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LII.
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Beschlu\xDF. Von der mosaischen Arbeit.
In den Baust\xFCcken selbst, wo man glauben sollte , da\xDF man weniger Steinchen n\xF6htig h\xE4tte, werden zuweilen St\xFCcke erfordert, die nicht dicker sind, als ein Pferdehahr. Wenn diese verschiedenen St\xFCckchen in dem K\xFCtte eingesetzt sind, so bedient man sich eines eisernen Ringes, um sie aneinander zu dr\xFCcken. Vermittelst desselben,wird nicht nur eines an das andere, sondern auch jedes ins besondere an die Lavagna angedr\xFCckt, auf welcher der Ring vornehmlich auflieget. Wenn die ganze Arbeit fertig, und der K\xFCtt hart geworden ist, dann mit der Lavagna, und den Steinchen gleichsam nur eine Masse ausmachet, so wird das Gem\xE4lde poliret, und so glatt wie ein Spiegel gemacht. Man mu\xDF aber hier sehr behutsam verfahren, um die verschiedenen eingesetzten Steinchen nicht zu zersplittern. Man poliert mit einer Art
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von Schmiergel, oder einem sehr feinen Sande, der nur ganz wenig angefeuchtet wird. Der K\xFCnstler der diese Arbeit verrichtet, wascht von Zeit zu Zeit einen Theil rein, um zu sehen, ob das Werk anf\xE4ngt glatt, und gl\xE4nzend zu werden. Uiberhaupt aber ist die ftorentinischeArbeit, weit unter der r\xF6mischen. Man wurde sich nicht einmal unterstehen, ein Gem\xE4lde von einer betr\xE4chtlichen Gr\xF6\xDFe in die Arbeit zu nehmen. Man macht daher nichts als Tische, oder eines und das andere kleine Stafleygem\xE4lde, oder Zierrahtst\xFCcke. In Rom hingegen werden die Altarblatter, davon manche drey\xDFig F\xFC\xDFe hoch, und nach Verh\xE4ltni\xDF breit sind, so vollkommen und so getreu nachgeahmt, oder vielmehr nachgemalt, da\xDF man dar\xFCber erstaunet.
Pabst Clemens der 11te hat die neue Fabrik der mosaischen Gem\xE4lde errichtet. Sie ist der Peterskirche zust\xE4ndig, neben welcher sie sich befindet. Hier bedient man sich weder der Marmor, noch der feinen Steine, sondern man hat das Geheimni\xDF gefunden, Glasschmelze zu verfertigen, die so beqwem sind, auch die zartesten Schattirungen in den Farben nachzuahmen, da\xDF man in diesen nachgemalten St\xFCcken, die Feinheit, und den
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besondern Geschmack eines jeden Meisters erkennen kann. Dieses Schmelzwerk, welches in der Fabrik auf dem Vatican verfertiget wird, ist eine chymische Zubereitung, und zu dieser Arbeit ganz besonders t\xFCchtig. Es ist viel zarter, und weniger br\xFCchig , als die gef\xE4rbten falschen Steine, die man aus Schmelz und Glas verfertiget. Es ist nicht durchsichtig, wie jene Steine, mit welchen man die nat\xFCrlichen Farben nicht nachahmen k\xF6nnte. Das besondere dieses Schmelzwerkes bestehet darinnen, da\xDF es sch\xF6ne Farben hat, ohne durchsichtig zu seyn, und dabey die Eigenschaft besitzet, da\xDF es sich vermittelst des schneidenden Theils eines Hammers, in so kleine St\xFCcke theilen l\xE4\xDFt, als man will, ohne da\xDF es unordentliche St\xFCcke bricht. Diese mosaischen Gem\xE4lde, haben nebst der Sch\xF6nheit, und dem unver\xE4nderlichen frischen Aussehen, noch eine Dauerhaftigkeit, die man sich nicht vorstellen kann , wenn man nicht die Arbeit selbst gesehen hat. Die grossen Gem\xE4lde, wie die Verkl\xE4rung Raphaels, die heil. Petronilla des Querchino, das Abendmahl des heil. Hieronymus durch Dominichino, und mehr andere, haben grosse Banden von einem Steine, Merino genannt, zum Grunde,
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welche die ganze Brette von 15. bis 16. F\xFC\xDFen haben, und etwas \xFCber vier F\xFC\xDFe hoch sind: so, da\xDF zu dergleichen Gem\xE4lden, die ohngefahr 26. F\xFC\xDFe hoch sind, sechs Banden vom Stein erfordert werden , deren jede, 13.
Zolle dick seyn mu\xDF. Wenn ein solcher Stein, nur ganz grob zugehauen ist, so bringt man einen dicken K\xFCtt darauf, der, wenn er hart wird , sich fest mit dem Steine vereiniget, und in welchen man mit einem kleinen Hammer die St\xFCckchen Schmelz einschl\xE4gt.
Man arbeitet niemals nach den Urbildern selber, sondern man bedient sich einer sehr genauen Kopie, damit man das Frische der Farbe vor Augen habe. Aber man nimmt hiezu nicht alle Kopien ohne Unterscheid, man h\xE4lt sie gegen die Urbilder, und giebt sie den K\xFCnstlern, und Arbeitern vorher zu beurtheilen. Die Arbeiten der be\xDFten Maler haben nicht selten das Schicksal verworfen zu werden, Und sie geben sie alsdann aus Verdru\xDF um emen sehr wohlfeilen Preis weg.
Diese Art zu malen, schickt sich nun freylich zu nichts besser, als grosse Gegenst\xE4nde nachzuahmen. Sie w\xFCrde die Feinheit, und Anmuht von dem Pinsel des Albano nicht mit gleichem Gl\xFCcke
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erreichen. F\xFCr das zarte, und unendlich fein ausgearbeitete der flam\xE4ndischen Werke eines Brenghels, oder anderer, w\xFCrde sie sich eben so wenig schicken. Aber sie ist zu Bildnissen, und andern grossen Figuren vortreflich.
Diese Arbeit ist sehr kostbar. Die Verfertigung des Schmelzglases k\xF6mmt theuer zu stehen , und die Handarbeit erfordert ebenfalls einen grossen Aufwand. Ein Gem\xE4lde in der Gro\xDFe der Verkl\xE4rung des Raphaels k\xF6mmt \xFCber 18000. Thaler zu stehen, ehe es kann aufgestellet werden. Die kleinen Gem\xE4lde sind nach Verh\xE4ltni\xDF nicht so theuer; und man bezahlt ein Bildni\xDF zuweilen nicht h\xF6her als 300. Thaler. — Man z\xE4hlt diese Gem\xE4lde mit Recht unter Roms Seltenheiten , und man kann sich auf ihre Dauerhaftigkeit verlassen. Nichts , als die Schwere der Gem\xE4lde, und die Schwierigkeit, sie fortzubringen, k\xF6nnen einen Liebhaber, der Geld hat, abhalten, diese Waare zu kaufen. — Diese Art, die Malerey nachzuahmen, ist derjenigen, welche in Florenz gebr\xE4uchlich ist, weit vorzuziehen, unerachtet sie weniger kostbar ist. Die Arbeit in Rom, geht auch geschwinder von statten, man macht die gr\xF6\xDFten Gem\xE4lde gl\xFCcklich nach,
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welches nach der florentinischen Art, fast unm\xF6glich zu seyn, scheinet. Das r\xF6mische Mosaik ist auch dem alten vorzuziehen. Dieses war sehr dauerhaft, weil man sich blos der nat\xFCrlichen Farben des Marmors, und Alabasters dabey bediente. Man arbeitete auch zuweilen mit einem ganz gl\xFCcklichen Erfolge in Vorstellungen, die keine so grosse Mannigfaltigkeiten der Farben erfordern, wie man solches bey dem Gem\xE4lde des Kardinal Furietti sehen kann, aus welchen zwo Tauben auf dem Rande eines \xE4hernen Becken vorgestellt sind. Die F\xE4rbung ist so schwach, da\xDF sie mehr der Arbeit von Grau in Grau \xE4hnlich ist, als einer Farbenmalerey; aber die Zeichnung ist vollkommen. Man kann noch bemerken, da\xDF alle Steinchen, deren sich die Alten bedienten, von einerley viereckigter Form sind, welches der Kleinigkeit des Styls, und der Anmuht des Umrisses , nicht \xE4nderst , als nachtheilig seyn kann. Die neuere Art vermeidet dieses vollkommen, indem sie die Schmelzstiftchen so klein schneidet, als es die Zeichnung erfordert, welche man nachahmen soll.
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Eine Anekdote. Von dem ber\xFChmten engl\xE4ndischen Philosophen Johann Locke.
Aus dem Journal Ecyclopedique.
Die Bekanntschaft, des vortreflichen Locke mit dem Lord Ashley, nachmaligen Grafen Shaftesbury, Gro\xDFkanzlers von Englands den er von einem gef\xE4hrlichen Brustgeschw\xFCre geheilet hatte, verschaffte ihm den Umgang mit den gr\xF6\xDFten und gelehrtesten M\xE4nnern derselben Zeit. Als einst einige von diesen Herren, den Lord Ashley besuchten, da Locke eben zugegen war, und man nach den gew\xF6hnlichen Complimenten, ohne ein anders Wort geredt zu haben, sogleich nach den Karten griff, setzte sich Locke eine kleine Weile hin, und betrachtete sie w\xE4hrend dem Spielen. Bald aber zog er seine Schreibtafel heraus, und fieng an mit gro\xDFer Aufmerksamkeit zu schreiben. Einer dieser Herren, der es bemerkte, fragte ihn
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was er schreibe? „ Mylord, antwortete ihm Locke , ich suche mir ihre Gesellschaft zu Nutzen zu machen, so viel mir m\xF6glich ist. Nachdem ich mit Ungeduld die Ehre erwartet, mit den gr\xF6\xDFten Geistern unsrer Zeit in Gesellschaft zu kommen, und nun endlich dieses Gl\xFCck erlanget habe , so glaube ich nichts bessers thun zu k\xF6nnen, als ihre Unterredungen aufzuschreiben. Ich habe darum alles, was seit ein Paar Stunden hier gesprochen worden, wirklich aufgezeichnet! ,, Die Herren hatten nicht Lust, sich diese Unterredungen vorlesen zulassen; sie lie\xDFen die Karten liegen, und vertrieben sich die Zeit auf eine
ihrem Charakter gem\xE4\xDFere Art.
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