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Zeitschrift von und für Ungern
Hrsg. von
Ludwig Schedius
Pest, Patzko, 1802
Band 1, Heft 2
I. Abhandlungen und kürzere Aufsätze
Text 2 (S. 184-189)
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(P184)
2. Beschreibung von Keszthely.
Kesztely liegt nahe an der südwestlichen Spitze des Balatons im Salader Comitat, an einer sanften Anhöhe, die sich von den Ufern des Sees in der Entfernung von einer Viertel Stunde nordwestwärts allmählig heraufzieht. Man sieht also sowohl von vielen Gebäuden, als von der Straße der Stadt, vorzüglich von einigen höher und frey liegenden Hauptplätzen derselben, gegen Südost über einen großen Wiesenanger hinweg, den reinen weitverbreiteten Spiegel des Sees, der sich gegen Osten ins Unübersehbare hinabzieht, und gegen Süden auf der entgegengesetzten Landseite von den Anhöhen des Schomogyer Comitats und von mehreren Dörfern begränzt wird. Weiter über die Stadt zieht sich die erwähnte Anhöhe nordostwärts, immer höher zurück, und endigt sich in ein Amphitheater von Weinbergen, welche die Stadt- in einer Entfernung von ungefähr einer halben Stunde umgeben, und oben mit dem Waldgebirge, womit sie gekrönt sind, und welches sich in die blaue Luft verliert, einen ebenfalls reitzenden, und mit der freyen Flussicht auf den See angenehm contrastirenden, Prospekt gewähren. Auf diesen erhabenen Halbzirkel von Weinbergen sieht man von der Stadt über Kornfelder hinweg. Man hat mehrere Punkte sowohl an den Fenstern der Gebäude, als auf den freyen Plätzen der Stadt, wo man diese ganze, so abwechselnd reitzende Aussicht auf den See und seine Ufer und die Weinberge frey genießen kann, wodurch die Gegend um Keszthely zu einer der schönsten, Gegenden erhoben wird.
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Westwärts und etwas westnord- und westsüdwärts endigt sich das Keszthelyer Gebiet in einen schilfigen Moor- und Torfgrund, auf dessen einer Seite viele natürlich warme Quellen entstehen, woraus ein immer offener, und nie versiegender Bach, Héviz, gegen den Balaton zu fließt, bis wohin derselbe 3 gute Mühlen treibt, wovon die erste drey, von den zwey andern aber jede 2 Gänge hat. Im Ganzen hat aber diese Moorniedrigung noch immer zu wenig Abzug; deswegen läßt der in der Cultivirung seiner Herrschaften unermüdete Graf Georg v. Festetits schon seit einigen Jahren Haupt- und Nebenkanäle graben, welche das Wasser immer mehr abzapfen und in den See leiten. Jenseits des Moor- und Torfgrundes erhebt sich mit einigen benachbarten Dörfern wieder festes Land in Ackerfeldern und Wäldern, unter welchen dann noch weiter westwärts, der sehr breite, aber sich langsam fortbewegende, Fluß Szala fließt, und sich in die erwähnte südwestliche Spitze des Balatons ergießt. Die westwärts von der Stadt gelegene sumpfige Gegend macht Keszthely nicht ungesund, theils weil sie mit den höher liegenden Theilen der Stadt verglichen unbeträchtllch ist, theils weil der Ort selbst hoch liegt, und die Luft durch einen beynahe beständigen, bald stärkere, bald sanfteren, Zug längst dem Seethale gereinigt wird. --- Das Gestein des Bodens ist Sandstein um die Stadt herum, höher gegen die Weinberge und in denselben hinauf Kalk. Der urbare Boden um Keszthely ist aus überwiegendem Thon und seinem Sande gemischt, und bey guter Bearbeitung fruchtbar. Die Einwohner, deren Anzahl Korabinßky in seinem Lexikon zu hoch ansetzt, und die sich etwas über 4000 Menschen beläuft, nähren sich größtentheils vom Weinbau; der Ackerbau ist meist herrschaftlich.
Etwa anderthalb deutsche Meilen ostwärts erheben sich nahe an den nördlichen Ufern des Balatons mehrere isolirte konische und kuppelförmig gebildete Basaltgebirge, unter welchen der Badatschon der ansehnlichste, und
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wegen seines Weinbaus berühmt ist. Am Fuße dieses Badatschon sind rund umher mehrere Dörfer, die Änhöhen desselben sind rund umher mit Wein- und Obstgärten bepflanzt; nur vom Norden zieht sich ein schmaler Strich Wald herauf, und wird in einem convexen Halbzirkel, von einer schönen Gruppe Basaltsäulen begränzt, welche in der Mitte durchgebrochen ist. Der weit verbreitete Rücken dieses Berges ist mit Wald besetzt; gegen die Mitte hat er von Süden gen Norden eine muldenförmige Vertiefung, in deren Thalwegen das Regen- und Schneewasser gegen Norden hinabströmt, und wahrscheinlich einst jenes Amphitheater von Basaltsäulen durchgebrochen hat.— Der Badatschon beherrscht den ganzen 12 Meilen langen Balaton, das ganze gegenüber liegende Schomogyer Comitat, und einen großen Theil des Szalader und Weszprimer Comitats; man kann sich also vorstellen, welche ausgebreitete, abwechselnd reitzende Aussichten sein Gipfel gewähre.
Auf den nordwärts über Keszthely sich erhebenden Waldgebirgen zeichnen sich die Ruinen der vor Zeiten berühmten Schlösser Rezi und Tátika aus. Die Keszthelyer Ueberfahrt über den Balaton in das Schomogyer Comitat geschieht aus dem Prädium Fenék, dessen ehemaliges, jetzt versunkenes Schloß aus der ungr. Geschichte bekannt ist. Jetzt ist dieses Prädium bloß mit einigen Häusern bebauet. In einer Bucht ses Balatons unweit von der Ueberfahrtslandungsstelle hat die zweymastige, vom Grafen Georg v. Festetits zur Salzfuhr erbaute, Seegalliote ihre Station.
Keszthely fing schon unter dem Kammerpräsidenten Paul v. Festetits, einem Lieblinge der Kaiserin Maria Theresia, an, sich unter den gewöhnlichen ungrischen Marktflecken (Oppidis) auszuzeichnen. Er baute das Kastell, und andere herrschaftliche Gebäude für Beamte, er legte einen sehr großen Obstgarten, an verschiedenen Orten schöne Alleen, und für die Seidenzucht eine Maulbeerplantage an, welche eine der ersten
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in Ungern war. Seine gemeinnützigen Anstalten aber, und den größeren verdienten Ruhm, der sich durch jene immer mehr verbreitet, hat Keszthely erst seit wenigen Jahren ganz allein seinem jetzigen Besitzer, dem berühmten Grafen Georg Festetits, von Tolna, einem Sohne des Kammerpräsidenten zu danken. Dieser Mann, von so großen Talentenm außerordentlichen Kenntnißen, und rastloser menschenfreundlicher Thätigkeit, — Tugenden, welche besonders in einem Manne höheren Standes vereinigt, einen so hohen Werth, und gesegneten Einfluß haben, — hat sich vorzüglich durch seine wohlthätigen und gemeinnützigen Anstalten in Keszthely, sowohl um die Bewohner seiner weitläufigen Güter, als um das ganze Vaterland mit einer seltenen Großmuth unsterblich verdient gemacht. Die von ihm hier zu Keszthely gestifteten Anstalten sind:
1. Das Georgicon oder die theoretischpraktische ökonomische Schule,
2. Die katholische lateinische Schule, in dem ehemaligen Franciskanerkloster, welche er zu einem Gymnasium von 5 Classen erhoben, und damit ein adeliches Convict verbunden hat, in welches jedoch auch Kinder von andern Ständen aufgenommen werden.
3. Eine aus 3 Classen bestehende Elementarschule nach der Normal-Einrichtung.
4. Eine Bürgerschule.
5. Eine Zeichenschule.
6. Eine Musikschule.
7. Ein Landschulmeister Seminarium *).
*) Die Einrichtung mehrerer zu einer ungrischen und lateinischen Schule gehörigen Classen für die Evangelisch-Lutherischen und Reformirten hat der Graf in einem andern ihm gehörigen Orte, nämlich in Csurgó im Schomogyer Comitat durch seine Unterstützung bewerkstelliget.
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8. Ein Hospital, worin mittellose Kranke unentgeltlich aufgenommen, und von einem angestellten Hospital-Arzt kurirt werden.
9. Ein Bad, welches er bey den natürlich warmen Quellen des oben erwähnten Héviz hat anlegen, und zur Bequemlichkeit der Badgäste einrichten lassen. Da dieses Bad an der Gränze einer niedrigen Moorgegend liegt, so ließ er den Bezirk desselben mit außerordentlichen Kosten ausschütten und erhöhen, darauf einen Lustgaren pflanzen, die nöthigen Gebäude errichten, und mitten durch eine morastige Gegend einen Damm zu dem Bade aufführen, um den Keszthelyern einen größeren Umweg zu ersparen.
Außerdem sucht er auch auf andere Art für die Schönheit des Orts und für die Bequemlichkeit der Einwohner zu sorgen. So z.B. bewirkt er durch verschieden Ermunterungen und Begünstigungen gerade jetzt, daß hier wöchentlich zweymal Wochenmärkte gehalten werden sollen, um vorzüglich bey der jetzigen Theurung einen größeren Zusammenfluß von Lebensmitteln aus den umliegenden Dörfern zu verschaffen. --- Das herrschaftliche Kastell läßt er jetzt in einem Hauptgebäude und zwey Flügelgebäuden größtentheils neu aufführen. Die eine Seite vom neuen Schlosse ist bereits sammt dem Flügelgebäude fertig. In dem letztern ist unten das gräfliche Archiv, und in den beyden oberen zum Theil durchbrächenden Etagen die Bibliothek, in einem einfachen und mit edlem Geschmacke eingerichteten und verzierten Saale aufgestellt. Die Bibliothek, welche bisher etwa aus 8000 Bänden besteht, ist vorzüglich im ökonomischen, und den damit verwandten Fächern stark besetzt, da dieß Fach selbst das Lieblingsfach des Grafen ist. Seine Gelehrsamkeit ist überhaupt sehr ausgebreitet, aber vorzüglich in der Oekonomie und Gewerbskunde ist seine Belefenheit, und seine weitumfassenhe, aber zugleich in das kleinste Detail gehende, scharfsinnige, richtig unterscheidende Kenntniß außerordentlich. Niemand kann ihm in diesem Fach so leicht
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etwas neues sagen, wohl aber ist jedes seiner Gespräche außerordentlich unterhaltend, und belehrend. Aus der Fülle dieser seiner Kenntnisse seines kritischen Urtheils, und der daraus entstehenden Pläne, ordnet er nun die Einrichtung und Verwaltung seiner Güter an, mit einem Feuer, und einer rastlosen Thätigkeit, der nur wenige Menschen zu folgen im Stande sind.
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