Bl\xE4ttern:
< zum Text 29 –
zum Text 31 >
XXX.
(P233)
Beschlu\xDF der wahrscheinlichen Gedanken von dem Ursprunge der Sprachen.
Die Vermehrung der Menschen, und ein allzuenger Raum, der diese Menge weder n\xE4hren, noch einschlie\xDFen konnte, n\xF6htigte die Geschlechter der Menschen, sich von einander zu trennen. In Babel war damals wahrscheinlicher Weise die ganze Welt versammelt. Dadurch wurden die von daher angestellten Wanderungen, und Zerstreuungen so merkw\xFCrdig. Jede Familie nahm bald genug ihre besondere Mundart an. Nach Jahrhunderten wichen diese Mundarten schon so weit voneinander ab, da\xDF man sich kaum noch verstehen konnte. Dadurch haben schon wieder viel besondere Sprachen entstehen m\xFC\xDFen. — Man versetze zum Beweise eine Familie aus Mei\xDFen, auf einmal nach Westphalen. Die Einwohner dieses Landes werden
(P234)
kaum diese Familie, oder diese Familie, die Sprache dieser Einwohner verstehen. Indessen werden die Bed\xFCrfnisse einer solchen fremden Familie es zur Nohtwendigkeit machen, die westph\xE4lische Mundart anzunehmen. Nun setze man diese in eine unbewohnte Gegend, so wird ein Volk entstehen, welches schon die dritte Sprache redet. Eben dieses beweisen sogar verschiedene Provinzen Deutschlandes, ob sie gleich mit ihren Gr\xE4nzen nahe aneinander stossen. Ich getraue mir St\xE4dte zu nennen, wo unterschiedene Dialekte in einer Ringmauer zu finden sind. —
Nun \xFCbersehe man die Schicksale, und \xFCbrigen Umst\xE4nde, welche fast alle L\xE4nder erfahren haben. Die Ausbreitung des Handels, der vermehrte Geschmack an den Wissenschaften und K\xFCnsten, die Religion, die kriegerischen Uiberschwemmungen, die Macht der Uiberwinder, die mit ihren Gesetzen zugleich den Uiberwundenen ihre Sprache aufgedrungen, die erstaunlichen Wanderungen der V\xF6lker, u. s. w; alles dieses sind eben so viele Ursachen zur unendlichen Verschiedenheit der Sprache gewesen.
Da wir nun Nationen finden, bey denen alle diese Ursachen zusammen treffen,
(P235)
d\xFCrfen wir uns wohl noch wundern, da\xDF daher so vielerley Sprachen entstanden sind? Aus der Vermischung zwoer Sprachen mu\xDFte eine dritte, und aus der neuen Vermischung mit einer vierten, oder f\xFCnften, mu\xDFten noch andere Sprachen erwachsen, die aus den erstem bisweilen vieles beybehalten, ihnen aber auch oft sehr un\xE4hnlich geworden, nachdem man den neuen oder alten Dialekt mehr liebte. Ja es ist wahrscheinlich, da\xDF eben dadurch viele Sprachen verlohren gegangen; wie wir denn aus eben dem Grunde das Schicksal unterschiedener unserer heutigen Sprachen, leider! voraussehen k\xF6nnen, wovon schon einige f\xFCr tod anzusehen sind. Endlich tr\xE4gt auch die Versch\xF6nerung und Erweiterung der Sprachen, durch die Dichtkunst und Beredsamkeit, sehr viel zu ihrer Ver\xE4nderung bey. Man betrachte die itzige hochdeutsche Sprache, wie sehr unterscheidet sie sich durch die mehrere Cultur von der Sprache der alten Deutschen! — Und so, wie durch alle diese angezeigten, in den letztern Jahrhunderten unterschiedene neue Sprachen entstanden, so ist es leicht m\xF6glich, da\xDF unsere Nachkommen noch andere Sprachen zulernen n\xF6htig haben k\xF6nnen!
(P236)
Von dem Ursprunge des Lebens, und der Ursache des Todes.
Aus dem Mem. de Trevoux.
Die Bewegung, welche der Ursprung des Lebens ist, ist auch zugleich die Ursache des Todes. — Das Leben besteht in der gegenseitigen Wirkung der festen, gegen die fl\xFC\xDFigen Theile, und diese Wirkung selbst, ist dasjenige, was die Triebfedern daraus wir zusammgesetzt sind, unvermerkt zerst\xF6ret. Die G\xE4hrung, welche die Fl\xFC\xDFigkeit der S\xE4fte in den K\xF6rpern unterh\xE4lt, zerstreuet auch zu gleicher Zeit das, was das Subtileste in
uns ist. Dieser unvermeidliche Verlust machet, da\xDF sich die S\xE4fte nach und nach verdicken die festen Theile weniger St\xE4rke haben sie zur\xFCckzutreiben, und die Theile des K\xF6rpers, da sie endlich ihr Spiel und ihre Geschwindigkeit verlieren, dem Alter und Tode unterworfen werden. Es scheint, da\xDF alles, dieses Ziel zu beschleunigen, zusammensto\xDFe; die Luft, die wir einahtmen, die Nahrungsmittel, die wir
(P237)
ohne Regel und Maa\xDFe zu uns nehmen, der Schlaf und das Wachen, deren wir oft mi\xDFbrauchen, die best\xE4ndigen Leidenschaften, welche uns bewegen; und tausend Zuf\xE4lle, dagegen wir uns nicht sichern k\xF6nnen, alles dieses dienet zur nat\xFCrlichen Verk\xFCrzung des nat\xFCrlichen Laufes unserer Tage. —
Betrachten wir auf der andern Seite die Zusammensetzung unseres K\xF6rpers, die Feinigkeit seiner sinnlichen Gliedmaassen, den Abhang welchen alle seine Triebfedern von einander haben, also, da\xDF eine einzige, die gestemmt wird, sie alle aufh\xE4lt, so gerahten wir in Verwunderung, wie ein so z\xE4rtliches R\xFCstzeug sich einen Augenblick erhalten k\xF6nne: ferner wie so viele Arten Thiere, denen der Tod jeden Augenblick dr\xE4uet, sich durch die Vervielf\xE4ltigung zu erhalten verm\xF6gen, ohne da\xDF ein einziges Geschlecht davon untergehe! Und es ist eine Wirkung der Weisheit des Sch\xF6pfers, der, da er die Welt einer immerw\xE4hrenden Abwechselung unterworfen , die k\xF6rperlichen Wesen dergestalt eingerichtet hat, da\xDF die Zerst\xF6rung des einen, alsobald durch die Wiederhervorbringung des andern ersetzet werde.
(P238)
Erfindung, das Helfenbein vollkommen weis zumachen.
Aus dem Journal Oeconomique.
Man mu\xDF ein kleines Gef\xE4\xDF haben, nach dem Verh\xE4ltnisse des St\xFCckes, oder der vielen St\xFCcke Helfenbein, die man weis machen will. Dieses Fas mu\xDF in dem Boden ein Loch, davor man einen Strohwisch, oder eine kleine N\xF6hre stecket, und einen Deckel haben. In dasselbe thut man etwas ungel\xF6schten Kalck, und ungef\xE4hr ein Viertel
pfund Brandweinbrennerasche, welche eine Art von Tartar ist, der sich in den Helmen, oder unten, in dem Kessel anlegt, darinnen man den Brandwein abziehet. — Hierauf thut man das Helfenbein in das Gef\xE4\xDF, doch so, da\xDF es den lebendigen Kalk nicht ber\xFChre , weil er sonst dasselbe unfehlbar bl\xE4tterweise voneinander absondern w\xFCrde. Zu diesem Ende legt man etliche Qweerh\xF6lzer in das Gef\xE4\xDF, welche das Helfenbein in der Luft halten. Hierauf gie\xDFt man Wasser auf den Kalk, eben so
(P239)
wie man es mit dem leinernen Zeuge, macht; anf\xE4nglich kalt, dann laulicht, nach diesem hei\xDF, und endlich siedend. Es ist ohne mein Erinnern bekannt, da\xDF man das Wasser von einerley Grade der Hitze und K\xE4lte, mehr als einmal aufgie\xDFet. Das Helfenbein mu\xDF nur na\xDF werden; und man mu\xDF dabey besonders Achtung geben, da\xDF man das Gef\xE4\xDF entweder mit dem Deckel, oder mit ziemlich dicker Leinwand best\xE4ndig zugedeckt halte, damit der Dunst nicht heraus trete, und verstiege: denn durch diesen Dampf geschiehet die ganze Operation. Er dringt durch die kleinen Oefnungen des Helfenbeins ein, und nimmt den allereingewurzelsten Schmutz davon weg. — Wenn man urtheilet, da\xDF das Helfenbein weis genug ist, so nimmt man es aus dem Gef\xE4\xDFe. Dabey mu\xDF man einen Topf mit frischen Wasser, und eine etwas scharfe B\xFCrste haben. Die taucht man ins Wasser und b\xFCrstet das Helfenbein, wodurch es den Schmutz verlieret, und so sch\xF6n weis wird, als es nur immer werden kann. Ich will zum Uiberflusse noch darzu setzen, da\xDF man alle St\xFCcke die auf einem Gestelle sind, vorher davon abnehmen mu\xDF.
(P240)
Eine leichte Art die Milch bey den K\xFChen zu vermehren.
Aus dem Museo Ruhstico.
Man giebt den K\xFChen, wenn sie des Morgens das erstemal gef\xFCttert werden, ein halbes N\xF6\xDFel Malzstaub, * und wann sie des Abends gemolken sind, eben so viel. Die K\xFChe geben davon weit mehr Milch, und dieselbe wird auch merklich besser. Sie hat keinen \xFCbeln Geschmack, und die Butter davon wird vortreflich. Dieser Malzstaub ist den K\xFChen sehr gesund, und wenn sie aufh\xF6ren Milch zu geben, werden sie davon viel fetter, als die K\xFChe \xFCberhaupt zu seyn pflegen.
* Ist dasjenige von der Spreu, was w\xE4hrend der Sichtung des Malzes durch das Sieb f\xE4llt.
Bl\xE4ttern:
< zum Text 29 –
zum Text 31 >