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VIII.

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Zwote Fortsetzung des VI. Stücks.

Die Neigung eines Menschen ist mit der in den Nerven vorgegangenen Bewegung in sehr genauem Verhältnisse ; folglich wird die Neigung dieser Leute so oft abwechseln, so oft in ihren Nerven eine so gewaltige Veränderung vorgehet, zumal wenn dieselbe einige Zeit anhält. Die Gemühter werden also unbeständig, aber auch dabey muhtig werden, wie dieses Hippokrates schon längstens von den Europäern angemerket hat. Daß aber die plötzliche Veränderung der äußern Luft, die uns umgiebt, sehr vieles vermag, läßt sich nicht nur aus dem kurz Vorhergehenden beurtheilen, sondern die Erfahrung hat es auch mehr als zu deutlich gelehret. Herr de la Condamine, der in Peru fast alle hohen Berge besucht, und die

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Veränderung der Luft im Heraufsteigen auf dieselben bemerket hat, redet davon also: ,,Wir kamen auf Martinque zu dem Gipfel des sogenannten kahlen Gebirges, um ein Uhr Nachmittags, und zitterten für Frost, obgleich das Thermometer 17½ Grad über der Kälte stand. Man muß sich sogar an einem jeden Orte ziemlich lange aufhalten, damit man sich schlechterdings dazu gewöhne. Dieses beweiset, daß unsere Schweißlöcher nicht leicht ihre Größe verändern, oder daß wir nicht alsbald eine Leibesbeschaffenheit bekommen, welche sich in einen jeden Himmelsstrich schicket. Dieses ist sonder Zweifel auch die Ursache aller betrübten Zufälle ,welche sich von einer Zeit zur andern zutragen, wen maan genöhtiget ist über einen sehr hohen Gipfel, oder durch einen erhabenen Paß zu gehen. „ Herr Condamine setzt noch Verschiedenes von der Luftveränderung hinzu, die man im Hinaufsteigen auf diese Berge gewahr wird. Eine Höhe von 30 oder 40 Klaftern soll bisweilen ein solchen Unterscheid der Kälte machen, daß die Heranreisen den bisweilen ihren Pferden die Leiber haben aufschneiden, und sich darein legen müßen, um nur eimgermassen sicher zu seyn. Was aber dieser gelehrte Franzos

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von der Wärme und Kälte anführet, eben das gilt auch von der schleunigen Veränderung des Gewichtes der Luft. Ich würde noch viele Beyspiele hievon erzählen, wenn ich nicht von den übrigen Verschiedenheiten der Luft in den Ländern des Erdbodens, annoch einige Anmerkungen zu machen hätte. Wenn ein Land offen liegt, genug lüftig ist, und einer beständigen, aber doch dabey gelinden und unmerklichen Abwechselung seines Luftbezirkes genießet, so werden die Einwohner desselben, wenn sonst der Boden am Nöhtigen keinen Mangel hat, jederzeit frisch, munter, lebhaft, zu den künstlichsten Unternehmungen geschickt aber auch dabey verschlagen und muhtig seyn. Hergegen wenn ein Land der Luft keinen freyen Zugang verstattet, sondern gleichsam von hohen Bergen umzogen wird, die alle Winde und alle Ströme der Luft abhalten, so sind die Einwohner gerade zum Gegentheile geneigt. In Amerika, besonders in Peru, giebt es heiße und kalte Erdstriche, die so nahe an einander liegen, daß man nur in die Gebirge, oder wieder aus denselben gehen darf, wenn man Länder haben will, die weit mehr von einander unterschieden sind, als wenn

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man ganz Europa durchreisete. Dieses haben die Sternkundigen, welche aus Frankreich dahin gesandt worden, also befunden, und wir haben Ursache, ihre Nachrichten für die zuverläßigsten zu halten. Die Indianer, welche in diesem Lande unten an den Bergen, und in den durch das Gebirge verschlossenen Gegenden leben, sind nach ihren Berichten, angenehme, stille und ehrliche Leute. Sie verrichten das Ihrige, und bekümmern sich gar nicht um das, was bey ihren Nachbarn vorgehet. Sie sind keines Mißtrauens fähig, und sie lassen es sich nicht einmal in den Sinn kommen, daß man sie betrügen wolle. Ihr Temperament gleicht der Beschaffenheit der Luft, die vollkommen ruhig ist, und eine beständige Windstille hat. Allein die Indianer, welche oben an den Bergen und unter einem unruhigen und sehr veränderlichen Himmel wohnen, sind böse Leute von Natur dumm, dabey entsetzlich faul und verschwenderisch, und in Ansehung der Reichthümer überaus gleichgiltig Es wird nicht schwer seyn in Europa eben dergleichen Gegenden, und Einwohner von demselbigen Charakter zu finden. Die Schweizer kommen den Indianern, die in den dortigen Bergen

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liegen, ziemlich bey. Scheuchzer hat ihre Natur so gut aus einander gesetzt, daß wir gegenwärtig kein Bedenken tragen, ihre Neigungen und Gemühtsart von der Lage ihres Landes herzuleiten. Pohlen, und der nördliche Strich von Eropa könnte mit den andern Indianern Verglichen, die an höhern Orten und einem offenen Himmel liegen. Wollte ich hier noch weitläuftiger seyn, so könnte ich noch auf diejenigen Himmelsgegenden mein Augenmerk richten, wo gewisse Jahreszeiten hindurch einerley Winde blasen, uud alsdann so zu reden in dem Lande ein anderes Clima zuwege bringen. Dergestalt bläst in Java vom Aprile bis in den Heumonat ein so starker Westwind, daß das ganze Land entsetzlich trocken, und die Einwohner um diese Zeit, außer den gewöhnlichen Krankheiten, noch in eine Unwirksamkeit, und bisweilen in Wahnwitz verfallen, worinnen sie auf allerley seltsame Unternehmungen gerahten. Vom Weinmonde bis zum Christmonde, wehet gegentheils ein Nordostwind, der die Luft sehr feucht, und die Einwohner zwar etwas aufgeweckter, aber doch auch dabey blödsinnig macht.

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Allein ich will die weitere Ausführung und die Geschichte der Sitten in den verschiedenen Weltgegenden denen überlassen, die sie genauer abzuhandeln verlangen. Ich will vielmehr von den mittelmäßigen Ländern des Erdbodens etwas weniges hinzufügen. Diese scheinen ein Gemische von dem zu seyn, was ich im Vorhergehenden, von den nördlichen und südlichen Ländern gesagt habe. Die Lust ist daselbst zwar beständig gemäßigt, aber auch ungemein veränderlich. Folglich haben die in diesen Strichen befindlichen Einwohner allezeit einen sehr veränderlichen Charakter. Sie sind vergnügt und mürrisch, aufgeweckt und niedergeschlagen, sie hoffen alles, und verzweifeln beym ersten Augenblicke. Will man dergleichen Beyspicle in Europa antreffen, so darf man nur das Clima von Frankreich besuchen. Jeder Einwohner wird von der Wahrheit dieser Sache ein Beweis seyn, und es sollte uns der Stoff nicht fehlen, mehrere Völker von dergleichen Charakter in unserm Welttheile anzutreffen. Ehe ich die Wirkungen des Clima bey Seite setze, kann ich nicht unterlassen noch einer besondern Anmerkung zu gedenken. Sie hat den Herrn

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Arbuthnot zum Verfasser, und ich will sie deswegen anführen, damit sie zu weiterem Nachdenken und mehrerer Prüfung Anlaß gebe. „ Die Luft, spricht er, hat einen Einfluß in die Einrichtung der Sprachen der Menschen. Die geschlossene und enge Art zu sprechen der nördlichen Völker, kann vielleicht daher rühren, daß sie eine Abneigung haben, den Mund in kalter Luft weit aufzuthun, daher es dann kommen muß, daß ihre Sprache an stummen Buchstaben einen Ueberfluß hat; dahingegen von einer gegenseitigen Ursache die Einwohner wärmerer Gegenden den Mund weiter aufthun, daher denn eine sanfte Sprache entstehen muß, die einen größern Uiberftuß an Lautbuchstaben hat. „ Eben so behauptet auch der Doctor, daß Leute in windigten Gegenden von Natur laut zu reden gewöhnet wären, damit sie gehöret würden. Allein da diese Betrachtungen außer einer grossen Kentniß der Sprachgeschichte, auch noch eine genaue Einsicht in die verschiedenen Abstammungen derselben erfordert, so würden mir die vorgesetzten Gränzen meiner Abhandlung gebrechen, und ich würde wider meine Absicht handeln, wann ich auch nur etwas sehr

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Mittelmäßiges in dieser Sache fest setzen wollte.

Die Fortsetzung folgt.

Eine Anekdote, vom Könige Ludewig den XI.

Als dieser Monarch, im Jahre 1471. seine Bibliothek mit einer Abschrift von D. Rasis Werken vermehren wollte, entlehnte er das Original von der medicinischen Fakultät zu Paris, und gab derselben zur Sicherheit, nicht allein 96. Unzen Silber, sondern auch die Bürgschaft eines Kaufmanns für 100 Kronen. — So wunderlich es aussieht, daß ein König Unterpfand und Bürgschaft für ein Buch in seinem eingenen Lande stellet, so klar ersiehet man daraus, wie selten, und wie theuer die Bücher, auch noch einige Zeit nach der Erfindung der Buchdruckerkunst gewesen!


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Topic revision: r8 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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