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XXI.

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Geschichte des Mayenkäfers.

Es giebt zweyerley Arten von Mayenkäfern, davon sich die eine in einem Jahre immer häufiger, als die andere, und zwar wechselweise sehen läßt. Ob es nun aber gleich einem jeden sehr leicht in die Augen fällt, daß sich diese zwo Arten, bey ihrer grossen Aehnlichkeit durch den Halsschild, der bey der einen roht, und bey der andern schwarz ist, unterscheiden: so giebt doch die harte, steift, und unter sich stehende Schwanzspitze, auch noch ein zum Unterscheide dienendes Kennzeichen ab. Denn, diese ist an allen mit einem rohten Halsschilde versehenen Mayenkäfern klein, und kurz, an denen aber, welche einen schwarzen Halsschild haben, länger und stärker; und an einigen dieser letztern, sind auch die Füße von schwarzer Farbe.

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Das männliche und weibliche Geschlecht beyder Arten ist leicht zu unterscheiden, indem es auch sogar den Kindeern bekannt ist, daß der an den Fühlhörnern befindliche blätrichte Büschel, wenn er lang ist, ein Männchen, wenn er aber kurz ist, ein Weibchen anzeige. Der blättrichte Busch der Fühlhörner ist kleiner, wann der Käfer ruht, als wann er fliegt, weil er denselben im letztern Falle auseinander breitet. Die eigentliche Gestalt dieser Käfer ist bekannt genug. Daß sich diese Käfer paaren, und alsdann lange aneinander hängen bleiben, ist ebenfalls bekannt. Das durch diese Paarung befruchtete Weibchen kriechet sodann in die Erde, und wann es sich eine Spanne tief eingegraben hat, entlediget es sich seiner Bürde, und leget etwas länglichtrunde, hellgelbe Eyer. Es kriechet sodann wieder aus der Erde, und nähret sich noch eine Zeitlang von den Baumblättern.— Aus diesen Eyern werden Würmer, welche die Gärtner und Ackersleute Engerlinge nennen, und die sie im Graben, und Ackern gar oft zu Gesichte bekommen, und um des Schadens Willen, der ihnen durch dieselben zuwächst, für ihren größten Feind halten.

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Denn, indem dieses Insekt die Wurzeln abnagt, befördert es ihr Verderben. Für sich, kriechen diese Würmer nicht leicht aus der Erde hervor, und wenn sie durch Ackern, oder Graben an das Tageslicht gebracht werden, suchen sie sich geschwind wieder zu verbergen; denn außerdem, daß die Vögel nach ihnen sehr lüstern sind, können sie auch die Stralen der Sonne gar nicht vertragen. — Dieser Mayenkäferwurm häutet sich im Jahre wenigstens einmal. Solches aber desto beqwemer verrichten zu können, machet er sich tief in der Erde eine geraume Hohle, in welche er seine ihm zu eng gewordene Wurmhaut ungehindert ablegt. Wann dieses geschehen, verläßt er diese Höhle wieder, um den Wurzeln nachzugehen, so lang es ihm die anhaltende Wärme des Erdbodens erlaubet. Denn wann dieser durch die Kälte verhärtet, so geht er wieder so tief in die Erde, daß ihm der Winterfrost nichts schaden kann, und bleibt auch so lang ohne alle Nahrung liegen, bis er von der Wärme aufs neue in die Höhe gelocket wird. Wann nun dieser Wurm sein viertes Jahr fast zu Ende gebracht hat, so ist

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die Zeit seiner Verwandlung vorhanden, und es verhält sich damit folgendermassen : Er gräbt sich im Herbste zuweilen eine Klafter tief in die Erde, machet sich daselbst eine Höhle, welche er durch seinen vorher abgelegten Unraht und andere Feuchtigkeit, so glatt, und eben auszuarbeiten weiß, daß er nicht nur eine beqweme, sondern auch eine sichere Wohnung darinnen, haben kann. Bald darauf fängt er an, indem er kürzer und dicker wird, aufzuschwellen, und legt endlich noch im Herbste seine letzte Wurmhaut ab, da er dann in dieser Höhle eine Puppengestalt hat, die einem Käfer schon ziemlich gleichet. Anfänglich sieht eine solche Puppe weislicht aus, nachdeme sie aber immer dunkler geworden, gewinnet sie ihre ordentliche Farbe, welche meist schlecht oranien- oder röhtlichtgelb ist. Der Kopf ist neben dem Halsschilde einwärts gegen die untere Fläche des Bauches gebogen. Die 6. Füße, die Fühlhörner und Flügeldecken, fallen ganz deutlich in die Augen.- Die Puppe behält diese Gestalt meist nicht länger, als bis in den folgenden Jäner, längstens bis in den Hornung, sodann kömmt aus ihr der Mayenkäfer, welcher anfänglich weisgelblicht aussieht,

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und erst nach 10. bis 12. Tagen seine rechte Härte und Farbe erhält. Da er aber vor seiner bestimmten Zeit nicht aus der Erde zu kommen pfleget, und also in derselben noch 2. bis 3. Monate verborgen bleibet, so stehen diejenigen Leute, welche zu dieser Zeit tief in die Erde graben, und die Mayenkafer darinnen finden, in der Meynung, daß sie sich nur verkröchen, und jährlich wieder herfürkämen.

Moralische Gedanken.

Es fällt dem menschlichen Herzen leichter, zehen wichtige Wahrheiten aufzuopfern, als einen einzigen angenehmen Irthum fahren zu lassen. Ein verstellter Freund ist gefährlicher, als ein offenbarer Dieb. Vor diesem, verschließt man sein Haus, jenem eröfnet man sein Herz. Wer ruhig schlafen will, der bekümmere sich nicht um das, was Morgen geschehen wird. Ein Thor sorget die ganze Nacht, und wenn der Tag anbricht, ist er nicht glücklicher, als er gestern war.

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Unter allen Ungeziefern ist der Verläumder das giftigste, der Schmeichler das gefährlichste, und der Schmarotzer das unverschämteste. Eine Wohlthat bleibt nie unbelohnt; wer aber wohlthut, um dafür belohnt zu werden, der ist keiner Vergeltung werth. Ein blosses Schwerdt in der Hand eines Rasenden, ist weniger zu fürchten, als ein feiner Verstand bey dem schwarzen Herzen eines Lasterhaften. Ein Blinder, der seinen Stock zu Rathe ziehet, fällt nicht so leicht in die Grube, als ein Sehender, der ohne alle Ueberlegung zuschreitet. Wer da wünschet, daß gut von ihm gesprochen werde, der hütte sich von andern Uebels zu reden! Eine beredte Zunge ohne Verstand, und ein Schiff ohne Steuermann, verfehlen beyde des rechten Weges. Hütte dich einen Schmeichler abzugeben ; wenn du aber ja schmeicheln will, so schmeichle andern, und niemals dir selbst. Man kann nicht immer glücklich; aber man kann immer zufrieden seyn. Wer das erstere verlangt, vergißt, daß er in

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der Welt lebt; wer das letztere suchet, bereitet sich zum Himmel. Wer geben kann, ist reich ; wer nehmen muß, ist dürftig. Ist also geben nicht seeliger, als nehmen. Man dienet Gott am beßten, wenn man ihm nachahmet. Wer seine Handlungen bessern will, muß zuerst sein Herz bessern. Der Wohllüstige unterscheidet sich von dem Zornigen wie ein zahmes Thier von einer wilden Bestie. Der Mensch erniedriget sich immer, er mag das eine, oder das andere werden. Es geht der Ehre, wie dem Schnee, beyde bekommen ihren Glanz niemals wieder, wann sie ihn einmal verloren haben. Je mehr ein Geitziger hat, desto mehr sucht er ; je mehr er sucht, desto mehr findet er; je mehr er findet, desto mehr will er; je mehr er will, desto weniger hat er ; und je weniger er hat, desto mehr will er haben. Das Glück legt seinen Günstlingen in der Welt einen schweren Zoll auf. Dieser bestehet in der Ungewißheit des Besitzes, und der Furcht für die Zukunft. Ein vornehmer Mann, von dem man etwas erhalten will, ist wie ein Platz,

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den man belagert. Um ihn einzunehmen, muß man seine Schwäche kennen, ihn zu rechter Zeit, und am rechten Orte anzugreifen wissen, und sich der gehörigen Waffen dabey bedienen. Es ist gefährlich von andern, aber noch weit gefährlicher, von sich selbst betrogen zu werden Die Alchymie ist eine Kunst, reich an Hoffnungen, freygebig an Versprechungen, und sinnreich, ihren Anhängern Mühe und Arbeit zu machen. Ihr Anfang ist lügen, das Mittel arbeiten, und das Ende betteln. Die Zungendrescher, die Charlatans, die Spieler, und die Lakayen sind sehr nützliche Leute in einem Staate. Die ersten lehren uns, daß wir nicht rechten sollen, damit sie nicht durch ihre Chicanen, uns um unser Vermögen bringen. Die andern lehren uns mäßig zu leben, damit sie uns nicht durch ihre Arkana tödten. Die dritten erwecken unsere Vorsicht das Unsrige zu bewahren; und die vierten haben das Geheimniß gefunden, uns das Vergnügen kennen zu lehren, daß wir uns selbst bedienen, damit wir nicht nöhtig haben, uns zu ärgern.


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Topic revision: r6 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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