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XLIV.
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Gedanken vom Steine der Weisen.
Mann hält diejenigen für Narren, die den Stein der Weisen suchen, und man hat Recht dazu. Es ist gar zu wenig Wahrscheinlichkeit da, daß man ihn finden; und gar zu viele, daß man sich an den Bettelstab bringen wird ; wann man ihn suchet. Es ist merkwürdig, daß selbst unter den geschicktesten Chymisten, während der Zeit, daß die einen ihr Leben mit diesem Suchen zubringen, die andern darüber spotten ; und die Sache für unmöglich halten. Einem Weltweisen kömmt es zu die Möglichkeit dieser Aufgabe zu untersuchen ; ohne sich viele Mühe zu geben, sie aufzulösen. Die Naturlehre wird ihn auf folgende Sätze führen :
Erstlich : Entweder alle Materie ist gleichartig; und alsdann sind die
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verschiedenen Körper in der Natur nicht weiter, als durch verschiedene Gestalten, und verschiedene Einrichtungen der Theile dieser Materie unterschieden. Oder zweytens: alle Theile der Materie schränken sich auf eine gewisse Zahl von Arten ein, welche die Elemente aller Körper sind, fast so, wie die Chymisten sie annehmen, ob sie gleich weder über die Zahl, noch über die Natur ihrer Elemente einig sind. Und dann sind die Körper nicht weiter unterschieden, als durch die verschiededene Maaße und Verbindung dieser Stücke, woraus sie zusammgesetzet werden. Oder drittens: alle Theile der Materie sind an und für sich selbst so mannigfaltig, als alle verschiedene Körper in der Natur sind; und alsdann wird ein jeder Körper aus solchen Theilen zusammgesetzt seyn, die ihm einzig, und allein ähnlich sind. Das Gold wird blos aus Goldtheilen, das Eisen aus Eisentheilen, und das Holz aus Holztheilen zusammgesetzt seyn.
In dem ersten Falle würde es verwägen seyn, zu sagen, daß es unmöglich sey,in einigen Körpern denTheilen der Materie eine andere Gestalt, und eine andere Ordnung, als die, welche sie haben, zu geben; und es würde weiter nichts
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erfordert werden ; um Bley, oder Wolle in Gold zu verwandeln. — In dem andern Falle kann man nicht sagen, daß man nicht so weit gelangen könne, das Maas und die Verbindung der elementarischen Stücke zu finden, welche zur Hervorbringung des Goldes nöhtig sind. — In dem dritten Falle würde man noch weniger Grund haben, zu behaupten, daß kein Körper in der Natur, das Gold ausgenommen, goldmachende Theilchen in sich enthalte, und daß es unmöglich sey, sie daraus zu ziehen.
Man mag also den Stein der Weisen von welcher Seite man will, betrachten, so kann man die Unmöglichkeit desselben nicht beweisen; es ist aber leicht, die Thorheit derjenigen einzusehen, welche ihre Zeit, und ihre Güter, selbigen zu suchen anwenden; indem sein Wehrt noch nicht groß genug ist, der wenigen Wahrscheinlichkeit, welche man hat, ihn zu finden, das Gegengewicht zu halten.
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Woher es komme, daß ein jeder mit seinem Verstande zufrieden ist.
Wir kennen den Verstand nicht anders als durch den Verstand, und seine Größe nicht anders, als durch die Grösse desselben. Hätte man ein sichtbares Maas, die Verstände, und ihre Bewegungen, wie die Körper abzumessen; so könnte man ihr Verhältniß gegen einander bestimmen, und sie miteinander vergleichen. Aber, so erkennen wir ihre Größe, ihren Umfang, und ihre Stärke, aus ihren Wirkungen, die ein gewisses Verhältniß zu ihnen haben.
Dieses bemerket man an den Thieren, die ihrem natürlichen Triebe folgen, und durch ihre unterschiedenen Handlungen, die unterschiedenen Stuffen ihrer Erkenntniß an den Tag legen, auf welchen eine jede Art stehen bleibet, ohne weiter zu gehen. Man sieht aus den Handlungen des Hunds, aus seiner Gelehrigkeit, Treue und Beurtheilungskraft,daß er weit klüger sey, als ein Ochs oder Schaaf; so, wie diese Thiere klüger
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sind, als das Ungeziefer, und die Austern. — Bey Unterweisung der Kinder merket man, wann sie allmählig zunehmen, an der Fähigkeit, so sie durch Lehren , und Unterricht erlangen, wie ihr Verstand mit dem Alter wächst.
Die Lebhaftigkeit, und Hitze der Jugend, und die Beständigkeit, und das gesetzte Wesen des männlichen Alters, geben zu erkennen, daß jene an Lebensgeistern einen gewaltigen Uiberfluß, dieses aber nicht mehr, und nicht weniger hat, als nöhtig ist. Und endlich merket man die Abnahme und Schwäche des Verstandes alter Leute, an der Schwere ; und Langsamkeit ihrer Begriffe, und an der Mattigkeit ihrer Schlüße. Hieraus folget nun, daß da die Erkenntniß und Wirkung des Verstandes, ein gewisses Verhältniß gegen den Verstand hat; der Verstand, wann er groß ist, grosse Erkenntniß haben, und das was groß ist, erkennen, wenn er aber klein ist, nichts erkennen könne, als was mit ihm eine Aehnlichkeit hat. Folglich, wann der Verstand sein eigener Vorwurf wird, und sich erkennen will, so wird , wann er groß ist, sein Begriff auch groß seyn und er durch seiner Größe gemäße Erkenntniß, seinen Gegenstand erkennen können;
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wann er aber klein ist, so wird er sich kennen können, und weiter nichts; und da sein Umfang sehr klein ; und eingeschränkt ist, von seinem kleinen Gegenstande ganz erfüllet seyn. Die Folge hieraus ist diese, daß die Erkenntniß, welche der Verstand von sich selbst hat, er mag nun groß , oder klein seyn, gegen den Verstand ein gewisses Verhältniß hat, und auch entweder groß, oder kein ist, und daß die Fähigkeit des Verstandes, sie sey nun beschauen, wie sie wolle. dadurch ganz angefället, und ; weil sie nichts weiter erkennet, und suchet, völlig damit vergnügt ist. — Ein jeder ist demnach mit seinem Verstande zufrieden, weil er nur nach dem Maaße seines Verstandes, von dem Verstande, Verstand hat!
Einige Hypothesen von dem Ursprunge der Berge.
Der berühmte Engländer
Thomas Burnet, hat sich bemühet, nicht nur die natürlichen Ursachen der Sündfluht anzugeben, sondern auch den
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gegenwärtigen Zustand der Erde dieser Veränderung gemäß zu erklären. Sein System bestehet kürzlich in folgendem: Unsere Erde war im Anfange flüßig, und nach den Gesetzen der Schwere giengen die schweren Materien nach dem Mittelpunkte, so wie die leichten nach der Oberfläche steigen, dergestalt, daß alles ; was schwerer als das Wasser war, sich in einen Klumpen zusammen begab, der aller Orten vom Wasser umgeben war. Die Materien, welche leichter als das Wasser waren, schwommen oben darauf, verhärteten sich auf ihrer Oberfläche ; und machten eine Rinde, in welcher die Erde bestand, auf welcher Menschen und Thiere vor der Sündftuht gewöhnet haben. Das Wasser, welches unter dieser Rinde eingeschlossen war, nennt Moses die Brunnen der großen Tiefe. In diesem Zustande blieb die Erde bis zur Sündfluht. Es entstanden Risse indieser Rinde, sie gieng in Stücke, die Wasser des Abgrundes bedeckten alles, und brachten die allgemeine Sündfluht hervor. Nachher sammelten sich die Stücke der Erde auf mancherley Art wieder, woraus die Berge und Thäler entstanden , so wie wir sie noch sehen.
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Der gelehrte Engländer
Woodward setzet in seiner Hypothese zum Grunde, daß der Zustand der Erde vor der Sündfluht dem jetzigen gleich gewesen, und daß sie schon damals Berge, Flüße,Seen und Meere gehabt. Aber er behauptet, die ganze Erde wäre durch die Sündfluht gänzlich aufgelöset, und in eine Art von Brey verwandelt worden, worauf, als die Waßer stille gestanden, die schweren Materien nach und nach auf den Grund gefallen. Aus ihrem Anstoße gegen einander waren zum Theile verschiedene Höhlungen, zum Theile die ordentlichen Schichten entstanden, die man in der Erde findet; und durch die nachmalige Senkung dieser Höhlungen wären die Berge und Thäler auf der Oberfläche der Erde hervorgekommen.
Der Beschluß folgt.
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