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VII.
(P49)
Fortsetzung des vorhergehenden Stücks.
Nachdem nun das Gefühl bey den
verschiedenen Völkern mehr oder
weniger zärtlich und fein ist, desto
heftiger und gleichgültiger werden auch
die Leidenschaften seyn. Die Nordländer
kennen kaum die Natur der Laster, wozu eine gewisse Weichheit und Zärtlichkeit erfodert wird. In den südlichen hergegen
liebt man sie um deswillen, weil sie eine
Zärtlichkeit und Weichheit zum Grunde
haben. Wann jene in den rauhen und
beschwerlichen Beschäftigungen, in der
Jagd, in den Reisen, in den Kriegen,
und in dem Weine ihr Vergnügen finden, so werden diese es in dem Müßiggange, in der Liebe, und in einer Unwirksamkeit des Körpers antreffen. Wann
der Europäer beherzt und tapfer ist, so
ist der Indianer schüchtern und feige.
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Das Clima vermag bey den Einwohnern
dieser zween Welttheile so viel, daß sogar die Kinder der Europäer in Indien
die Tapferkeit ihres Clima verlieren.
Will man sagen: die Indianer und die
mittägigen Völker sind wild und grausam, wie können sie also verzagt und
kleinmühtig seyn? hat eine Indianerinn
das Herz sich lebendig zu verbrennen,
wie sollte nicht ein Indianer Herz genug
haben, den Feind ins Angesicht zu sehen,
und ihm Stand zu halten? Allein man
muß bedenken, wenn diese Nation eine
so lebhafte Einbildung hat, daß sie von
dem geringsten Gegenstande gerühret
wird, so macht eben diese lebhafte Einbildung, daß sie bisweilen das Aeußerste
vornehmen. Wenn sie den Tod auf
einer Seite scheuen, so scheuen sie auf
der andern tausend Dinge mehr als den
Tod selbst. Eben diese Vorstellung,
welche ihnen ein Mißtrauen gegen ihre
Kräfte einflößet, macht zugleich daß sie
stolz darauf sind, und ohne sich zu bedauren, unterliegen.
Wenn in den heißen Ländern die
waßerigten Theile des Blutes zu stark
verstiegen, so bleiben sie in den kalten
mehrentheils im Körper zurück, und er
ist die meiste Zeit mit gar zu vielen
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Feuchtigkeiten beladen. Die starken Getränke können dem Geblüte eine stärkere Bewegung, und dadurch den Austritt einiger überflüßigen feuchten Theile befördern. Sie sind also in den nördlichen
Ländern, dienlich und der Gesundheit
heilsam, und man findet auch, daß mit
den Graden nach Norden die Grade
des Trinkens unter den Völkern zunehmen. Hergegen wenn Muhammed den
Wein verbietet, so ist dieses ein Gesetz,
welches die Himmelsgegend in Arabien
ohnedem erfordert hätte. Die alten
Carthaginenser hatten schon das Verbot Wein zu trinken unter ihren Bürgern eingeführt, weil ihr Clima es
ebenfalls erforderte, und fast mit dem
arabischen einerley ist.
Wenn die Luft über dieses noch so
beschaffen ist, daß die Ausdünstung in
derselben nicht recht von statten gehen
will, so ist leicht zu erachten, was die
Einwohner dadurch für ein besonderes
Temperament bekommen werden. Denn,
wenn die Dünste aus dem menschlichen
Körper keinen freyen Ausgang haben,
so entstehen daher alle die langwierigen
Zufälle, die
Sanctorius mit so vielem
Fleiße angemerket hat: Verwirrungen
im Gehirne, der Schlag, unmäßig
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starkes Herzklopfen und Beängstigungen, zu
häufige Pressung des Geblütes, anhaltende Schwermuht, und bisweilen plötzliche Erstickungen, sind die natürlichen
Folgen einer durch die Himmelsgegend
verhinderten Ausdünstung. Es scheinet
auch, daß man dieserhalden die grausamen Unternehmungen mancher Engländer, und den Selbstmord unter ihnen,
nicht für ein so grosses Verbrechen halte,
als in andern Ländern: denn die engländischen Naturforscher haben gefunden,
daß die Ausdünstung daselbst, allen andern Excretionen noch lange nicht beykomme, ob sie gleich des Sommers doppelt so stark als des Winters ist. Allein
in Padua hat sie fast doppelt so viel betragen, als die übrigen Exceretionen zu
sammen genommen.
Die Verschiedenheit der Himmelsstriche hat noch über dieses eine solche
Wirkung auf die Einwohner, daß sie
dieselben bald zu einer bald zu der andern Kunst geschickter und geneigter
macht Die Engländer beschäfftigen sich
mit solchen Wissenschaften, die ein tiefes
Nachdenken, eine starke Beurteilung,
und einen unermüdeten Fleiß erfordern.
Frankreich hat die beßten Köpfe gezeuget, die sich durch ihre Einbildungskraft,
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durch ihren Witz und durch ihr schnelles
und munteres Naturell hervor gethan
haben. Soll man aber diese Fähigkeiten der gedachten Volker einem blossen Unterrichte, oder einer klugen Regierung,
oder den häufigen Mitteln, etwas in einem Lande zu erlernen, oder vielmehr
dem Clima, der Luftbeschaffenheit, und
ihren Wirkungen zuschreiben? Ich meyne, das letzte wird sich nicht allein am
vernünftigsten, sondern auch am gewissesten behaupten lassen. Denn, ist es die
gute Anführung, oder vielmehr das
Clima gewesen, das sich über die tausend und mehr Jahre
z. E. in Frankreich
erhalten hat, und daß die ältesten Gallier eben so beschaffen gewesen, als die
heutigen Franzosen sind?
Cäsar beschreibet sie uns nicht anders als
Barklaius,
und alle übrigen Neuern. Und
Arbuhtnot führet aus dem
Julianus ein sehr
merkwürdiges Beyspiel an, daß dieser
Kaiser einsmals einen Winter in Paris
zugebracht, da es daselbst mehr Komödianten, Tänzer und Musikanten, als
Bürger gegeben hat. Bey den alten
Griechen hießen die Einwohner von
Chius
wohllustig, leichtsinnig und lüderlich, und
das sind sie noch bis auf den heutigen
Tag. Diejenigen welche dahin
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gereiset sind, behaupten, es sey in der dortigen Luft so etwas vorhanden, das zur
Leichtsinnigkeit und Fröhlichkeit geneigt
machet. Dieses sind Betrachtungen, die
der gelehrte und oft beregte Engländer
über die Sitten der Völker in Ansehung
der Luftbeschaffenheit macht.
Wenn ich die feuchten Länder in Betrachtung ziehe, so befinde ich, daß die
Einwohner derselben wiederum einer besondern Gemühtsart unterworfen seyn
müßen. Wenn die Luft entweder durch
die häufige Ausdünstung, die aus dem
Boden solcher Länder, oder aus den
angränzenden, Meeren und Sümpfen,
oder sonst aus den daselbst befindlichen
Thieren und Pflanzen aufsteigen, feuchte
wird, und sich nicht wieder in kurzer
Zeit reinigen kann, so macht diese Feuchtigkeit, die die Einwohner in sich ziehen,
die Fibern in kurzer Zeit schlaff, unwirksam und unkräftig. Hieraus folgt nohtwendiger Weise eine Trägheit. Die
Leute werden lang, aufgeschwollen, und
bekommen eine bleiche Farbe. Sie verfallen aber auch dabey aus ihrer Schläftigkeit in eine Sklaverey, und die Dienstbarkeit wird ihnen zur andern Natur.
Sind feuchte Gegenden noch dazu heiß,
so werden die schlaffgemachten Fibern zu
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gleich hart und ausgetrocknet, und die
Leute gerahten in einen Zustand, der ihnen die vornehmsten Empfindungen raubet, und sie blöde und stumpf machet.
In einer kalten und feuchten Luft werden die häufig eingeschluckter. Feuchtigkeiten gemeinhin gehindert wieder fort
zu gehen; und wenn sich die Einwohner
nicht durch starke Getränke oder andere
Mittel davon zu befreyen wissen, so werden sie ungeschickt, und zu allem verdrüßlich.
Wir müßen allhier noch etwas von
den Ländern gedenken, in welchen die
äußere Schwere der Luft beständig abwechselt. Wenn auf dem menschlichen
Körper zu einer Zeit ein Gewicht von
1200.
Pfunden, zu einer andern aber eines von 3600. drücket, so ist es offenbar, daß dadurch auf einmal eine gewaltige Aenderung in den Fibern und in der
von innen widerstehenden Luft vorgehen
muß. Die Empfindung leidet vornehmlich darunter. Die Fibern werden bald
sehr wenig, bald erstaunend stark gespannet. Alle Nerven werden gerühret, und
das ganze thierische Empfindungssystem
gehet alle Augenblicke aus einem Zustande in den andern über.
Die Fortsetzung folgt.
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Ursprung der dreyeckichten Figur des Hutes.
So lange man im Kriege das Haupt
mit Helmen, und Pickelhauben
bedeckte, trug man die Hute rund. Da
aber jene abkamen, war die Runde dem
Reiter an Fassung seines Schwerdtes,
und dem Musketier am Tragen des Gewehrs, und im Exerciren hinderlich. Derowegen stulpte man erstlich beyde Seiten auf. Als nachgehends das Granatenwerfen hinzu kam, wurde das hintere
Theil des Hutes ebenfalls aufgeschlagen, um die Flinte desto leichter über den Kopf, auf die Schultern zu bringen.
Hieraus ist endlich die künstliche dreyeckichte Gestalt entstanden, und von jedermann seinem Hute gegeben worden, ob
er gleich weder den Palasch zu schwingen, noch eine Flinte zu tragen, noch
Granaten zu werfen hatte.
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