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IV.
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Nachricht von einem seltsamen Nachtwandeler.
Aus dem Itali\xE4nischen.
Der seltsamste Nachtwandeler, den man noch gefunden hat, ist eingewisser Johann Baptist Negretti, Bedienter des Herrn Marchese Ludewig
Sale, von
Vicenza. Er hatte einen sehr trockenen K\xF6rper , war \xFCberaus hitzig, galls\xFCchtig, und dem Trunke ergeben. Seit seinem eilften Jahre, bis in sein vier und drey\xDFigstes, ist er allzeit in dem M\xE4rzmonate, und einem Theile des Aprils, dem Zufalle unterworfen gewesen, da\xDF er um zwey Uhr in der Nacht * von einem un\xFCberwindlichen Schlafe \xFCberfallen ward; weswegen er sich niedersetzte, bald hernach aufstand, und Dinge verrichtete, die man von andern Nachtwandelern nicht geh\xF6ret hat. — Wir wollen einige Handlungen, die er in diesem Zustande
*) Da\xDF ist, wie man in Italien die Stunden z\xE4hlet, zwo Stunden nach Sonnen Untergange.
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verrichtet, erz\xE4hlen. Er gieng in dem Zimmer herum, zog eine Schnupftabacksdose aus der Tasche, und wollte eine Prise nehmen. Als er aber nichts in der Dose fand, gieng er zu einem Stuhle, nennte einen Kavalier mit Namen, und forderte eine Prise Taback von ihm. Man reichte ihm eine offene Dose, und er nahm Taback. Hernach nahm er die Stellung eines Menschen, der auf etwas h\xF6ret. So bald er einen Befehl empfangen zu haben glaubte, lief er mit einer Kerze nach einem Orte, wo insgemein ein Licht zu brennen pflegte. Er glaubte seine Kerze angez\xFCndet zu haben, gieng damit durch den Saal, die Treppe hinunter, wobey er sich bisweilen umkehrte, und stehen blieb, gleich als ob er jemand die Treppe hinunter leuchtete. Er kam an die Hausth\xFCre, blieb seitwerts stehen, lie\xDF die Personen hinaus, die er in seiner Einbildung hinunter gef\xFChret hatte, und neigte sich vor ihnen. Er stieg sodann geschwind die Treppe hinauf, l\xF6schte seine Kerze aus, und setzte sie wieder an ihren gew\xF6hnlichen Ort. Diese Kom\xF6die spielte er an einem Abende dreymal. Eines Abends hatte der Marquis Gesellschaft bey sich. Man forderte einen Stuhl nach dem andern, so, wie die
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G\xE4ste kamen. Negretti schlief unterdessen ein, stund aber bald wieder auf, schneutzte sich, nahm Taback, und lief geschwind in ein Nebenzimmer, St\xFChle zu hohlen. Er \xF6fnete die Th\xFCre, und setzte den Stuhl gerade auf die Stelle, wo er stehen sollte. Hierauf gieng er zu den Schenktisch, suchte den Schl\xFC\xDFel, und ward verdr\xFC\xDFlich, da er ihn nicht fand. Er nahm ein Licht, und sah sich in allen Winkeln um. Der Kammerdiener steckte ihm denselben in die Tasche. Nach langem Suchen grif er endlich in dieselbe, fand den Schl\xFC\xDFel und \xE4rgerte sich, da\xDF er so lang gesucht hatte. Er \xF6fnete also den Schenktisch, nahm eine Serviete, eine Sch\xFC\xDFel, und ein paar Semmeln heraus; er schlo\xDF den Schrank wieder zu, und gieng damit in die K\xFCche. Hier machte er einen Salat zurechte, nahm alles dazu Geh\xF6rige aus dem K\xFCchenschranke, und setzte sich, als er fertig war, an einen Tisch, um zu essen. Man nahm ihm die Sch\xFC\xDFel weg, und setzte ihm ein anders Gericht vor, welches er anstatt des Salates a\xDF. Man nahm ihm auch dieses weg, und setzte ihm etwas Gebackenes daf\xFCr hin, welches er eben so verzehrte, ohne, da\xDF er einen Unterscheid in dem, was er a\xDF, zu bemerken schien; woraus man sehen kann,
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da\xDF die Werkzeuge des Geschmacks nicht mitwirkten, sondern, da\xDF blo\xDF die Seele ohne Zuthun des K\xF6rpers gesch\xE4ftig war. Uiber dem Essen horchte er bisweilen, weil es ihm vorkam, als ob er gerufen w\xFCrde. Einmal glaubte er dieses wirklich , lief die Treppe hinab, und da er sah, da\xDF man ihm nichts zu sagen hatte, gieng er in das Vorzimmer, und fragte die Bedienten , ob er nicht w\xE4re geruffen worden? woraufer sich ziemlich verdr\xFC\xDFlich wieder an den Tisch setzte, und das Uibrige verzehrte. Er sagte sodann, da\xDF er durstig w\xE4re, und in die Schenke gehen m\xF6chte, wenn er nur Geld hatte. Er suchte in allen seinen Schubs\xE4cken, fand aber nichts. Endlich gieng er doch, und sagte, da\xDF man ihm wohl borgen w\xFCrde. Er lief daher in das benachbarte Schenkhaus, und klopfte an die Th\xFCre, ohne erst zu untersuchen, ob sie verschlossen sey, gleich als ob er w\xFC\xDFte, da\xDF sie um diese Zeit nicht offen seyn w\xFCrde. Man machte ihm auf; er gieng hinein , rief den Wihrt, und begehrte ein Glas Wein. Man gab ihm aber ein Glas Wasser, welches er f\xFCr Wein trank, k\xFCnfttigen Tag zu bezahlen versprach, und wieder nach Hause kehrte. Er kam in das Vorzimmer, und fragte, ob er nicht
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w\xE4re geruffen worden. Er stellte sich ganz aufger\xE4umt, und sagte, da\xDF ihm itzt, da er im Schenkhause getrunken habe, besser im Magen w\xE4re. Man \xF6ffnete ihm die Augen mit den Fingern, und er erwachte.
Einsmals fiel es ihm ein, da\xDF der Hofmeister der jungen Herrschaft zu ihm gesagt habe, da\xDF er ihm, wenn er diese Nacht monds\xFCchtig w\xE4re, eine Suppe machen, sie ihm bringen, und ein Trinkgeld daf\xFCr erhalten sollte. Er stand daher des Nachts im Schlafe auf, und sagte ganz laut, da\xDF er den Hofmeister anf\xFChren wollte. Er begab sich in das Zimmer des Hofmeisters, und ohne ihm eine Suppe zu bringen, baht er ihn, sein Versprechen zu halten. Der Hofmeister gab ihm ein St\xFCck Geld, und Negretti nahm sodann den Kammerdiener beym Arme, f\xFChrte ihn in den Gasthof, und erz\xE4hlte ihm beym Trinken, wie er den Hofmeister angef\xFChret, und ihm das Geld herausgelocket habe. Er lachte herzlich, trank auf des Hofmeisters Gesundheit, und kehrte vergn\xFCgt nach Hause.
Als er sich ein andersmal in diesem Zustande befand, schlug ihn einer mit dem Stocke auf die Beine. Er, der da glaubte, da\xDF ihm ein Hund an die Beine liefe,
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fieng an zu schm\xE4len , da man aber fortfuhr, ihn mit dem Stocke zu schlagen, ergiff er eine Karbatsche, und schlug auf den vermeynten Hund los, um ihn fortzujagen. Da er aber auch dadurch seiner nicht los werden konnte, zog er ein St\xFCck Brod aus der Tasche, lockte den Hund damit, und verbarg die Karbatsche hinter den R\xFCcken. Man warf ihm einen Muff entgegen, den er f\xFCr den Hund annahm, und seine Wuht an ihm auslie\xDF.
Dieser Mensch nahm w\xE4hrend seines Zustandes, fast jede Nacht etwas anderes vor. Es mangelte ihm aber der Gebrauch des Geh\xF6rs, des Gesichts, des Geschmacks, und des Geruchs. Er h\xF6rte das st\xE4rkeste Ger\xE4usch und L\xE4rmen nicht, er sah auch nicht, wenn man ihm ein Licht so nahe vor die Augen hielt, da\xDF die Augenbr\xE4men davon versengt wurden; er f\xFChlte es auch nicht, als man ihm mit einer Feder in der Nase kitzelte; nur zuweilen hatte er ein sehr feines Gef\xFChl, denn, wenn man ihm Wasser in das Gesicht spritzte, fuhr er pl\xF6tzlich auf, und kam wieder zu sich. Wenn das geschah, war er ganz matt, und m\xFCde, und blieb einige Zeit \xFCber, gleichsam bet\xE4ubt.
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Man hat mancherley Arten von Gegenmitteln gebraucht, aber sie waren alle vergebens. Endlich kam der Marquis, sein Herr, der ein guter Philosoph ist, auf die Gedanken, ihn zu elektrisiren. Dieses that er auch stuffenweise, bis zu der gr\xF6\xDFeren Ersch\xFCtterung mit der Flasche. Da man dieses \xF6fters zu der Stunde, da ihn der Schlaf \xFCberfallen sollte, gethan hatte, so schlief er schon den ersten Abend ruhig, ohne das Geringste von den wuderlichen Dingen, die er sonst zu thun pflegte, vorzunehmen. Im Fr\xFChlinge des folgenden Jahres hatte er noch einige , aber weit schw\xE4chere Anfalle, durch dieses wiederholte Mittel aber, ward er endlich v\xF6llig von dieser Krankheit befreyet.
Von au\xDFerordentlichen Altern.
Johann Rowin aus dem
Temeschwarer Banate, lebte mit seinem Weibe 147 Jahre in der Ehe, und starb im 172ten Jahre seines Alters. Seine Frau wurde 164 Jahre alt, und bey seinem Tode hatte sein j\xFCngster Sohn 90. Jahre.
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Peter Zorten ein Bauer von Keveresch aus gemeldten Banate, starb den 5ten J\xE4nner 1724. im 185gsten Jahre. Sein j\xFCngster Sohn hatte dazumal 97. Jahre.
Im Jahre 1670. starb zu Ellerton, in der Grafschaft Yorkshire, Johann Jenkins, im 169sten Jahre.
Thomas Parre, ein Bauer von Shrophshire starb in London in einem Alter von 152. Jahren, und 9. Monaten. Im 120ten Jahre hatte er sich wieder verheurahtet.
Zu Minshual starb 1648. Thomas Damm im 155sten Jahre.
Im Jahre 1757. starb Johann Effingham, in einem Alter von 144. Jahren.
Herr Menzel erz\xE4hlt, er habe im Jahre 1666, in Kleve einen Mann von 120 Jahren gesehen, dem zwey Jahte zuvor, mit grossen Schmerzen wieder Z\xE4hne hervorgewachsen; und derselbe habe ihm erz\xE4hlet, da\xDF, als er im 118ten Jahre seines Alters im Haag gewesen, er erfahren h\xE4tte, da\xDF man einen viel \xE4lteren Engl\xE4nder als er war,dahingebracht, und selbigen eben sowohl als ihn f\xFCrs Geld sehen lie\xDF. Dieser Engl\xE4nder habe ihm gesagt, da\xDF er in seinem 118ten Jahre aufs Neue wieder Z\xE4hne bekommen habe.
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