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XXII.

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Die Hochzeichtgebräuche der Hottentotten.

Wenn ein Hottentotte sich verheurahten will, so entdecket er seinen Vorsatz nicht zuerst dem Gegenstande seiner Liebe, sondern seinem Vater, oder einem andern Verwandten, der am meisten über ihn zu sagen hat. Ist dieser mit der Heuraht zufrieden, so gehet er mit ihm gerades Weges zu dem Vater, oder wenn sie keinen mehr hat, zu dem Verwandten, unter dessen Gewalt das Mädchen stehet. Bey ihrer Ankunft überreichet der Freyer der Gesellschaft Taback, sie rauchen, und reden von gleichgiltigen Dingen, und die Absicht ihres Besuchs wird erst zuletzt auf das Tapet gebracht. Ist nun der Antrag geschehen, so unterredet der Braut Vater sich in ihrer Gegenwart mit seiner Frauen, und ertheilet alsdann die

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Antwort. Fällt selbige nicht nach Wunsch aus, so gehn Vater und Sohn ihres Weges, und es wird weiter nicht an die Sache gedacht. Williget aber der Vater oder Verwandte in die Heuraht, so trägt man der Tochter die Sache vor. Will diese nicht, so hat sie nur ein einziges Mittel, sich loszumachen, welches sehr lächerlich ist, aber allemal gebraucht wird. Sie legt sich nämlich mit dem Liebhaber auf die Erde, und dann streiten sie die ganze Nacht miteinander. Doch dürfen sie nicht aufstehen, und einander Ohrfeigen geben; sondern sie bleiben liegen, und zwicken einander, so stark sie können, in die Lenden. Kann nun das Mägdchen dem Kerl obsiegen, so ist sie seiner los, und er darf nicht mehr an sie gedenken. Geschieht aber das Gegenthei!, wie ordentlich, so muß sie ihn heurahten, sie mag wollen, oder nicht. Ist nun die Heuraht geschlossen, so folget eine grosse Lustbarkeit. Der Bräutigam wählet sogleich 2. oder 3. fette Ochsen von seiner oder seines Vaters Heerde, nachdem er reich und vornehm ist, und treibet sie vor die Hütte seiner Braut. Alle seine Verwandte und Nachbarn, Männer und Weiber begleiten ihn

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bis dahin. Vor dem Brauthause werden sie von ihren Freunden und Nachbarn mit außerordentlichen Liebkosungen empfangen. Man schlachtet die Ochsen, und die ganze Gesellschaft beschmiert sich den Leib, und bestreichet sich mit Bouchu. (lateinisch Sphaenon, oder Sphonon.) Je dicker das Fett, und das Pulver auf ihnen liegt, je schöner sind sie nach ihrer Meynung. Die Weiber schmieren sich nach ihrer Manier, um desto schöner zu seyn, und das Fest destomehr zu ehren. Wenn die ganze Gesellschaft auf erwähnte Weise geschmückt ist, so schreitet man zur Hochzeitscerimonie. Zu dem Ende hocken die Männer in einem Kreise nieder, und der Bräutigam ist in gleicher Positur in der Mitte. So dann tritt der Pfaffe, den man allemal aus der Braut Dorfe nimmt, in den Kreis, nähet sich zu dem Bräutigam, und besprenget ihn mit seinem natürlichen Wasser. Dann gehet er in den Kreis der Weiber, und verrichtet eben diese Besprengung der Braut. Diese Cerimonie verrichtet er dreymal, bis daß das Ceremonienwasser ein Ende nimmt. Wahrend derselben giebt er ihnen folgenden Seegen: Ihr sollet lange, und glücklich beysammen leben! Ihr sollet

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einen Sohn haben, ehe das Jahr zu Ende geht! Dieser müße euer Trost in eurem Alter seyn; er werde ein tapferer Mann und grosser Jäger! Wenn nun die Cerimonie vorbey ist, so werden die Ochsen in grosse Stücke zerschnitten, und theils gesotten, theils gebraten, und in Töpfen, die ganz von Fett glänzen, aufgetragen. Die Männer und Weiber sitzen in abgesonderten Kreisen auf der Erde; nur der Bräutigam allein hat die Erlaubniß, mit den Weibern zu essen, doch bekömmt er seine besondere Portion. Statt der Löffel gebrauchen sie Muschelschaalen, und das Fleisch zerreißen sie mit den Fingern, ausser wenn etwa einer ein Messer von einem Europäer gekauft hat. Nach dem Essen rauchen sie Taback. Jeder Kreis hat eine Pfeiffe, woraus jeder einige Züge thut, und sie dann seinem Nachbarn giebt, und so geht sie von Hand zu Hand, bis sie leer ist, da sie denn wieder gefüllet wird. Dieses Rauchen, wobey sie Wasser mit Milch vermischt trinken, währet, bey beständigem Geschwätze, bis in die sinkende Nacht, da die Gesellschaft auseinander geht, und das neue Paar sich schlafen legt. Des folgenden Tages kommen sie wieder zusammen, und

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bringen ihn eben wie den vorigen zu. Dieses geschiehst auch am dritten und vierten, kurz, so lange, bis von den geschlachteten Ochsen nichts mehr übrig ist.

Die Reise nach dem Monde.

Ein neugieriger Mensch fragte sieben an einem Orte versammlete Weisen: was das Merkwürdigste in der ganzen Philosophie sey? Nach einem Nachdenken antwortete der Tiefsinnigste unter ihnen: die Meynung der Sternkundigen, daß die Fixsterne Sonnen sind, und, wie unsre Sonne, ihre Planeten haben, welche so, wie unsre Erde, bewohnet sind. Die übrigen Weisen gaben ihm Beyfall. Sie verfügten sich einmühtig in den Tempel des Jupiters, und bahten um Erlaubniß, eine Reise nach den Mond thun zu dürfen, um diesen Weltkörper in der Nahe zu betrachten. Jupiter gab ihnen eine Wolke, durch welche sie von einem hohen Berge bis in den Mond fortgeführet wurden. Bey

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ihrer Ankunft führte man sie in einen prächtigen Pallast, worinn sie von ihrer Reise bis zum folgenden Mittage ausruheten. Nun genossen sie eine so vortreffliche Mahlzeit, daß sie den ganzen Tag genug zu thun hatten, die genossenen Speisen zu verdauen, und nicht vermögend waren, an etwas weiter zu denken. Am Abend sahen sie zum Fenster hinaus, und erblickten eine vortreffliche mit Blumen geschmückte Wiese. Der balsamische Duft der Blumen erqwickte sie, und in ihren Ohren ertönte der lieblichste Gesang der Vögel. Mit diesen Annehmlichkeiten unterhielten sich unsre Weisen lange, verschoben ihre Beobachtung bis auf den folgenden Tag, und giengen vergnügt zu Bette. Ehe die Morgenröhte anbrach, verließen sie ihr weiches Lager. Da sie eben ausgiengen, ihre Beobachtungen anzustellen, kam ihnen ein Schwarm junger Mägdchen entgegen. So kaltsinnig sie diese muntern Geschöpfe anfänglich betrachteten, so geschwind wurden sie dennoch von ihrer Zärtlichkeit bezaubert. Kurz : sie traten in ihre Reihen, und nahmen Theil an ihren Spielen und lustigen Tanzen. Auf einen fröhlichen Morgen folgte die herrlichste Mittagsmahlzeit. Uiber der

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Tafel ertönte die prächtigste Musik. Alles lachte, alles ahtmete Vergnügen. Gegen Abend entstand unvermietet ein entsetzliches Geschrey. Die Einwohner des Mondes beschuldigten die Fremdlinge, daß sie ihre Töchter verführt hätten, und verlangten, daß an ihnen die schwereste Rache ausgeübt werden sollte. Den Weisen war dabey sehr übel zu Muhte. Zum Glücke war eben jetzt die ihnen zur Reise nach dem Monde bestimmte Zeit vorbey. Die dienstfertige Wolke erschien, und holte sie wieder aus dem Lande ihrer Beobachtungen zurück. — Das Leben aller Menschen, welche nicht immer den grossen Zweck, warum sie leben, vor Augen haben, ist nichts weiter, als eine solche Reise nach dem Monde. Die Kindheit ist unfähig, und die Jugend zu flüchtig, ernsthafte Betrachtungen anzustellen. Das männliche Alter wird durch die unordentlichen Triebe der Natur hingerissen, und mit aus schweifenden Ergötzlichkeiten zugebracht. Der Abend des Lebens wird mit Schwermuht, Sorge, Verdruß, und Gram beschlossen.

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Der geadelte Bürger.

Ludewig der eilfte, der immer begierig war, sich zu unterrichten, lud allerhand Fremde, ja sogar verschiedene Kaufleute an seine Tafel, und er bediente sich der Tischfreyheit, um sie zu vermögen, sich mit Vertraulichkeit gegen ihn heraus zu lassen Ein Kaufmann ward durch die Gütigkeiten des Königes, welcher ihn oft mit sich speisen ließ, verführet, sich einen Adelsbrief von ihm auszubit ten. Dieser Prinz willigte in sein Begehren ; als aber dieser neue Edelmann vor ihm erschien, würdigte er ihn nicht einmal eines Blickes. Der Kaufmann, welcher ganz erstaunt war, daß man ihm nicht, wie vorhin begegnete, beschwerte sich darüber. — Geht, mein Herr Edelmann, sagte der König zu ihm : als ich euch an meine Tafel zog, so betrachtete ich euch als den ersten Bürger; nun aber, da ihr der letzte Edelmann seyd, so würde ich den Uibrigen Unrecht thun, wann ich euch die vorige Gunst erzeigte !


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Topic revision: r7 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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