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XLII.

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Beschlu\xDF der Nachrichten von denen sogenannten Patagoniern oder Riesen.

Ebenn dieser Unterschied in der Gr\xF6\xDFe der Wilden in dasiger Gegend ist es, wodurch alle obige Erz\xE4hlungen zweifelhaft gemacht worden, nachdem verschiedene Reisende auf eben denen K\xFCsten, wo ihre Vorg\xE4nger Riesen wollten gesehen haben, Leute von ganz mittelm\xE4\xDFiger L\xE4nge angetroffen. So beschreibt z. E. Winter, der mit dem Ritter Franz Drake durch die magell. Meerenge in die S\xFCdsee geschiffet, diejenigen Wilden, welche er in einem Hafen unterm 49½ Grad s\xFCdlicher Breite gefunden, als gew\xF6hnliche Menschen. Dieser Hafen aber ist aller Wahrscheinlichkeit nach kein anderer gewesen, als eben die Bay von St. Julian, wo

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Magellans Eskader \xFCberwintert, und mit Riesen zu thun gehabt haben soll (*) Froger, der durch die magellanische Meerenge gefahren, spottet gleichfalls der angeblichen Riesenbewohner dasiger K\xFCsten, weil er selbst zwey Meilen von Porto Famine einige Wilden angetroffen, die keine sechs Fu\xDF hoch waren. "Dieses sind nun, sagt er, die Patagonier, welche nach einiger Reisenden Angabe 8. ja 10. Fu\xDF hoch seyn sollen, und wovon ein solches Aufheben gemacht wird. Uns kamen sie mittelm\xE4\xDFig vor; denn die gr\xF6\xDFten hatten keine sechs Fu\xDF." (**) Dampier, Cavendish, Narborough, Anson und Morris, welcher letztere auf dem verungl\xFCckten Schiffe Wager, aus Ansons Eskader, gewesen, und sich mit einigen Gef\xE4hrten lange auf der

(*) The voyage of Mr. John Winter into the Southsea, by the Streight of Magellan, in confort with Mr. Francis Drake, begun in the year 1577. Siehe Hakluit's Collection. vol. III. p. 751. (**) Relation d'un voyage fait en 1695, 1696, 1697. aux cotes d'Afrique, detroit de Magellan, Bresil, Cayenne & Isles Antilles, par une escadre de vaisseaux du roy, command\xE9e par Mr. de Gennes. Par Froger, Amsterd. 1699. p. 99, 102.

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magellanischen K\xFCste herumgetrieben , haben dir dortigen Riesen ebenfalls nicht gesehen; mehrerer anderer zu geschweigen. Die neuen Entdeckungen der engl\xE4ndischen unter dem Commodore Biron ausgeschickten Eskadre, welche ohnl\xE4ngst in den \xF6ffentlichen Bl\xE4ttern so vieles Aufsehen gemacht, und sogar die Aufmerksamkeit des spanischen Hofes erweckt zu haben scheinen, setzen die Wirklichkeit einer Art von au\xDFerordentlich grossen Menschen in dem s\xFCdlichsten Amerika, au\xDFer allen Zweifel, beweisen, da\xDF nicht alle Wilden daselbst von einerley Gr\xF6\xDFe gefunden werden und dergleichen also jene dem Anscheine nach widerspr\xFCchigen Berichte. Dem in der gelehrten Welt genugsam bekannten Dr. Maty in London ist das Publikum die erste Nachricht von dieser allerdings merkw\xFCrdigen Entdeckung schuldig. Jedermann hat den kurzen Brief in allen Zeitungen lesen k\xF6nnen, worinnen er im Fr\xFChlinge des verwichenen Jahres die Wirklichkeit der amerikanischen Riesen, durch das Zeugni\xDF eines engl\xE4ndischen Admirals und seiner ganzen Equipage best\xE4tigte. Hr. de la Condamine lie\xDF sogleich nach der ihm angebohrnen Lebhaftigkeit, einen andern

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Brief in den Zeitungen (*) bekannt machen, worinnen er, auf das Wort des Hrn. von Buffon, der aus England gekommen war, die Nachricht des Dr. Maty f\xFCr eine Caffeehausneuigkeit erkl\xE4rte, und sich auf Rechnung seines Freundes und der ganzen k\xF6nigl. Societ\xE4t zu Londen recht viel zu gute that. Er meldete auch in diesem Briefe, da\xDF das franz\xF6sische Ministerium nicht h\xE4tte erlauben wollen, die engl\xE4ndische Neuigkeit in die Gazette de France zu setzen, und berief sich zugleich auf den Hrn von Bougainville, welcher auf der patagonischen K\xFCste gelandet, und auch nichts als gew\xF6hnliche Menschenfiguren gefunden haben soll. Da\xDF dieses Verfahren des Hrn. von Condamine zu voreilig gewesen, beweist ein anderes weitl\xE4ufiges Schreiben, welches, wie ich zuverl\xE4ssig wei\xDF, von diesem Herrn selbst herr\xFChret, und worinnen er verdeckter Weise gestehet, da\xDF er schon zu der Zeit, da sein erstes Schreiben in der k\xF6llnischen Zeitung bekannt gemacht wurde, von der Richtigkeit der Matyschen Nachricht durch n\xE4here Berichte \xFCberzeugt worden sey, und da\xDF man an den westindischen Riesen nicht mehr zu zweifeln habe. Die

(*) Gazette de Cologne 1766. n. 67. 26 Ao\xFBt.

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Umst\xE4nde der engl\xE4ndische Entdeckung,welche er in diesem letztern Briefe (*) bekannt gemacht hat, sind ihm, wie er nachher selbst an einige seiner Freunde gemeldet, ebenfalls von dem Dr. Maty in zweyen Zuschriften mitgetheilet worden. Ich will sie hier zum Beschl\xFCsse um dererjenigen Leser willen hersetzen, die selbige in der k\xF6llnischen Zeitung entweder gar nicht, oder nicht aufmerksam genug gelesen haben. Im Januar und Februar (welches in der s\xFCdlichen H\xE4miph\xE4re die Sommermonate sind) des 1765sten Jahres s\xE4he ich Commodore Biron, welcher mit den zweyen Fregatschiffen Dolphin und Tamer genannt, von England aus nach der S\xFCdsee bestimmt war, gen\xF6htigt, weil ihn widrige Winde die Meerenge einzusegeln verhinderten, einen ganzen Tag und eine Nacht l\xE4ngst einer Insel hinzuschiffen, welche nahe an der Spitze des festen Landes von Amerika, beym Ausfl\xFCsse des Stroms Galliegos gelegen ist, und die Einfahrt der magell. Meerenge gegen Norden bedecket. Den ganzen Tag nahmen die Engl\xE4nder gewahr, da\xDF ihnen die Bewohner der K\xFCste Zeichen machten, als wenn selbige sie

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zu einer Landung einladen wollten; und die ganze Nacht brannten viele Feuer auf der K\xFCste. Den folgenden Tag gieng der Commodore mit 40. Soldaten, und in Begleitung einiger von seinen Officieren ans Land. Man war eine kleine Strecke landw\xE4rts einger\xFCcket, da man von ferne einen ansehnlichen Haufen von Leuten erblickte, die, wie es den Engl\xE4ndern schien, auf sehr kleinen Pferden ritten. Weil die Gr\xF6\xDFe der Pferde in der Entfernung nicht anders, als nach ihrem Verh\xE4ltni\xDF gegen die Reiter beurtheilt werden konnte, so war dieser Irrthum unvermeidlich. Der Haufen r\xFCckte immer n\xE4her heran, und einer davon, welches der Heerf\xFChrer zu seyn schien, entfernte sich von denen \xFCbrigen, und kam gerade zum engl\xE4ndische Befehlshaber, mit Entbl\xF6\xDFung seiner Brust. Dieser gieng ihm entgegen, und bewillkommte ihn mit einigen kleinen Geschenken, dergleichen er auch an andere Patagonen, die nach und nach herbey gekommen waren, austheilte. Inzwischen hatten sich die engl\xE4ndischenOfficiere auch n\xE4her gemacht, und gaben B\xE4nder und Halsgeschmeide an die Weiber dieser Wilden, deren einige Kinder von drey bis vierthalb Fu\xDF auf den Armen hatten.

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Der Schiffskapit\xE4n Cummings, ein Mann von sechs Fu\xDF und einigen Zollen, konnte kaum, wenn er sich auf die Z\xE4hen richtete, mit der Spitze seiner Finger bis an den Mund eines dieser wunderbaren Menschen reichen. Der Schiffslieutenant des Commodors, von welchem man diese Umst\xE4nde erfahren hat, war zwar nicht mit ans Land gegangen, konnte aber vom Bord genugsam, aus Vergleichung der Gr\xF6\xDFe dieser Wilden mit der Statur der Engl\xE4nder, urtheilen, da\xDF erstere 8 bis 9. Fu\xDF hoch waren. Eben dieser Officier berichtet, da\xDF beyde Schiffe, drey Monate nachher, abermals bey dieser Insel passiret, da\xDF einige die Neugierde gehabt wieder ans Land zu gehen; allein zu ihrer gr\xF6\xDFtenVerwunderung,nichts als kleine magere Menschen vorgefunden h\xE4tten Es war aber zu der Zeit in jenem Himmelsstriche Winter, und man hat Ursache zu vermuhten, da\xDF die Riesen nur im Sommer auf der Insel sind, um etwan Fischerey zu treiben, und da\xDF sie sich bey einfallender rauhen Jahrszeit, in w\xE4rmere Gegenden zur\xFCckziehen. Daher es denn nicht zu verwundern ist, da\xDF Hr. von Bougainville und andere Reisende, an solchen K\xFCsten, wo von andern Riesen gesehen worden, nichts als gew\xF6hnliche Menschen angetroffen haben.

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Das geheimnisvolle engl\xE4ndische Ministerium hat von dieser merkw\xFCrdigen Entdeckung nichts N\xE4heres bekannt werden lassen. Man hat aber von neuem eine st\xE4rkere Eskadre nach der magellanischen Meerenge ausgeschickt, von deren gl\xFCcklichen Farht bis an die brasilischen K\xFCsten man auch bereits Nachricht hat. Vielleicht w\xFCnschen viele, besonders von der sch\xF6nen H\xE4lfte unsers Geschlechts, da\xDF die Engl\xE4nder eine Colonie dieser wohlproportionirien Riesen, zur Verbesserung und Erg\xE4nzung unsers verbasterten Stammes, nach Europa verpflanzen m\xF6chten. Man darf muhtmassen, da\xDF diese Leute mit noch mehrerer Begierde und Vergn\xFCgen in England w\xFCrden aufgenommen werden, als vor einigen Jahren die nordamerikanische Befehlshaber bey dem engl\xE4ndischen Frauenzimmer erweckt haben. Wir hoffen die Erf\xFCllung eines so gerechten Wunsches, als der itzt erw\xE4hnte ist, und verlangen bald n\xE4here Nachrichten von den Riesen mittheilen zu k\xF6nnen. Indessen wissen wir von guter Hand, da\xDF einige Sachen, welche man von diesen Riesen zu bekommen gesucht hat, in dem ber\xFChmten brittischen Museo zu London wirklich vorgezeigt werden, und also um so viel weniger an der Nichtigkeit der Bironschen Entdeckung zweifeln lassen.


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Topic revision: r14 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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