Bl\xE4ttern:
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XLIII.
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Beyspiel einer abscheulichen Undankbarkeit.
Aus dem Engl\xE4ndischen.
Ich erkundigte mich, erz\xE4hlet Lady H vor etlichen Wochen, in einem Hause, wo sich die Dienstbohten angeben, nach einer Frauensperson von guter Erziehung, der ich mich zur Unterrichtung meiner kleinen M\xE4gdchen bedienen wollte. Des folgenden Tages erschien eine junge Person, die ihre Dienstt anboht. Ihre Gestalt redete ausnehmend zu ihrem Vortheile, und aus ihrem Gesichte lie\xDFen sich alle Tugenden lesen, obwohl dieses Gesicht auch zu verstehen gab, da\xDF sie sich derselben nicht r\xFChmen d\xFCrfte. Wie ich nach ihrem Zeugnisse fragte, antwortete sie mit einem niedergeschlagenen Blicke: da\xDF sie nie gedienet h\xE4tte, da\xDF sie eine ungl\xFCckliche Fremde w\xE4re, die sich keines
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menschlichen Vorspruchs zu getr\xF6sten h\xE4tte, und da\xDF alles, was sie b\xE4te, darinnen best\xFCnde, da\xDF ich sie in mein Haus nehmen, und mir ihren Flei\xDF und Eifer gefallen lassen m\xF6chte. Ich entschlo\xDF mich sie zu behalten, und erfuhr bey einer genaueren Befragung, da\xDF sie die zum geschliffenen Leben n\xF6htigen Sprachen verstand, und alle eine Frauensperson zierenden Geschicklichkeiten besa\xDF, obwohl sie noch unter 22. Jahren zu seyn schien. — Sie bekam eine ungemeine Z\xE4rtlichkeit gegen meine Kinder, sah sie aber immer mit einem schwerm\xFChtigen Vergn\xFCgen an, und ich bemerkte nicht selten, da\xDF ihren Augen unter dem Ankleiden, und Unterrichten derselben, Tr\xE4hnen entfielen. Dieses, nebst tausend Annehmlichkeiten, welche ihre Worte, und Handlungen begleiteten, erweckte in mir eine ungedultige Begierde zu erfahren, wer, und woher sie w\xE4re. Wie sie meine Neugierde merkte, sagte sie einsmals mit einem kl\xE4glich stehenden Blicke. " Ach Madame, begehren sie nicht, etwas zu wissen, das mir ihren Ha\xDF zuziehen w\xFCrde ! Begehren sie nicht die Erz\xE4hlung meiner Schande zu h\xF6ren, zumal ich ihnen dieselbe nicht, ohne tugendhafte, und verehrungsw\xFCrdige Personen zu beleidigen, er\xF6fnen kann! „
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Des folgenden Tages trat mein Gemahl in das Zimmer, wo Peggy, so nennte sie sich, in der entlegensten Ecke, mit meinen Kindern schw\xE4tzte. Mein Schatz, sagte er, ich komme eben vom Herrn Grace, unserem neuen Freunde, zu dessen Lobe ich ihnen neulich so viel gesagt habe. Nachdem ich mir sein Haus zeigen lassen, stieg ich ohne Umst\xE4nde die Treppe hinauf, und fand mich, nach dem Eintritte in sein Zimer, von einem unvermuhteten, und sehr r\xFChrenden Anblick, in Erstaunen gesetzet. Gleichwie er einem Spiegel gegen \xFCber sa\xDF, sah ich, ohne da\xDF er es merkte, wie er auf jedem Kniee ein kleines Kind hatte, welche er unter Vergie\xDFung vieler Tr\xE4hnen, eines um das andere liebkoste, und z\xE4rtlich an seine Brust dr\xFCckte. Endlich ward er meiner gewahr, und sagte, indem er voller Verwirrung auffuhr: „ Sie haben mich in meinen Klagen \xFCber den Verlust einer falschen Gattin \xFCberraschet, welche ich mich dennoch nicht entbrechen kann zu lieben, und deren Vergehen nicht verm\xF6gend ist, meine Z\xE4rtlichkeit, gegen diese ihre unschuldigen Kinder zu d\xE4mpfen. Die Elende hat sich vom Lord Riot verf\xFChren lassen, mit demselben, als ich neulich auf meinem Landgute war, zu
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entlaufen. Der Lord hat sein Verbrechen bereits mit dem Tode geb\xFC\xDFet, wo aber meine Peggy hingekommen, habe ich nicht erfahren k\xF6nnen. Wollten sie wohl die G\xFCtigkeit haben, sich nach ihr zu erkundigen ? Es w\xE4re Schade, wenn eine so so liebensw\xFCrdige Person, in das \xE4u\xDFerste Verderben rennen sollte. Hier ist ein Bankzettel von 500. Pfunden. Wenden sie mein Freund, dieses Geld zu ihrer Errettung an, damit sie die Noht, nicht noch tiefer in den Abgrund der Laster st\xFCrze. „
Bey diesen Worten fiengen meine Kinder an, erb\xE4rmlich zu schreyen: Peggy ist todt, unsre liebe Peggy ist todt! Wir liefen augenblicklich hinzu, und trafen sie in einer Ohnmacht an, in welcher sie einige Stunden blieb, ohne das geringste Zeichen des Lebens von sich blicken zu lassen. Nachdem sie endlich die Augen wieder ge\xF6fnet hatte, sah sie mich mit einem schmachtenden Blicke an, und sagte: „ Ach Madame, nun kennen Sie mich! Ich bin freylich schuldig, aber ich bin doch mehr ungl\xFCcklich , als schuldig! Weil sie neulich begierig waren, meine Umst\xE4nde zu wissen, so will ich sie ihnen nun, ohne das Geringste zu verheelen, oder zu bem\xE4nteln, erz\xE4hlen.
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,, Ich bin die Tochter eines armen P\xE4chters, auf den G\xFCtern des Vaters des Herrn Grace. Wie ich ungef\xE4hr zehen Jahre alt war, trug es sich zu, da\xDF der junge Herr, welcher eben von der hohen Schule zur\xFCck gekommen war , sich in unserer Gegend mit der Jagd erlustigte, und bey meinem Vater einsprach. Er schien mir gleichsam eine ganz andere Gattung Mannspersonen zu seyn, als alle, die ich bisher gesehen hatte. Seine Gegenwart gab mir ein Vergn\xFCgen, das ich vorhin nie geschmecket hatte, und ich f\xFChlte seinen Abschied, als einen Verlust der allersch\xE4tzbaresten Sache. Seit der Zeit erw\xE4hlte er einen Strich unsers Landes zu seinen gew\xF6hnlichen Erg\xF6tzungen, und seine Besuche wurden h\xE4ufiger und l\xE4nger: wobey er nie ermangelte, mir kleine Geschenke zu bringen, welche Anla\xDF gaben, da\xDF ich meine Neigung durch manche ungek\xFCnstelte Zeichen verrieht. Nach ungef\xE4hr drey Jahren starb der alte Herr Grace. Meines Vaters Umst\xE4nde verbesserten sich ungemein, ohne da\xDF jemand wu\xDFte, wie es zugieng, und er war im Stande, mich auf das sorgf\xE4ltigste in allen, was ich nur lernen konnte, unterrichten zu lassen. Nunmehr fieng ich an zu merken, wem ich alle
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Wohlthaten zu danken hatte , und mein junges Herz wurde dadurch von der lebhaftesten und innigsten Dankbarkeit durchdrungen. Je z\xE4rtlicher indessen meine Empfindungen wurden, desto mehr hielt ich mich zur\xFCck; und so oft mir mein Wohlth\xE4ter einen Besuch gab, thaten wir uns beyde einen sichtbaren Zwang an, unsre Leidenschaft zu verbergen, weil ich es f\xFCr unanst\xE4ndig, und er f\xFCr unzeitig hielt, dieselbe zu entdecken. Wie ich das sechszehnte Jahr erreichet hatte, sprach mich Herr Grace f\xF6rmlich um die Ehe an. Wollen sie wohl glauben Madame , da\xDF ich, indem mein Herz den Antrag mit Entz\xFCcken empfand, mit einen gewissen Widerwillen ein Gl\xFCck annahm, welches ich der Ehre, und dem Interesse desjenigen, den ich wie meine Seele liebte, so nachtheilig hielt? — F\xFCnf Jahre, die gl\xFCckseeligsten Jahre, so je auf Erden gelebet worden, brachte ich in meinem neuen Stande zu, indem wir wechselsweise eines des andern Vergn\xFCgen bauten, und ich erfreute meinen Herzensfreund mit drey liebensw\xFCrdigen Kindern, vollkommenen Abdr\xFCcken des Bildes, welches meiner Seele allzeit gegenw\xE4rtig war. Wie Herr Grace eines Abends sp\xE4ter als gew\xF6hnlich nach Hause kam, brachte
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er einen verwundeten Aedelmann mit, doch in der m\xF6glichsten Stille, um mich in keinen Schrecken zu setzen. Dieses ward Lord Riot, dessen Leben Herr Grace mit Gefahr seines eigenen, der Rache eines beleidigten Ehemannes, der ihm zu m\xE4chtig geworden war, entrissen hatte. Weil man f\xFCrchtete, da\xDF seine Wunden t\xF6dtlich w\xE4ren, wollten ihn die Wund\xE4rzte nicht wegbringen lassen, welchem zu Folge er sechs Wochen in unserem Hause lag, w\xE4hrend welcher Zeit, ich mich sowohl durch die Gesetze der Gastfreyheit, als das Begehren meines Gemahls verpflichtet hielt, ihm mit einer Sorgfalt , und Leutseligkeit aufzuwarten, die der Undankbare, mit meinem \xE4u\xDFersten Verderben erwiederte. Wie er von uns Abschied nahm, schien er verlegen zu seyn, wie er seine Dankbarkeit recht ausdr\xFCcken sollte. Sobald er v\xF6llig hergestellt worden, schickte er mir, wie eben Herr Grace auf seinem Landgute war, einen sehr kostbaren diamantenen Halsschmuck, den ich ihm aber sogleich zur\xFCck schickte. Des folgenden Tages lie\xDF er sich bey mir melden, ich verbat es jedoch mit der Entschuldigung , da\xDF ich in Abwesenheit meines Gemahls, keine Besuche von Mannspersonen ann\xE4hme. Dem ungeachtet,
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trat er des dritten Tages, durch Vermittelung meines M\xE4gdchens, das er bestochen hatte, in mein Zimmer. Ich schm\xE4lte aufs hefftigste, da\xDF sie die K\xFChnheit gehabt, ihn ohne Erlaubni\xDF herein zu lassen; ich floh, ohne ihm ein Wort zu sagen, in meine Kammer, und schlug die Th\xFCre hinter mir zu. Hierauf h\xF6rte ich eine Zeitlang nichts vom Lord Riot. Aber ach! er, und sein teuflisches Werkzeug waren nicht m\xFC\xDFig. Als ich mich eines Abends ungew\xF6hnlich schl\xE4frig befand , legte ich mich zu Bette, und blieb ohne Empfindung, bis ich des folgenden Tages, in einem fremden Bette, und in den Armen meines grausamen , und verfluchten Ehrensch\xE4nders erwachte. Ich erhub ein Zettergeschrry, und sprang, nachdem ich ihn mit aller Gewalt von mir gestossen hatte, aus dem Bette. Mitlerweile ich meine Kleider \xFCberwarf, stellte sich alles Gr\xE4\xDFliche meines Zustandes, mir auf das Lebhafteste vor Augen. Ich eilte zur Th\xFCre, fand sie aber verschlossen. Nunmehr verlor ich meinen Verstand pl\xF6tzlich.
Der Beschlu\xDF folgt \xFCber acht Tage.
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