Bl\xE4ttern:
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II.
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Von der Erfindung der Spielkarten.
Unter die Hauptbesch\xE4ftigungen sehr vieler Menschen in unserem aufgekl\xE4rten, und erleuchteten Jahrhunderte, geh\xF6ret unstreitig das Kartenspiel. Wie viele Tage w\xFCrden bey Verdru\xDF, und langer Weile verloren gehen, und in einer unthatigkeit dahin sinken, wenn die Karte den leeren Raum unseres Lebes nicht anf\xFCllte? Was sollte aus unseren Assembleen, und Gesellschaften werden, wenn keine Karten w\xE4ren? Was f\xFCr M\xFChe w\xFCrde es kosten, den hirnlosen Petitmaitre zum Reden, den unversch\xE4mten Plauderer aber, zum Schweigen zu bringen! Wie sollten wir es verhindern k\xF6nnen, da\xDF uns die eitle, und gef\xE4llige Phryne, nicht ganze Stunden von ihrer Frisur, Sammtmantille und Sultane; die einfaltige Minette von ihrer Muhme, und M\xE4gden; die verl\xE4umderische, und scheinheilige Beate von
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Familienanekdoten, und der \xE4rgerlichen Chronik der Stadt, und die kluge und einsichtsvolle Agathe, von den vier Elementen, und dem Steine der Weisen, unterhalten sollte! — Mit diesem allem werden wir verschonet, wenn ein Trisset-Tarok und Lombertisch im Zimmer erscheinet. Sultane, Muhme, und alle Elementen verschwenden, der Nachbar, und seine Frau werden vergessen; und nach einer kurzen, und feyerlichen Stille ert\xF6net das Zimmer von Galade und Galadon, Skis und Pagat, Solo und Macadoren. Und, wie der Tod den gro\xDFen, und machtigen Unterschied zwischen Zepter und Hirtenstab auf einmal aufhebt, so f\xFChret der Spieltisch eine v\xF6llige Gleichheit der St\xE4nde ein. Die gn\xE4dige Frau sinkt an solchen von ihrer angenommenen Gro\xDFe, bis zu dem niedrigen B\xFCrger herab, und dieser genie\xDFet das seltene Gl\xFCck aus gn\xE4digen H\xE4nden, die er ohne Handschuhe niemals ber\xFChren darf, ein gutes Spiel zu erhalten. Und dieses alles, hat die feine, und gesittete Welt dem gl\xFCcklichen Erfinder der Spielkarten, zu danken! Er verdient, da\xDF sein Name nicht vergessen, sondern bis auf die sp\xE4testen Zeiten fortgepftanzet werde! Ja, tyeurer
de la Hire, wenn das An-
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denken eines
Guttenberg und
Faust, eines
Tycho und
Copernicus, eines
Leibnitz, und
Wolf, schon l\xE4ngst aus der grossen Welt verbannet, und nur noch in den Studierstuben d\xFCstrer Gelehrten bekannt seyn wird, so wird dein Name in den Gesellschaften, und Assembleen unsterblich bleiben, und dein Ebenbild wird so lang in den H\xE4nden witziger Sch\xF6nen, und gesch\xE4ftiger M\xFC\xDFigg\xE4nger gl\xE4nzen, bis die Welt in die erste Barbarey versinken, und was Coeur, Trefle, Pigue, und Carreua gewesen, vergessen wird! —
De la Hire, Hauptmann von der franzosischen Garde gerieht aus diesen, f\xFCr die Nachwelt so gl\xFCcklichen Einfalt, im Jahre 1392, als
Karl der sechste, K\xF6nig in Frankreich das Ungl\xFCck erlebte, seine Sinne zu verlieren, und wahnwitzig zu werden. Jedermann beeiferte sich dem Ungl\xFCckseeligen K\xF6nige bey heitern Stunden die Zeit zu vertreiben. Hier war nun der gl\xFCckliche Zeitpunct, der den Spielkarten ihr Daseyn und ihre Wirklichkeit ertheilte. De la Hire erfand sie, und Jaquemin Grigonneur, mu\xDFte desselben Ideen realisiren, und die Karten malen! — Was f\xFCr ein lebhaftes Vergn\xFCgen w\xFCrde der sinnreiche de la Hire
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nicht empfunden haben, wann er h\xE4tte voraus sehen k\xF6nnen, da\xDF dasjenige Spiel, welches er zum Zeitvertreibe eines bl\xF6dsinnigen Menschen erdacht; in der Folge der Zeit, eine mehrentheils sehr ernstliche Bel\xE4stigung derjenigen werden w\xFCrde, die auf Verstand und Witz keinen geringen Anspruch machen, und f\xFCr den feinsten Theil der gro\xDFen und gesitteten Welt gehalten seyn wollen!
Die Absicht die de la Hire bey der Erfindung der Spielkarten gehabt, l\xE4\xDFt sich nicht so genau bestimmen. Gemeiniglich h\xE4lt man solche f\xFCr eine hieroglyphische Vorstellung des Krieges. Einer der neuesten franzosischen Schriftsteller, Herr
Poullain de Saint Foix, nimmt in seinen historischen Nachrichten von Paris folgende Erkl\xE4rung der auf den Spielkarten befindlichen Figuren an. Trefle oder Klee soll anzeigen, da\xDF ein kluger Feldherr nirgends anders sein Lager auf schlagen m\xFC\xDFe, als an Oertern, wo genug F\xFCtterung anzutreffen ist. Pique, und Carreaur bedeuten die zum Kriege n\xF6htigen, und damals gebr\xE4uchlichen Waffen. Carreaux nennte man zur selbigen Zeit eine Art schwerer und starker Pfeile, oder Wurfspiesse. Coeur zeigt an, da\xDF der Feldherr sowohl, als dessen
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unterhabende Soldaten Muht und Tapferkeit besitzen sollen, Varlet, woraus in neuem Zeiten Valet gemacht worden, war damals ein Titel derjenigen, weiche die n\xE4chste Anwartschaft eines Ritters hatten. Die vier Valets bedeuten also den Adel und die Oberofficiers der Armee, da hingegen die \xFCbrigen niedern Karten, von der Zehne, bis auf die Zwey den gemeinen Soldaten vorstellen sollen. Was die Damen bey dem Kriege machen sollen, mag sich ein jeder Leser selbst hinzudenken. — Doch vielleicht haben diese symbolischen Bilder der Karten, zu Karls des sechsten Zeiten eine andere Bedeutung, oder die Karten selbst, ganz andere Bilder und Namen gehabt. Wir \xFCberlassen dieses der Untersuchung derjenigen, die dazu mehrere M\xFCsse, und Hilfsmittel haben. Wir wundern uns nur dar\xFCber, da\xDF die unbest\xE4ndigen, nach neuen Moden so sehr begierigen, und erfindsamen Franzosen, noch immer die alten unf\xF6rmlichen Bilder auf den Spielkarten ausstehen k\xF6nnen, und ihre neue Moden, die durch die ganze Welt so beliebt sind, nicht darauf abzeichnen lassen. Was f\xFCr Geld w\xFCrde der Kartenmacher nicht verdienen, der an denen vier Damen die neuesten Moden in
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Kleidern, und den Kopfputze, und die neueste Art der Frisur zeigte, an statt der vier Valets aber, viere von den ber\xFChmtesten Petitmaitres nach dem Leben abzeichnen lie\xDFe!
Von den n\xF6htigen Regeln der Vorsicht bey ertrunkenen Menschen.
Siehe das vorhergehende Blatt.
Man kann die Ertrunkenen mit einer Lauge von B\xE4cker-Brauer-oder anderer Asche, ungef\xE4hr vier Finger dick bedecken. Die W\xE4rme der Asche, und ihre durch dringende Lauge wirken hier zugleich, und Herr
Isnard f\xFChrt diese Mittel als die kr\xE4ftigsten zur Rettung der Ertrunkenen an. In Ermanglung der Asche, kann man sich des Sandes bedienen, dem man zu dem Ende, vermittelst des Feuers, den n\xF6htigen Grad der W\xE4rme giebt.
Es giebt noch andere, leichter zu erlangende, aber nicht so kr\xE4ftige Hilfsmittel. Man kann z. E. den Kranken in warme wollene Decken wickeln, die man
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vermittelst innerner, mit hei\xDFem Was angef\xFCllter Gef\xE4\xDFe, oder mit hei\xDFen Steinen in der W\xE4rme erhalt. Man mu\xDF diese Gef\xE4\xDFe unter die F\xFC\xDFe, H\xFCften, und Achseln setzen, aber wohl zusehen, da\xDF die W\xE4rme nicht zu heftig sey. Unterdessen mu\xDF man nicht verabs\xE4umen, den Kranken mit Servieten, die mit Brantwein angefeuchtet, und wohl gew\xE4rmt sind, zu reiben. Scharfe Niespulver, die man in die Nase reibt, sind gleichfalls von grossem Nutzen. Um den Umlauf der S\xE4fte wieder herzustellen, welches schlechterdings n\xF6htig ist, nachdem man die Lunge frey gemacht hat, mu\xDF man den K\xF6rper sanft sch\xFCtteln. Ein Glas guter warmer Wein, wann ihn der Kranke auch nicht hinunter schlucken kann, wird doch durch die Neitzung, welche der Wein im Munde verursachet, zur Wiederherstellung der Bewegung der Lebensgeister, nicht wenig bef\xF6rderlich seyn. Insbesondere aber r\xE4ht Herr
Tissot, durch den Mund des Ertrunkenen, indem man seine Nase zuh\xE4lt, Luft in seine Lunge zu blasen, um das Athemhohlen, und zugleich die Bewegung des Herzens wieder herzustellen.
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Merkw\xFCrdiges Mittel wider die Viehseuche.
aus der
Gazette Salutaire.
Die Leichtigkeit der Anwendung, und der gute Erfolg dieses Mittels geben ihm einen doppelten Vorzug. — So bald ein Rind nicht mehr wiederk\xE4uet, mu\xDF man ihm eine Ader am Halse \xF6ffnen, und gleich darauf, zwo Unzen Weinstein, in einem gew\xF6hnlichen Tranke aufgel\xF6\xDFt, eingeben. Mit dem Gebrauche dieses Mittels mu\xDF man bis zur v\xF6lligen Wiederherstellung fortfahren, und nur daf\xFCr sorgen, da\xDF das Vieh, w\xE4hrend der Cur, nur halb so viel, als gew\xF6hnlich, zu fressen bekomme.
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