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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin, Band 3, Heft 4, Text 26 (S. 478-490)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Pre\xDFburg,
L\xF6we, 1783
Autor: Paul Thuri,
Josef Benk\xF6
Zuordnung: Geschichte
(p478)
26. Beschreibung des ehemaligen Zustandes derjenigen Theile von Ungern, welche unter dem T\xFCrkischen Joche seufzten.
Aus dem Entwurfe, den Paul Thuri in einem Briefe davon gemacht hat, den Gelehrten dargestellet, von Joseph Benk\xF6, Pfarrer zu K\xF6z\xE9p Ajta in Siebenb\xFCrgen, und Mitglied der gelehrten Gesellschaft zu Harlem.
Da\xDF es bey der Kenntni\xDF von Ungern nicht ganz unerheblich sey, die Geschichte und Geographie der T\xFCrkischen Herrschaft des 16ten und 17ten Jahrhunderts in diesem Lande zu untersuchen, das haben wir im
3ten St\xFCcke des zweyten Bandes des Ungrischen Magazins erwiesen, wo wir die Anzahl der Oerter des T\xFCrkischen Gouvernements von
Solnok angegeben haben. Da aber die zur Aufkl\xE4rung dieser Materie dienenden Hilfsmittel
(p479)
sehr dunkel, und versteckt, auch bey Herausgebung derselben keine gewisse Ordnung beobachtet werden kann: so glaube ich den n\xE4chsten Weg zur Aufsuchung aller hieher geh\xF6rigen Sachen einzuschlagen, wann ich alle Litter\xE4rinstrumente, so, wie sie mir bald fr\xFCher, bald sp\xE4ter zu H\xE4nden kommen, \xF6ffentlich bekannt mache.
Da ich nun nicht zweifle, da\xDF der Brief des
Paul Thuri, unsern Absichten kein geringes Licht verschaffen werde, da er in demselben, den Zustand der Christen in Ungern, unter dem grausamen Joche der T\xFCrken beschrieben hat; und weil ich auch weis, wie seltsam dieser Brief ist, der sowohl in
Kaschau, vom Johann Bocatius 1613, als zu
Oppenheim 1617 gedruckt worden; so dachte ich den Lesern unsers Magazins einen wahren Dienst zu thun, wann ich ihnen denselben nach dem
Kaschauer Exemplare* in einer getreuen Uibersetzung hier vorlege.
* * *
Bey der Gelegenheit, welche sich mir itzt darbiehtet, will ich Ihnen von der grausamen Noht unsrer Provinz, die unter der tyrannischen Herrschaft der T\xFCrken seufzet, etwas Weniges berichten, damit Sie sowohl mich, den Sie Ihrer Freundschaft w\xFCrdig geachtet haben, bedauern m\xF6gen, haupts\xE4chlich aber aufgemuntert w\xFCrden,
*Der Titel dieses Briefes ist: Idea Christianorum Hungarorum in et sub Turcisino. Epistola quondam a Paulo Thurio Rectore Scholae Tholnensis, ad amicos perscripta. Nunc opera Joannis Bocatii, Consularis R. P. & Gymnasiarchae Cassoviens. in lucem edita, et impressa. Cassoviae, Calcographo Joanne Fischero, Anno fIDe seD CVI VIDe. Es ist dieser Brief dem K\xF6niglich obersten Mundschenk (Pincernarum Regalium Magister) und des Zipser - sowohl, als Schaaroscher Komitats Obergespane, Grafen Christoph Thurzo von besagtem Johann Bocatius zugeeignet.
(p480)
Gott um unsre Befreiung zu bitten, wenn sie die schrecklichen Drangsale lesen werden, mit welchen das bejammernsw\xFCrdige
Pannonien gepre\xDFt wird. Die Absicht dieser Tyranney gehet nicht dahin, sich nach Art m\xE4chtiger F\xFCrsten, nur V\xF6lker zu unterwerfen; sondern die ganze Welt, es mag solches mit Betrug, oder Gewalt geschehen, nach ihren Religionsgesinnungen umzumodeln. Wollte Gott, da\xDF sie solches nur durch die Gewalt der Waffen zu erhalten suchten! \x97 H\xF6ren Sie nur, welcher schlauen List, sich der ruchlose Gete dazu bedienet. \x97 Anf\xE4nglich l\xE4\xDFt er \xFCberall kund machen, da\xDF er um die Oberherrschaft, und nicht um die Religion streite, und da\xDF er sich um den Gottesdienst der Unterthanen gar nicht bek\xFCmmere, wenn sie nur ihre Abgaben, ihren gew\xF6hnlichen Privilegien gem\xE4\xDF, richtig bezahlen. Die\xDF ist die erste Stuffe der Betr\xFCgerey, durch die er sich das bebende Landvolk unterwirft. Ist die\xDF geschehen, so h\xE4lt er, (wie es in meinem Geburtsorte (
Thur) geschah, eine zeitlang Treue; bey jeder geringen Gelegenheit aber, wird der
Subascha, oder Offizier grausam geschlagen, mittlerweile aber aus wahrscheinlichen Ursachen die Steuer erh\xF6het. Wo sie einen Ort mit den Christen zugleich, wie hier in
Tholna bewohnen, da wird der politische Stand zerstreuet, und die obrigkeitlichen W\xFCrden mit T\xFCrken besetzet. Das oberrichterliche Amt der Radia, zieht der Emenk des Officiers an sich der
Subascha ma\xDFt sich das Amt der H\xE4scher zu, die auf den G\xE4\xDFen herumstreifen, um zu h\xF6ren und zu sehen, ob nicht etwas mit Banden, und Gef\xE4ngni\xDF bestrafet werden sollte; und der Amandar wird ein P\xE4chter. \x97 Aber werden Sie fragen: wie suchen sie den h\xF6chsten Grad ihrer Tyranney zu erreichen, das ist, die Unterthanen zu ihrer Religion zu zwingen? Mehr als Schlangenlist besitzt diese grausame Nation, mit welcher sie auch die Nachk\xF6mmlinge zu verschlingen suchet. Nie-
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mand wird durch \xF6ffentliche Befehle dazu gen\xF6htiget; aber sie wissen ihre Nachstellungen so einzurichten, da\xDF nur ein geringer Unterschied davon \xFCbrig bleibt. Denen, die sich beschneiden lassen wollen, wird \xF6ffentlich eine Befreyung von allen Abgaben, und eine unumschr\xE4nkte Freyheit alle die sch\xE4ndlichsten Laster auszu\xFCben, angek\xFCndiget; da die, welche diesen Weg nicht einschlagen, durch unertr\xE4gliche Auflagen g\xE4nzlich unterdr\xFCckt werden. \x97 Hiezu k\xF6mmt noch: da\xDF wenn jemand, sollte es auch der angesehenste seyn, den Gete nur im Mindesten beleidiget, so bleibt ihm nichts anders \xFCbrig, als sich entweder beschneiden zu lassen, oder den Scheiterhaufen zu besteigen. Nur selten, und wann es noch nicht allgemein bekannt ist, kann man solches durch grosse Summen Geldes von sich ablehnen. Setzt jemand den Turban, entweder im Scherze, oder dazu angelockt, auf, so mu\xDF er eins von beyden, den Tod, oder die Beschneidung, w\xE4hlen. Einen solchen Fall habe ich selbst gesehen. Denn als in einem benachbarten kleinen Flecken, ein gewisser Evangelischer Prediger einige T\xFCrken zu bewirten gen\xF6htigt ward, und sie seinen Priesterhut aufsetzten, so that er durch das Beyspiel der T\xFCrken bewogen, ein Aehnliches mit dem Patiolat der Muselm\xE4nner : aber daher kam es, da\xDF er hernach der Beschneidung nicht entgehen k\xF6nnte. Dieser ward sodann in demselben Marktflecken eine Zeitlang Subascha. Wann jemand einen T\xFCrken, der ihm eine offenbare Beleidigung anthut, bey seiner Selbstvertheidigung, mit der Faust oder mit dem Stocke schl\xE4gt, so verliert er ohne Barmherzigkeit, die Hand. Gr\xFC\xDFet er ihn, so ist der Scheiterhaufen oder die Beschneidung sein Loo\xDF. Wenn jemand, sollte er auch dazu aufgefordert werden, einen T\xFCrken nachahmt, wie er seinen Zeigefinger emporhebt, das doch bey der Gebehrdung nicht selten geschieht, so hat er eben nichts anders zu gewarten. Der T\xFCrken
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Gewohnheit ist, jeden, der ihnen begegnet, auf folgende Art anzureden: Paturxika Kardos: d. h. Bruder werde ein T\xFCrk! Aber derjenige handelt sehr weise, der ganz stille vorbeygeht; denn er kann nichts antworten, das nicht gef\xE4hrlich w\xE4re. \x97 Jemand erwiderte: Werde du ein Unger, so werde ich ein T\xFCrk; und wegen dieser Antwort mu\xDFte er sich beschneiden lassen. Kirchen an neuen Oertern zu bauen, ist so sehr verbohten, da\xDF sich nicht einmal der oberste Befehlshaber dieses zu erlauben unterstehet. Die abgebrannten, werden noch mit Rohr zu decken erlaubt, aber ohne Th\xFCrme und Stundenuhren; und das zwar nicht ohne Erlegung einer grossen Summe Geldes, und vielen Geschenken. In meiner Nachbarschaft ist der Flecken
Charantz: als nun in demselben der Mesner die offne Kirchth\xFCre ohne Erlaubni\xDF des Officiers mit einem h\xF6lzernen Nagel befestigte, mu\xDFte er ein Strafgeld von sechs Gulden erlegen. \x97 Den Ceremonien, welche beobachtet werden, wenn jemand ein T\xFCrk wird, ist dieses noch beizuf\xFCgen: Der unter die T\xFCrken Aufzunehmende, wird mit einer Menge Steine in eine Christliche Kirche gef\xFChret, und gen\xF6htigt, die Kirche der Christen zu steinigen, und zu bespucken. Es ist kein so au\xDFerordentliches, kein so grausames Laster, davon man nicht frey gesprochen w\xFCrde, wenn man nur ein T\xFCrk wird. Neulich habe ich einen J\xFCngling, der vormals Schulmeister zu
Makow war, und daselbst eine Braut hatte, verloren. Denn als er unverhofft einen Verwandten gefunden hatte, so ist er von ebendemselben angesteckt, und beth\xF6ret, ein T\xFCrk worden, und hat, mit unaussprechlichem Herzeleide vieler, unsre Schulen verlassen. Gr\xFCne und lichtblaue Hosen und Socken zu tragen, k\xF6nnen sie so wenig leiden, da\xDF sie solche sammt der Haut vom Leibe schneiden, und zerst\xFCcken. Den verheurahteten und ledigen Weibspersonen stellen sie \xFCber die Massen nach, und nehmen sich solche gleich zum Weibe, sobald
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sie nur einen ihnen dargereichten Apfel annehmen, und dieses ihnen bewiesen werden kann. T\xE4glich sieht man, da\xDF die B\xFCrgersfrauen, ihre M\xE4nner, die vorhin Rathsherren waren, sonst reich und noch am Leben sind, verlassen, und sich an T\xFCrken verheurahten. Es ist deren keine, welche nicht nach den allerscheu\xDFlichsten Ort, d. i. nach
Konstantinopel heimlich weggefuhret worden w\xE4re; und doch h\xF6ren sie nicht auf, wegen den zu erwartenden pr\xE4chtigen Kleidern, die sie blenden, sich an die T\xFCrken zu verheurahten. L\xFCstert einen T\xFCrken nach einer Jungfrau oder Wittwe, so stellt er sich nur rasend, und drohet vor dem Richter, den er sich zum Zeugen nimmt, er wolle sich entleiben, wenn er sie nicht erhielte. Thut er solches, welches bisweilen doch geschieht, so entgehet diese Frauensperson der Sklaverey nicht. Findet sich auf dem Felde ein todter Mensch, so mu\xDF der Ort, in dessen Gebiehte man ihn findet, ohne aller Gnade und Barmherzigkeit 400 fl. zahlen. Ohnl\xE4ngst brachte ein T\xFCrk einen jungen Kaufmann in dem Walde um; und ob er gleich selbst diese That hier im Orte nicht l\xE4ugnete, und es bis jetzt ohne Scheu gesteht, so wird doch unserm Flecken eine grosse Summe abgefordert.
Ertrinkt jemand zuf\xE4lliger Weise, so erwartet ihn eine gleiche Geldstrafe; steht aber eben damals jemand am Ufer, so entgeht er einer immerw\xE4hrenden Sklaverey nicht. Sollten von den T\xFCrken einer den andern im Zorne umbringen, so wird die ganze Familie von jenem Hause, in welchem sich solches zugetragen hat, zu ihren ewigen Sklaven gemacht. \x97 Schweine werden hier gar nicht, au\xDFer in verborgenen Beh\xE4ltnissen, gem\xE4stet; und wann einige T\xFCrken unsere H\xE4user beziehen, welches oft bey ihren Durchm\xE4rschen geschieht, so verh\xFCten wir recht sorgf\xE4ltig, da\xDF nur kein Speck irgendwo hangen bleibt; denn sie pflegen ein St\xFCckchen
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von denselben in ihre Speise zu werfen, und hernach, den, vor dem Guverneur angeklagten Hauswirt, in einen ewigen Sklavendienst zu st\xFCrzen. Bey w\xFCtender Pest wird es anbefohlen, die Hunde umzubringen, und es ist schwerlich ein Thor, wo nicht das Aas eines erschlagenen Hundes liegen sollte; hat aber jemand keinen, den er umbringen k\xF6nnte, so mu\xDF er ihn kaufen. Diesen Gestank rieche ich zwar, wie sie wissen, nicht (weil es mir am Geruche fehlet) aber andere m\xF6gen es erz\xE4hlen, wie sehr sie sich an diesem Wohlgeruche letzen. Von diesem Unternehmen geben sie folgende Ursache an: da\xDF n\xE4mlich die Gottheit erz\xFCrnet, und nach Blut durstig sey, da\xDF diese aber desto eher gestillet w\xFCrde, je mehr sie Blut vergie\xDFen siehet. Daran aber sey nichts gelegen, was es f\xFCr ein Blut w\xE4re, genug, wenn es nur Blut ist; oder was es f\xFCr ein Aas w\xE4re, genug , wenn es nur ein Aas ist. An den T\xFCrkischen Festt\xE4gen werden wir von aller Arbeit abgehalten; ja ich werde so gar gen\xF6htiget, mich von allem Lesen zu enthalten. In dem kurz vorher benannten Flecken lief ein Hund herum, dessen Schwanz jemand abgehauen hatte; der Offizier, der sich auf der Gasse mit den B\xFCrgern unterredete, sah den vor\xFCber laufenden und heulenden Hund, und \xE4u\xDFerte sich gegen die B\xFCrger, da\xDF der Hund, wann er reden k\xF6nnte, sich bey ihm deutlich beklagen, und den des Blutschuldigen anklagen w\xFCrde; und er erpre\xDFte daher von den B\xFCrgern eine Strafe von sechs Gulden. Gleicherweise, als Jemand seinen Fu\xDF an einem, hervorragenden Stocke verletzte, die Wunde aber mit einem Tuche verband; ward er vom Offizier befragt, warum er hinke? Worauf ihm der Stock gezeigt ward, an welchen er sich gestossen hatte: so schlug der Offizier mit seinem D\xF6g\xF6nith auf den Stock gewaltig zu, den Verwundeten aber zwang er sechs Gulden zu bezahlen. Einen andern Einwohner schickte dieser um
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Wein, welcher bey der R\xFCckkehr, auf dem schl\xFCpfrigen Weg beynahe ausglitschte. Der Einwohner erz\xE4hlte solches lachend, und sagte, wenn auch mein anderer Fu\xDF dir den Dienst so ungern geleistet h\xE4tte, wie jener, so m\xFC\xDFtest du ohne Wein bleiben. Der Offizier fragte nun, welcher von seinen beiden F\xFC\xDFen nicht h\xE4tte dienen wollen? er zeigte ihm denselben, und dieser schlug auf denselben wacker zu. \x97 Einem Kaupaun legte man K\xFCchelchen unter, da\xDF er sie statt der Henne herumf\xFChren sollte; nun fragte der Offizier, ob denn der Kapaun solche auch, ausgebr\xFCtet h\xE4tte? welches der Wirt verneinte. O! sch\xE4ndliche That, schrie der T\xFCrk, einen so k\xF6niglichen Vogel mit einem solchen Sklavendienste zu bel\xE4stigen. Der Wirt konnte nur nach Erlegung von 6 fl. den Stockschl\xE4gen entgehen, der Kapaun aber sammt den K\xFCchelchen wurden ihm genommen. \x97 Die T\xFCrken pflegen sowohl Geistliche als andere Personen \xFCber die Religion auszufragen; und hiebey bedienen sie sich eines v\xF6llig teuftischen Dilemms. Die erste Frage ist: ob die Lehre und die Traditionen des
Mahomets wahr sey? Sagen sie, da\xDF sie wahr sey, so schw\xF6re ich es ihnen, da\xDF diese entweder verbrannt, oder beschnitten werden. Denn der T\xFCrk wird sagen, wenn diese Bregidi (Religion) wahr ist, warum bezeugst du solches nicht auch an deinem K\xF6rper, damit du andern zum Beyspiele dienen k\xF6nntest? M\xF6chte jemand antworten: da\xDF diese zwar wahr, unsere aber noch wahrer sey; oder, da\xDF vieles allerdings wahr ist, manches aber nicht einmal wahrscheinlich sey: so w\xFCrde dieser das n\xE4mliche erwarten m\xFC\xDFen, den Scheiterhaufen n\xE4mlich, oder die Beschneidung. Was antworten sie also, werden sie fragen; um ihr Gewissen nicht zu verletzen? Wirklich so lange wir k\xF6nnen, weichen wir der Antwort mit Nebenerz\xE4hlungen aus; und bei vielen stellen wir uns, als ob wir es nicht h\xF6rten. Wenn
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keine Ausfl\xFCchte mehr statt finden, so ist die\xDF unsere Art zu antworten: Wir wissen, da\xDF unsere Lehre wahr und g\xF6ttlich, auch mit mannigfaltigen Zeugnissen best\xE4tigt sey, und wir wollen bey dem Bekenntnisse derselben weder unsern Gl\xFCcksg\xFCtern, noch auch unser Leben schonen; von eurer Religion aber haben wir nichts gelesen, denn wir haben weder euer Buch, noch Kenntni\xDF eurer Sprache; bek\xFCmmert euch also nur selbst um die Nachforschung der Wahrheiten eurer Lehre: wir haben unser Buch, welches wir lesen. Auf diese Antwort verstummt der
Belial. Wenn sie w\xFC\xDFten, da\xDF wir eine lateinische Uibersetzung ihres Alkorans haben, grosser Gott! es w\xFCrde der ganzen Christenheit gewi\xDF eine schreckliche Gefahr drohen! \x97 Die Juden sind ihnen so sehr verha\xDFt, da\xDF sie solche, wenn sie T\xFCrken werden wollen, nicht eher annehmen, als bis sie Schweinenfleisch essen. Mit den Juden hab ich beynahe t\xE4gliche Streitigkeiten, und es k\xF6mmt mir bey denselben meine wenige Kenntni\xDF der Hebr\xE4ischen Sprache, welche dadurch vermehret wird, sehr wohl zu Statten.
Hieraus k\xF6nnen Sie sich eine Idee von unserm Zustande machen. Alles verr\xE4ht hier eine T\xFCrkische Lebensart; Sitten, Kleidung, alles mu\xDF einem Ank\xF6mmlinge unter uns fremde scheinen. Unsere Muttersprache ist \xFCber die H\xE4lfte T\xFCrkisch: eine Weibsperson wenn sie schw\xF6ret, schw\xF6ret also: Valaha, Istenre mondom, nem adom k\xFCl\xF6mben; ottura kardos, \xFClyIe atyamfia; Effendii, Kegyelmed egy\xE9k &c. Gewi\xDF selten finden sich hier keusche Weibspersonen, besonders aber unter den Wittwen: und man scheuet sich der verletzten Ehre wegen gar nicht.
Nur die ist unter uns keusch und z\xFCchtig, welche sich vor andern zur Keuschheit vorz\xFCglich entschlossen hat. Selten schlagen die M\xE4nner ihre Weiber, weil diese bey jeder geringen Beleidigung zu den T\xFCrken \xFCberge-
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hen. Es fehlet aber auch nicht an solchen M\xE4nnern, welche die Schandthaten ihrer Weiber wissen, die sie jedoch verheelen, weil sie mit der Bekanntmachung davon nichts ausrichten w\xFCrden. Es ist einer Uingerinn nicht erlaubt, wenn sie einmal von einem T\xFCrken beschlafen worden, einen Ungern zu heurahten. Den von einer Uingerinn auf diese Art gebohrnen Sohn zu taufen, ist bey ihnen ein Kirchenraub, und auf den Vater oder die Mutter, die ihn taufen lassen, ist die Lebensstrafe gesetzt. Unter uns k\xF6nnen sie viele fruchtbare Wittwen sehen. Uiberdie\xDF aber kann man mit Bescheidenheit nicht anzeigen, wie sie den Knaben nachstellen. Ich \xFCbergehe es, da\xDF, wenn ein Treffen f\xFCr sie ungl\xFCcklich ablauft, sie alle ihre Wuht nur an den geistlichen Personen auslassen. Diese, sagen sie, w\xE4ren an dem Ungl\xFCcke Schuld, indem sie ihnen nachthellige Verw\xFCnschungen zu Gott abschickten. Nach einer solchen Beschuldigung hatte unser Ehrw\xFCrdige Bischof schon dreymal, mit zur\xFCckgebundenen H\xE4nden enthauptet werden sollen; aber Gott hat ihn bisher auf eine wunderbare Weise besch\xFCtzet. Tag und Nacht spinnen sie Betr\xFCgereyen an, durch welche sie Priester und Schulen ganz zu vertilgen suchen. Denn sie glauben, da\xDF diese die Ursache seyen, warum die Ungern keine T\xFCrken werden wollen. Was das Richteramt betrift, so kann man sich auf seine Forderung gewi\xDF verlassen, sollte auch die Gegenpartey tausend Gegenzeugen aufweisen, welche die Sache selbst gesehen haben, wenn man nur mehr Geld als die Gegenpartey zur Bestechung bringt. Eines geringen Verbrechens halber wird der schuldig befundene auf die Fu\xDFsohlen so stark geschlagen, da\xDF die Haut davon abgeht. Ich getraue mich zu behaupten, da\xDF kein Tag vor\xFCbergehet, an welchen nicht solche Schl\xE4ge
ausgetheilet w\xFCrden. Auch dieses trau ich mich zu versichern, da\xDF es keinen Prediger gebe, der nicht ihre
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Schl\xE4ge schon erfahren h\xE4tte, mich ausgenommen; und wollte Gott, ich bliebe auf immer ausgenommen! Aber ich eile zur vieren Stufe.
Die vierte Art der T\xFCrkischen List mit welcher sie ihren Hauptzweck zu erhalten suchen, ist diese. Ist wohl noch ein schwererer Zustand m\xF6glich als der Ihrige? werden sie sagen? Aber was meynen Sie? Unser jetziger Zustand verh\xE4lt sich gegen die vierte Art ihrer List nicht anders, als Ihr Zustand gegen den unsrigen sich verh\xE4lt, den wir beseufzen. In diesem letzten Zustande befinden sich die Leute am Flusse
Drawa, wo der Ort
Ezechium (Eszek) liegt, und was noch weiter hin ist. Hier wird dem gr\xF6\xDFten Tyrannen j\xE4hrlich der Zehende von allen Knaben gegeben, aus welchen dann nur die sch\xF6nsten ausgesucht, und jene bestialische, den Teufel \xFCbertreffende Fu\xDFv\xF6lker erzogen werden, die man
Janitscharen nennt. Diese haben nichts eigenes, au\xDFer dem, was sie am Leibe tragen: sie wissen nichts von der Religion, ausgenommen den Vater unser, und den Englischen Gru\xDF, welches sie auch nur aus t\xE4glicher Gewohnheit wissen. Diese tragen eine zirkelrunde Ma\xDF vom Haus zu Hause herum. F\xFCr die Kinder nun, deren Kopfe dieses runde Ma\xDF nicht ausf\xFCllen, wird keine Kopfsteuer gezahlet, f\xFCr alle \xFCbrigen aber, und wenn deren hundert in einem Hause w\xE4ren, werden f\xFCr jeden zweyhundert und f\xFCnfzig Aspern gezahlt. Ja das ist fast eine t\xE4gliche, und, gew\xF6hnliche Steuer, da\xDF man statt dem Kopfgelde selbst, den Knaben dahin giebt; aber dieser ihren Zustand kann nur allein Gott beschreiben, der solchen sieht. Doch ist die Standhaftigkeit dieser Knaben zu loben, da\xDF sie in diesem \xE4u\xDFersten Zustande keine T\xFCrken werden wollen. Sollten die obern Gegenden einmal eingenommen werden, so wird unsern Marktflecken, und die herumliegende Oerter ein
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gleiches Schicksal treffen. Wird Siebenb\xFCrgen eingenommen seyn, so wird der Zustand von ganz Ungern mit dem Zustande derer \xFCbereinkommen, die an der
Drawa wohnen.
Hieraus k\xF6nnen Sie nun, wie in einem Gem\xE4lde sehen, in welchem Zustande alle Oerter unsers Ungerlandes sich befinden. Beurtheilen Sie denselben nach diesen Zeichen: Der leichteste Grad dieses Zustandes ist, wo sich kein T\xFCrk aufh\xE4lt; der andere, wo nur ein Offizier ist; der dritte, wo ein Richter ist; und der vierte, wo einer von den Knaben den Zehenden nimmt. \x97 Dieses alles mu\xDF man aber zu ihrem Hauptzwecke rechnen, welcher dieser ist, da\xDF \xFCberall einerley Religion, und zwar in der ganzen Welt die T\xFCrkische eingef\xFChrt w\xFCrde: denn welche sich beschneiden lassen, d\xE4rfen keines von diesen Uibeln erdulden.
Glauben Sie, da\xDF dieses gewisser sey, als die Sibyllinischen B\xFCcher, zumal da ich solches t\xE4glich sehe. Nichts ist hier niedergeschrieben, das nicht noch hundertmal grausamer und gewisser ist, als ich es ihnen erz\xE4hlen konnte. Die Sklaven und Freygelassenen haben mir den Zustand Asiens und Aegyptens beschrieben: wenn nun solches dem also ist, wie ich von ihnen geh\xF6rt habe, so sind die Arten unsrer Bedr\xFCckung in Vergleichung jener viel ertr\xE4glicher. Es ist keiner von den T\xFCrkischen grossen Herren, der in Ungern liegende Gr\xFCnde hat, der nicht auch zugleich in
Bosnien an den Gr\xE4nzen
Thraziens ganze D\xF6rfer haben sollte, die er aus gefangenen Ungern angelegt hat. Man hat dieses jetzt gleichsam zur Milderung des Zustandes ausgedacht, die F\xFCrsten fordern ganze St\xE4mme ab, und erkaufen sie mit einer grossen Summe Geldes, welches sie aber deswegen thun, damit diese verm\xF6ge ihrer Verwandschaft untereinander beysammen leben m\xF6chten. Denn ohnedem pflegen die Gefangenen allezeit in ihr Vaterland
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zu ihren Verwandte zur\xFCck zu eilen. Solche Oerter aber sind nur gleichsam Viehhorden. Denn der F\xFCrst w\xE4hlt aus denselben welchen Knaben er will, und zwar den sch\xF6nsten, und unterrichtet ihn in der Kriegskunst. Andere schickt er zum Geschenke andern F\xFCrsten; und andere verkauft er. Diese Kolonisten haben nichts Eigenth\xFCmliches. Sie ackern, graben, \xE4rndten unaufh\xF6rlich, wie das Vieh. Von dem, was ihnen w\xE4chst, n\xE4hren sie sich, alles \xFCbrige aber geh\xF6rt dem F\xFCrsten. In diesem Labyrinte des Elends erkennen wir doch noch die fast unglaublichen, g\xF6ttlichen, gn\xE4digen Schickungen, und danken ihm daf\xFCr unendlich. Denn unsere Schule bl\xFChet so sehr, als ich nur durch meinen Fleis zu bewerkstelligen vermag. Die Zahl der Lernenden ist auch so gro\xDF, da\xDF kaum zwey H\xF6rs\xE4le sie fassen kann: ob gleich von ihnen die meisten nur Knaben sind, so sind dennoch auch von den gr\xF6\xDFten ungef\xE4hr f\xFCnfzig. An diesen hab ich auch solche Lehrbegierde beobachtet, da\xDF sie in kurzem meine Wissenschaft ersch\xF6pfen werden; ja ich sehe voraus, da\xDF ihrer viele bald eines andern Lehrers ben\xF6htigt seyn werden. Leben sie wohl!*
Paul Thuri.
*So weit gehet das Schreiben des Thuri, dem noch einige lateinische Verse folgen.