen Künstler sammt ihren Instrumenten mit sich. Endlich konnte auch dieses noch gefragt werden: Warum anstatt, Hospitatus est, nicht passender, und auf diese Begebenheit schicklicher gesetzt wurde: Hic pransus est? Wäre aber das vorgebliche Denkmaal erst nach der Zeit und mit Vorsatz dem Könige zu Ehren hingesetzt worden, so hätte man es an-
(p282)
sehnlicher machen, und besser verwahren sollen; und in diesem Falle dürfte es uns an sichern Nachrichten davon gar im geringsten nicht fehlen. Außer dem ist auch dieses wohl zu bedenken, daß die Luft auf dem Gipfel dieses Berges, wie wir in der Folge zeigen werden, so beschaffen sey, daß einem die Lust nicht so leicht ankommen kann, auf dieser Stelle einen Ruheplatz zu suchen, und eine ordentliche Mahlzeit zu halten. Kein Holz, kein Wasser, kein Platz, wo man sich vor ungestümmen Wetter, wenn es plötzlich entstehet, welches hier nicht selten geschiehet, in der Geschwindigkeit vor Hagel und Regen schützen und verbergen könnte; überhaupt, ein ungelegener, Ort, zu einer königlichen Lustjagd. Die nämliche Uiberschrift aber, die man dem Steine, auf welchem der König gespeiset haben soll, andichtet, findet man mit eben derselben Jahrszahl, von außen an einem bürgerlichen Hause in der königl.
XVI. Stadt Georgenberg, wo das Hospitatus est, besser, als auf den Königsberg passen könnte. Denn wie man sagt, so soll besagter Konig in dem nämlichen Jahre, welches die bemeldete Jahrszahl bezeichnet, in diesem Hause inkognito übernachtet, und bey seinen Abschiede diese mit eigener Hand geschriebenen Worte hinterlassen haben. Allein vermuhtlich gehöret sowohl jenes, als dieses zu den Erzählungen und Mährchen, mit welchen sich der Pöbel von den Reisen dieses Königs noch bis diese Stunde beschäftiget, und zu unterhalten gewohnt ist. Es scheinet also die zweyte Meynung, daß nämlich dieser Berg bereits lang vor den Zeiten des Königs Mathias Korwins diesen Namen geführet, einen besseren Grund zu haben. Denn gesetzt, das Diplom, dessen unser
Bel Erwähnung thut, wäre auch nicht vorhanden, so läßt sich dem ungeachtet aus der völligen Gestalt und Lage dieses Berges nichts gewisser schließen, als daß sein Name eben so alt seyn könne, als diese Gegend bevöl-
(p283)
kert ist. Denn er ist mit mehr als hundert andern Bergen umringt, über welche alle er sein Haupt hoch empor hebet, und gleich einem Könige über diese erhöhet ist. Was kann also natürlicher und gewisser seyn, als daß diese seine Gestalt und Lage, dem Volke die erste Erfindung des Namens Königsberg beygebracht habe. Aus verschiedenen andern Beyspielen läßt es sich ersehen, wie reich das Alterthum an dergleichen Erfindungen gewesen sey. Der Name des grossen und bekannten Berges, der die
Liptau, von der
Turotzer Gespanschaft scheidet, ich meyne, des
Fatra, wird allem Ansehen nach, den deutschen Namen Altvater, auf eine ahnliche Art von seiner Gestalt und Lage erhalten haben; denn er ist der höchste, unter allen übrigen die um ihn herum sind, neben welchen er, wie ein Vater unter seinen Kindern stehet. Und wem kann es unbekannt seyn, daß die meisten Bergspitzen des
Karpatischen Gebirges, und andere Berge mehr, auf keine andere Weise ihre Benennungen erhalten haben?
Die vier bekannten Flüße, die an dem Königsberge entstehen, machen diesen besonders merkwürdig und berühmt;
Der erste davon heißt die
schwarze Waag, welcher von der Ostseite unter einem Hügel,
Prassiwy Wrssek genannt, herausqwillet, alsdenn durch ein enges Thal zwischen lauter Gebirgen, eine Strecke gegen Norden wegfließt, und sich endlich unweit dem Dorfe
Wazec mit der
weißen Waag, die gegen über aus dem
Karpatischen Gebirge entspringet, vermischt. Bald darauf wendet sich der ganze Fluß gegen Westen, nimmt bey seinem Fortgange verschiedene grosse und kleine Flüße mit sich, und ergießt sich endlich bey
Gutta, zwey Stunden oberhalb
Komorn in einen Arm der
Donau.
(p284)
Der zweyte ist die
Gölnitz, der nicht weit von dem Orte, wo die
schwarze Waag ihre Qwelle hat, entstehet. Er nimmt seinen Lauf durch den
Zipser Komitat gegen Mittag, verschlingt auf seinem Wege manche kleine Bäche und Flüße, und vereiniget sich alsdann bey dem Dorfe
MARGETYAN (Margarethen) mit der
Kundert.
Der dritte Fluß ist die
Gran, dieser entstehet da, wo sich der Berg gegen die andere Seite in den
Gömörer Komitat begiebt, fließt anfänglich mit der
schwarzen Waag, allein auf der entgegengesetzten Seite des Berges, eine ziemliche Strecke paralell, wendet sich alsdann in verschiedenen Beugungen gegen Mittag, und nachdem er sich 24 Meilen von seinem Entstehungsorte entfernet hat, ergießt er sich bey der Stadt
Gran in die
Donau.
Der vierte ist der Fluß Hernad, oder die
Kundert. Er entstehet eben nicht unmittelbar aus dem Königsberge, wie es einige Schriftsteller angeben, sondern aus einem nahe dabey liegenden besondern Berge, bey dem Dorfe
Weichsdorf (Wikartowec) in dem
Zipser Komitate, fließt aus seiner Qwelle von Mitternacht gegen Mittag, und nachdem er sich mit der
Gölnitz und anderen Flüssen verstärket hat, so fällt er bey
Köröm in die
Teiße. Er nähret unweit seiner Qwelle die schönsten Krebse und Aalraupen.
Die manigfaltigen Gegenden dieses Berges haben von den Anwohnern verschiedene Namen erhalten, welche aber anzuführen überflüßig und unnütz wäre. Die vornehmsten sind folgende:
1.
Brunowa, die grosse und kleine Braunsäufen; sind zwey tiefe Abgründe an der Ostseite des Berges, die in der Höhe in einen zusammenstoßen, abwärts aber getheilt sind, und daher die kleinen und grossen Braunsäufen ausmachen. Durch beyde gehen
(p285)
Fußsteige, die auf den Königsberg führen, bis man an den Ort kömmt, wo man die braunen Kristallen, die unter dem Namen der Topase bekannt sind, zu finden pfleget.
2.
Jurowa, ein hoher Berg auf der nämlichen Seite, dicht an dem Königsberge angesessen, und schon so hoch, daß auf dem Gipfel desselben wegen der kalten
Luft, weder Gebüsche noch Bäume fortkommen. Von dem flachen Lande, und von ferne kann man ihn wegen andern Gebirgen, die vor ihm stehen, und mit hohen Bäumen besetzt sind, nicht bemerken; daher wird Man seiner nicht eher gewahr, als wenn man sich beym Aufsteigen auf den Königsberg, schon hart an demselben befindet. Er ist blos deswegen zu bemerken, weil sich auf demselben das
Gömörer von dem
Liptauer Komitate scheidet.
3. Der
Rabengrund liegt von der andern Seite gegenüber, wo der
Granfluß seinen Lauf hat; ist ein ziemlich breiter und tiefer Grund, der sich von dem Fusse des Berges gegen die Spitze ziehet, unten mit allerhand Nadelholz besetzt, in der Höhe aber mit Moos und Gras bewachsen ist.
4.
Prussiwy Wrssek, ein kleines rundes Bergchen, welches an der Mittagsseite auf dem Königsberge sitzt, da, wo sich dieser bereits herabsenket. Kann ebenfals vom flachen Lande nicht gesehen werden, und ist nur daher bekannt, weil unter diesem, wie wir im vorhergehenden angemerket haben, die
schwarze Waag entspringt.
5.
Try Studne, oder die drey Brunnen, ist eine gewisse Gegend, die ihren Namen von drey Wasserqwellen, die nicht weit voneinander entstehen, erhalten hat, und wegen den oben gedachten Topasen, die man auch hier zu suchen pflegt, bekannt ist.
(p286)
Von Vegetabilien möchten hier wohl manche Kräuter und Wurzeln anzutreffen seyn, die einen Botaniker aufmerksam machen könnten; da man aber dergleichen in den
Karpatischen Gebirgen, viel besser und häufiger antrift, so werden die hiesigen wenig geachtet, und fast gar nicht gesuchet. Indessen kann man überhaupt so viel sagen: daß der obere Theil dieses ganzen Berges mit einem breitblätterigen Moos, zwischen dem ein breithalmigtes fettes und nahrhaftes Gras den Sommer über hervorwächst, bedeckt sey; in der mittleren Gegend stehen hier und da auf einigen Plätzen Gebüsche von eben dergleichen Krummholze, wie auf den
Karpatischen Gebirgen, aber keine Limbäume. Der untere Theil, und die umliegenden Gebirge sind allesamt mit verschiedenen Arten Bauholz, als da sind: Fichten, Tannen und Lerchenbäume, welche letztern man hier zu Lande, wegen ihrem rohten Holze, Rohtbäume nennet, recht dicht und reichlich besetzt. Die Taxbäume (Taxus), die bey den Anwohnern unter dem Namen des Eibenholzes bekannt sind, haben zwar bereits sehr abgenommen dennoch aber finden diejenigen, die in diesen Waldungen beständig herum irren, und darinnen wohlbekannt sind, zuweilen einen jungen Baum davon. Denn weil dieses Holz beliebt, ist, und gut verkauft werden kann, so wird er von dem ersten, der ihn findet, abgehauen und weggetragen. Von dem Laube, welches aus sehr feinen beständig grünenden Tangeln bestehet, tragen die Mägde auf dem Lande Kränze; von den Brettern aber, werden Tische verfertiget, die eine schöne rohtbraune Farbe haben, und beständig glänzen, wenn sie gut bearbeitet, und rein gehalten werden.
Da wir von Bäumen und Waldungen Meldung thun, kommen wir auf eine, so viel uns bewußt ist, ganz neue und sonderbare Entdeckung von dieser Gegend. Eine Entdeckung, die für die Zukunft lehrreich,
(p287)
und nützlich werden kann, wenn einstens die Sache, als woran nicht zu zweifeln ist, wenn sich fleißige Beobachter Mühe geben werden, bis zu einen richtigen und vollkommenen Beweis gebracht werden könnte. In dem verflossenen 1782igsten Jahre, in den letzten Tagen des Monats Julius, und folglich in den heißesten Sommertagen, setzte sich ein weißer dicker Saft, in einem bey dem Dorfe
Schoniawa, unter dem Königsberge gelegenen Walde, an die Zweige und Blätter der Lerchenbäume. Dieser Saft ward durch die Hitze der Sonnenstralen granulirt, und verhärtet, so, daß er eine weiße körnigte, und einem groben Zucker ähnliche Farbe und Gestalt erhielt. Niemand wendete auf diese sonderbare Erscheinung auch nur einige Aufmerksamkeit, außer den Bauerkindern, die sich in dem, nahe am Dorfe gelegenem Walde für die lange Weile belustigten, und diese weißleuchtende Materie, an den grünen Zweigen als etwas Außerordentliches bemerkten. Anfänglich begaften sie nur das Ding, und wunderten sich darüber, bis sie es endlich auch kosteten, da sie es dann von süßem Geschmacke fanden, und einige solcher Zweige mit sich nach Hause brachten. Nun wäre es auch beynahe so geblieben, wenn es sich nicht zufälligerweise, ereignet hätte, daß ein paar Beamte des Zipser Komitats an diesen Ort kamen, denen dergleichen Zweige, als eine Seltenheit vorgezeiget wurden. Diese nahmen etwas davon mit sich, und legten sie bey ihrer Durchreise in dem nicht weit von Schoniawa entfernten Dorfe
Lautschburg (Lutschiwna) bey dem Besitzer desselben, Herrn
Donat Várady Szakmáry ab. Hier wurden sie eine geraume Zeit aufbehalten, und den Gästen zur Beschauung, und Beurtheilung vorgeleget. Jedermann, dem diese Zweige in die Hände geriehten, fühlte sie an, bewunderte die seltsame Materie, die daran klebte, brach einen Theil davon ab, versuchte den Geschmack, und niemand
(p288)
wußte zu sagen, was das vor ein Ding sey? Bis endlich ein Kenner *) dazu kam, der diesen verhärteten und granulirten Saft, vermöge seiner ganzen Beschaffenheit, für nichts sicherer und gewisser ansehen konnte, als für die nämliche Manna, welche aus
Kalabrien und
Sicilien zu uns gebracht, und in den Apotheken, als ein abführendes Arzneymittel verkauft wird. Gestalt und Geschmack, stimmten mit der Kalabrischen Manna vollkommen überein, außer dem einzigen, daß die hiesige nicht so schmierig, sondern um ein Merkliches reiner, zarter, und in der Farbe weißer als jene, befunden worden ist. Nur Schade, daß bis dahin, da es mit der Entdeckung so weit gediehen, die gute Zeit verstrichen war, und die an den Bäumen, gewesene Manna vom Regen und Thau aufgelöst und weggespület wurde, ehe man einen hinlänglichen Vorraht sammeln konnte, um damit sichere Proben und Versuche anzustellen, ob sie die nämlichen Kräfte mit der kalabrischen besitze? Wenigstens ist die Sache höchst wahrscheinlich, und fast keine gegründete Ursache, daran zu zweifein. Denn wo sich bey einer Sache von dieser Art, einerley Geschmack, Gestalt, Entstehung, und dergleichen Eigenschaften vereinigen und einander ähnlich sind, da lassen sich auch ähnliche Kräfte und Wirkungen vermuhten. Der einzige Umstand darf uns gar nicht irre machen, daß die kalabrische Manna aus den Blättern und Zweigen einer gewissen Art des Eschenbaums (Orni und Fraxini) in Gestalt kleiner Tropfen getrieben, und hernach durch die Sonnenhitze in einer körmigen Gestalt verhärtet wird: denn die Schriftsteller, welche die Ma-
*) Ein geschickter und wohlerfahrner Chyrurgiae Magister, Hr. Friedrich Wilhelm Flittner in Georgenberg, und folglich ein Mann, der mit dergleichen Sachen woht bekannt ist, nachdem sie zu seinem ordentlichen Metier erforderlich sind.
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teriam Medicam abhandeln, berichten: daß man dergleichen Manna, auch auf den Blättern des Laricis, Pinus, Abietis, Quercus,Juniperi, Aceris, Oleae, Ficus &c. im Junius und Julius antrift. * ) Und von dem französischen Manna de Briançon, sagen alle Wörterbucher, die dergleichen Gegenstände zum Vorwurfe haben ** ): daß solches den ganzen Augustmonat durch, bey anbrechenden Tage, auf den so genannten Lerchenbäumen in grosser Menge angetroffen werde. Erstlich ist es ein Thau, welcher aber bald dick wie ein Gummi wird, und den Geschmack eines ungeläuterten Zuckers hat. Wenn also der Lerchenbaum ein solches Produkt erzeuget, warum sollte man es in unserem Vaterlande für unmöglich halten, besonders da man bereits so deutliche Spuren davon entdecket hat. Nur käme es hauptsächlich darauf an, daß man in allen Gegenden des Landes, wo Lerchenbäume sind, in den heißesten und heiteren Sommertagen, darauf aufmerksam wäre, und fleißige Beobachtungen anstellte. Denn nachdem dieses Ding in der freyen Luft nicht lange bestehen kann, sondern durch die Feuchtigkeit und den Regen gar bald zu Grunde gehet, so wird zu dergleichen Beobachtungen, eine ununterbrochene Aufmerksamkeit, zu einer solchen Zeit erfordert. Ein trockener und heißer Sommer scheinet der Erzeugung dieses Produkts am günstigsten zu seyn. Man könnte auch versuchen, in den Hundstagen die Aeste und Zweige an den Bäumen mit einem Messer aufzuritzen, wie solches in
Kalabrien an den Aesten und Zweigen des Fraxini und Orni geschieht,
*) S. D. Joh. Ludwig Leberecht Löseke in seiner Materia Medica, vierte Auflage, Berlin und Stettin 1773. S. 102.
**) S. Universal Lexikon. Joh. Hübners Reales Staatszeitungs-und Konversations Lexikon.
(p290)
wodurch die so genannte Manna corporis die von der Manna foliata, welche aus den Blättern dringet, unterschieden ist, herausgelockt wird; in der Absicht, ob es auch hier nicht gelingen möchte, durch einen dergleichen Versuch einen ähnlichen Saft, der doch in dem Baume stecken muß, herauszubringen? Würde alsdann der Erfolg von allen dergleichen Bemühungen glücklich und nach Wunsch ausfallen, und man einen solchen Vorraht von dergleichen Materie zu sammeln im Stande seyn, um ungezweifelte Proben damit anzustellen; so wäre es bald ausgemacht, ob wir nicht das nämliche Arzneymittel zn Hause haben, für welches noch immer das Geld in die Fremde verschickt wird? Und wenn die Franzosen ihr Manna de Briancon, welches doch unter allen übrigen Sorten, die schlechteste seyn soll, unter die sieben Wunderwerke des Delphinats zählen, warum könnten wir uns nicht eine Ehre daraus Mannam Hungaricam aufzuweisen?
Um nun wieder auf den Königsberg zu kommen, so bemerket man auf demselben oben, wo er von Bäumen entblößt ist, nichts von wilden Thieren, nicht einmal einen Vogel; allein in den unteren Gegenden und umliegenden Mittelgebirgen, hält sich eine Menge Wildprät auf. Die Hirsche sind zwar selten, desto häufiger aber und zahlreicher die Bären, Rehe, Luchse, Fuchse, Haselhüner, Rebhüner, Birkhüner, Auerhüner, und andere Vögel mehr. Die Wölfe schleichen nur unten bey den Dorfschaften, und angränzenden Waldungen herum, wo sie auf den Raub lauern.
Von Mineralien, ist bis dato weder auf dem Königsbergs selbst, noch in den unmittelbar anstoßenden Gebirgen, nicht das mindeste, welches von besonderm Wehrte, Nutzen und Erheblichkeit wäre, entdeckt worden. Der vortreffliche
Math. Bel, macht zwar so wohl
(p291)
von einem gewissen Goldärze, als von Silber und Kupfergängen Meldung, wenn er von diesem Berge folgender Gestalt schreibet *): Praecipua montis laus est, quod mineram auri habeat Pyrite, investitam, quam argenti atque cupri venae comitantur. Dieses kann zwar seine Richtigkeit haben; nachdem man aber hier kein einziges Bergwerk wahrnimmt, welches im beständigen Bau erhalten worden wäre, noch deutliche Merkmaale oder Spuren, vielweniger gewisse und glaubwürdige Urkunden vorhanden sind, daraus erweislich wäre, daß so etwas in alten Zeiten versucht worden sey; so kann alles dieses zum Beweise dienen, daß gedachte Aerzgänge, niemals reich, sondern in ihrem Gehalte so schlecht und gering gewesen seyn müßen, daß es nicht einmal der Mühe lohnte, auf einen ordentlichen Bergbau die Kosten zu verwenden. Denn der Bau an sich selbst betrachtet, hätte hier diese Hindernisse und Beschwerlichkeiten lange nicht, die einen Baulustigen in den
Karpatischen Gebirgen, so leicht von seinem Vorsatze abschrecken, und zurückhalten können; indem man auf dem Königsberge zu einen jeden Ort, wo man etwas dergleichen anzufangen gesonnen ist, einen beqwemen Zugang finden kann. In der unteren Gegend des Berges, so, wie auf den daran stossenden Gebirgen, ist ein Uiberfluß von allerhand zum Bergbau erforderlichem Holze, und an Flüßen und Bächen fehlet es auch nicht.
Das merkwürdigste und bekannteste, welches hier aus dem Mineralreiche vorhanden ist, sind die so genannten Topase, oder braunen Kristalle, davon wir bereits oben Meldung gethan, und gesagt haben, daß dergleichen in den Braunsäufen gefunden werden. Ihre Figur
*) V. Ejus Notitia Hung. novae, Tom II. pag 512.
(p292)
stellet meistentheils ein sechseckichtes Prisma vor, an dem sich an einem Orte, alle sechs Ecken in eine Spitze zusammenziehen, wie solches auch bey andern Kristallen gewöhnlich ist; das andere Ende hingegen sitzt gemeiniglich an seiner aus einem durchsichtigen Qwarz bestehenden Mutter (Matrix) fest, und ist aus dieser gleichsam herausgewachsen. In der Farbe sind sie nicht vollkommen einerley; indem manche mehr oder weniger in das Schwarze, Dunkele, oder in das Gelbbraune, fallen, und wegen dieser Farbe, Rauchtopase genannt werden. Sie besitzen eine ziemliche Härte, und übertreffen in diesem Stücke fast alle andere Kristallarten in Ungern. Daher sie sich auch schon schleifen und polieren lassen, da denn einige derselben, den braunen orientalischen Diamanten an der Farbe und Glanz sehr nahe kommen, besonders, wenn sie gut bearbeitet und geschickt eingefaßt werden. Man findet diese Steine in grossen und kleinen Stücken. Die kleinen, von der Dicke eines Federkiels bis zur Dicke eines Fingers, sind fast durchgehends rein, durchsichtig und schön; die grossen hingegen, die zuweilen 5 bis 6 Pfunde am Gewichte haben, hält man für eine Seltenheit, wenn sie ganz klar und durchsichtig sind; indem diese meist mit Wasserblasen, oder mit einem undurchsichtigen Qwarze vermenget zu seyn pflegen. Heut zu Tage sind die schönen Topase überhaupt in dieser Gegend seltener geworden, nachdem die meisten bereits ausgesucht und vertragen worden sind. Ob aber auch in der Tiefe des Berges dergleichen Kristalle zu finden seyn möchten, davon mangelt es uns noch an einem vollkommenen Beweise, wiewohl es nicht unwahrscheinlich zu seyn scheinet; weil man in den nicht allzuweit von dem Königsberge entlegenen Gebirgen bey
Rewutza,
Krokowa und
Bistro im
Gömörer Komitate, in der Tiefe ähnliche Kristalle in grossen unförmlichen Stücken wie das Steinsalz, aus-
(p293)
bricht. Ja, in dem verflossenen 1782igsten Jahre, da in dieser Gegend häufige Regengüße, ein starkes und plötzliches Anlaufen der Bäche verursachten, wurden dergleichen Kristalle durch die Fluhten, die ganze Ränder umgerissen haben, in grossen Stücken herausgespühlet, und von ihrem Entstehungsorte weggebracht. Doch sind die Kristalle lange nicht so hart, rein, und in der Farbe so schön, als die, welche auf dem Königsberge selbst gefunden werden, sondern entweder nur weiß, oder Milchfarbig, oder aber ganz undurchsichtig, und mit vielen fremden Theilchen vermengt.
Außer dem geräht man auch nicht selten um diesen Berg herum auf verschiedene Marmorarten, und in den herabrollenden Bächen hat man zuweilen Splitter von Karniol, Chalcedon, und dergleichen Hornsteinen, gefunden. Von Amathysten wird auch gesprochen, wovon sich aber mit einer Zuverläßigkeit nichts behaupten läßt.
Die Witterung und die Luft, ist auf diesem Berge immer kälter, je höher man hinauf kömmt. In den heitersten wärmesten Sommertagen, wenn in der unteren Gegend die Hitze brennt, ist auf der Spitze des Berges beständig ein so heftiger und kalter Wind, daß die Menschen, die dessen nicht gewohnt sind, davon betäubet werden; und man muß gut gekleidet seyn, wenn man sich da einige Stunden lang aufhalten will. So bald man sich aber etwas seitwärts begiebt, kann man sich wann der Tag heiter ist, an den Sonnenstralen wieder erwärmen. Dieser Wind und die kalte Luft, ist eben Ursache, daß sich gerade oben auf dem Berge keine Fliegen und dergleichen Insekten aufhalten, die dem Viehe anderer Orten auf der Weide so viele Marter und Beschwerlichkeiten verursachen. Im Frühlinge bleibt der Schnee hier gewöhnlich, besonders in den Vertiefungen, bis in die Hälfte des Monats Junius liegen, und im
(p294)
Herbste, ist öfters noch vor dem Ausgange des Septembers der ganze Berg schon wieder mit neuem Schnee bedeckt. Auch so gar mitten im Sommer fällt auf demselben manches Jahr so häufiger Schnee aus, daß dadurch die ganze umliegende Gegend verkältet wird. Man liest in der Zipser Chronik *) folgendes davon: "A. 1641. d. 5 Aug. sind wegen der unerhörten Kälte, so in Hundstagen dieses Jahr eine geraume Zeit gewähret, nicht allein die Früchte des Feldes und der Gärten, fast gänzlich umkommen, sondern auch 150 Roß auf der Hola (Königsberg) auf der Weyde sammt zwey Hirten erfroren, auch Schnee und Reif gefallen, und wie im Winter Eiszapfen gefroren." Wenn es unten in den umliegenden Thälern, und auf dem flachen Lande regnet, so fällt oben gemeiniglich Hagel oder Schnee. So bald die Hirten dergleichen Ungewitter vermuhten, indem sich die Nebel und Wolken über den Königsberg zusammenziehen, so wenden, sie sich mit ihren Heerden bey Zeiten abwärts, und suchen für sich und das Vieh zwischen den Hölzern ihre Sicherheit.
So rauh aber und kalt auch die dasige Witterung ist, so ist dennoch ein kurzer Aufenthalt auf dem Gipfel des Berges, wegen der überaus schönen und reitzenden Aussicht, die man von allen Seiten hat, nicht unangenehm. Wendet man das Gesicht gegen Norden, so siehet man die hohen
Karpatischen Gebirge vor sich stehen, die ungefähr auf 12 deutsche Meilen, nämlich von dem Berge
Khotsch im
Liptauer Komitate, bis auf den Berg
Magura in der
Zipser Gespanschaft, eine Linie formiren. Dieser bewundernswürdige Bau des Schöpfers fällt einem nachdenkenden Beobachter so prächtig in das
*) S. Wagneri Analecta Sep. sacri & Profani, Part. II. pag. 26. Excerpta ex Chronicis Scepusiensibus seu Leutschoviensibus.
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Auge, daß er sich an dem Anblicke desselben kaum ersättigen kann. Noch mehr aber muß man darüber erstaunen, wann man hinter diesen Bergspitzen, die man vor sich siehet, und die bereits so hoch sind, daß sie über die Wolken reichen, noch höhere, wie in einem Schatten bemerket. Richtet man sich gegen der Sonnen Untergang, so stellet sich so gleich dem Auge, das prächtige und zwischen lauter Gebirgen herfürragende
Muraner Schloß dar, welches auf einen hohen Felsen, der die umliegenden Berge übersteigt, sehr prächtig erbauet ist. Und ob dieses gleich in einer Entfernung von etlichen Stunden vom Königsberge abstehet, so scheinet es dennoch diesem so nahe zu seyn, als wenn man es mit einer Kanonkugel erreichen könnte. Von hier übersiehet man zugleich die Gegenden, wo
Botza,
Brieß und
Neusohl liegt, auch so gar die Felder bey
Stephansdorf ( Rima Szombat); und wenn sich das Auge nicht verlöre, so könnte man wohl noch weiter entfernte Gegenstände beobachten: indem man von dieser Seite kein einziges Gebirg bemerket, welches im Wege stünde. Eben so schön und so weit erstrecken sich auch die Aussichten, von der Morgen- und Mittagsseite gegen den
Zipser und
Gömörer Komitat. Nur muß man auf einen heiteren und schönen Tag treffen, wenn man sich von allen Seiten umsehen will. —
Nun wird man wohl mit allem Rechte fragen können: Was denn dieser ungeheure Berg, sowohl den Anwohnern desselben, als den Grundherrschaften für Nutzen schaffe? Hier dürfen wir nur hauptsachlich auf die Holzung, auf die Viehweide, und auf die Jagd unser Augenmerk richten, so werden wir daraus zur Genüge einsehen lernen, daß dieser Berg gar nicht umsonst und bloß zur Bewunderung und zum Anschauen da stehe.
Was die Holzung betrift, so kann derselbe als eine reiche Qwelle sowohl zum Nutzen der Grundherr-
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schaft, als zum Fortkommen und Unterhalte des Unterthans, angesehen werden. Viele tausend Stämme werden hier jährlich von allerhand Holz gefället, und auf dem Wasser in andere weit entfernte Gegenden des Landes, vermittelst der Flöße herabgetrieben. Von der Nordseite, wo die
schwarze Waag entstehet, und fortfließt, sind die Waldungen Königlich, und gehören zu der
Hradecker Herrschaft. Hier sind Sägmühlen, wo von verschiedenen Stämmen eine Menge Bretter geschnitten, und nicht allein in die umliegenden Städte und Dörfer zum Verschleiß auf Wägen verführet, sondern auch auf dem
Waagflusse an die
Donau, bis
Pesth und
Ofen befördert werden. Die Grundherrschaft ziehet den Nutzen von dem Verschleiße der Bretter und des Holzes; der Unterthan hingegen, der es fället, auf das Wasser schafft, und andere nöhtige Arbeit dabey verrichtet, findet hier seinen täglichen Unterhalt und gute Nahrung. Nicht weit, von dem Ausflusse der
Gölnitz, sind kostbare Schleußen angelegt, in welchen das herabfließende Wasser gesammelt, und sobald ein hinlänglicher Vorraht vorhanden ist, auf einmal durch die Oeffnung ausgelassen wird, um dadurch dem Flusse einen stärkeren Trieb zu verschaffen. Durch Beyhilfe und mittelst dieser Schleußen, werden in einem Sommer viele tausend Klafter auf gedachtem Flusse in die Königlichen Kohlungen bey
Schmölnitz herabgeschwemmet. Der Landmann findet bey der hiebey vorfallenden Arbeit abermal seinen guten Verdienst. Von der andern Seite des Berges, welche die gräflich
Koharische Familie eigenthümlich, und erblich besitzet, wird das Holz auf den
Granfluß geschaft, und so weiter in andere Gegenden, wo man es nöhtig hat, herabgeflößt. Nicht minder wird eine Menge Holzes von beyden Seiten, mit Bewilligung der Grundherrschaft zu Schindeln verarbeitet, welche alsdenn sowohl in die umliegenden, und entfernten Oerter auf der Ach-
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se verführet, und in einem guten Preise verkauft werden. Darinnen besteht also der Nutzen von der Holzung.
Die Viehweide ist nicht weniger beträchtlich, wiewohl der unmittelbare Genuß davon, sich mehr auf den Unterhalt der Unterthanen, als auf den Nutzen der Grundherrschaft zu beziehen scheinet; daher wirft sie für diese auch nicht eine so reiche und fruchtbare Ausbeute ab, als wir bey der Holzung angemerket haben. Indessen aber haben nicht nur die Inwohner der um den Fuß des Berges liegenden Ortschaften genügsame Weide für ihre Schaafe und Hornvieh, sondern auch einige von den
XVI. Städten, als
Fölk,
Poprad und
Michelsdorf, den obern Theil des Berges in Pacht, wo sie den Sommer über einige Wochen lang ihre Pferde ernähren. Das Gras welches hier wächst, ist fett, und für die Pferde und anderes Vieh sehr nahrhaft. Daher auch die Schaafskäse, die besonders im Herbste gemacht werden, so fett, und so schmackhaft sind, daß sie mit allen übrigen im Lande billig um den Vorzug streiten können. Und ob gleich der Schnee an diesen Orten im Frühlinge lange liegen bleibt, so wächst dennoch das Gras unter dem Moose so geschwind, daß wenn er noch kaum geschmolzen ist, das Vieh schon seine Nahrung findet. Ehe noch das Vieh hinaufgetrieben wird, und den Boden betritt, ist fast gar nichts vom Grase zu spüren, weil es unter und zwischen dem Moose verborgen steckt; sobald aber das Vieh im Herumgehen, sowohl mit den Klauen, als beym Grasen mit den Zähnen das Moos an den Erdboden andrücket, so raget zwischen demselben das schönste breithalmigte Gras hervor. Bey dieser Erscheinung glaubt der gemeine Mann, daß die Pferde und das übrige Vieh das Gras mit ihren Zähnen aus dem Erdboden ziehen.
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In Ansehung der Jagd, ist nur so viel zu merken; daß Wölfe, Bären, Füchse, und dieser Art Raubthiere einem jeden frey stehe, aufzusuchen, zu verfolgen, und zu erlegen. Was aber das eßbare Wildprät von Vögeln und andern Thieren betrift, so gehöret dasselbe allein für die Grundherrschaften. Es giebt aber unter den dasigen Bauern in der Bärenjagd solche geübte Schützen, daß man viele antrift, die sich in ihrem Alter rühmen können wohl hundert Bären, mit eigener Hand erlegt zu haben.
Der Ackerbau ist um den ganzen Königsberg herum von keiner grossen Bedeutung, und lange nicht so ergiebig, daß er den angränzenden Bewohnern der dasigen Dorfschaften, genügsames Brod darreichen könnte; theils darum, weil das Land weist bergigt, und die Bearbeitung sehr mühsam und beschwerlich ist; theils aber auch wegen dem magern Erdreiche, und der kalten Witterung. Außer dem Haber und etwas Gerste, und auch diese nur sparsam, kann hier keine andere Frucht fortkommen, und zur gehörigen Reife gelangen. Desto beträchtlicher hingegen ist ihre Viehzucht an Schaafen und schönem Hornviehe, besonders in den Ortschaften, die auf der Westseite des Berges, an den Ufern des
Granflußes liegen. Ihr Vieh hat den Sommer über die beßte Weide, gesunde Luft und frisches Wasser; den Winter hindurch aber wird es meist mit Heu auf das sorgfältigste gefüttert,, weil sie damit reichlicher, als mit Stroh versehen sind.
Die Art und Weise, wie diese Leute ihr Schaafvieh den Winter über in dieser kalten und unfruchtbaren Gegend ernähren und erhalten, ist besonders betrachtungswürdig. Den Sommer über bereiten sie sich einen Vorraht von Heu, auf den von den Dorfschaften weit entlegenen Wiesen oder Blößen in den Wäldern und Gebirgen, wohin man mit Wägen
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und mit Zugvieh entweder sehr mühsam, oder gar nicht kommen kann. Jeder Hauswirth hat in dem Gebiehte des Dorfs einen solchen Fleck Wieswachs, der ihm als ein Eigenthum zum Genusse übergeben wird, und den er sich durch Ausreutung der Gebüsche und Bäume nach und nach vergrößern kann. Hier bauet er sich einen, Schopfen, darinn er sein Heu verwahren kann, und unter diesem ist der Schaafstall. Weil es nun entweder ganz unmöglich, oder höchst mühsam und beschwerlich wäre, dieses Heu in das Dorf und zu ihren Wohnungen zu schaffen, so bleiben die Schaafe das ganze Jahr durch in diesen Wäldern. Ein einziger Hirt, der zur Gesellschaft einen Hund hat, dienet für ein schlechtes Gehalt bey einer, elenden Kost, die in Brod und Käse, und etwas Mehl bestehet, und wohnet den langen Winter über mit seinen Schaafen in wüsten Wäldern zwischen den gräßlichsten Gebirgen. Er füttert diese Thiere, wenn das Wetter nicht allzu stürmisch ist, gewöhnlich auf dem freyen Platze neben seiner Wohnung, wo er ihnen täglich ein wenig Heu auf den Schnee streuet, welches sie begierig auffressen; und wenn es die Witterung erlaubet, so gehet er mit ihnen weiter zwischen die Bäume in den Wald, und läßt sie das Laub von den Tannenreisern nagen. Ein solcher Mensch ist bey dieser seiner elenden Lebensart überaus vergnügt, zufrieden, und lebt mit seinen Schaafen gesund. So bald aber der Winter verstrichen ist, so ist er wieder munter und hurtig genug, den ganzen Sommer hindurch, da seine ganze Nahrung blos aus Schaafmilch bestehet, die steilesten Gebirge mit seiner Heerde täglich auf und abzusteigen. Durch diese Manipulation erzielen die Besitzer der Schaafe außer anderen Vortheilen auch diesen Nutzen, daß ihre Wiesen ohne Mühe gedünget werden, und eben deswegen ein so schönes Gras erhalten, daß sie es mit der Sense abhauen, und gutes Heu davon
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machen können, welches sie sonst in dieser kalten und unfruchtbaren Gegend schwerlich erhalten würden.
Die Einwohner in den Dorfschaften um den Königsberg herum, bestehen aus
Rußnacken und Slowaken. Sie sind, allesammt gesunde, starke, und wohlgewachsene Leute. Zum Ackerbaue zeigen sie eben nicht die größte Lust, weil ihnen dieser zu mühsam, und wegen Frost und Hagel vieler Gefahr ausgestzet ist, auch nur wenig abwirft. Daher sie zur Vieh- und Bienenzucht mehr Neigung haben, und alsdenn mit ihrer Handarbeit beym Holzfällen, mit dem Bretter- und Schindelverschleiße so viel vor sich bringen, daß sie alle ihre Abgaben bestreiten, und dabei noch gut genug leben können. Die Kleidertracht dieser Leute ist ohnehin von einer solchen Beschaffenheit, daß sie darauf wenigen Aufwand machen dürfen. Die Weibsbilder tragen das meiste von weißer Leinwand, die sie sich selbst machen; und im Winter bedecken sie sich mit einem Schaafspelze. Die Männer haben ihre ganze Sommer-und Winterkleidung von groben weißem Tuche, welches sie sich selbst von der Wolle ihrer eigenen Schaafe, mit Beyhilfe ihrer Weiber verfertigen, wobey sie weiter nichts als den Schneider zahlen. Uibrigens tragen sie Bundschuhe (Botskor), und einen Filzhut, welche beyde Kleidungstücke kaum einen Gulden kosten. Damit ist der ganze Mann, ohne einen Häller außerhalb Landes zu schicken, nach seiner Art völlig bekleidet. Und das ist eben der Grund und die Ursache, daß diese Leute, wiewohl in einer kalten und unfruchtbaren Gegend, ohne Noht und Mangel leiden zu dürfen, gut fortkommen, vergnügt leben, und sich vermehren; da sie durch Anleitung ihrer Grundherrschaften, mit ihrer Handarbeit jährlich etwas namhaftes verdienen können, und so wenig auf Pracht und Kleider verwenden. Dabey sind sie in ihrer Arbeit geübt, munter, stark und so dauer-
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haft und abgehärtet, daß sie allen Beschwerlichkeiten Trotz bieten. Allzu höflich sind sie zwar nicht, doch können sie sich auch demühtig stellen, und bescheiden thun, wenn sie müßen, oder wollen.