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XXXIII.

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Die Hundstage.

Die Sonne hat außer ihrer täglichen Bewegung von Osten nach Westen, welche Tag und Nacht verursacht, noch eine andere scheinbare Bewegung von Westen nach Osten, vermöge welcher sie nach Verlauf von 365. Tagen bey eben dem Sterne wieder steht, von welchem sie sich sechs Monate entfernet, und dem sie sich die 6 folgenden Monate wieder genähert hatte. Daher kam es, daß die alten Beobachter des Himmels die verschiedenen Jahreszeiten nach den Sternen unterschieden, welche die Sonne auf ihrer jährlichen Laufbahne antraf. Sie theilten ihren jährlichen Lauf in 12 Sternbilder, welche die zwölfZeichen des Thierkreises, oder die zwölf Häuser der Sonne genennt wurden, davon sie jedes einen Monat lang bewohnte. Der Sommer fängt sich bey uns an, wann die

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Sonne in das Zeichen des Krebses tritt, welches gegen den 21 oder 22sten Junii geschehen muß. Alsdann steht die Sonne an unserm Horizont am höchsten, und schießt ihre Stralen auf uns. Von dieser Zeit an, erfolgt die Sonnenhitze, welche in den folgenden Monaten immer größer wird, je stärker der Erdboden von ihren brennenden Stralen erhitzt worden ist. Solchergestalt ist der Julius und ein Theil des Augusts gemeiniglich die wärmste Jahreszeit; und man hat aus der Erfahrung gefunden, daß sich die größte Hitze vom 20.Julii bis zum 20. Augusti äußere. Nun traf es sich, daß unter allen Gestirnen grade der Hundsstern der glänzendste war, mit welchem die Sonne zu derselben Zeit in Verbindung stand. Dieser Stern verliert sich einen Monat lang in den Sonnenstralen aus unsern Augen, gleichwie dieses nach und nach allen Gestirnen widerfahrt, welche die Sonne auf ihrer jährlichen Laufbahne antrift. Dieser Monat, da man den Hundsstern nicht sehen kann, ist nun die Zeit der Hundstage. Die ganze Sache würde nicht von sehr großem Gewichte seyn, wenn sie nicht durch das eingewurzelte Vorurthei welches unter einen groffen Theil der schen

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Menschen herrschend geworden ; wichtig gemacht worden wäre. Durch eine alte Tradition wird dem Einflusse des Hundssterns, auf den Erdboden und auf die Thiere und Menschen, die Wirkung der Hitze zugeschrieben, welche gemeiniglich in den Hundstagen am höchsten steigt. Dieses ganze Vorgeben wird schon dadurch lächerlich, wenn man bedenkt, daß die Verschwindung des Hundssterns in den Sonnenstralen nicht einmal immer auf die Zeit fällt, welche wir die Hundstage nennen; eigentlich fangen sie jetzt erst zu Ende des Augusts an, und endigen sich gegen den 20sten September. Und da der Hundsstern immer weiter fortrückt, so wird er mit der Zeit denOctober, und November erreichen. Ja endlich wird es sich ereignen, daß er auf den Jänner fallen wird, wo wir als dann in den Hundstagen, die empfindlich ste Kälte haben werden. Wenn man dieses bedenkt, so sieht man wohl, daß der Hundsstern unmöglich die Wirkungen verursachen könne, welche sich zur Zeit der größten Hitze bey uns ereignen. Wenn also in den sogenannten Hundstagen Wein und Bier in schlechten Kellern umschlägt, wenn gährende Materien sauer werden, wenn stehende Wäßer

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austrocknen, und Brunnen versiegen, wenn Hunde, und andere Thiere, ja selbst Menschen toll werden, wenn uns Krankheiten zustossen, welche wir uns durch Übels Verhalten bey der Hitze zugezogen haben, so rührt dieß alles unmöglich davon her, daß der Hundsstern sich hinter die Sonne steckt; sondern die einzige Ursache, von allen diesen Wirkungen ist die Luft, welche in diesen Tagen außerordentlich heiß ist. Es wäre in der That Zeit, daß wir ein Vorurtheil ablegten, welches dem menschlichen Verstande so wenig Ehre macht. Wer sich einbilden kann, daß gewisse Figuren, die man am Himmel erdacht hat, auf den Erdboden, und auf die Leibes- und Gemühtsbeschaffenheit der Menschen einen Einfluß haben können, der verräht eine unverzeihliche Thorheit. Nicht die Sterne, sondern wir selbst sind gemeiniglich an unserm Unglücke Schuld. Wenn daher in diesen Tagen, sich verschiedene tödtliche Krankheiten ereignen, so laßt uns dieselbe ja nicht mit dem erdichteten Einflusse des Hundssterns, der ein wahres Unding ist, sondern unserer eignen Unvorsichtigkeit und Nachläßigkeit zuschreiben.

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Verfolg der Mittel Wider den Stich der Bienen.

Unter die bekanntesten Mittel gehört wohl 1) die augenblickliche Herausziehung des Stachels, wodurch das Schwüren der Beule verhindert wird, das Zusammendrücken der Wunde, und die Zerqwetschung der Biene aus derselben. 2) Das Auflegen oder das Aufdrücken einer frischen kühlen Gartenerde, welches wir sehr oft untrüglich gefunden, und 3) das Ohrenschmalz, womit schon viele gute Versuche gemacht worden. Einige schlagen 4) warmen Urin, oder Wasser mit gestossener Petersilie, andere 5) den Bienenhonig selbst zur Linderung der Schmerzen vor. Man bestreicht damit die Wunde, und legt ihn, so bald er trocken geworden, von neuem auf.

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Von den menschlichen Klugheitsregeln.

Gib deinem Schöpfer das, was man ihm leisten soll: Eh du was unternimmst, so überleg es wohl. Den Niederträchtigen muß stets dein Umgang fliehen; Sey nicht auf Gaben stolz, die du voraus verliehen. Das Urtheil anderer, nimm an mit Willigkeit, Und wann man deins bekämpft, so zeig Gelassenheit. Such dem, was man dir sagt, aufmerksam zuzuhören; Dring Niemand auf, in dir den grossen Geist zu ehren. Sprich nie mit einem was, wovon er gar nichts kennt; Von deinen Reden sey die Wahrheit ungetrennt.

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Das, was du zugesagt, darfst du nie treulos brechen; Indessen mußt du nichts unüberlegt versprechen. Sey dienstbar, höflich, sanft, gesellig und beqwem, Und mache jedem dich beliebt und angenehm. Nicht zu vertraulich sey von zwanglosen Betragen: Entscheidend darfst du nichts, bis du geprüfet, sagen. Lieb ohne Eigennutz, verzeihe großmuthvoll. Gib Obern knechtisch nie, der Ehrerbietung Zoll. Die Freundschaft, die du stifst, mußt du mit Sorgfalt nähren, Und ohne Noht die Ruh nicht durch Processe stören. Neugierig forsche nicht, was dort ein andrer macht, Und was du selber thust, verhöhle mit Bedacht. Leih mit Freywilligkeit nur lern auch unterscheiden; Wann du belohnen müßt, lohn reichlich und mit Freuden.

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Zeigst du der Welt dich bald in dem, bald jenem Licht, So weiche von der Bahn und Selbsterkenntniß nicht. Fühl bey des Nächsten Noht, des Mitleids edle Schmerzen; Gib seinen Fehlern nach; als Freund sey treu von Herzen. Besieg den Gram, dem sich oft die Vernunft ergiebt, Und hüte dich daß der nicht andre mit betrübt. Da, wo die Zwietracht herrscht, da stifte stets den Frieden: Statt Rache such den Feind durch Wohlthun zu ermüden. Dein Tadel sey nicht hart, dein Lob nicht Schmeicheley: Lach mäßig ; einem Scherz stimm ohne Streitsucht bey. Erweise jedermann nach seinem Stand die Pflichten, Und über nichts mußt du aus bloßem Hochmuht richten.

(Das Uibrige folgt.)


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Topic revision: r6 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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