Blättern:
< zum Text 27 –
zum Text 29 >
XXVIII.
(P217)
Wahrscheinliche Gedanken von dem Ursprunge der Sprachen.
Aus dem Berl. Magazin.
Die Materie von dem Ursprunge der Sprachen ist nicht mehr neu. Unzählige Gelehrte haben ihre Kräfte schon in deren Bearbeitung versuchet. Die meisten aber behandeln dieses Fach mehr historisch, als philosophisch. Ich werde daher einen Versuch wagen, mich durch blosse Vernunftschlüße auf den geradesten Weg zum Ursprunge der sprachen leiten zu lassen. — Um allen unnöhtiqen Ausschweifungen auszuweichen, und alle Nebenwege zu vermeiden, werde ich gleich Anfangs meine Gedanken in gewisse bestimmte Gränzen einschließen, welche ich in meinen Betrachtungen nicht zu überschreiten gedenke. Ich werde zuerst das Vermögen zu reden, und, welchen Subjecten es eigentlich zukömmt, untersuchen ; hieraus werde ich den
(P218)
Ursprung der ersten Sprache herleiten, und aus diesem endlich die Entstehung der übrigen Sprachen zu erklären, mich bemühen. –
Bey allen mit Leben, Empfindung, und Gedächtniß begabten Geschöpfen, finden wir eine gewisse, uns unverständliche Sprache. Die kriechende Natter zischet nach ihrer Gattinn. Der beflügelte Hahn locket seine Henne. Die Taube girret nach dem Tauber. Die vierfüßigen Thiere geben uns, und sich untereinander zu verstehen, obgleich nur wenige glaichlautende Sylben den größten Theil ihrer Sprache ausmachen. Wir bemerken zwar unter einerley Thiergeschlechtern öfters mehrere Abwechslungen der Töne, die von der Veränderung der Umstände abhängen. Die lockende Stimme der Gluckhenne z. B. hat einen ganz anderen Laut, als die warnenden Töne dieser zärtlichen Mutter. Allein die Fortsetzung ihrer Rede, der Zusammenhang der sinnlichen Merkmaale ihrer Gedanken, schein den Thieren gänzlich zu fehlen. Dieser Mangel, und die geringe Anzahl ihrer Bedürfnisse, sind eben dasjenige, was sie so weit unter die vernünftigen Geschöpfe herabsetzet.
(P219)
Die Menschen besitzen das natürliche Vermögen, deutlich, zusammenhangend, und vernünftig zu sprechen, als einen angebohrnen wesentlichen Vorzug. Und, wie hätte der weiseste Schöpfer den Endzweck ihres Daseyns, seine Verherrlichung, und ihre Glückseeligkeit, besser, als durch das Geschenk dieser Fähigkeiten erhalten können? War nicht zu den natürlichen Bedürfnissen des geselligen, und frey geschaffenen Menschen, und zum Preise seines Schöpfers, eine reine und deutliche Sprache nohtwendig? Alles mußte zu diesem doppelten Endzwecke behilflich seyn. Der besondere Bau der zum Reden erforderlichen Gliedmaaßen, und eine gesunde Vernunft, sind die vorzüglichsten Mittel, wodurch der Mensch den Schöpfer ehren, und seiner Bestimmung gemäß leben konnte. Schon vor der Grundlegung dieses Weltkörpers sah dieses der Allmächtige ein. Es gefiel ihm daher, eine Art Geschöpfe zu bilden, deren erste Pflicht seyn sollte, Vernunft und Zungen zu ihres Schöpfers Lobe, und zur Erhöhung ihrer Glückseligkeit zu gebrauchen. Zwo Reihen künstlich neben einander gepflanzter Zähne; zwo in ihrer Bewegung und Lage manichfaltig veränderliche Lefzen; ein nach der
(P220)
künstlichsten Bauart oben und unten gewölbter Gaumen, zwischen welchem eine durch Hilfe unzähliger Muskeln, nach allen Seiten willkürlich bewegliche Zunge, sich nach Beschaffenheit der Umstände, mehr oder weniger verlängern, und wieder einziehen kann; eine, durch diese Bewegungen bewirkte Pressung der Luft: das sind die Hilfsmittel, welche die, nach dem Willen der Seele erzeugten Töne begreiflich machen , die man als Zeichen von der bezeichneten Sache angenommen hatte. Ich sage mit Recht, nach dem Willen der Seele, weil die Vernunft die unumgängliche Triebfeder der Sprache, so, wie die Seele die erste Ursache aller willkürlichen Handlungen des Körpers ist.
Natürlicherweise hat jeder Mensch das physikalische Vermögen zu reden, und seine Gedanken in verständlichen Tönen mitzutheilen. Selbst die Papagoyen des menschlichen Geschlechtes, können, ohne dabey zu denken, sich dieser organischen Werkzeuge nach Willkür bedienen. Es ist aber zu einer richtigen, zusammenhängenden, und verständigen Sprache nicht genug, alle dazu erforderliche Werkzeuge zu besitzen; sondern man fordert von einem Menschen, der mehr, als ein bunter Papagoy, mehr als ein abgerichteter Staar
(P221)
seyn will, daß die Vernunft den Gebrauch dieser Werkzeuge leiten, und eine richtige Sprache befordern helfen muß.
Beydes, sowohl die zu einer verständlichen Sprache erforderlichen Gliedmaa-ßen, als die Vernunft, fehlt den Thieren überhaupt. Der Bau ihres Gebisses, oder ihres Schnabels, ist keiner deutlichen Aussprache fähig. Man untersuche nur die Werkzeuge der Sprache vom Lö-wen bis zur Maus, vom Pferde bis zur Wiesel, vom Adler bis zum Sperlinge. Alle diese Geschlechter von Thieren sind schon unter sich selbst durch die Abänderung ihrer zur Sprache dienlichen Theile unterschieden. Am weitesten sind diese vom organischen Baue der zur meschlichen Sprache erforderlichen Werkzeuge entfernt. Was dem Löwen an den Lefzen fehlt, hat das Pferd zu viel, und der Adler gar nicht. Wo sich jener König der Thiere noch durch die Reihen seiner Zähne helfen könnte, da hindert ihn die zu dünnes und allzulange Zunge. Das muhtige Roß hat eine ununterbrochene Reihe von Zähnen; seiner Zunge fehlen aber die biegsamen Muskeln, dadurch sie zu dick, und zu schwer bleibt. Noch mehr Hindernisse im Sprechen fin
(P222)
det der stolze Adler an seiner pfeilförmi-gen Zunge, und an den Schaalen seines gekrümmten Schnabels. Bey ihm wurde die Kunst wohl schwerlich dasjenige möglich machen, was der Vorwitz der Menschen bey dem Papagoy, und dem Staare, obwohl unvollkommen bewirket hat.
Da sich meines Wissens noch niemand ernstlich einfallen lassen, den Thieren eine gesunde Vernunft anzudichten, so kann ich der Mühe überhoben seyn, sie ihnen wieder abzustreiten. Man mag die Republik der Bienen, und der Ameisen, noch so philosophisch schildern, so bleibt ihre Oekonomie doch immer mehr mechanisch, als vernünftig. Der schlafende Mops träumt; er träumt aber auch nur als ein Mops, von Vorfällen, welche die Gränzen seiner Ideen nicht überschreiten. Und, wenn man alles zugegeben hat, so kommt doch am Ende nichts, als eine thierische Vernunft heraus, welche nimmermehr vermögend ist, eine Reihe begreiflicher Gedanken im Zusammenhange zu fassen, und richtige Folgerungen daraus zu ziehen. Daher ist sie auch nicht geschickt, etwas zur Bildung einer verständlichen Sprache beyzutragen.
Selbst
(P223)
Selbst dem Menschen ist nicht die Sprache, sondern das Vermögen zu reden, angeboren, indem er bey seiner Bildung alle dazu nöhtige Werkzeuge erhalten, aber nicht gleich zu brauchen weis. Die Erfahrung lehret uns, wie viel anhaltende Uibung das erste vernehmliche Lallen der Kinder, und wie viel Zeit es kostet, ehe sie ihre Gedanken, in deutlichen Worten , und Ausdrücken mittheilen lernen. Aus Mangel der angebornen Fertigkeit zu reden, ohne Zweifel auch aus Mangel der nöhtigen Begriffe, die sich erst nach und nach durch die äußeren Sinne in den kleinen Seelen der Neugebornen bilden müßen, wissen wir noch itzt nicht eigentlich, ob ein neuer Weltbürger, und was er wohl bey dem Uibergange in diese sichtbare Welt gedacht haben möge. Bey unserem Eintritte in die Welt, zeigen sich noch wenige Spuren einer menschlichen Seele. Die Vernunft ist alsdann noch ein unwirksames Vermögen. Wir öffnen unsere Augen, und starren mit gleich-giltigen Blicken die Gegenstände an, woran wir nichts zu unterscheiden wissen. In den Seelen der jungen Säuglinge, liegen anfänglich alle Begriffe noch so tief verborgen, als die Zähne in ihren Kinnladen. Nach und nach machen die
(P224)
äußeren Gegenstände mehr Eindrücke in unsere Sinnen. Diese lebhafteren Eindrücke theilen sich unserer Seele mit. Wir sammeln einzelne Vorstellungen, lernen besser unterscheiden, und suchen schon Zeichen, womit wir die neuen Begriffe andeuten wollen. Diese Mühe wird uns nachher durch die Güte derer merklich erleichtert, die uns bey jeder Gelegenheit die Ausdrücke zu der gegenwärtigen Empfindung in den Mund legen, und uns dadurch die Sprache spielend lehren.
Die Fortsetzung folget im nächsten Blatte.
Mittel die Mäuse zu vertreiben.
Aus der Gazette Salutaire.
Man soll in den Zimmern, und auf den Kornböden, welche man von diesen schädlichen Hausfeinden befreyen will, 3 bis 4 Hände voll Haydekraut (Bruyere) welches noch ein wenig grün, und frisch ist, verbrennen. Sobald der Rauch hinlänglich in alle entlegene Winkel eingedrungen, wird man durch Hilfe desselben, diese unangenehme Gaste gewiß vertrieben haben.
Blättern:
< zum Text 27 –
zum Text 29 >