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XIII.

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Das Uibrige von den Polypen des süßen Wassers.

Was wir bisher von den Polypen gesehen haben, das wird alles durch die Wunder, die wir itzt noch von ihnen erzählen wollen, verdunkelt werden. Man kann aber dabey versichert seyn, daß wir nichts anders davon anführen werden, als Wahrnehmungen, die durch unverdächtige Erfahrungen bekräftiget sind.

Wenn man einen Polypen nach der Qweere in zwey, drey, oder vier Stücke schneidet, so treibt ein jedes Stuck das, was ihm fehlet, ein vollkommener Polype zu seyn, wieder aus. Die abgeschnittenen Stücke, so viel ihrer auch seyn mögen, geben nicht das geringste Zeichen der Krankheit, ja nicht einmal einer Unordnung von sich. Sie bewegen sich, sie gehen, sie suchen das Licht, und

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bringen Junge durch Schößlinge hervor, nicht anderst, als wenn sie ganz, und vollständig waren. Zerschneidet man sie der Länge nach, so rollen sich die abgeschnittenen Stücke in die Lange, machen zwo Walzen aus, werden wieder ganz, und nehmen in weniger, als einer Stunde jedes die Gestalt eines vollkommenen Polypen an sich.

Es ist sehr wunderbar, daß ein in so kleine Stücke zerhacktes Thier nicht stirbt. Jedoch, warum sollte es sterben, da es weder Gefäße, noch innwendige Theile hat, die durch das Zerschneiden zerrissen werden konnten. —

Herr Tremblay hat Polypen umgekehrt, wie man den Finger eines Handschuhes umkehret. Viele haben sich wieder in ihren natürlichen Zustand gesetzt, einige aber sind umgekehrt geblieben, haben gelebt, sich genährt, und auch in diesem Zustande Junge hervorgebracht. Einige hat er ineinander gesteckt, und sie durch ein Schweinshaar, womit er sie durchstochen, in einander gehalten. Viele haben sich losgemacht, einige aber sind aufeinander eingepfropft geblieben, haben in diesem Zustande gleichfalls gelebt, gegessen, und sich vermehret. —

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So kurz auch dieser Abriß ist, den wir itzt von den Vorzügen der Polypen vor allen andern Thieren gemacht haben, so zeiget er uns dennoch genug davon, um uns zu überführen, daß dieses kriechende Thier der Günstling der Natur ist, daß sie alle ihre Gaben, alle ihre Geheimnisse, alle ihre Wunder für ihn erschöpft hat; daß wir, die wir uns schmeicheln, ihre erstgebohrncn Söhne zu seyn, in der That am wenigsten begabt, und in Ansehung der körperlichen Arten des Vermögens, beynahe enterbte Kinder sind! — Ja, gewiß, wenn wir nicht die Hoffnung, einer besser gegründeten Unsterblichkeit hatten, so mußten wir gestehen, daß wir den erhabenen Geist, den wir besitzen, da wir ihn nicht anderst, als durch den Verlust dieser wundernswürdigen Vorrechte des Polypen, erlangt haben, theuer bezahlet hätten!

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Eine Anecdote von Richard Steele.

Aus dem Journal Encyclopedique.

Steele gab vortreffliche Haushaltungsregeln, aber, niemand war ein schlechterer Haushalter, als er. Ja, seine Verschwendung versetzte ihn gar oft in die verdrüßlichsten Umstände. — Da er sich, bey allen, die ihn kannten, sehr viel Liebe, und Hochachtung erwarb, so war er die Ergötzung der liebenswürdigsten Gesellschaften in London. — Ein sehr reicher Baronet aus Lincolnschire, und sein Bewunderer, überhäufte ihn unaufhörlich mit Lobeserhebungen, und Bezeugungen seiner Hochachtung. Er bohr ihm auf eine sehr dringende Art seinen Credit, und seine Mittel an, und baht ihn vornehmlich, daß er zu niemand andern seine Zuflucht nehmen möchte, wenn er in Verlegenheit gerahten sollte. Es dauerte nicht lange, als sich Steele darinnen befand. Er gieng also zu sei-

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nen Freund. Dieser dachte an nichts weniger, als an die Ursache dieses Besuches. Er erschöpfte sich nach seiner Gewohnheit in Anerbiehtungen seiner Dienste, und redete von nichts, als von dem Verlangen, eine Gelegenheit dazu zu finden. „Wie, sagte Steele, und eben diese verdrüßliche Gelegenheit ist es, welche mich zu Ihnen führet. Ich habe hundert Pfund nöhtig, einen ungestümmen Gläubiger zu besänftigen.“ Diese unerwartete Forderung setzte den Baronet in die äußerste Verlegenheit, und stammelnd machte er einige kahle Entschuldigungen. ,,Was? mein Herr, antwortete Steele, Sie haben mich durch Ihre falschen Versprechungen verleitet, daß ich Ihnen meine Umstände entdecket habe, und nun weigern Sie sich dieselben zu halten? Hören Sie! Ich kann alle Unglücksfalle standhaft erdulden, aber den Schimpf, den Sie mir anthun, kann ich nicht ertragen. Entweder leihen Sie mir sogleich das Geld, welches Sie nur angebohten haben, oder bereiten Sie sich meine Rache zu empfinden!“ Steele stieß diese Worte mit einem solchen Ernste aus, daß der Baronet zitterte, und ihm einen Bank-

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zettel auf hundert Pfund überreichte. Steele nahm ihn, sah den furchtsamen Leiher mit Verachtung an, und sagte zu ihm: "Mein Herr Baronet, so wenig Lust ich habe, diese Summe einem nichtswürdigen Menschen, wie Sie sind, schuldig zu seyn, so nehmeich gleichwohl Ihren Zettel an, und verspreche, Ihnen das Geld ehester Tagen wieder zu geben. Damit Sie aber ins Künftige nicht so freygebig in nerbiehtungen Ihrer Dienste, noch so niederträchtig in Ihrem Betragen seyn mögen, so erlauben Sie, daß ich. Ihnen eine Warnung gebe!" Sogleich faßte er den Baronet bey der Nase, zog ihn ziemlich stark dabey, und zwang ihn zu bekennen, daß er der nichtswürdigste Mensch sey.

Ein vortreffliches balsamisches Oel zu Heilung der Wunden, und Quetschungen.

Aus der Gazette Salutaire.

Die Leichtigkeit, diesen Balsam zu bereiten, und die gepriesene Zuver-

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läßigkeit seines Gebrauchs, erinnert uns an eine weitere Bekantmachung desselben. Man wirft zwey Pfund feinen pulverisirten Zucker, in eben so viel vom beßten Oliven - oder Provenceröhl, und rührt die Masse in einem kupfernen, oder irdenen Gefäße, mit einem hölzernen Spatel wohl untereinander, ehe man sie aufs Feuer setzt, welches anfanglich nur gelinde seyn darf. Wann aber der Zucker geschmolzen ist, verdoppelt man das Feuer, und rührt so lang, als das Oel im Kochen nur kleine Blasen wirft, die Masse unaufhörlich um. In einer Zeit von anderthalb Stunden, werden auf dem Oele größere Blasen entstehen, und alsdann muß das Feuer verstärket werden, damit das Oel noch heftiger koche. Nach und nach werden sich unvermerkt grosse braune Blasen erheben, welche in der Folge dunkelroht, oder braunroht, und endlich völlig roht werden. Der gekochte Zucker setzt sich, ohnerachtet des beständigen Umrührens, dennoch unten am Gefäße an, und dann ist das Oel auch sattsam gekocht. Dennoch kann man es ohne Schaden, unter beständigem Umrühren, noch eine halbe, oder ganze Viertelstunde über dem Feuer ste-

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hen lassen. Das Oel wird davon desto kräftiger, und zeigt hernach seine heilsame Wirkung zuverläßig in allen, besonders frischen Wunden, und Qwetschungen, wenn man sich dessen allzeit ganz warm bedienet. Man pflegt die Wunde erst damit auszuwaschen, und hernach eine damit angefeuchtete Compresse darüber zu legen.

Einfältiges Mittel den Brand im Getraide zu verhüten.

Aus dem Museo Rustico.

Man wirft einigen Saamen, von dem man weiß, daß er brandig ist, in ein großes Faß, wäscht ihn im gemeinen Wasser recht gut ab, rühret ihn mit birkenen Ruhten heftig herum, und schäumt von Zeit zu Zeit das leichte Korn, die Unreinigkeit, u.d.gl. davon weg. Uiberhaupt aber verhütet man den Brand in den Körnern, wenn man des Morgens, vor der Sonnen Aufgang, den Thau, mittelst eines vor beyden Enden des Getraides ausgespannten Strickes, der oberhalb mit Gewalt berühret wird, abschüttelt.


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Topic revision: r17 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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