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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin,
Band 3, Heft 3, Text 19 (S. 301-319)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Preßburg,
Löwe, 1783
Autor: O.N.
Zuordnung:
(p301)
19. Feldzug der Türken wider die Kaiserlichen in den Jahren 1716 bis 1718.
Aus dem Tagebuch des Johann Stanislaus Grotovsky ungrischen und deutschen Dolmetsch bey der Pforte.
Den 1sten May 1716. traten wir unsere Reise von
Bukarescht nach der Türkischen Armee an. Dreyßig Mann
*) Ein Sachs von Bros in Siebenbürgen, doch Pohlnischen Herkommens von väterlicher Seite. Beym Ausbruche dieses Krieges befand er sich als Provisor der Spatarischen Apotheke in Bukarescht. Er wollte mit seinen übrigen Landsleuten in sein Vaterland zurückkehren; allein Fürst Nikolaus Maurokordato erlaubte es ihnen nicht. Ja Grotovski sah sich gedrungen, den Dienst als Ungrischer und Deutscher Dolmetsch, bey dem Oberdolmetsch der Pforte, einem Bruder des Fürsten anzunehmen. 1719. kam er nach Siebenbürgen zurück, und starb als Königsrichter zu Bros. Er hat ein Tagebuch seiner Reisen und Begebenheiten in der Handschrift hinterlassen. — Die glorreichen Siege des grossen Eugens bey Peterwardein und Belgrad, sind bekannt genug; ob es aber auch die Umstände der Türkischen Armee bey diesen blutigen Scenen sind,
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zu Pferde von der Leibkompagnie waren unsere Bedeckung, meine Reisegesellschaft aber außer einem Wallachischen vom Adel,
Jordagyi genannt, zehn Bediente. Wir hatten zween mit acht Pferden bespannte Wägen bey uns; auf einem befanden sich 182 Beutel, oder 180,000 ungrische Gulden, wallachische Kontributionsgelder; auf dem andern 10 Beutel, nebst allerhand kostbaren Weinen, Rosoli, Zwieback, u. d. g. welche der Fürst seinem Bruder,
Johann Maurokordato verehrte. Den folgenden Tag erreichten wir die
Donau, woselbst wir von dem Dreyßiger zu Mittage wohl bewirthet wurden. Nach Tische setzten wir auf zwey Schiffen über die
Donau; allein gegen der Mitte des Stroms fieng unser schwer beladenes Schiff an Wasser zu schöpfen, und zu sinken. Ein hefftiger Wind vermehrte noch unsere Gefahr. Alles was Hände hatte, mußte entweder rudern, oder Wasser ausschöpfen, und so brachten wir doch das Schiff bis auf dreyßig Schritte vom Ufer, da es gänzlich sank: darauf wir dann zu Pferde dem Ufer zu ritten, und solches bey Fistock glücklich erreichten. Alles war von Schrecken und Arbeit ganz entkräftet, ich aber verlor dadurch mein neun monatliches Quartanfieber. Nun setzten wir unsere Reise mit starken Märschen fort, und erreichten den 12ten May das Türkische Lager bey
Jeni Han.
Ich fand bey meinem Herrn, den Oberdolmetsch eine willige Aufnahme. Den 13ten May rückten wir mit der Armee bis
Sophia, und den 14ten, nach
Nissa. Hier verdolmetschte ich die vom Kaiserlichen Hofkriegsrahte an den Residenten
Anselm von Fleischmann, überschickte Schreiben. Den15ten erreichten wir
Belgrad,
weis ich, nicht. Ich, dächte also, die Nachrichten unsres Augenzeugens würden nicht ganz überfiüßig seyn.
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und nach einer dreytägigen Ruhe, giengen wir über die
Sau, und schlugen bey
Semlin das Lager auf. Nach und nach marschirten wir bis zu dem schönen Wasserstädtchen,
Karlowitz, wo 1699,
der berühmte Friede geschlossen worden. Den 2ten August sollte die Armee aufbrechen, da stießen 3000 Kaiserliche Kürassier, unter dem Generale Grafen
Johann Palfi und Bräuner auf unsern Truppen, litten aber nach einer verzweifelten Gegenwehr eine starke Niederlage. Den 3ten darauf lagerten wir uns eine Viertelstunde von
Peterwardein auf einen Hügel; und 12000 Mann wurden beordert, folgende Nacht die Laufgräben zu eröfnen. Sobald aber die Deutschen sie bemerkten, machten sie die ganze Nacht hindurch ein schreckliches Feuer auf die Unsrigen. Nach dem Verzeichnisse, welches der Großvezier Morgens erhielt, hatten wir 1500 Todte und Verwundete. Nicht weniger hitzig und blutig war der folgende Tag, aber die Nacht darauf herrschte eine solche Stille, daß man fast keinen Schuß hörte. Wir wunderten uns; allein die Ursache war, daß sich die Deutschen zu einem Treffen anschickten, und die ganze Nacht hindurch über die
Donau marschirten. Alles dieses war dem Großvezier unbekannt, deswegen er auch den 5ten August Befehl zu fouragiren ertheilte, aber zu seinem Unglücke. Denn hiedurch wurde der herrliche Sieg, den itzt der große Eugen über die Türken erfocht, sehr erleichtert. — Die halbe Armee war fortgegangen, als nach zwo Stunden die Deutschen etliche 1000 Mann stark aus dem Walde hervorrückten. Die zurückgebliebenen Türken eilten zwar sogleich aus dem Lager, und nöhtigten auch die Kaiserlichen sich zurück zu ziehen; als aber auch die übrigen Kaiserlichen Truppen mit lebhaftem Feuer auf sie anrückten, entfiel ihnen der Muht so sehr, daß sie die Flucht ergriffen. Nach langem Laufen ermannten sie sich wieder, und fielen die Feinde mit grosser Wuht an, wurden
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aber nochmals zur Flucht genöhtiget. Da nun der Großvezier angekommen war, versuchten sie zum drittenmale ihr Heil, allein vergebens! Sie wurden gänzlich geschlagen, und nichts konnte die Flüchtigen mehr bewegen, Stand zu halten. Der Großvezier sah sich von allen, bis auf den Stab und seine Leibwache, 500 Reiter und 500 Schützen, verlassen. Voller Verzweiflung rückte er mit diesen bis auf einen Pistolenschuß den Kaiserlichen ins Gesicht, lösete auch sein Pistol, und griff nach dem andern. In dem Augenblicke aber bekam er auf einmal zwo Kugeln, eine in die linke Seite, und die andere in die Stirne. Er fiel sogleich, doch wurde sein Leichnam von seinen zween Läufern gerettet, und auf seinen Wagen getragen. — Dieser Fall erfüllte uns alle mit solchem Schrecken, daß wir uns nur durch die Flucht zu retten suchten. Es war ein Elend! Alle liefen mit blossen Säbeln, und riefen immer: Sakien, Saken! (aus dem Wege! hüte dich!) Wir hatten eine unaussehbare Ebene vor uns, und doch für Angst und Schrecken keinen Raum zu Laufen. Zum Glück verfolgten uns keine Hussaren; sonst wäre, was nicht niedergehauen worden, in der Sawa ersoffen. Auf der Brücke war das Gedräng so groß, daß sich die Flüchtigen aneinander niederhieben, auch viele zertreten wurden. Mein Leben war hier in äußerster Gefahr, doch entkam ich noch glücklich.
Dieser Unfall der Türkischen Armee war fast unvermeidlich. Die Uneinigkeit dabey war zu groß, die Infanterie in den Laufgräben, der größte Theil der Reiterey fouragirte, und viele mußten aus ihren Zeltern heraus geprügelt werden. Diese Umstände wußten die Kaiserlichen wohl zu nutzen, und es ward ihnen reichlich vergütet. Sie erbeuteten 80 bis 90 schwere Kanonen, bey 100 Feldstücke, bis auf die 40 grosse Feuermörser, viele tausend schöne Zelter, etliche tausend mit Munition
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und andern Sachen beladene Wägen, etliche hundert Kameele mit Schanzzeug, eine grosse Menge der schönsten türkischen und arabischen Pferde, Maulthiere und Büfel, zugleich die ganze Kriegskasse. — Den 15ten Oktober hörten wir die Uibergabe der wichtigen Festung
Temeschwar, deren Besatzung den 20sten Okt. nach
Belgrad kam, woselbst wir uns seit der unglücklichen Schlacht befanden. Den 24ten brachen wir mit dem kleinen Lager auf, und erreichten den 27sten Nov.
Adrianopel, die Winterquartiere zu beziehen. Unterdessen war den 24sten Nov. der Fürst
Nikolaus Maurokordato, zu
Bukarescht von dem Kaiserlichen Kapitän
Piwoda *) gefangen genommen worden.
Den 11ten Dec. ward mein Herr
Johann Maurokordato, von der Pforte anstatt seines gefangenen Bruders, zum
walachischen Hospodare erkläret; zum Vezier legte er den Kaftan an, und ritt darauf von seinem Hofstaate, mit vielem Glanze an den kaiserlichen Hof zur Audienz, erhielt den fürstlichen Kaftan, und einen Schmuck von Straußfedern. Bey seinem Rückzuge ritt er ein ihm vom Kaiser geschenktes und prächtig ausgerüstetes Pferd. Man schätzte es auf 2000 Thaler. Ich hatte die Ehre, ihn bey dieser Feyerlichkeit zu begleiten. Den 20sten Dec. reiste er nach der
Walachey ab, ich sollte mit, aber der neue Oberdolmetsch, ein Schwestersohn des Fürsten, baht mich von ihm aus, und so blieb ich ferner in meinem Dienste. Meine jährliche Be-
*) Stephan Detine von Piwoda, Oberstleutnant, und Anführer der Siebenbürgischen Nationaltruppen, erhielt 1719 von Kaiser Karl VI. glorwürdigsten Andenkens, wegen seiner kriegerischen Verdienste, sowohl den Adel, als eine goldene Gnadenkette; Zugleich von den Siebenbürgischen Ständen das Indigenat, das sonst 520 Dukaten kostet.
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soldung war 160 Thaler, ein Kleid nach meinem Gefallen, vier Paar Schuhe und Paputschen. (Pantofeln ohne Absätzen.)
1717.
Den 20sten Jänner, kam der französische Gesandte von
Konstantinopel allhier zu
Adrianopel an, und den 22sten der General
Nikolaus Bertscheni, * ) mit 40 Hofbedienten. Am 28sten wurde der türkische Hof durch die Geburt eines Prinzen erfreut, ein Tag der Freude und Lustbarkeit für die ganze Stadt. Den 29sten verhörte ich etliche Hussaren, nach deren Aussage 700 Deutsche und Hussaren in der
Moldau von
Tataren und Moldauern geschlagen worden. — Den 20sten hielt ich auf Allerhöchsten Befehl eine Unterredung mit dem Rakotzischen Generale
Bertscheni. — Den 2ten März reiste der Oberste Mariaschi, mit 60 Beuteln ab, Soldaten anzuwerben. Den folgenden Tag bezogen wir den ehemaligen Pallast des schwedischen Abgesandten zwischen den Juden. ** ) Den 17ten reiste
Bertscheni nach der
Do-
*) Einer der hefftigsten Feinde des allerdurchleuchtigsten Erzhauses Oesterreich unter den Malkontenten, und die Haupttriebfeder, warum Franz Rakotzi, die billigsten Vorschläge des gütigsten Kaisers, Joseph des Ersten so thöricht verwarf.
**) Hier kam der Verfasser auf den nützlichen Gedanken ein reiches jüdisches Mägdchen zu entführen, das ihm nicht nur Hand und Herz schenken, sondern auch seine Religion aufopfern wollte. 15 bis 20zig tausend Gulden hatte er mit ihm zu erwarten. Allein das Geheimniß wurde durch ihren Briefträger entdeckt. Das arme Mägdchen! Drey Tage lang wurde es von seiner ganzen Freundschaft gepeitscht, und endlich nach Konstantinopel abgeführet. Grotovski selbst hatte vieles zu befürchten; allein sein Herr, mit der ganzen Rolle bekannt, half ihm aus dem Gedränge.
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nau ab, und den folgenden Tag sah man des Großveziers Thui, oder Kriegsfahne, vor dessen Pforte aufgesteckt, das gewöhnliche Zeichen eines Feldzuges. Rücket der Großvezier ins Feld, so muß aus jedem Gewölbe der Stadt ein Mann auf das prächtigste ausgerüstet zu Pferd erscheinen. Die Kleidung dabey ist willkührlich: er kann sich türkisch, tatarisch, persisch oder indianisch kleiden. Hat der Großsultan abgespeist, so setzet er sich neben den Großvezier in das Lusthaus, dann marschirt eine Zunft nach der andern vor ihnen vorbey. Dieses geschah itzt den 19ten April, und der Zug dauerte sechs Stunden. Bey 30,000 Mann, meistens Christen, Juden und Armenier. So volkreich ist
Adrianopel. Nach vollendetem Aufzuge müßen alle, die zur Armee gehören, sich in ihren Zelten befinden. Den 24sten Apr. hielt der Janitscharen
Aga mit der ganzen Infanterie seinen Auszug; ihm folgte den andern Tag der Kaiser und der Großvezier. Mein Herr verließ mit seinem Hofstaate den 27ten April
Adrianopel, und begab sich auch in das Feldlager.
Den 10ten May erhielten wir Nachricht von einer Feuersbrunst in
Konstantinopel, die 1700 Häuser vernichtet hatte; den 12ten sah sich der
Kihaja des Großveziers seiner Würde entsetzt. Den 6ten Juny zog
Misir Pascha mit 4000 Pferden, und 3000 Fußvölkern vor dem Sultan auf, und den folgenden Tag marschirte der
Janitscharen Aga mit gesammter Infanterie nach
Philippopoli. Gegen Abend stürtzte ein schrecklicher Sturmwind alle Zelten, und viele Gebäude zu Boden. Auch unter den Pferden geschah nicht geringer Schade, indem viele Hengste frey wurden, und sich aneinander zerfleischten. Den 8ten Juny verhörte ich einen Uiberläufer, der von
Otowa gebracht worden. Er sagte: bey
Pantschowa stünden vier kaiserliche Regimenter, und erwarteten täglich die Infanterie,
Pinz Engen wäre selbst
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da gewesen, habe auch den Ort zur Schlagung einer Brücke bestimmt. Den 12ten brach der Großvezier mit der übrigen Armee auf, und den 19ten Juny kam er zu
Philippopoli an, worauf bald eine blutige und viel drohende Scene unter der Armee erfolgte. Die Uneinigkeit der
Janitscharen und
Spahis brach den 23ten Juny in Tätlichkeiten aus. Sie fielen sich mit solcher Verbitterung an, daß die erstern genöhtiget waren, Verschanzungen aufzuwerfen. Vergebens bemüheten sich die Abgeordneten des Großveziers die Gemühter zu besänftigen. Das Gefecht dauerte 3 Stunden, und hätte noch länger gedauert, allein der Großvezier nöhtigte endlich durch Gewalt der Waffen die feindselige Parthey zur Flucht. Geschah dieses nicht, so war der heurige Feldzug vereitelt. Alles wäre niedergehauen, und die Kriegskasse geplündert worden. Von beyden Theilen blieben 500 Mann, und 180 wurden verwundet. Den 24ten Juny brachten die
Tataren zween gefangene Dragoner, die behaupten wollten,
Prinz Eugen sey mit einer Armee von 130,000 Mann über die
Donau gegangen, um
Belgrad zu belagern. Den 29sten langten wir mit der Armee bey
Sophia an.
Den 6ten July sagten drey Uiberläufer von der Reiterey aus: die Kaiserlichen wären nicht Willens
Belgrad zu beschießen, bis sie nicht mit der türkischen Armee geschlagen hätten. Jenseits der
Sawa stünden sechs Bayrische Kavallerieregimenter. Unsere Kanonen und Munition kamen den 10ten von
Widdin bey unserer Armee zu
Nissa an. Da aber der Paß auf der
Donau bey
Ujpalanka gesperrt war, blieben die größten Kanonen zurück, denn wegen ihrer großen Schwere konnten sie zu Lande nicht geführet werden. Nach Eröfnung des Passes sollten sie aber nebst dem Proviante nachgebracht werden. Den 15ten July brach unsere ganze Armee von
Nissa auf.
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Den 1sten Aug. erreichten wir
Belgrad, und unsere Armee mußte zu ihrem Verderben neue Thorheiten begehen. Wir lagerten uns in ein Thal, wo kein Wasser, kein Holz und kein Futter war. Zwo Stunden weit her mußten wir das Wasser holen, fünf bis sechs Stunden weit fouragiren; dabey unsere Pferde nicht wenig Durst, Hitze und Hunger litten. Zwo Portionen Haber kosteten einen Thaler, das Pfund schwarzen Zwiebacks einen halben. Uibrigens war unser Lager gut verschanzt. Auf den Anhöhen umgab es eine Wagenburg, nebst einem Graben; unten eine gute Schanze. Denn ein Gerücht, als würden 20,000 feindliche Hussaren in das Lager einfallen, verbreitete grosse Furcht unter den Türken. An Uiberläufern fehlte es uns gar nicht. Zween, drey bis fünf Mann, kamen täglich, und so waren uns die Vorfälle im Christlichen Lager nicht unbekannt. Bey unserem Hofstaate hatten wir keinen, Mangel; Brod, Fleisch, Wein und Brantewein die Genüge. Wir assen und tranken den ganzen Tag, überzeugt, unser Schicksaal würde bald entschieden werden. Denn die Armee bereitete sich zu einem Sturm auf das Christliche Lager. Donnerstag Abends wurde Befehl ertheilt, ihn Morgens vor Anbruch des Tages anzufangen. Er wurde aber durch einen starken Platzregen vereitelt, der die ganze Nacht und den folgenden Tag mit solchem Ungestümme anhielt, daß man in unserm Lager wegen des Morastes nicht dreyßig Schritte zu Fusse fortkommen konnte. Uns bekümmerte dieses wenig, wir sassen in unsern Zelten, tranken bey dem Donner der Kanonen vergnügt ein Gläsgen Wein, und belustigten uns bey der Nacht an den Bomben, die gleich den Fledermäusen hin und her flogen.
Den 13ten Aug. kam der Tatarchan bey unserer Armee mit 80,000 Mann an. Den folgenden Tag wurden, unsere Fouragierer von Räubern überfallen,
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und litten stark; doch brachten sie verschiedene Gefangene mit zurück, die nach ihrem Verhöre sogleich enthauptet wurden. In der Nacht des 15ten Aug. warfen die
Janitscharen neue Verschanzungen gegen das Kaiserliche Lager auf, so, daß sich beyde Theile in die Augen sehen, und hören konnten. Sie feuerten so schrecklich auf einander, daß wir aus dem Lager unsere Leute in den Laufgräben herum laufen sahen. Der 16te Aug. entschied unser Schicksal.
Unter Bedeckung eines dicken Nebels wurde unsere Armee von 30,000 Kaiserlichen Truppen ohne viele Weitläufigkeit gänzlich geschlagen. Abends sahen wir uns zu
Semendre an der
Donau. Hier mußten wir wegen der vorausgeführten Verwundeten Halte machen. Den 18ten brachen wir mit dem Großvezier auf. Schrecken, Noth und Hunger herrschte unter uns. Drey Stücke Zwieback war mein ganzer Vorraht, von dem ich drey Tage lebte, viele andere hatten gar nichts. Zwar schickte uns der Sultan von
Sophia Lebensmittel zu, 30 Wägen mit Butter, 30 mit Honig, 30 mit Reis, 40 mit Zwieback. Allein was half es? Die schneller als wir geloffen waren, hatten alles schon in Empfang genommen. Nach zween Tagen fanden wir die Fäßer in einem Walde, aber ganz leer. Den 19ten Aug. giengen wir über die
Mur, und aus Furcht, die Feinde möchten uns nachsetzen, wurde die Brücke hinter uns abgebrennt. Von
Belgrad bis nach
Nissa fanden wir alle Dörfer von unsern Vorläufern ausgeplündert, und angezündet. Den 21ten erreichten wir
Nissa; hier kam auch den 30sten
Mustapha Pascha, gewesener Kommendant zu
Belgrad, mit seiner Besatzung an. Er konnte sich nicht enthalten die Deutschen öffentlich zu rühmen: sie hielten Treue und Glauben, nicht wie die Türken, und wären gute Zuchtmeister für diese. — Gewiß! wäre dieser Feldzug für die Deutschen unglücklich gewesen;
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kaum hätte ein Christ für dem Stolze der Türken sicher auf den Strassen gehen können. So aber ließen sie fein hübsch die Ohren hängen, und schämten sich wie die alten Huren.
Den 3ten Sept. wurde der alte Großvezier
Halil Pascha seiner Würde entsetzt, und nach
Thessalonich verbannt, von da er aber heimlich wegflüchtete, und niemand wußte wohin.
Achmed Pascha wurde sein Nachfolger, der sogleich Befehl bekam, die
Nissaer Schanze wieder zu befestigen, wie es ehemals von den Deutschen geschehen. Fast die ganze Armee arbeitete Tag und Nacht daran. Den 15ten kamen zwölf Feldstücke an, die Schanze damit zu besetzen; und den 17ten Geschenke für den neuen Großvezier: sechs schöne türkische Hengste und ein Hantschar, oder Messer. Zween Uiberläufer, Franzosen, sagten den 18ten: das völlige Lager stünde noch bey
Belgrad, und stellten den Verlust der Deutschen so übertrieben vor, daß ich es gar nicht glauben konnte. Zwey Regimenter wären ganz zu Grunde gerichtet, und von den übrigen fehlten zwey bis vierhundert Mann. Den 19ten erhielten wir Nachricht, daß Kaiserliche Hussaren in die
Moldau gefallen, auch versuche der Kapitän
Piwoda alles, sich der
Walachey zu bemächtigen. Da nun die
Nissaer Schanze verfertigt war, besah ich sie den 24sten, mit einem guten Freunde. Wir trafen daselbst auf eine Gesellschaft von Türken, die von allerhand sprachen. Ein alter Türk, der noch vor
Wien mit gewesen war, sagte: Ihr Narren! ihr könnt ja keine Schanzen bauen; lasset die Deutschen bauen, und wann sie fertig sind; so kommet, und erobert sie. — Allein ein anderer Greis erwiederte: „Ist aber hernach der Türk im Stande dem Adler auch nur ein Huhn aus den Klauen zu reißen? Nimmermehr! Hast du es nicht bey
Belgrad gesehen? Wir dachten den Vogel schon im Käfige zu haben; allein, wie hat er uns
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ausgezahlt? daß wir uns verwundert haben; und noch ist er gnädig und barmherzig mit uns verfahren, da uns Gott in seine Hände gegeben, daß er uns nicht verfolgte." Hier verließen wir sie. Alles war bey uns sehr theuer. Wir bezahlten ein Fuder Heu mit 7 Thalern; Eine Pferdportion auf einen Tag, kostete einen halben Thaler, eine halbe Oka Salz, einen Viertel Thaler. Die meisten Einwohner verließen wegen des Festungsbau ihre Häuser, und begaben sich an andere Oerter.
Den 5ten Okt. verließen wir unter Abfeurung der Kanonen
Nissa, wo wir sechs und vierzig Tage gestanden, und langten den 13ten, zu
Sophia an. Den 14ten kam auch der engländische Gesandte, und hatte den folgenden Tag bey dem Großvezier Audienz. Sein Sekretär verreiste den 18ten auf
Belgrad; man glaubte, daß es auf einen Frieden abzwecke. Den 20sten hörten wir die Ankunft des Prinzen
Ragotzi zu
Gallipoli, der nächstens zu
Adrianopel erwartet würde. Am 22sten, speiste mein Herr bey dem Gesandten, in dessen Gesellschaft wir nach der Tafel auf das Dorf
Boja ritten, woselbst ein schönes warmes Bad ist. So ritten wir auch den 26sten, mit meinem Herrn in die Sophianischen Gebirge. In der Hälfte des Gebirgs kamen wir zu dem Kloster Aja Sophia, wo die schönsten Wasserqwellen zu sehen sind. Den Fußboden der Kirche bedeckt rohter Marmor, und hat kreutzweise angebrachte Rinnen, darinnen Qwellwasser fließet. Die Mönche bewirteten uns gut, darauf uns ein Kalugjer auf einem sehr engen Fußsteige auf die Höhe des Berges führte, die wir nach anderthalb Stunden erreichten. Hier fanden wir die anmuhtigsten Wiesen, und eine Ebene, darauf wohl 20,000 Mann stehen können. Wir kamen zu einer so starken Qwelle, daß sie am Fusse des Gebirges Mühlen treibt. Um dieselbe sind noch Ruinen von einem Bade der Diane, wie der Mönch sagte; und auf
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fünfzig Schritte davon, auch von einem Tempel derselben. Nachdem wir diese Denkmäler des Alterthums besehen hatten, setzten wir uns bey der Qwelle nieder, und hiengen unsere Flaschen darein. Der Wein wurde bald so kalt, daß er fast nicht zu genießen war, ich wollte auch das Wasser versuchen; aber seine Kälte war gar zu groß.
Den 27sten Okt. entstand ein gefährlicher Tumult im Lager. Den
Janitscharen war ihr Sold ganz versprochen worden, der Reiterey aber nur die Hälfte. Hierüber erbittert, forderten sie mit Gewalt ihren Sold gleichfalls ganz. Aus Mangel des benöhtigten Geldes aber, wurde ihnen der Rest zu
Adrianopel versprochen. Doch besänftigte sie diese Zusage gar nicht; sie rotteten sich auf 30,000 Mann zusammen und ließen dem Großveziere vermelden: er sollte sie alsbald bezahlen, oder sie wollten sich selbst bezahlt machen. Wollte nun derselbe nicht sich und das Lager der äußersten Gefahr aussetzen, so mußte er ihnen bis den fünfzehnten Tag den ganzen Sold versprechen. Er schrieb sogleich an den Großsultan.
Den 11ten Nov. überbrachten 70 Kameele das Geld, worauf den folgenden Tag alle Soldvölker ausgezahlt wurden. Wir erhielten zugleich Nachricht, daß der Sultan dem Prinzen Ragotzi am 4ten Nov. neun prächtig ausgerüstete Pferde zum Geschenke entgegen geschickt, worauf dieser den 6ten, seinen öffentlichen Einzug zu
Adrianopel gehalten habe. Auch der Großvezier erhielt den 13ten Nov. von dem Sultane Geschenke, einen prächtigen Zobelpelz, und einen mit kostbaren Aedelgesteinen besetzten Säbel. Nach zween Tagen brachen wir von
Sophia auf, und hielten den 29sten unsern Einzug zu
Adrianopel. Es war uns dabey nicht wohl zu Muhte; denn die Pest wühtete in der Stadt so sehr, daß täglich drey bis vier hundert Personen dahin starben.
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Den 10ten Dec. langte der holländische Gesandte von
Konstantinopel hier an, und hatte den folgenden Tag bey dem Großvezier Audienz; desgleichen der Prinz
Ragotzi am 17ten Dec. Auch kam den 20sten, ein kaiserlicher Hauptmann,
Andreas Blum, vom Heisterischen Regimente, mit Depeschen an. Er wohnte auf meinem Zimmer, und reiste nach acht Tagen mit ansehnlichen Geschenken, auf der Post ab. Den 29sten hörten wir, daß die Flotte bey
Konstantinopel angelandet sey, dabey aber ein Schif mit 500 Mann in die Luft geflogen, indem bey Lösung der Kanonen, Feuer in die Pulverkammer gekommen. Ein andres Schif scheiterte, da es sich im engen Hafen wegen des hefftigen Windes nicht regieren konnte, und 40 Personen büßten das Leben ein.
1718.
Den 12 Jänner, hatte
Rakotzi bey dem Sultan Audienz, der ihm nicht nur einen mit Zobel gefütterten Kaftan, welcher auf zwölf Beutel, oder 12200 ungr. Gulden geschätzt wurde; sondern auch ein prächtig ausgerüstetes Pferd verehrte, auf welchem er nach Hause ritt. Den 16ten reiste der holländische Gesandte ab, und gieng nach
Sophia. Den folgenden Tag wurde der grichische Patriarch seiner Würde entsetzt, die ein andrer wegen seines höhern Bohts, erhielt; allein durch Vermittelung meines Fürsten hatte er den 20sten Febr. das Glück sie wieder zu erlangen.
Im Hornunge geschahen verschiedene Veränderungen bey der Armee. Den 2ten, verlor der
Janitschareenaga seinen Dienst; gleiches Schicksal hatte am 7ten, sein Vizekomandeur,
Kut Kihaja, und den folgenden Tag der Tefterdar Effendi, oder Kaiserliche Geheime Kriegsrahts Sekretär. Den 12ten März, zeigte die ausgesteckte Kriegsfahne vor der Pforte des Großveziers, den bevorstehenden Feldzug an. Worauf den folgenden Tag der Genera!
Bertscheni von
Czernawoda an der
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Donau eintraf, und den 14ten ein spanischer Gesandter mit geheimen Befehlen an den
Rakotzi. Man erfuhr hernach, daß
Rakotzi die Pforte zur Fortsetzung des Kriegs bewegen sollte, weil beyde grosse Vortheile davon zu erwarten hätten; indem Spanien dem Hause Oesterreich den Krieg angekündigt habe. Er hatte sogleich den andern Tag Audienz bey dem
Rakotzi. Den 4ten Apr. lief von
Konstantinopel die Nachricht ein, daß zwey grosse Kriegsschiffe verbrannten, welcher Schade auf 80,000 Beutel geschätzt wurde. Zum Glücke war dabey Windstille, sonst hätte die ganze Flotte gleiches Schicksal gehabt. Der Kapitänpascha und
Terschona Emin, verloren deswegen ihre Dienste. Den 7ten wurden die Gezelte vor der Stodt aufgeschlagen, worauf der
Janitscharenaga den 10ten, und den folgenden Tag der Großvezier, ihren Auszug hielten.
Den 3ten May, zog
Jeni Dungoer Pascha, mit 6000 Mann, und den folgenden Tag,
Tsane Trebinde Pascha, mit 3000 arabischen Reitern vor dem Großveziere auf. Den 6ten, setzte sich die ganze Armee in Marsch, und lagerte sich den 16ten, bey
Philippopoli; wegen der dasigen Pest aber durfte kein Mensch in die Stadt. Folgenden Tag ward ich mit drey Packpferden nach
Stanimaka, einer Freystadt drey Stunden von hier, abgeschickt, um Wein für uns zu holen. Ich bewunderte daselbst die außerordentlichen grossen Fäßer. Als ich aus einem Keller in den andern ritt, die Weine zu kosten, fand ich Fäßer, davor ich zu Pferde stand, und mit ausgestrecktem Arme doch nicht die Höhe derselben erreichen konnte. Ein Mensch hätte Raum genug gehabt, darinn herumzureiten. So fand ich auch Branteweinfäßer von vier bis 700 Eimern. Beyde Getränke waren im geringen Preise. Die Oka des beßten Weins kaufte ich um zween, und die Oka Brantewein um neun Pfennige. Der Knoblauch wächst da gemeiniglich
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eine Mannsfaust dick. — Die Stadt liegt an zween Bergen, oder Felsen, darzwischen ein Bach strömt, der die schönsten Forellen für die Tafel des Sultans, Großveziers und andrer Herrschaften in Menge liefert. Sie hat 250 Klöster, und genießet solcher Freiheiten, als kein Ort im ganzen türkischen Reiche. Kein Türk darf in der Stadt über Nacht bleiben; beleidigt er jemanden; so schlagen sie ihn todt, werfen ihn vor die Stadt, hinaus, und er ist bezahlt. Auch die Lebensart der Einwohner zeichnet sich aus. Sonst darf kein Frauenzimmer, jung oder alt, im türkischen Reiche mit unbedecktem Gesichte gehen; hier aber, sitzen Weiber und Mägdchen mit freyem Gesichte auf den Strassen, und nähen die schönsten Sachen mit Gold. Die Mannsleute sind ziemlich grob und ungeschickt, das Frauenzimmer aber desto zärtlicher, sehr weiß und schön. —
Den 18ten May, verlor der Großvezier seine Würde, die
Ibrahim Pascha, des Sultans
Eidam, erhielt. Folgenden Tag hatte der Mufti, weil er sehr wider den Frieden war, gleiches Schicksal. Den 20sten, brach der
Janitscharenaga von hier auf; ihm folgte den andern Tag der
Tsebetri Pascha, oder Munitionsführer, und den 22sten, der
Toptsi Pascha. Endlich den 10ten Brachmond, marschirte der neue Großvezier mit der ganzen Armee fort. Den 25sten lagerten wir uns unter die Sophianischen Gebirge Die Qwellen derselben wurden vermittelst der Rinnen durch das ganze Lager, und neben jedem Zelte geleitet, so daß wir auch die Pferde tränken konnten. Den 28sten, stieß der Pascha von
Aleppo mit 6000 Pferden zur Armee, desgleichen am 30sten, die Paschen von
Bagdad,
Damasko, und verschiedene andre.
Den 6ten Heumond, marschirte der Tatarchan mit 90,000 Mann vorbey. Der Zug dauerte sechs Stunden. Den 8ten langten wieder vier Paschen an, von
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Anatolien, Turkmanien, Diarbekir und Cypern. Allein der erfolgte Friedensschluß machte alle diese Anstalten überflüßig. Der Sekretär des
walachischen Fürsten kam den 18ten mit Briefschaften, und von ihm hörte ich, daß wirklich Friede geschlossen worden. Diese Nachricht verursachte den 20sten in der Nacht eine gefährliche Meuterey unter den
Janitscharen; so, daß ihr
Aga mit genauer Noht sein Leben davon brachte. Dergleichen Auftritten vorzubeugen, wurden sie den folgenden, Tag vertheilt, und theils nach Bosna, Widdin und
Nissa verlegt. Den 28sten, hörten die Mund- und Pferdeportionen auf, und jeder erhielt Freyheit nach Hause zu gehen. Man konnte ihrer auch, eher nicht loswerden, als bis ihnen nichts mehr gegeben wurde. Die tägliche Portion für die Armee betrug 40,000 Thaler. Den 30sten wurde der
Reis Effendi zum Pascha erklärt, und nach der
Walachey abgeschickt, die Gränzscheidung mit den Deutschen zu berichtigen.
Den 10ten Aug. brachen wir mit dem Großvezier auf, und erreichten am 28sten
Adrianopel. Der Tatarchan befand sich auch hier; allein den 30sten, erhielt er die unangenehme Nachricht:
Deli Sultan habe sich wider ihn empört, auch sich schon des beßten Theils seines Reichs bemächtigt, nachdem er seine Armee geschlagen, dabey zween seiner Söhne, nebst acht Mursen das Leben verloren. Itzt stehe er mit 25,000 Mann vor seiner Residenz, nach deren Einnahme er sich auf den Trohn setzen wollte. — Der Chan verlangte sogleich bey dem Großsultan Audienz. Er erhielt sie den ersten Sept., wobey ihm derselbe die verlangte Hilfe wider den
Deli Sultan zusagte. Den 14ten, kam ein russischer Gesandter. Er verlangte im Namen seines Monarchen eine hinlängliche Genugthuung, wegen des Einfalls des
Sultan Deli in seine Staaten, da er viele Dörfer ausgeplündert, und die Einwohner in die Sklaverey ge-
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führt habe. Im gegenseitigen Falle würde er sich selbst Genugthuung verschaffen. — Den 15ten schrieb ich die Friedenstraktaten, die aus zwey Büchern bestunden. Der Friede, auf 24 Jahre geschlossen, fängt mit dem 7ten Jul. 1718, an. Am 24sten langte der Fürst
Nikol. Maurokordato aus seiner Siebenbürgischen Gefangenschaft allhier an.
Den 3ten Okt. reiste der Tatarchan nach seinen Staaten ab, und den 5ten wurde der Kaiserliche Prinz
Bajazet gebohren. Nun erfolgte auch die Rückkehr des Hofs nach
Konstantinopel. Den 6ten, brach der
Janitscharenaga mit dem Fußvolke auf; ein gleiches thaten wir den10ten, mit dem Großvezier, und hinter uns folgte der Großsultan mit seinem Frauenzimmer in fünfzig Kutschen. Den 11ten, lagerten wir uns bey
Havsa; den 12ten bey
Baba Esky; den 13ten, bey
Burgaz, da hörten wir von einem abermaligen Brande zu
Konstantinopel, dadurch 500 Häuser in die Asche gelegt worden; den 14ten Karistaran; den 15ten, bey
Czorbo; den 16ten, bey
Szilivri, eine schöne und grosse Handelsstadt am weißen Meere; den 17ten, bey
Bujuk Csekmetse, woselbst eine Brücke mit 32 Schwibbögen über einen Arm des Meeres steht den 18ten, bey
Kutsuk Tsekmetse, da abermal eine Brücke von fünf und zwanzig Schwibbogen ist. Den 19ten, eilte mein Herr, nebst den übrigen Residenten nach
Konstantinopel, um desto beqwemer den Einzug des Großsultans sehen zu können. Dieser erfolgte den 22sten. Okt. Alle Gassen, durch welche der Einzug geschehen sollte, waren 4 Finger hoch mit Sand bestreut. Um 10 Uhr nahm er seinen Anfang. Zuerst kamen 7000 Mann Tsemetsiler, paarweise in ihren Galla Turbans. 2) Das Regiment Toptsilor. 3) Die Janitscharen. 4) Die Tsorbatsilar, oder Generals und Offiziers. 5) Eine Eskadron von jungen Cavliers. 6) Der
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Unterstallmeister, mit etlichen Stalloffiziers, und einer Fahne. 7) Zwölf prächtig geschmückte Pferde, davon, eines wohl eine Grafschaft wehrt war. 8) Zwey Kameele, davon eines den Koran, das andere Mahomets Kleid, oder Ityrka trug. 9) Mahomets Szantsak Serif. 10) Der Großsultan selbst zu Pferde, von zwölf Szalaktar zu Fusse umgeben. Leute von ausnehmender Größe, und mit so hohen Puschen von Straußfedern auf den Turbans, daß man den Sultan kaum sehen konnte. 11) Der Kaiserliche Prinz von zehen Jahren. 12) Der Sziligtor, oder Schwerdtführer des Sultans und der Imrohor, oder Oberstallmeister, nebst der Kaiserlichen Leibkutsche. 13) Der Diwan Effendi, und des Sultans Kammerdiener, der auf beyden Seiten des Pferdes grosse Geldbeutel führte, und bald rechts, bald links Geld unter das versammelte Volk ausstreute. 14) Des Sultans 6 Leib - Poschien. 15) Der Ober-Hofmeister mit seinen Handpferden; auf ihn folgten die übrigen Poschien; vierzig zur Kaiserlichen Feldmusick gehörige Personen; der Unterhofmeister mit etlichen Hofjunkern. Auf diese kam das Hofgesinde, aber in grosser Unordnung. Nach einer kleinen Stille erschien eine Menge morischer Verschnittenen, die alle Leute aus den Gassen ganz unbarmherzig wegpeitschten, daß sich niemand darinn durfte sehen lassen. Diesen uns unvermuhteten Auftritt verursachte die Ankunft des Kaiserlichen Frauenzimmers. Zuerst kamen sechs Handpferde und der Rislar
Aga, Oberaufseher des Serails mit seinem Hofstaate, und dann fünfzig Kutschen im vollen Gallope, alle mit weißen Pferden bespannt, deren Mähne und Schweife roht gefärbt waren. 12,000 Spahi, gleichfalls in vollem Gallope, machten den Beschluß. — Diese Feyerlichkeiten endigten sich erst um fünf Uhr Abends.