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Erste Abtheilung.
Geschichte der Ungarn unter ihren K\xF6nigen aus dem arpadischen Stamme.
Gleich nach dem Tode des
Geysa (997) trat Stephan, unter dem Titel eines Herzoges die Regierung des Landes, ruhig, und ohne den mindesten Widerstand an.* Aber, er geno\xDF dieser Ruhe nicht lange. Die Deutschen, welche, wie wir oben gemeldet haben, von seinem Vater in das Land beruffen, und mit G\xFCtern und W\xFCrden \xFCberh\xE4ufet worden, befestigten ihr Ansehen unter einem jungen, und unerfahrnen F\xFCrsten so sehr, da\xDF sie fast alle Macht allein in den H\xE4nden hatten, und
* Dazumal erstreckte sich Ungarn gegen Morgen bis an den Sawaflu\xDF, und Siebenb\xFCrgen; gegen Abend an M\xE4hren; gegen Mitternacht an das karpathische Gebirg, und gegen Mittag bis an Kroatien, und Krain; es ward aber bald hernach, wie wir unten zeigen werden, um ein Merkliches vermehret.
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die meisten, und erheblichsten Ehrenstellen unter ihre Landsleute austheilten. Dieses erweckte den Neid der Eingebohrnen, welcher anf\xE4nglich ein allgemeines Murren hervorbrachte, endlich aber zu einem gef\xE4hrlich scheinenden Aufruhr anwuchs, der aber noch gl\xFCcklich in der Geburt ersticket wurde.*
(998) Der b\xF6hmische Herzog
Boleslaw bediente sich dieser Gelegenheit, und streifte mit seinen V\xF6lkern in das Land, er ward aber mit erheblichem Verluste bald wieder zur\xFCckgetrieben.
Aber, noch gl\xFChten Aufruhr und Meuterey unter der Asche, und brachen itzt in helle Flammen aus. —
Kupa,der F\xFCrst von Schimegh, welcher an Macht und Ansehen alle seines gleichen \xFCbertraf, und eine der ersten W\xFCrden im Reiche bekleidete, stellte sich an die Spitze der Mi\xDFvergn\xFCgten. Er war ehrgeitzig, und hochm\xFChtig; er versprach sich den Sieg gewi\xDF, ja er glaubte durch den Untergang des heiligen Stephans, auch die Herrschaft \xFCber Ungarn an sich zu bringen. Und de\xDFwegen suchte er sich mit
Adelheiden, der Wittwe des verdorbenen Herzogs Geysa zu verm\xE4hlen;** da ihm aber die Hoffnung sie zu erlangen fehl schlug: so nahm er die Vertheidung der Religion seiner V\xE4ter zum Verwande, die Waffen wider seinen rechtm\xE4\xDFigen Herrn zu ergreifen. Diejenigen, welche dem G\xF6tzendienste noch anhiengen, vereinigten sich mit ihm hauffenweise; und viele, welche die christliche Religion aus allerhand unlauteren Absichten angenommen hatten, folgten ihrem Beyspiele. Mit diesen wilden
* Indem Wencelin, und andere Deutsche in dem Kriege mit dem Schimegher F\xFCrsten die ansehnlichsten Stellen unter den ungarischen V\xF6lkern bekleideten.
** Die meisten einheimischen Geschichtschreiber sagen zwar, da\xDF er diese Verbindung mit der Mutter des heiligen Stephans gesuchet; da aber diese, wie wir oben bewiesen haben, noch vor ihrem Gemahle verstorben, so ist es gewi\xDF, da\xDF es die zwote Gemahlinn des Herzoges Geysa des Dritten gewesen.
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Rotten verheerte er einen ansehnlichen Theil des Landes, brachte auch
Wesprim, welches dazumal keine geringe Festung war, in seine Gewalt.
(999) Die Sache schien ziemlich gef\xE4hrlich, weil Stephan noch in keiner sonderlichen Verfassung stand, sich auch auf die ungarischen Grossen, welche meistentheils noch Heyden waren, gar nicht verlassen konnte. Dennoch lie\xDF er den Muht nicht sinken. Er wendete vielmehr alle M\xFChe an, ein zureichendes Heer von Christen zusammen zu bringen; und, nachdem ihm dieses gl\xFCcklich gelungen, lagerte er sich an den Ufern des
Granflusses. Dort lie\xDF er sich auch nach alter Gewohnheit zum Ritter schlagen, ernennte sodann den Wencelin zum Befehlshaber \xFCber seine V\xF6lker, und machte alle Anstalten den Feind anzugreifen. Voll Vertrauen auf den g\xF6ttlichen Beystand, gelobte er, wenn er siegen w\xFCrde, dem Kloster des heiligen Martins, welches sein Vater gestiftet hatte, die Zehenden aller Eink\xFCnfte aus der Schimegher Provinz, setzte \xFCber die Donau, und gieng darauf den Rebellen, welche bey besagtem Wesprim stunden, muhtig entgegen. Dort kam es zu einem hitzigen Gefechte, in welchem beyde Theile so lang mit fast gleichem Vortheile fochten, bis der rebellische Kupa durch die Hand des tapfern Wencelin erleget ward.* Kaum aber war dieser gefallen, als auch seine Anh\xE4nger die Flucht ergriffen. — Gegen die grosse Anzahl Gefangenen erwies sich Stephan \xFCberaus gn\xE4dig; er lie\xDF nur einige der R\xE4delf\xFChrer hinrichten, die \xFCbrigen aber frey, und ungestraft nach Hause ziehen.
* Bonfin, Thurotz, und die meisten einheimischen Geschichtschreiber sagen, da\xDF der K\xF6rper des erlegten Kupa geviertheilet, und die St\xFCcke davon nach Gran, Wesprim, Raab, und Wei\xDFenburg in Siebenb\xFCrgen geschickt worden, um dort zum Schrecken, und Beyspiele auf die Stadth\xF6re gesteckt zu werden.
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Nach diesem so siegreich geendigten Kriege bezahlte Stephan sogleich seine Gel\xFCbte. Er versah ber\xFChrtes Kloster mit neuen, und ansehnlichen Eink\xFCnften,* und gab ihm den
Astrich, oder wie ihn andere nennen, den
Anastasius, den er mit einigen Priestern des Benediktinerordens, aus Braunau in B\xF6hmen kommen lie\xDF, zum Abbte; den Wencelin aber, und andere Helden, die sich in gedachtem Treffen so entscheidend hervorgethan hatten, \xFCberh\xE4ufte er mit Wohlthaten, und Geschenken. Und, nunmehr richtete er alle seine Gedanken auf die Einf\xFChrung guter Ordnung, und Gesetze. — Da aber diese so r\xFChmlichen Bem\xFChungen bey den noch meist heydnischen, und wilden Ungarn gar nichts fruchteten: so verwendete er alle seine Kr\xE4fte, den G\xF6tzendienst v\xF6llig auszurotten, und durch die Ausbreitung des christlichen Glaubens seine Unterthanen gesitteter zu machen. Er lie\xDF daher allen G\xF6tzendienst auf das Sch\xE4rfeste untersagen, schickte durch das ganze Land Missionarien, und Prediger aus; ja, er gesellte sich selbst zu diesen Gesandten, predigte das Evangelium in eigener Person, und ahmte dadurch den Aposteln des Heylandes nach. — Gewi\xDF, es mu\xDFte die heilsamsten Wirkungen in den Herzen der heydnischen Ungarn hervorbringen, wenn sie den gottseligen Eifer sahen, mit welchem sich ihr Regent der Verbreitung der Lehre Christi annahm.
Als nun dieser gottselige F\xFCrst \xFCberall die gew\xFCnschten Fr\xFCchte seines heiligen Eifers reifen sah, so beschlo\xDF er, sein Land in gewisse Spr\xE4ngel abzutheilen, und diese mit frommen und gelehrten geistlichen Vorstehern zu besetzen. Da aber die\xDF nicht ohne Genehmhaltung des r\xF6mischen Pabstes gesche-
* Der k\xF6nigliche Schenkungsbrief dar\xFCber, findet sich bey verschiedenen Geschichtschreibern, am richtigsten aber beym Desericius.
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ben konnte: so schickte er den zum Bischofe von Kolotza bestimmten
Astrich, nebst einem Schreiben an den Pabst
Sylvester den Zweyten ab, in welchem er ihn um die Best\xE4tigung dieser Einrichtung ersuchte, und ihm zugleich die Unterwerfung seines Reiches bekannt machte.
(1000) Der \xFCber die Ausbreitung des christlichen Glaubens in einem so wichtigen Lande h\xF6chst erfreute Pabst, willigte nicht nur in sein Verlangen, sondern legte ihm zugleich den Titel eines K\xF6niges, und Apostels der Ungarn bey, \xFCberschickte ihm auch eine Krone, welche nach dem Muster der griechischen Kaiserkrone verfertiget war, und eben diejenige seyn soll, mit welcher noch heut zu Tage die ungarischen K\xF6nige gekr\xF6net werden.* Dieser f\xFCgte er auch ein Patriarchenkreutz bey, welches hernach dem ungarischen Wappen einverleibet wurde, und noch itzt bey \xF6ffentlichen Feyerlichkeiten durch einen Bischof dem K\xF6nige vorgetragen wird. Er begleitete dieses mit einem merkw\xFCrdigen Schreiben, welches in der Folge so viele Streitigkeiten veranla\xDFte.**
Bald nach der Zur\xFCckkunft des Astrichs ward Stephan zum K\xF6nige gesalbet, und mit der erst erhaltenen Krone am Tage der Himmelfahrt Mari\xE4, mit grossen Feyerlichkeiten, und Freudenbezeugungen seines Volkes gekr\xF6net; die Krone aber, der Zepter, das Kreutz, der Reichsapfel, und der bey dieser Kr\xF6nung gebrauchte Mantel, dieSchuhe, und das
* Man glaubt, da\xDF sich schon vor den ungarischen Gesandten, auch pohlnische in Rom befunden haben, welche f\xFCr den Herzog Boleslaw eine Krone verlangten; da\xDF aber dem Pabste durch eine englische Erscheinung befohlen worden, nicht Pohlen, sondern Ungarn zu einem K\xF6nigreiche zu erheben. — Diese Krone ist mit 53. Saphiren, 50. Rubinen, einem grossen Schmaragde, auch 338. Perlen gezieret, und betr\xE4gt im Golde 9. Mark, und 3. Unzen.
** Man findet dieses Schreiben in den Annalen des P. Pray vollst\xE4ndig einger\xFCcket.
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Schwert, mit dem Schreiben des Pabstes Sylvester des Zweyten, und andern schriftlichen Urkunden nach Stuhlwei\xDFenburg gebracht, und der Aussicht der dortigen Domherren \xFCbergeben.*
(1001) Stephan wendete hierauf feine Sorgfalt auf die Verfassung des geistlichen und weltlichen Regiments. Und so errichtete er nach der vom Pabste erhaltenen Gewalt, das Graner Erzbischthum nebst verschiedenen andern Bischth\xFCmern, \xFCber deren Anzahl jedoch die Schriftsteller nicht einig sind.** Er stiftete auch verschiedene Kirchen, Kl\xF6ster und Abbteyen,*** und versah sie mit reichlichen Eink\xFCnften. Hierauf versammelte er alle die Grossen seines Reiches, mit deren Beyhilfe verschiedene Gesetze abgefasset, und das Land in ihre Gespanschaften ordentlich eingetheilet wurde;**** er errichtete sodann auch die hohen Erz\xE4mter, welche auch itzt noch gr\xF6\xDFtentheils bestehen.***** — Nach diesen so weislich geendigten
* Zu mehrerer Sicherheit aber, ward dieser Schatz hernach auf das Schlo\xDF nach Wissegrad versetzet, von dannen er wegen der T\xFCrkenkriege in das k\xF6nigliche Schlo\xDF nach Pre\xDFburg gebracht ward, wo er sich schon \xFCber zwey hundert Jahre befindet. Die in Zweifel gezogenen Urkunden aber werden dabey vermisset.
** So viel ist aber gewi\xDF, da\xDF der bey der Gesandtschaft an den r\xF6mischen Pabst sich so r\xFChmlich ausgezeichnete Abbt Astrich das Kolotzer; der heilige Buldus,oder wie ihn andere nennen Batapramus, das Erlauer; Bonipert das F\xFCnfkircher; Stephan das Wesprimer; Modest das Raaber; der heilige Gerhard das Tschanader, und Besterthus das Neitrer Bischthum erhalten haben.
*** Die P\xE9tschw\xE1rder n\xE4mlich, die Salader, und Bakon-B\xE9ler.
**** Wie viel derselben dazumal gewesen, ist nicht bekannt. Timon z\xE4hlet deren 60; und Verb\xF6tz setzet diesen noch viere zu. — Es mu\xDF aber Ungarn schon dazumal seine Gespanschaften gehabt haben; denn der F\xFCrst Kupa wird Comes, und sein Land Comitatus genennet.
***** Es waren nach dem Palatine folgende: Der Land- und Hofrichter, Judex Curiae Regiae; der Ban von Illyrien; der Woywod von Siebenb\xFCrgen; der Schatzmeister, Magister Tavernicorum Regalium; der oberste Mundschenk, Magister (P 25) Pincernarum; der oberste Truchse\xDF, Magister Dapiferorum; der oberste Stallmeister, Magister Agazonum; der oberste K\xE4mmerer, Magister Cubiculariorum; der oberste Th\xFCrh\xFCter, Magister Ianitorum; der oberste Hofmarschall, Magister Curiae; die Grafen von Temeschwar, und Pre\xDFburg; die Bane der Gr\xE4nzschl\xF6\xDFer, und Provinzen, als: von Bosnien, Machowien, Zeurin, und Ru\xDFnien. Zu diesen kamen noch die Aemter bey den K\xF6niginnen, n\xE4mlich: der Marschall, der Schatzmeister, Truchse\xDF, etc. Etwas sp\xE4ter sind zween Kronh\xFCter dazugekommen, und seit 1765. auch der Kapit\xE4n der k\xF6niglich-ungarischen adelichen Leibwache.
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Bem\xFChungen, verm\xE4hlte er sich mit des Herzogs von Bayern
Heinrichs des Zanks\xFCchtigen frommen Tochter, und einer Schwester des nachmaligen Kaisers Heinrich,
Gisela, mit der er schon vor sechs Jahren, und zwar noch bey Lebzeiten seines Vaters verlobet worden.
(1002) Das folgende Jahr ward der
heilige Stephan wieder, und zwar ganz unvermuhtet in einen Krieg verwickelt, der aber gl\xFCcklich und zu seinem Vortheile ausschlug.
Gyula, der F\xFCrst von Siebenb\xFCrgen, ein Anverwandter seiner Mutter, und ein eifriger Anh\xE4nger des G\xF6tzendienstes, konnte die Einf\xFChrung der christlichen Religion in einem benachbarten Lande nicht mit gleichgiltigen Augen ansehen, und k\xFCndigte dem K\xF6nige daher den Krieg an. Dieser, welcher gar nicht geneigt war, Menschenblut zu vergiessen, gab sich alle M\xFChe, ihn zum Frieden und zur Annehmung des christlichen Glaubens zn bewegen.
(1003) Als aber alle seine g\xFCtigen Erinnerungen gar nichts ausrichteten, so ergriff er zu seiner Verteidigung die Waffen. Und, so kam es zu einem \xF6ffentlichen Kriege, dem der K\xF6nig in eigener Person beywohnte. Das Gl\xFCck stand auch seiner gerechten Sache bey; denn Gyula ward geschlagen, und nebst feiner Gemahlinn und zween S\xF6hnen gefangen; ganz Siebenb\xFCrgen erobert, in eine ungarische Provinz verwandelt, und ein von der Krone abh\xE4ngiger Statthal-
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ter unter der W\xFCrde eines Woywoden dahin geschicket. Der gefangene
Gyula ward zwar, als er die heilige Taufe empfieng, wieder in Freyheit gesetzet, aber in sein Land durfte er nicht mehr zur\xFCckkehren.
(1004) In diesem Jahre fielen die Bulgaren unter ihrem Heerf\xFChrer
Kean mit einer starken Macht in Ungarn und Siebenb\xFCrgen, sie wurden aber nach verschiedenen mit ungleichem Gl\xFCcke gehaltenen Schlachten zuletzt in Siebenb\xFCrgen auf das Haupt geschlagen, und ihr Heerf\xFChrer selbst get\xF6dtet.
Zu unaussprechlicher Freude des heiligen K\xF6nigs, und des ganzen Landes, gebahr ihm die fromme K\xF6niginn Gisela einen Sohn, welcher in der heiligen Taufe den Namen
Emmerich* erhielt. — Zu dieser Freude gesellte sich auch die Ruhe, die ihm alle Tage neue Gelegenheit gab, Gutes zu thun, und das Wohl seiner Unterthanen zu bef\xF6rdern. Denn, er errichtete nicht nur die herrlichsten Kirchen im Lande , sondern auch au\xDFerhalb demselben zu Konstantinopel und Rom, an welchem letzteren Orte er auch ein Haus mit grossen Kosten erbauen lie\xDF, worinnen die ungrischen Pilgrime, mit Kost und Wohnung auf das Freygebigste versehen wurden. — Der Ruhm so gottseliger Gesinnungen, und anderer seltenen Tugenden, verbreitete sich gar bald in der ganzen Christenheit, und erwarb ihm eine allgemeine Hochachtung und Ehrfurcht. Von dieser eingenommen, kam auch der venezianische Herzog
Otto nach Ungarn, und warb um die sch\xF6ne Schwester des K\xF6nigs, die er auch erhielt; und mit ihr, und mit des heiligen K\xF6niges Vortrefflichkeit erf\xFCllet, kehrte er in sein Land zur\xFCck.
* Oder vieleicht Heinrich, seinem Vetter zu Ehren. Ob er der Erstgebohrne gewesen, ist nicht bekannt, da\xDF er aber noch mehr Br\xFCder gehabt, die ihn jedoch nicht \xFCberlebet haben, erhellet aus einem Diplome, welches dieser K\xF6nig dem Kloster der Nonnen zu Wesprim verlieh, in welchem er ausdr\xFCcklich seiner S\xF6hne gedenket.
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(1016) Unter einer so weisen Regierung wuchs das Ansehen des Reiches zusehens, und er\xF6fnete seinem Stifter die schmeichelhaftesten Aussichten. Diese desto gewisser zu erhalten, und der Zukunft zu versichern, hielt er eine Versammlung der geistlichen und weltlichen St\xE4nde zu
Gran, auf welcher die eingef\xFChrten Gesetze gepr\xFCfet, oder vermehrt und verbessert, und durch den K\xF6nig bekr\xE4ftiget wurden.*
(1017) Das folgende Jahr nahmen zween S\xF6hne
Edmunds, K\xF6niges von England, welche sich f\xFCr der Wuht des d\xE4nischen K\xF6niges
Kunt, oder Kanut, aus dem Reiche fl\xFCchten mu\xDFten, ihre Zuflucht zu dem
heiligen Stephan, der sie nicht nur auf das Liebreicheste empfieng, sondern dem \xE4ltern von ihnen Namens
Edmund seine Tochter, dem
Eduard aber die Agatha, eine Base der
Gisela zur Gemahlin gab.
(1021) Und nun wagten die Bosnier, oder wie sie andere nennen Bessi, oder Bysseni, einen Einfall in Siebenb\xFCrgen; sie wurden aber gar bald mit grossem Verluste zur\xFCckgetrieben.** Dieses unverhoffte Schicksal setzte sie in solchen Schrecken, da\xDF sie sechzig der ansehnlichsten M\xE4nner aus ihrem Lande mit allerley kostbaren Geschenken an den K\xF6nig abschickten, den Frieden damit zu erkaufen. Kaum aber waren sie noch \xFCber den ungarischen Gr\xE4nzen, als sie von den dieselben bewachenden Soldaten \xFCberfallen, und alles des Ihrigen beraubet wurden. Sie kamen daher in einem sehr elenden Zustande zu dem K\xF6nige, welcher, als er diese Frevelthat erfuhr, dermassen
* Man findet sie in dem Corpus Iuris Hungarici, und beym P\xE9terfi im ersten Theile der Concil. Hung.
** Einige Geschichtschreiber melden, da\xDF dieser Einfall dem heiligen K\xF6nige im Traume geoffenbaret worden. — Diese Bessi waren eigentlich Pazinaciten, aus einem Theile der Moldau, welcher von den Griechen das schwarze Bulgarien nennet ward.
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aufgebracht ward, da\xDF er die Th\xE4ter sogleich ergreifen, und an den Gr\xE4nzen aufhenken lie\xDF.
(1030) Der Krieg, welcher mit dem deutschen K\xF6nige
Konrad den Salischen genannt, entstanden, drohte dem ungarischen Reiche die \xE4u\xDFerste Gefahr. Dem Bischofe von Stra\xDFburg
Werinhard, welcher als kaiserlicher Gesandter mit einem grossen Gefolge nach Konstantinopel reisen wollte, ward der Durchzug verbohten.* Konrad, der dieses sehr \xFCbel aufnahm, drang mit einer ansehnlichen Macht, die alles um sich verheerte, bis nach
Raab. Er r\xE4umte aber mehr durch das Gebeht des heiligen K\xF6niges, als durch dessen Waffen das Reich bald wieder.
Unter dieser Zeit wuchs
Emmerich zur grossen Freude des K\xF6nigs, und des Reiches in allen Tugenden so sehr, da\xDF man sich von seiner k\xFCnftigen Regierung die sch\xF6nste, und schmeichelhafteste Hoffnung versprach.** Haupts\xE4chlich aber machte er sich durch seine Gottesfurcht, und Fr\xF6mmigkeit so ber\xFChmt, da\xDF er nach seinem Tode, eben so wie der K\xF6nig sein Vater, unter die Heiligen gez\xE4hlet wurde. Diesem einzigen Erben nun wollte Stephan noch bey seinen Lebzeiten die Regierung \xFCbergeben, und verm\xE4hlte ihn 1026. mit des dalmatischen K\xF6nigs Tochter
Chicha. Allein,diese Ehe blieb unfruchtbar, und wie einige wollen, so soll Emmerich ein Gel\xFCbd gethan haben, in immerw\xE4hrender Keuschheit zu leben. Aber, eben da der Prinz dem Reiche die sch\xF6nste Aussicht seiner k\xFCnftigen Regierung versprach, ward er demselben in vier und zwanzigsten Jahre seines Alters, durch den Tod entrissen.
(1031) Er ward in
* Denn man argwohnte, da\xDF er die Griechen wider die Ungarn aufbringen wollte.
** Man hat einen von K\xF6nige Stephan f\xFCr diesen seinen Sohn merkw\xFCrdigen Unterricht, den man in den Corpus Iuris Hung. sub titulo Libri Decret. S. Stephani nachlesen kann.
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der Domkirche zu
Stuhlwei\xDFenburg begraben, und sein Vater dadurch in die tiefeste Traurigkeit versetzet.*
Das Reich war nunmehr ohne Erben, und der K\xF6nig mu\xDFte darauf bedacht seyn, einen Nachfolger zu ernennen. Seines Vaters Bruderssohn
Ladislaus mit dem Beynamen der Kahle, hatte zwar zween Prinzen** hinterlassen, jedoch ihre wilde Gem\xFChtsart, haupts\xE4chlich aber die Furcht, sie m\xF6chten wieder von dem Christenthume abfallen, machte, da\xDF der K\xF6nig die Gedanken auf seiner Schwester Sohn, den
Peter richtete. Er lie\xDF ihn daher an seinen Hof kommen, ernennte ihn zum Feldherrn, und erkl\xE4rte ihn auch hernach \xF6ffentlich zu seinem Nachfolger.
Doch hier\xFCber bezeigten die meisten Grossen des K\xF6nigreichs das \xE4u\xDFerste Misfallen, indem es ihnen unertr\xE4glich schien, von einem Ausl\xE4nder beherrschet zu werden.*** Ihr Misvergn\xFCgen brach endlich in eine Zusammenverschw\xF6rung wider das Leben des K\xF6niges, und seines ernannten Trohnfolgers aus. — Doch Stephan ward auf eine wunderbare Art gerettet. — Einer der Verschwornen hatte sich bereits (1032.)
* Nach Emmerichs Tode kehrte seine Gemahlinn in ihr Vaterland zur\xFCck, wo sie ein Kloster zu Jadra stiftete, und demselben bis an ihr Ende vorstund.
** Es ist ein gemeiner Fehler her vaterl\xE4ndischen Schriftsteller, da\xDF sie diesem Ladislaus drey Prinzen, den Bela n\xE4mlich, Leventa, und Andreas geben, Bela aber ist mit dem Leventa nur eine Person; indem das letztere Wort in der alten ungarischen Sprache einen Fechter bedeutete; und Bela bekam diesen Bevnamen, als er einen pommerischen Herzog im Zweyk\xE4mpfe erlegte.
*** Denn seine Mutter Gisela K\xF6nig Stephans Schwester, war, wie wir auch schon oben gemeldet, die Gemahlinn Ottons des Venetianers. Dieser gieng, als er des Herzogthums Venedig beraubt ward, mit seiner Gemahlinn nach Konstantinopel, und nachdem er dort 1031. verstorben, diese mit ihrem Sohne Peterzu ihrem Bruder Stephan nach Ungarn.
(P30)
bey Nacht in das Schlafgemach des K\xF6niges geschlichen, um ihn zu ermorden. Als er sich aber dem Bette n\xE4herte, fiel ihm der Dolch aus der Hand, und der K\xF6nig wachte dar\xFCber auf. Dieses setzte den Meuchelm\xF6rder in so gro\xDFes Schrecken, da\xDF er sich zitternd vor dem Bette des K\xF6niges auf die Kniee warf, und das ganze Vorhaben sowohl, als die Mitschuldigen entdeckte. — Diese wurden sogleich eingezogen, und nach Verdienst bestrafet, der Angeber aber erhielt Gnade. Seine Vettern, die zween S\xF6hne des
Ladislaus, fl\xFCchteten sich hierauf, und zwar
Bela nach Pohlen,
Andreas aber nach Ru\xDFland; entweder, weil sie, wie es wahrscheinlich ist, in die Verschw\xF6rung verflochten waren, oder dem Hasse der
Gisela, Stephans Schwester zu entgehen, welche alle diejenigen verfolgte, die sich der Trohnfolge ihres Sohns Peters zu widersetzen suchten.*
Unter diesen Unruhen n\xE4herte sich allm\xE4hlich das Ende dieses vortrefflichen K\xF6niges. — Kurz vor seinem Tode versammelte er noch alle die Grossen seines Reiches. Er lie\xDF sie nochmals seiner Schwester Sohn
Peter f\xFCr seinen rechtm\xE4\xDFigen Nachfolger erkennen, und dabey schw\xF6ren, da\xDF sie bey der eingef\xFChrten christlichen Religion best\xE4ndig verharren wollten, wobey er sie auch noch auf die beweglichste Art zur Eintracht untereinander vermahnte. Und so starb er endlich an einem hitzigen Fieber den 15ten des Augustmonats 1038. nachdem er \xFCber vierzig Jahre die herzogliche, und k\xF6nigliche W\xFCrde bekleidet hatte, und ward zu
Stuhlwei\xDFenburg in der von ihm erbauten
Marienkirche mit grosser Pracht begraben.
(1038) — Ein K\xF6nig, der als ein neuer Gesetzgeber
* Da\xDF diese Gisela auch den zum ungarischen K\xF6nige bestimmten Vazul durch den Sebus die Augen habe ausstechen, und die Ohren verderben, folglich ihn zur Regierung v\xF6llig unt\xFCchtig machen lassen, scheinet eine Erdichtung zu seyn.
(P31)
eines m\xE4chtigen Volks zu betrachten, und unter die be\xDFten, und tugendhaftesten Regenten zu z\xE4hlen ist. Der sich die gr\xF6\xDFte M\xFChe gab, die Ausbreitung des christlichen Glaubens zu bef\xF6rdern, und der mit seinem frommen Beyspiele andern vorleuchtete Er war nicht kriegerisch, seine Gem\xFChtsart neigte sich vielmehr zur Sanftmuht, und Gelindigkeit. - Im Jahre 1083. ward sowohl er, als sein Sohn
Emmerich vom Pabste
Gregorius dem Siebenten unter die Zahl der Heiligen erhoben; und seine rechte Hand,* mit welcher er den Armen, und D\xFCrftigen, so viele, und reichliche Gaben auszutheilen gewohnt war, unverwesen geblieben ist.**
* Diese unverwesene Hand ward 1771. von den Gesandten der Republik Ragusa, als sie bey dem kaiserlichen Hofe zu Wien in dem ru\xDFischt\xFCrkischen Kriege Schutz suchten, zum Geschenke mitgebracht. Sie ward zu Wien mit grosser Ehrerbiehtung, und mit vielen Feyerlichkeiten \xF6ffentlich ausgesetzet, und darauf nach Ofen gebracht.
** Chartivitzius in vita S. Stephani. Thurozius Chron. Parte II. Bonfinius Dec. II. Aloldus. Desericius in dem Buche, welches den Titel Stephanus f\xFChret.
(P32)
(1038) Die\xDF war nun der von dem heiligen Stephan ernennte Nachfolger seines Reiches von dessen vortrefflichen Gem\xFChtsgaben sich das Land so viele Vortheile versprach. Allein diese Hoffnung w\xE4hrte nicht lange. Denn, bald nach dem Antritte seiner Regierung begegnete er der verwittweten K\xF6niginn, welche so viel zu seiner Gelangung auf den Trohn beygetragen hatte, sehr kaltsinnig, verga\xDF aller von ihr erhaltenen Wohlthaten, und anstatt sie als eine Mutter zu betrachten, und als eine Koniginn zu ehren, lie\xDF er sie die schimpflichste Verachtung empfinden.
(1039) Ja, seine Undankbarkeit erstreckte sich endlich so weit, da\xDF er sie aller ihrer Sch\xE4tze beraubte, und ihr kaum das N\xF6htigste zu ihrem Unterhalte lie\xDF. Sie entfernte sich hierauf vom Hofe, und gieng in ein Nonnenkloster zu
Passau, wo sie als Aebbtissinn bis in das Jahr 1095. lebte.
Peter zog sich sowohl durch diese, als seine \xFCbrige wilde Auff\xFChrung gar bald den Ha\xDF der ungarischen Nation zu. Dieser und einer angezettelten Verschw\xF6rung auszuweichen, drang er mit einem ansehnlichen Kriegsheere in
Heinrichs L\xE4nder unter dem Vorwande, einen unter dessen Vater
Konrad noch bey Lebzeiten des heiligen Stephans ver\xFCbten Einfall in Ungarn zu r\xE4chen. Nachdem er einen Theil derselben gepl\xFCndert, und verheeret hatte, kehrte er mit einer grossen Anzahl Gefangenen, und mit reicher Beute beladen, in sein Reich zur\xFCck.
(1040) Das darauf folgende Jahr zog er dem b\xF6hmischen Herzoge
Brztislaw dem Ersten, der von dem Kaiser Heinrich dem Schwarzen mit einem Uiberfalle
(P33)
bedrohet wurde, zu Hilfe, und mit seinen V\xF6lkern vereint, trieb er die Deutschen in die Flucht, und befreyte sein Land von diesem Feinde gl\xFCcklich.
Diese so gut ausgeschlagenen Unternehmungen, machten ihn stolz, und aufgeblasen. Den vornehmsten, und ansehnlichsten Ungarn begegnete er mit Verachtung, und \xFCberall zog er die Ausl\xE4nder den Eingebohrnen vor. Uiberdie\xDF war er auch den Wohll\xFCsten , und andern Ausschweifungen g\xE4nzlich ergeben, und nach seinem Beyspiele gestattete er auch seinen Hofleuten allen Muhtwillen, den sie so weit trieben, da\xDF fast keine ehrliche Weibsperson vor ihren wilden Begierden mehr sicher war. Die Grossen des Reichs versammelten sich daher, und machten ihm seines Betragens wegen die nachdr\xFCcklichsten Vorstellungen. Aber er spottete nur dar\xFCber, und drohte sogar, da\xDF er, wenn sie ihm mit weiteren Klagen beschwerlich fallen w\xFCrden, alle sowohl b\xFCrgerliche als Kriegsbedienungen mit Deutschen besetzen w\xFCrde.*
Die \xFCber diese Auff\xFChrung erbitterten ungarischen St\xE4nde hielten hierauf einen allgemeinen Landtag , setzten Petern \xF6ffentlich ab, und erw\xE4hlten an seine Stelle
Samuel Aba, den m\xE4chtigsten Herrn in Oberungarn, und einen Anverwandten des verstorbenen K\xF6niges Stephans,** der sich mit einem Eide verpflichten mu\xDFte, den K\xF6nig Peter aus dem
* Si aliquamdiu, sagte er, sanus fuero, omnes Judiin regno Hungariae teutonicos constituam, & terram ejus hospitibus implebo, & eam universaliter in potestatem teutonicorum redigam. —Und : hoc nomen Hungariae derivatum est ab angaria, & ipsi debent angariari. M. Thurocz. Chron. P. II. C. 35.
** Jongelinus, Timon, und insonderheit der Autor des Palatii Regii Hung. sagen, da\xDF er ein Schwager des heiligen K\xF6niges Stephan, und Palatin des Reiches gewesen sey.
(P34)
Reiche zu schaffen. Und so sah sich dieser gezwungen Ungarn zu verlassen, nachdem er nicht volle drey Jahre dar\xFCber geherrschet hatte. Wider seine Anh\xE4nger ward \xFCberaus grausam verfahren; und seine zween vornehmsten G\xFCnstlinge,
Budo und Sebus, denen man haupts\xE4chlich Schuld gab, da\xDF der K\xF6nig durch ihre sch\xE4dlichen Rahtschl\xE4ge, zu so b\xF6sen Handlungen verleitet worden, wurden in St\xFCcke gehauen.
(1041) Der wider alles Vermuhten zur Regierung erhobene Samuel zernichtete sogleich alle vom K\xF6nige Peter eingef\xFChrten Gesetze und Auflagen; er bestrebte sich aufdas Eifrigste die Zuneigung der Nation zu erwerben, und versprach eine gute und gelinde Regierung. Pl\xF6tzlich aber fieng er an zu tyrannisiren. Auf den geringsten Argwohn lie\xDF er nicht nur seine Hofbedienten, sondern auch seine Anverwandten ermorden, und verfolgte alle diejenigen mit der gr\xF6\xDFten Grausamkeit, welche er als Anh\xE4nger des entsetzten K\xF6niges Peter in Verdacht hatte.
(1042)
Mit so viel unschuldigem Blute besudelt, gieng er nach
Tschanad, wo er nicht ohne Murren in der Kirche des heiligen M\xE4rtyrers Georg, gekr\xF6net, von dem dortigen Bischofe den heiligen
Bischof aber, wegen seiner Grausamkeit mit Worten hart bestrafet, ihm auch die g\xF6ttliche Rache, und sein nach drey Jahren erfolgter Tod vorhergesaget ward.
Unterdessen hatte sich der seines Trohnes entsetzte Peter nach Deutschland zum Kaiser Heinrich den Dritten gefl\xFCchtet. Er ersuchte denselben um Hilfe,
(P35)
und erkl\xE4rte sich zu einen Vasallen des deutschen Reichs, wenn ihm der Kaiser Beystand leisten, und ihn in sein Reich einsetzen w\xFCrde. Diese vorteilhafte Bedingung machte, da\xDF der Kaiser in Person mit einer starken Armee nach Oesterreich aufbrach, wo sich der Markgraf
Adalbert mit ihm vereinigte, und ihn nach Ungarn begleitete. Nachdem sie
Hainburg, und
Pre\xDFburg erobert, und \xFCberall grosse Verw\xFCstungen angerichtet hatten, kam es mit den bey dem
Granflusse sich gelagerten Ungarn zu verschiedenen hartn\xE4ckigen Treffen, in welchen die aber geschlagen, und endlich die Flucht zu ergreifen gen\xF6htiget wurden. Die Ungarn bahten also um Friede, und der
Kaiser versprach ihnen denselben, wenn sie den verjagten Peter wieder als ihren rechtm\xE4\xDFigen Herrn erkennen wollten. Doch diese Bedingungen hatten sie schlechte Lust einzugehen, ungeachtet sie wider den
Samuel wegen seiner Grausamkeit \xE4u\xDFerst aufgebracht waren. Die b\xF6sen Folgen, wenn ihnen ein K\xF6nig von dem deutschen Kaiser aufgedrungen w\xFCrde, schreckten sie zu sehr, als da\xDF sie sich dazu entschlie\xDFen konnten. Da nun Heinrich ihre Halsstarrigkeit sah, und f\xFCr Petern eben keine ruhige, und dauerhafte Regierung vermuhten konnte, beschlo\xDF er eine beqwemere Zeit zu Ausf\xFChrung seines Vorhabens abzuwarten, machte einen Waffenstillstand mit ihnen, und f\xFChrte seine V\xF6lker wieder nach Deutschland zur\xFCck.
(1043) Samuel sah sich kaum von diesem Feinde befreyet, als er auch gleich wieder weit mehr Grausamkeiten als zuvor aus\xFCbte. Ja, weil er wu\xDFte, da\xDF er den Gro\xDFen des Reichs nicht trauen durfte, so suchte er die Gunst des gemeinen Mannes zu gewinnen, und erlaubte die Einf\xFChrung des alten heidnischen Gottesdiensts wieder. Und nunmehr sahen sich die Magnaten gezwungen, den Kaiser Heinrich um
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die Wiedereinsetzung ihres vertriebenen K\xF6niges selbst zu ersuchen.
Doch dieses alles achtete Samuel nicht; er fiel vielmehr mit einem ansehnlichen Heere in Oesterreich, und verheerte bis
Melk alles mit Feuer, und Schwert. Er ward aber von dem Markgrafen
Adalbert geschlagen, und mit grossem Verluste zur\xFCckgetrieben. Dessen ungeachtet f\xFChrte er bald hernach seine V\xF6lker nach K\xE4rnthen, wo er, da er keinen Widerstand fand, ansehnliche Beute machte, die ihm aber von den Bayern im R\xFCckz\xFCge nicht ohne erheblichem Verluste seiner V\xF6lker wieder abgenommen wurde.
(1044) Endlich brach Heinrich auf vorgedachte Einladung sowohl, als auch auf Anrahten des Markgrafen Adalberts in Begleitung des K\xF6nigs Peter nach Ungarn auf, und nachdem er ohne den mindesten Widerstand \xFCber den Raabflu\xDF gesetzet hatte, griff er unweit der
Stadt gleiches Namens den K\xF6nig Samuel, der ihm entgegen ger\xFCcket war, an, wo es dann zu einem sehr hitzigen Treffen kam. Der Sieg blieb so lange zweifelhaft, bis ein entstandener heftiger Sturm die Ungarn in Unordnung brachte, und die vornehmsten Befehlshaber derselben zu dem Kaiser \xFCbergiengen. Sie konnten sich also nicht l\xE4nger halten, und ergriffen die Flucht. Samuel entkam zwar, mittelst seines guten Pferdes mit einigen seiner vertrautesten Leute der Gefahr, er ward aber, als er sich unweit der
Thei\xDFe bem\xFChete, einige seiner V\xF6lker wieder zusammenzubringen, von den Anverwandten derer, welche er auf so grausame Art hatte hinrichten lassen, erkannt, und mit vielen Wunden ermordet. Sein Leib blieb einige Zeit unbegraben liegen, bis er endlich, erstlich in einer nahen Dorfkirche, nach etlichen Jahren aber in einem Kloster nahe bey Sch\xE1ar, welches er gestiftet hatte, beerdiget
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wurde.* So starb Samuel, ein F\xFCrst, welcher weder Religion, noch die zur Regierung n\xF6thige Klugheit, und andere Geistesgaben besa\xDF; der sich durch seine ver\xFCbte Grausamkeit die Feindschaft seiner Unterthanen zuzog, und mehr durch den Ha\xDF der Nation gegen seinen Vorfahrer, als durch seine Verdienste den Trohn bestiegen hatte.**
* Bonfin, und Thurotz erz\xE4hlen, da\xDF sein Leib nach etlichen Jahren unverwest, und von den Wunden geheilet, ausgegraben worden. Aber, wer wird die\xDF wohl von dem K\xF6rper eines so grausamen, und gottlosen Koniges glauben?
** Aloldus, Lambertus Schafnaburg. Hermannus Contractus, Thuroczius.
Peter, zum Zweytenmale.
Samuel war nicht sobald aus dem Wege ger\xE4umet, als die Ungarn im Beyseyn des Kaisers
Heinrich, ihrem vorigen K\xF6nige wieder alle Gewalt einr\xE4umten; und als dieser alles ruhig zu seyn glaubte, gieng er mit seiner Armee wieder nach Deutschland zur\xFCck. Doch Peter, welcher die Treue seiner Unterthanen im Verdachte hatte, rief den Kaiser schon das folgende Jahr zur\xFCck, und bewegte ihn eine ziemliche Zeit \xFCber bey ihm zu bleiben. Damit er sich aber auf seine Hilfe desto gewisser verla\xDFssen k\xF6nnte, erneuerte er den schon vorhin mit ihm geschlossenen Vertrag, unterwarf sich, und sein Reich dem r\xF6mischen Reiche, und bekr\xE4ftigte solches mit einem Eide.* Als er dadurch genugsam versichert zu seyn glaubte, verfiel er wieder in seine vorigen Laster, und
* Diese beyden Vertr\xE4ge aber sind v\xF6llig ungiltig; denn sie geschahen ohne Wissen und Einwilligung der St\xE4nde. Es ist daher weder der Freyheit des ungarischen Reichs etwas benommen, noch dem r\xF6mischen Reiche etwas dadurch zugewendet worden. S. des gelehrten Pre\xDFburgischen Senators Benczur, Hung. semper liberam, Cap. II.
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anstatt, da\xDF er nun die Gem\xFChter seiner Unterthanen durch G\xFCtigkeit, und Leutseligkeit h\xE4tte gewinnen sollen, lie\xDF er vielmehr den bittersten Ha\xDF, und alle Verachtung gegen sie blicken.
Die ungarischen St\xE4nde, welche die zwischen dem K\xF6nige und dem Kaiser errichteten Vertr\xE4ge erfuhren, und den Verlust ihrer Freyheit sowohl, als andere widrige Folgen bef\xFCrchteten, versammelten sich zu
Tschanad, und beschlossen einen Prinzen aus dem arpadischen Stamme auf den Trohn zu setzen. Die Wahl fiel auf den \xE4ltesten Sohn
Ladislaus des Kahlen, der sich bisher in Ru\xDFland aufgehalten hatte. Er ward daher durch eine feyerliche Gesandtschaft in das Reich geladen, wo er sich auch unverz\xFCglich einfand. Als nun Peter den pl\xF6tzlichen Abfall der Nation erfuhr, und sich daher in seinem Reiche nicht mehr sicher zu seyn glaubte, floh er zu seinem Schwager den Markgrafen von Oesterreich
Adalbert, ward aber bey dem Dorfe Zamur eingeholet, und nachdem seine Begleitung erschlagen worden, gefangen genommm. Man brachte ihn nach
Stuhlwei\xDFenburg, wo man ihm beyde Augen ausstach, und wo er auch zu Anfange des 1046sten Jahres sein ungl\xFCckliches Leben beschlo\xDF, nachdem er das erstemal drey, das zweytemal aber nicht gar zwey Jahre regieret hatte. Seine Leiche ward nach
F\xFCnfkirchen gef\xFChret, und in der
Peterskirche daselbst begraben.
Ein F\xFCrst, welcher seine vortrefflichen Natur- und Gem\xFChtsgaben \xFCbel anwendete; der gl\xFCcklich gewesen seyn w\xFCrde, wenn er den weisen Grunds\xE4tzen seines Oheims des heiligen
Stephans gefolget w\xE4re.*
* Aloldus, Herm. Contractus , Thuroczius, Bonfinius .
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(1046) Bey dem Antritte der Regierung fand Andreas nicht nur den Zustand des Reichs in der gr\xF6\xDFten Verwirrung, sondern auch die erst vor kurzer Zeit gepflanzte christliche Religion ihrem Untergange ziemlich nahe. Der P\xF6bel, welcher durch die allzugrosse Nachsicht des
Samuels stolz gemacht worden, rottete sich unter der Anf\xFChrung eines gewissen
Vatha hauffenweise zusammen, und forderte von dem K\xF6nige mit Ungest\xFCmm die Freyheit, nach den alten Gebr\xE4uchen zu leben, und die christlichen Priester, denen sie alles Ungl\xFCck, welches das Land bisher betroffen, Schuld gaben, g\xE4nzlich zu vertilgen. Andreas, dessen Trohn noch nicht genug befestiget war, der \xFCberdie\xDF auch sehen mu\xDFte, da\xDF sein Bruder
Bela den christlichen Glauben wieder verlie\xDF, und sich zu den Aufr\xFChrern schlug, ward gezwungen, ihrem drohenden Begehren nachzugeben. Sie pl\xFCnderten, und verw\xFCsteten hierauf die Kirchen, und Kl\xF6ster, verfolgten die Christen auf das Grausamste, und t\xF6dteten alle Priester, die ihnen unter die H\xE4nde kamen.*
Unterdessen eilte Andreas nach
Stuhlwei\xDFenburg , um sich daselbst kr\xF6nen zu lassen. Als nun dieses geschehen war, bem\xFChete er sich auf das Eifrigste, die l\xE4ngst gew\xFCnschte Ruhe in seinem Reiche wieder herzustellen.
(1047) Er lie\xDF daher gleich anf\xE4nglich
* Unter einer Menge Priester, haupts\xE4chlich aus dem Benediktinerorden, wurden auch vier Bisch\xF6fe, der heilige Gerhard, Bischof von Tschanad, der Erlauer, Buldus, der Neitrer, Benetha, oder Besterthus, und der F\xFCnfkircher, Deda, ermordet.
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alle diejenigen, welche an der, an dem K\xF6nige
Peter ausge\xFCbten Grausamkeit Theil gehabt hatten, hinrichten; und jagte durch diese Strenge dem aufr\xFChrischen P\xF6bel ein solches Schrecken ein, da\xDF sich derselbe bald auseinander, und zur Ruhe begab. Diese Ruhe war f\xFCr den K\xF6nig um so viel wichtiger, da er Nachricht hatte, da\xDF der Kaiser
Heinrich den Tod des K\xF6nigs Peters zu r\xE4chen Willens w\xE4re. Dieses Ungewitter abzuwenden, \xFCberschickte er den ihm von Petern versprochenen Tribut freywillig, und der Kaiser, welcher mit den
Unruhen in Flandern genug zu thun hatte, verschob die Ausf\xFChrung seines Vorhabens auf eine beqwemere Gelegenheit.
(1048) Andreas versammelte sodann die St\xE4nde des Reichs zu
Stuhlwei\xDFenburg, und lie\xDF die strengsten Edikte zur Handhabung der christlichen Religion, und Ausrottung des G\xF6tzendienstes ergehen. Er brachte es auch bald so weit, da\xDF das Heydenthum fast g\xE4nzlich vertilget wurde.
(1049) Und nunmehr brach der bef\xFCrchtete Krieg mit dem Kaiser wirklich aus, und Andreas sch\xE4tzte sich f\xFCr verloren, da er sich nicht im Stande sah, der Macht der Deutschen zu widerstehen. Doch der Himmel besch\xFCtzte ihn.
(1050) Der erste Feldzug lief, weil die Ungarn selbst ihre Felder verw\xFCstet, und alles ihr Vieh in die W\xE4lder getrieben hatten, v\xF6llig fruchtlos ab.
Andreas sah sich kaum von diesem Feinde befreyet, als er auch seinen Bruder
Bela mit dessen Kindern aus Pohlen rief, und ihm den
dritten Theil seines Reiches unter dem Titel eines Herzogthums einr\xE4umte. Da er sich aber von dem Kaiser keine lange Ruhe versprechen konnte, auch wegen der \xF6fters unternommenen Streifereyen in
M\xE4hren, von daher eben nichts Guten zu hoffen hatte, schickte er abermal eine Gesandtschaft an den r\xF6mischen Kaiser,
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welche durch Antragung erhebliche Geschenke, oder eines j\xE4hrlichen Tributes den Frieden von ihm erkaufen sollte. Es ist aber nicht gewi\xDF, wie diese Gesandtschaft abgeloffen, indem uns die Geschichtschreiber nichts davon hinterlassen haben.
(1051) Itzt dachte der Kaiser auf den schon lang beschlossenen Krieg mit den Ungarn in allem Ernste, vermochte auch den b\xF6hmischen Herzog Wratislaw, seine V\xF6lker mit ihm zu vereinigen. Andreas erfuhr dieses nicht so bald, als er auch alles anwendete, sich in guten Vertheidigungsstand zu setzen. Er schickte jedoch eine Gesandtschaft an den
Pabst Leo, welche ihn um Vermittelung bey dem Kaiser ersuchte.
Es fruchtete aber nichts, denn der Kaiser kam noch im sp\xE4ten Herbste nach Ungarn, setzte \xFCber den Raabflu\xDF, und verheerte alles bis an die Gegend um
Raab. Unterdessen hauseten auch die B\xF6hmen an dem
Granflusse nicht besser; der Bischof von Regensburg
Eberhard aber, blieb mit den Frachtschiffen bey
Pressburg stehen. In diesen \xE4ngstlichen Umst\xE4nden griff der K\xF6nig zur List, und dingte einen gewissen Zotmund, der ein guter Schwimmer war, welcher in der n\xE4chtlichen Stille die Schiffe anbohrte, und zu Grunde richtete. Als der Kaiser die\xDF sowohl, als die Ankunft des Andreas erfuhr, zog er sein Heer \xFCber den Raabflu\xDF zur\xFCck. Die Ungarn aber verstellten ihm die Wege, richteten den gr\xF6\xDFten Theil seiner V\xF6lker zu Grunde, und der Kaiser selbst konnte sich mit genauer Noht retten. – Endlich, da er sich erholet hatte, kam er mit ungleich st\xE4rkerer Macht zum Drittenmale nach Ungarn.
(1052) Pabst Leo der Neunte, welcher den K\xF6nig Andreas von diesem f\xFCrchterlichen Feinde befreyen wollte, kam pers\xF6nlich in das deutsche Lager, und brachte durch seine Bem\xFChung einen Frieden zuwege, zu dessen mehrerer Bestetigung des Andreas f\xFCnfj\xE4hriger Prinz
Salomon, mit
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Heinrichs kleiner Tochter
Sophia verlobet wurde. Andreas mu\xDFte jedoch dem Kaiser viele der ungarischen Freyheiten zuwider laufende Punkte einr\xE4umen, welches in der Folge zu grossen und vielf\xE4ltigen Unruhen Gelegenheit gab.
(1053) Auch dieser Friede w\xE4re beynahe wieder gest\xF6ret worden, indem Andreas den Herzog von Bayern
Konrad, der ihn wider den
Kaiser aufzuhetzen nach Ungarn kam, nicht nur geneigtes Geh\xF6r gab, sondern ihn auch mit Hilfsv\xF6lkern, welche zur Eroberung eines Theils von
K\xE4rnten das meiste beygetragen hatten, unterst\xFCtzte. Da jedoch Konrad im Jahre 1054. mit Gift aus dem Wege ger\xE4umet worden, und der Kaiser in Deutschland genug zu thun hatte, blieb diese That ungerochen. – Um diese Zeit schickte der K\xF6nig von England
Eduard, eine Gesandtschaft nach Ungarn, um seinen
Vetter, der, wie wir oben erz\xE4hlet haben, von dem heiligen Staphan so geneigt aufgenommen, und mit der Base der
Gisela verheurahtet worden, in sein Vaterland einzuladen. Andreas entlie\xDF ihn nicht nur ohne allen Anstand, sondern er \xFCberh\xE4ufte ihn auch mit reichlichen Geschenken.* (1055.) – Jetzt erinnerte er sich seines Gel\xFCbdes, und versah die vor f\xFCnf Jahren angefangene, und nun zu Ende gebrachte
Abbtey auf der Halbinsel Tihon mit reichlichen Eink\xFCnften, und r\xE4umte sie dem Orden des heiligen Benedikts ein.** Es erhuben sich auch einige
H\xE4ndel mit dem kroatischen K\xF6nige
Kresimir, den andere auch Peter den Ersten nennen.
Rado,
* Er hatte bey seiner Abreise von seiner Gemahlinn Agatha vier Kinder, den Edger, Edeling, die Christina, und Margaretha, welche letztere des schottischen K\xF6nigs Malkolm Gemahlinn ward, und ein sehr heiliges Leben f\xFChrte. – Letzte, ein ungarischer von Adel begleitete den Eduard nach England, und ward der Stifter einer ansehnlichen Familie daselbst.
** Der Stiftungsbrief f\xE4ngt sich also an: Andreas Pannoniorum invictus Rex, & christianissimus Sceptriser, cet. P\xE9terfy Conc. Hung. T.1.p.12.
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der
Palatin drang mit einer ansehnlichen Macht in sein Reich, und unterwarf der ungarischen Krone einen Theil von
Slawonien auf ewig.
(1058) Aber nunmehr entstanden innerliche, und f\xFCr den K\xF6nig sehr ungl\xFCckliche Zwistigkeiten zwischen ihm und seinem Bruder
Bela. Die Sache verhielt sich also: Als sich Andreas in dem Reiche befestiget hatte, berief er den Bela aus Pohlen, gebrauchte ihn zur Verwaltung der wichtigsten Regierungsgesch\xE4fte, und, weil er dazumal noch keinen Erben hatte, versprach er, un\xFCberlegt genug, ihn zu seinem Nachfolger zu ernennen. In dieser Hoffnung leistete Bela dem K\xF6nige sowohl im Kriege, als ihm Frieden den treuesten Beystand. Allein Andreas, dem hernach ein
Prinz gebohren ward, richtete nunmehr alle Sorge dahin, seinem
Sohne die Nachfolge im Reiche zu versichern. Als er nun bald darauf von der Gicht angefallen ward, und nicht lang mehr zu leben glaubte, berief er die St\xE4nde des Reichs, und schlug ihnen vor, seinen dazumal erst siebenj\xE4hrigen Prinzen Salomon f\xFCr ihren k\xFCnftigen Herrn zu erkennen, und ihn noch bey seinem Leben zu kr\xF6nen. Zum gr\xF6\xDFten Verdrusse des
Bela, welcher lieber selbst herrschen, als der Vorm\xFCnder eines K\xF6niges seyn wollte, willigten sie alle in diesen Vorschlag. Bela konnte seinen Verdru\xDF, da\xDF ihm der gehoffte Thron durch ein Kind entrissen werden sollte, nicht genugsam verbergen, und der K\xF6nig fieng nun an f\xFCr die Sicherheit seines Sohnes besorgt zu seyn. Den beyden Br\xFCder wurde gegen einander misstrauisch, an Ohrenbl\xE4sern, und falschen Rahtgebern fehlte es auf beyden Seiten auch nicht, und dieses Misstrauen brach endlich in \xF6ffentlichen Feindseligkeiten aus.
(1059) Bela, welcher ganz gewi\xDF glaubte, da\xDF ihm sein Bruder nach dem Leben trachtete, entwich in das benachbarte Pohlen, um Hilfe zu suchen. Der K\xF6-
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nig hingegen, der sich wider die Unternehmungen des Bela sicher stellen wollte, schikte seine Gemahlinn, und seinen
Prinzen zu dem Markgrafen
Ernst von Oesterreich, begehrte auch schleunige Hilfe vom Kaiser
Heinrich den Vierten, und dessen Vorm\xFCndern, den deutschen F\xFCrsten. Von diesen erhielt er bald ein ansehnliches Heer von Th\xFCringern, und Bayern, unter der Anf\xFChrung des Markgrafen
Wilhelm von Th\xFCringen. Der \xFCber die Ankunft dieser V\xF6lker erfreute K\xF6nig, gieng sogleich ohne die b\xF6hmischen V\xF6lker zu erwarten seinem Bruder entgegen, der sich mit seinen Pohlen, und Ungarn unweit der
Thei\xDFe gelagert hatte. Hier kam es zur Schlacht, in welcher der K\xF6nig mit ziemlichem Gl\xFCcke gefochten; allein viele seiner ungarischen Truppen giengen zum
Bela \xFCber, und die deutschen Hilfsv\xF6lker wurden von allen Seiten umringet. – Da nun Andreas sah, da\xDF die Schlacht verloren war, suchte er sich durch die Flucht zu retten. Als er einige Zeit herumgeirret, kam er nach
Wieselburg, und als er sich auch dort nicht sicher zu seyn glaubte, floh er in den
Bakonyerwald, wo er von den Leuten seines Bruders gefangen wurde, und f\xFCr Kummer, und Krankheit seinen Geist aufgab.
(1060) Sein Leichnam ward hernach nach
Tihon gebracht, und allda in der von ihm gestifteten
abbtey des heiligen Anians begraben.
Andreas war eines bessern Gl\xFCckes wehrt. W\xE4hrend seiner f\xFCnfzehnj\xE4hrigen Regierung sch\xFCtzte er die christliche Religion wider ihre Feinde, und stellte sie in ihrem vorigen Glanze wieder her. Das bey dem Antritte seiner Regierung v\xF6llig zerr\xFCttete Reich brachte er wider in Ordnung, und verband den \xF6stlichen Theil von Slawonien mit der Krone. – Die gew\xF6hliche Krankheit alter Leute, eine argw\xF6hnische Gem\xFChtsart machte, da\xDF er gegen seinen Bruder mistrauisch ward, und sich denselben zum feinde mach-
(P45)
te, welches endlich seinen Untergang verursachte. Seine Gemahlinn, die er 1049. geheurahtete, war Agmund, eine russische Prinzessinn, von welcher er verschiedene Kinder hatte; den Salomon, der hernach K\xF6nig ward, David, Adelheid, die Gemahlinn des b\xF6hmischen Herzogs Wratislaw, und noch eine Prinzessinn, deren Name nicht bekannt ist, welche an einen Prinzen Kaisers Heinrich des Dritten verm\xE4hlet ward.*
* S. den Hermannus Contractus, Aloldus, Lambertus Schafnaburg. Thurocz, Bonfin. Timon.
(1060) Nach dem wider den Andreas so gl\xFCcklich erfochtenen Siege ward Bela* in Gegenwart des Boleslaw, und seiner V\xF6lker zu
Stuhlwei\xDFenburg gekr\xF6net, und der junge
Salomon von der Regierung ausgeschlossen. Dieser Prinz stand unter der Vormundschaft Kaiser
Heinrichs des Vierten, und der vornehmsten F\xFCrsten des deutschen Reichs. Die ungarischen St\xE4nde besorgten daher nicht ohne Grunde, der Kaiser m\xF6chte unter dem Scheine, f\xFCr seinen M\xFCndel zu sorgen, das Land nach seinen Willen regieren, und sich nach und nach in den Stand setzen, die Rechte, welche ihm von den zween vorigen K\xF6nigen einger\xE4umet worden, zu behaupten. Diesem Uibel nun vorzukommen, erw\xE4hlten sie den Bela, einen tapferen, und der Reichsgesch\xE4fte vollkommen kundigen Prinzen; und das um so viel mehr, da es bey dem ganz zerr\xFCtteten Zustande des Reiches gef\xE4hrlich schien, die Regierung desselben den H\xE4nden eines Kindes anzuvertrauen.
* Sein eigentlicher Name war Adalbert: die Ungarn hiesen ihn auch Benyn.
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Bela erf\xFCllte die Hoffnung, welche man sich von ihm gemacht hatte, vollkommen. Durch seine G\xFCte und Gelindigkeit gewann er die Gem\xFChter der ganzen Nation so sehr, da\xDF auch diejenigen, welche bisher dem Salomon \xF6ffentlich anhiengen, sich ihm freywillig unterwarfen. – er verminderte sogleich die allzuhohen Z\xF6lle merklich, und f\xFChrte in allen St\xE4dten und Flecken Wochenm\xE4rkte ein, betsimmte auch den Preis der Lebensmittel sowohl, als anderer Waaren. Das bisher eingeschlichene Geld schaffte er gleichfalls ab, und lie\xDF statt desselben neue M\xFCnze, von viel besserem Schrot, und Korne schlagen.*
(1061) Alle diese l\xF6blichen Anstalten konnten jedoch nicht verhindern, da\xDF sich nicht noch ein neuer Sturm wegen der Religion erhub, der aber durch die Klugheit und Standhaftigkeit des K\xF6nigs, bald wieder gl\xFCcklich zerstreuet wurde. Seine gegebenen Gesetze zu bekr\xE4ftigen, schrieb er einen
Landtag nach Stuhlwei\xDFenburg aus, und gab den Befehl, da\xDF sich dabey von jedem Orte zween Abgeordnete einfinden sollten. Diese erschienen zur bestimmten Zeit, und mit ihnen auch eine unz\xE4hlige Menge Volks. Aber kaum hatte dieser Landtag seinen Anfang genommen, als der wilde P\xF6bel auch schon mit den heftigsten Drohungen die Wiedereinf\xFChrung des G\xF6tzendienstes, die Zerst\xF6rung der christlichen Kirchen, und Kl\xF6ster, und die Vertilgung der Bisch\xF6fe und Priester forderte; im Weigerungsfalle aber dem K\xF6nige den Gehorsam aufsagte.** Bela gab dem P\xF6bel gute Worte, sich nur so lang zu beruhigen, bis er ihr
* Man hat sowohl von diesem K\xF6nige, als dem Andreas, Samuel, Peter, und dem heiligen Stephan silberne Pfenninge, die alle mit einem Kreuze berzeichnet sind.
** Concede, sagte das gottlose Volk, nobis ritu patrum nostrorum in Paganismo vivere, Episcopos lapidare, Presbyteros exterminare, Clericos strangulare, Decimatores suspendere, Ecclesias destruere, Campanas confringere. Thurocz. Chron. Cap. XLVI.
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Begehren mit den St\xE4nden der Reichs w\xFCrde \xFCberleget haben. Da diese nun mit ihm \xFCbereinstimmten, da\xDF man die von dem heiligen Stephan mit so vieler M\xFChe eingef\xFChrte Religion aus allen Kr\xE4ften vertheidigen m\xFC\xDFe, so lie\xDF der K\xF6nig sogleich die H\xE4upter der Aufr\xFChrer beym Kopfe nehmen, einige mit Ruthen streichen, andere aber am Leben bestrafen.
So gl\xFCcklich auch dieser sehr gef\xE4hrlichen scheinende Aufruhr ablief, so erweckte doch der junge Prinz Salomon dem K\xF6nige viele Sorgen und Kummer. Denn er glaubte, da\xDF weder er, noch das Reich eine sichere, und ungest\xF6rte Ruhe hoffen k\xF6nnten, so lang sich derselbe unter der Vormundschaft des
r\xF6mischen Reichs befinden w\xFCrde. Daher forderte er diesen seinen ungezweifelten Nachfolger von dem Markgrafen
Ernst von Oesterreich, um ihn nach den ungarischen Ditten erziehen zu lassen. Da ihm dieser jedoch sein wiederholtes Begehren aus Furcht f\xFCr den Kaiser abschlug, \xFCberzog er ihn mit einem ansehnlichen Heere, welches aber geschlagen, und gen\xF6htiget ward, mit grossem Verluste nach Hause zu kehren.
(1062) Er berief hierauf die St\xE4nde nach
D\xF3m\xF3sch, um neue V\xF6lker aufzubringen, starb aber pl\xF6tzlich, nachdem er einen ungl\xFCcklichen Fall vom Stuhle gethan hatte,* und ward in dem unseren Erl\xF6ser zu Ehren von ihm erbauten
Kloster zu Seks\xE1r begraben.
(1063)
Bela regierte drey Jahre mit grossem Ruhme, und er w\xFCrde sich dieses Ruhms noch w\xFCrdiger gemacht haben, wenn er nicht das Reich seinem Bruder, und dessen Sohne, auf eine so ungerechte Weise entrissen h\xE4tte. Von seiner Gemahlinn, einer pommerischen Prinzessinn hatte er sieben Kinder, drey S\xF6hne n\xE4mlich,
* Einige Geschichtschreiber sagen, da\xDF das Haus, in dem er gewohnet, \xFCber ihn zusammgest\xFCrzet, und seinem Leben ein Ende gemacht habe.
(P48)
den Geisa, den heiligen Ladislaus, und den Lampert; und vier T\xF6chter, von welchen eine Ungenannte an den K\xF6nig von Kroatien Zwonimir, Jojada an Wilhelm, Markgrafen von Th\xFCringen; Ludmilla an den Markgrafen von M\xE4hren, Otto; und Amabilia an den K\xF6nig von B\xF6hmen Wratislaw verm\xE4hlet wurden.*
* Aloldus, und Thuroczius.