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XLIX.

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Untersuchung der Frage: Ob Verstand ohne Sch\xF6nheit, oder Sch\xF6nheit ohne Verstand den Vorzug habe?

In einem Sendschreiben eines jungen Frauenzimmeran ihre Freundinn.

Ist es m\xF6glich, meine wehrte Freundinn, da\xDF Sie sich bey einer Frage an jemand andern wenden, die doch niemand leichter als Sie selbst entscheiden kann! — Es ist darum zu thun, da\xDF man untersuche, ob Verstand, oder Sch\xF6nheit den Vorzug habe, wenn eine von diesen Vortheilen die andere ausschlie\xDFen sollte. — Allein, wer kennet die Kraft von beyden Kostbarkeiten besser, als Sie selbst. Sie wissen davon aus der Erfahrung zu reden, und wissen, wobey es auf den Unterscheid bey diesen Vorz\xFCgen ank\xF6mmt. Warum wollen Sie also nicht den Ausspruch thun? Ich sehe wohl, was Sie abh\xE4lt. Sie bef\xFCrchten nicht Unbillig, da\xDF Sie in diesen St\xFCcken nicht

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genugsame Einsicht haben, weil Verstand und Sch\xF6nheit, solche G\xFCter sind, deren Wehrt man mehr erkennet, wenn man sie entbehret, als wenn man sie besitzet. Wie w\xE4re es m\xF6glich , bey einer so liebensw\xFCrdigen Gesichtsbildung, Ihnen den Widerwillen vorzubilden, den uns ein verstelltes Gesicht erregen kann. Wie k\xF6nnten Sie, bey einem so durchdringenden, und lebhaften Verstande begreifen, wie verdr\xFC\xDFlich es sey, einen stumpfen, eingeschr\xE4nkten, und dummen Kopf zu haben. Nein, meine wehrteste Freundinn, es ist fast nicht m\xF6glich, da\xDF Sie sich einbilden k\xF6nnen, was das f\xFCr ein Verdru\xDF sey, eines dieser G\xFCter beraubt zu seyn! Sie k\xF6nnten zwar wohl sagen, die Sch\xF6nheit ersetze die Dummheit, oder der Verstand bringe eine unangenehme Gesichtsbildung in Ordnung. Wer w\xFCrde aber dieser Entscheidung Glauben beylegen? Man w\xFCrde Ihre Meynung in diesem St\xFCcke eben so ansehen, wie des Seneka seine, welcher immer von der Armuht predigte, und im Uiberflusse lebte. Da er also von dem Elende keine richtigen Begriffe haben konnte, so hat auch der Uiberflu\xDF, in welchem er gelebet, seine Rede sehr verd\xE4chtig gemacht. Sie w\xFCrden eben auf diese Art nach Ihrer

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Einsicht sprechen , wenn sie \xFCberreden wollten. Was mich betrift, so darf man mich aus diesem Bewegungsgrunde nicht f\xFCr verd\xE4chtig halten , und ich kann Ihnen also meine Gedanken dar\xFCber, aufrichtig sagen. Die Sch\xF6nheit ist unstreitig ein Gut, das man sich w\xFCnschen mu\xDF. Dadurch wird die Welt von uns eingenommen; und wie viele Vortheile hat dieses nicht? Die Augen sprechen f\xFCr das Herz. Man nimmt sich einer sch\xF6nen Person an, und das Verlangen, Verstand bey ihr zu finden, \xFCberredet uns, da\xDF sie ihn habe. Man ist sehr geneigt, alles, was uns in diesen Gedanken best\xE4rken kann, anzumerken; und ganz leicht \xFCber das wegzugehen, was uns die\xDFfalls im Wege stehen k\xF6nnte. Man merkt es fast die ganze Zeit durch nicht, wie viel man Gnade erzeiget, weil uns die Fehler wirklich entwischen. Die Augen, welche uns vergn\xFCgen, machen, da\xDF wir nicht so gar z\xE4rtliche Ohren haben; und wie leicht ist es alsdann, diejenigen zu vergn\xFCgen, die uns h\xF6ren. Man mu\xDF erschrecklich dumm seyn, wenn man es bey einem sch\xF6nen Gesichte zeigen will, welches die t\xE4gliche Erfahrung lehret. Und, wer wollte auch nicht gestehen, da\xDF die Sch\xF6nheit etwas

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Grosses sey? Ja , sie ist es ohne Zweifel. Allein, mit ihr verschwinden auch die falschen Vorstellungen, die man sich von uns gemacht hat. Sie dauert sehr kurz, und Verdru\xDF, Zeit, und Krankheiten ver\xE4ndern sie gewi\xDF. Ja, \xF6fters l\xF6schen sie einige Jahre dermassen aus, da\xDF man ein sehr gutes Ged\xE4chtni\xDF haben mu\xDF, wenn man sich das erinnern will, was ein sch\xF6nes Gesicht gewesen; und je ein sch\xF6ners man gehabt hat, desto empfindlicher ist der Verlust desselben. Hat man nichts als Sch\xF6nheit besessen, so verliert man mit ihr alles. Ach! sollte man denn nun vor dem Fr\xFChlinge seines Alters, sein ganzes Leben aufopfern? Aber, selbst in dem Fr\xFChlinge kann die falsche Vorstellung nicht dauern, wenn man nicht eine kleine Sammlung besitzet, damit man der Welt hundert wiederholte Komplimente vorsagen kann; und wenn man nicht einen guten Vorraht von allgemeinen S\xE4tzen bey sich f\xFChret Alles dieses, wenn es mit einer verf\xFChrenden Gesichtsbildung, einem rei\xDFenden L\xE4cheln, einer Neigung die wohl angebracht, und r\xFChrend ist, kann uns hintergehen, und unser Gesicht tauschen. Allein, wie siehet es aus, wenn man genauer bekannt wird? Gewi\xDF, man betr\xFCgt sich, mit

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allem diesen verblendeten Aufputze. Man mu\xDF sich nicht oft sehen lassen, wenn man betr\xFCgen will. Man gew\xF6hnt sich zwar an das sch\xF6ne Gesicht, aber, man gew\xF6hnt sich nicht daran, nicht zu merken, da\xDF man nicht reden kann. Man versprach sich artige Gedanken. Es folgen aber keine, und das ist unm\xF6glich , da\xDF man es vergeben kann. — Uiberdie\xDF findet sich oft Gelegenheit, da\xDF man schreiben mu\xDF, und da l\xE4uft es mit dem lobensw\xFCrdigen Aeu\xDFerlichen sehr schlecht ab. Da im Gegentheile viel Verstand oft machet, da\xDF man das unangenehme Aeu\xDFerliche vergi\xDFt, weil man dabey nichts verlieret, und uns scherzhafte, und gl\xFCckliche Einf\xE4lle von dieser Untersuchung abwenden. — Es ist wahr, da\xDF alle obgedachte Vorurtheile wider eine solche Person sind. Es mu\xDF etwas H\xF6heres seyu, wenn man eine unangenehme Figur durchdringen soll, und es erfordert Zeit, sich mit ihr bekannt zu machen. Allein, in die L\xE4nge macht doch das Aeu\xDFerliche, es mag sch\xF6n, oder garstig seyn, nicht mehr so viel Eindruck. Sch\xF6nheit ohne Verstand, wird demnach bey Personen, die Geschmack haben, nie einen Vorzug erhalten. Soll man aber blo\xDF allein den Beyfall der andern suchen?

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Jedoch, meine wehrteste Freundinn, ich halte daf\xFCr, da\xDF ich der Sch\xF6nheit so viel beygeleget habe, da\xDF sie bey den ersten Unterhandlungen aushalten kann. W\xE4re es demnach nicht billig, eine Verst\xE4ndige so vorzustellen, da\xDF sie nicht g\xE4nzlich ohne alle Sch\xF6nheit sey? — Es ist wahr, es ist nichts Liebensw\xFCrdiges an ihr, aber sie hat auch nichts, das sie gar zu verdr\xFC\xDFlich macht. Dieses vorausgesetzt , erkl\xE4re ich mich f\xFCr die Letztere, und was mich in dieser Wahl best\xE4rket, ist, da\xDF das Vergn\xFCgen, welches der Verstand erwecket, zu allen Zeiten dauert; da\xDF es nicht von den Umst\xE4nden abh\xE4ngt, und folglich f\xFCr das menschliche Leben ist. Mit den Annehmlichkeiten hat es keine gleiche Bewandni\xDF. Ihr Reich ist von einer kurzen Dauer, und sie zu genie\xDFen, mu\xDF man sie sehen, und bewundern. Befindet sie sich bey Leuten, die Sorgen, oder sonst etwas im Kopfe haben, so verlieret man die Frucht von einer Sch\xF6nheit, die man auch noch so hoch gesch\xE4tzet hat. Und m\xFC\xDFte man etwann gar auf dem Lande, oder an einem einsamen Orte leben, was f\xFCr Nutzen w\xFCrde man wohl davon haben? Was mich aber in meiner Meynung am meisten best\xE4rket, ist

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dieses, da\xDF es alsdann erst angenehm ist, wenn man nachdenken, lesen, und Betrachtungen anstellen kann. — O! wie bedaure ich diejenigen, welche niemals das Vergn\xFCgen genossen haben, sich mit sich selbst zu unterhalten, und die immer in Gesellschaft seyn m\xFC\xDFen, wenn sie nicht verdr\xFC\xDFlich werden wollen. Das ist aber der Zustand derjenigen, welche nur sch\xF6n sind. Sie wissen von keiner andern Gl\xFCckseligkeit, als da\xDF sie sich zeigen; und, weil diese nur eine gewisse Zeit durch dauern kann, so laufen sie Gefahr, zwey Drittheile ihres Lebens in Traurigkeit zuzubringen.

K\xFCchlein in kurzer Zeit fett zu machen.

Aus der Gazette Litt. de Berl.

Ein Mann zu London ist f\xFCr eine Erfindung, die K\xFCchlein in kurzer Zeit fett zu machen, von einer gelehrten Gesellschaft , mit einer goldenen Medaille belohnet worden. Sein Verfahren dabey ist folgendes: Man nimmt die K\xFCchlein

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in der Nacht da sie ausgekrochen, unter der Henne weg, und legt an ihrer Stelle andere Eyer unter. Auf diese Weise kann man sie nach und nach von der Mutter bekommen. Diese zarten K\xFCchlein f\xFCttert man anf\xE4nglich, mit hartgekochten, kleingehackten Eyern, worunter man etwas Brod menget. Nach 14. Tagen macht man ein Gemengsel von Haber, Mehl und Theriak, so, da\xDF eine Art k\xF6rnigten Thaiges erhalten wird. Die K\xFCchlein fressen dieses Futter ungemein gern, und nehmen so dabey zu, da\xDF sie innerhalb zwey Monaten, schon den v\xF6lligen Wuchs eines Huhns, und \xFCberfl\xFC\xDFiges Fett haben.

Ein paar Anmerkungen \xFCber den Geitz.

Von einem Geitzigen kann man in keinem andern Sinne sagen, da\xDF er Geld habe, als wie man von einem Kranken sagt, er habe das Fieber, welches den Menschen hat, und tyranisiret, nicht aber von ihmgehabt, und tyrannisirt wird. Der Geitz ist das Hemd der Seele, und dasjenige Laster, welches sie zuletzt ablegt. Der Armuht mangeln einige, dem Geitze aber alle Dinge.


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Topic revision: r5 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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