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XXIII.

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Gedanken über den grossen Wehrt der Zeit.

Wir verschwenden unsre Zeit, aber wir brauchen sie nicht; wir ahtmen, aber wir leben nicht. Verschwendete Zeit ist Daseyn; gebrauchte Zeit ist leben. Das bloße Daseyn pflegt den Menschen, der zum Leben geschaffen worden, zu martern, und mit einer unerträglichen Bürde niederzudrücken. Warum? weil, ihm die Zeit zum Gebrauche, nicht zur Verschwendung, verliehen wurde. Der Zeit ward befohlen zu fliegen; mit Stürmen, Fluhten und Sternen gleich schnell fortzueilen, und nimmer aus den Menschen zu warten!
Young
Die unglaubliche Hurtigkeit, mit welcher alle Scenen des menschlichen Lebens, die Geschwindigkeit, mit welcher Monate, Jahre, und ganze Lebensalter vorübereilen, und der hieraus folgende und schätzbare Wehrt der flüchtigen Zeit, fordert uns auf, über den guten Gebrauch derselben, nach Anleitung des vortrefflichen Young, einzelne Betrachtung anzustellen, und unsre günstigen Leser an einige Pflichten zu erinnern,

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deren Beobachtung auf unsere künftige Glückseligkeit die nächste Beziehung hat. Wirf Königreiche weg, sagt Young, und sey nicht zu tadeln! Ergreif Augenblicke ! Der Himmel ist auf ihren Schwingen. Vielleicht wünschen wir einst einen Augenblick zu haben, wenn Welten zu arm sind, ihn zu kaufen. — Es ist nichts gewissers, als daß außer der Zeit, sonst nichts den Menschen eigen ist; alles übrige gehört dem Glücke. Welcher Schatz wird aber wohl weniger genutzet und häufiger verschwendet, als der einzige, der wirklich in unserer Gewalt ist, und durch dessen vernünftigen oder verkehrten Gebrauch wir freywillig, entweder Glückseligkeit oder Verderben ein kaufen? Unser ganzes Leben ist eine kurze Reihe flüchtiger Augenblicke, wovon jeder uns zu besondern Wichten auffodert. Die Tage der Kindheit verflattern, unter kindischen Spielen, ehe wir uns besinnen .können, daß wir wirklich lebten; die jugendlichen Jahre der Bildung unsers Herzens und unserer Seele eilen, zwischen Scherz und Leichtsinn, auf eben so flüchtigen Schwingen davon. — Jede Periode des menschlichen Lebens verschwindet, wie ein abgeschossener Pfeil, vor unsern Augen. Kein Augenblick

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wartet auf uns. Wir müßen den gegenwärtigen ergreifen, wenn wir einträglichen Tribut von ihm fordern wollen. Es ist thöricht den folgenden in Unthätigkeit zu erwarten, lächerlich den vergangenen zurück wünschen zu wollen, und gefährlich, den gegenwärtigen ungenützt vorüber eilen zu lassen. Wir sehen einer uns bestimmten Ewigkeit entgegen ; einer schrecklichen Ewigkeit, wenn wir die Zeit nicht zu brauchen wissen! Von vergänglichen Augenblicken, hängt unvergängliches Wohl oder Weh ab. Ihre Anwendung entscheidet alles. Die Ungewißheit der Dauer unsers Lebens verdoppelt die Pflicht eines weisen Gebrauchs derselben. Nichts kann uns entschuldigen, wenn wir mit der verschwendeten Zeit zugleich unsere Stetigkeit verscherzen. Nur vorsichtige und sparsame Haushalter können Reichthümer sammeln. Der Verschwender kauft sich für seine verwahrloseten Schätze, eine sichere Reue und gewisses Elend. Das ist zugleich das unvermeidliche Schicksal, jedes Verschwenders der Zeit. Der Weise giebt sie wie Geld mit sparsamer Hand aus. Er zahlet keinen Augenblick hin, ohne damit so viel zu erkaufen, als er wehrt ist.

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Langeweile — unbegreiflicher Zustand eines Menschen, dem die Vernunft zur Last fällt! oder ist sie eine zur Demühtigung der Menschheit ersonnene Erdichtung? So scheint es. — Aber was läßt sich wohl erdenken, daß vom Menschen nicht auch gesagt werden könnte? Ist er wohl jemals deutlicher geschildert worden, als wenn ihn Haller ein unseliges Mittelding vom Engel, und vom Viehe nennet? — War die Vernunft wohl einem Geschöpfe nöhtig, das die edlen Stunden eines Tages, mit nichts als Seutzern über die lange Weile anzufüllen weis? — Hat er vom Menschen mehr, als die Figur der unglückliche Orgon? — Die Zeit steht wie es scheint, für ihm allein stille. Der Gedanke, mich schläfert — wie kann der einen langen Tag ausfüllen, wenn es nicht sein Abgott der Schlaf selbst thut? mich hungert — das ist bald gedacht. — Zum Glücke geht über der gemächlichen Befriedigung dieses Triebes ein guter Theil des Tages hin; für einen Orgon der glücklichste Theil! Er fliehet die Zeit, diese flieht vor ihm. Wie Atlas unter der Welt, so ächzet er unter der Last einer einzigen Stunde. Wenn er 50. Jahre da gewesen, hat er dann wohl

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einen Tag wirklich gelebt? Nur die gebrauchte Zeit ist Leben. Wäre doch das bloße Daseyn nur den Orgons allein eigen ! Aber wir müßen es unverstellt sagen, daß der unnütze Gebrauch der Zeit nichts geringeres, als eine Verschwendung derselben ist. Wenn wir der Uiberladung unsers Magens die eine Hälfte des Tages, und die andere Hälfte der Verdauung; wenn wir die eine Hälfte dem Vergnügen, mit gemalten Puppen, Steinen, oder Blättern zu spielen, und die andere dem zweydeutigen Geschäfte widmen, unsern Gewinnst oder Verlust zu überzahlen ; wenn wir die eine Hälfte anwenden, uns krank zu machen, und die andere auf die Wiederherstellung der verschleuderten Gesundheit zu denken; wenn wir in zeitverderbenden Gesellschaften, die beßten Stunden des Tages tobten, oder durch muhtwillig durchwachte Nächte die folgenden Tage zur Hälfte abkürzen — haben wir dann wohl etwas mehr gethan, als Herr Orgon? Wir haben die Zeit nur auf eine Art, als er verschwendet. Halten wir etwann die Zeit, wenn sie einmal vergangen ist, für gänzlich verschwunden? Der tiefsinnige Young benimmt uns diesen Irrthum mit vielem Nachdrucke. Der Geist

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des abgeschiedenen Tages, sagt er, wandelt umher, und lächelt uns (wenn wir ihn zu schätzen gewußt) als ein Engel an, oder dräuet uns, (wenn wir ihn muhtwillig getödtet haben) als eine Furie. . Nur die gebrauchte Zeit kann uns erfreuen und glücklich machen. Ein Mensch, der seine Stunden durch ein redliches Bestreben und rechtschaffene Absichten heiliget, benimmt zu gleicher Zeit, dem Leben seine Beschwerden, und dem Tode seinen Stachel. Er wandert mit der Natur, und ihre Wege sind Friede. Ein Tag verlohren? unersetzlicher Verlust! Ist nicht jeder Tag ein eignes Leben? Der Schlaf ist das natürliche Bild des Todes. Das Erwachen an jedem Morgen, eine neue Geburt. Sollte uns nicht an jedem Morgen die ge naue Verbindung des gegenwärtigen Lebens mit dem zukünftigen, sollten uns nicht alle die Pflichten billig, einfallen, und an den vernünftigsten Gebrauch der Zeit erinnern, ohne deren Erfüllung wir der Ewigkeit nicht ohne Schrecken entgegen sehen können? Jeder verlohrne Tag, den wir der Thorheit, dem Müßiggange, oder dem Leichtsinne zum Opfer brachten, schreyet so laut um Rache, daß wir

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für seiner Anklage erzittern sollten. Lasset uns also weise seyn, und mit der Zeit klüglich haushalten lernen; damit wir, wenn wir die vergangenen Stunden fragen, was für Bohtschaft sie dem Himmel gebracht? über ihre, Antwort nicht erröhten dürfen!

Mittel wider die Mücken.

Obgleich die Mücken ihre Eyer ins Wasser legen, und dasselbe mit einer unzählbaren Brut anzufüllen pflegen, die den Fischen, Krebsen, und Wasservögeln, welche für uns eine so schmackhafte Speise sind, zum Unterhalte dienen, so fallen sie doch den Menschen, sowohl auf Spaziergängen, als in Schlafzimmern sehr zur Last, und verursachen ihnen durch ihren Saugstachel viel schmerzhafte Empfindung. Nicht selten sieht man empfindliche Personen, überall mit Knoten bebeckt, von ihren Spatziergängen zurückkommen. Es ist daher der jetzigen Jahreszeit gemäß, noch kürzlich etwas von den Mitteln zu sagen, wie

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man sie aus den Schlafzimmern vertreiben, und sich für ihren Stich entweder verwahren, oder ihn heilen soll. Zur ersten Absicht räht Hr. von Arvieux, Abends ein brennendes Licht in ein Nebenzimmer zu setzen, die Thür offen zu lassen, und die Mücken durch die mit einem flatternden Tuche in Bewegung gesetzte Luft aus ihren Schlupfwinkeln hervor zu treiben. Hierdurch werden sie genöhtigt, dem Lichte nachzufolgen, und das Schlafzimmer zu verlassen. Da die Mücken das Licht lieben, darf man ihnen auch nur ein Nachtlicht ins Nebenzimmer setzen, um ihnen die Lust zu benehmen, ins unerleuchtete Schlafzimmer zurück zu kehren. Hr. Vincenz Menghini versichert, daß man durch den Rauch von angesteckten Kampfer die Mücken sicher tödten und aus den Zimmern vertreiben könne. In einem Gemache, welches 7. bologneser Schuh hoch und 13 breit war, mußte, auf sein Anrahten, des Abends 2 Skrupel Kampfer angesteckt, und die Fenster dichte zugemacht werden. Am folgenden Tage fand man alle Mücken todt an der Erde liegend.

(Der Beschluß folgt im nächsten Stücke.)


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Topic revision: r8 - 17 May 2011, MarleneBurgstaller
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