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XXIX.
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Fortsetzung der wahrscheinlichen Gedanken von dem Ursprunge der Sprachen.
Es ist also unläugbar, daß Anweisung, Uibung, Erfahrung, ein richtiger Gebrauch der fünf Sinnen, und endlich die Vernunft zu Erlernung der Sprache unentbehrlich sind. Unsere Aeltern und Wärterinnen sagen uns anfänglich blos einzelne Wörter vor. Wir stammeln sie, wie jene redenden Vögel nach. Unsere Zunge beqwemt sich unvermerkt zu gewissen Gesetzen, und wir erlernen zuletzt ganze Redensarten, die unsere Gedanken begreiflich machen sollen. Wir erhalten eine Fertigkeit in zusammenhängenden Perioden zu reden, und bringen es durch die Uibung so weit, uns nach allen abwechselnden Bedürfnissen deutlich und verschieden ausdrücken zu können.
Nach diesen vorausgesetzten Erfahrungen, wird es leicht seyn, den Ursprung
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der ersten Sprache, aus diesem natürlichen Vermögen der Menschen, zu reden, herzuleiten. Die erste Sprache kann entweder von dem unmittelbaren Willen und Vorschrift, oder Eingebung des Schöpfers, oder von der natürlichen Willkür der Menschen entstanden seyn. Ich gestehe, daß ich mehr Gründe zu haben glaube, das Letztere, als das Erste zu behaupten. — Es giebt zwar Gelehrte, welche in jedem Worte der hebräischen Sprache, die sie für die erste halten, einen besonderen Nachdruck finden wollen. Einige gehen so weit, daß sie sogar einem jeden Buchstaben eine gewisse geheime Bedeutung geben. Es kann aber seyn, daß ich zu wenig von dieser todten Sprache verstehe, als daß sie meine Einbildungskraft in gleichem Maaße erhitzen könnte. Wenigstens weis ich keinen andern Grund zu entdecken, warum wir Deutsche, ein Ding aus Nichts hervorbringen, oder schaffen, die Lateiner creare, und die Griechen poiein (griechisches alphabet) nennen.
Die vielfältigen Veränderungen der Wörter, und ihrer Bedeutung, tragen ebenfalls nicht wenig zu dem Beweise des Willkürlichen in der Sprache bey. Die täglichen Klagen unserer Philosophen, und Kunstrichter, bestätigen es noch mehr.
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Ja, sie geben dieses als die vornehmste Ursache an, warum die Wahrheit so oft Widerspruch findet. — Ich sehe, daß die Meynung von der Willkürlichkeit der ersten Sprache, in der Geschichte der Schöpfung selbst gegründet ist. Gott überließ dem Menschen ausdrücklich die Benennung der Thiere. Wie er sie nennen wollte, so sollten sie heißen. Adam war gleich nach seiner Schöpfung schon ein Mann, der alle Kräfte seines Geistes, und Körpers vollkommen brauchen konnte. Da er nur mit sich allein zu reden hatte, so konnte es ihm nicht schwer fallen, ein Wort, oder ein Zeichen zu finden, wobey er sich in Zukunft, dieses oder jenen Thieres erinnern möchte. Seine gefällige Gattinn, welche ihrem natürlichen Hange nach, keine ewige Pantomime zu spielen Lust haben mochte, merkte sich diese Zeichen bald, und so entstund unter den beyden ersten Menschen die erste Sprache. Hieraus lassen sich einige Folgerungen ziehen, die uns den Ursprung der übrigen Sprachen begreiflich machen können. Daß Adam so wortreich, als unsre heutige Welt gewesen seyn sollte, wird wohl kein Vernünftiger glauben. Die Bekenntnisse seiner Liebe gegen die Eva, waren gewis nicht romanenhaft, und seine
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Unterhaltungen mit ihr, nicht so ausgesucht beredt, als die erdichteten Gespräche des Milton. Adam hatte das leere Nichts eines eitlen Wortgepränges nicht nöhtig. Die Bedürfnisse seines Lebens waren anfänglich sehr gering. Nach der größeren, oder geringeren Anzahl derselben, wird eine mehr, oder weniger wortreiche Sprache erfordert. Die erste konnte demnach so einfach, als die ersten wenigen Bedürfnisse seyn. Eine leichte Bedeckung, eine einfache Kost, eine ungekünstelte Denkungsart, und unverstellte Liebkosungen. — Wie wenig Wörter, und Ausdrücke, sind nicht zureichend, eine so einfache Sprache zn bilden!
Die Forscher der Alterthümer lehren uns auch, wie die Stammwörter der ältesten Sprachen, meistentheils nur einsylbig gewesen. Die chinesische, so, wie die hebräische Sprache, werden noch zu Beyspielen angeführet. Wie aber mit der Zeit die Bedürfnisse, und mit ihnen die Notwendigkeit, neue Ausdrücke zu finden, welche jene bezeichnen könnten, sich vermehrten, so wurden theils neue Wörter erdacht, theils die alten durch kleine Veränderungen und Zusätze in ihrer Bedeutung verändert, und vervielfältiget. Es muß also die erste Sprache
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nur nach und nach entstanden, und von Jahren zu Jahren immer reicher geworden seyn.
Ehe ich zu dem Ursprunge der anderen Sprachen schreite, muß ich nohtwendig einige Sätze anführen, die zur Deutlichkeit der folgenden erfordert werden. — Ich habe schon oben gesagt, daß die erste Sprache sich nicht lang allein erhalten können. Ihre Einfachheit verlor sich. Sylben und Wörter vermehrten sich mit dem Wachsthume der menschlichen Bedürfnisse, und Begierden. Dieses zu erkennen zu geben, und zu befriedigen, waren immer mehr.Zeichen nöhtig. Einige gab ihnen die Natur selbst an die Hand, andere fanden die Menschen durch Hilfe ihres Verstandes. Denn die Verbindung der Töne, und der Buchstaben, welche gewisse Begriffe ausdrücken, sind blos willkürliche Erfindungen der Menschen. — Wie leicht ist nicht die Abänderung gewisser Töne, oder des Lautes möglich! Man lasse einen Schnarrenden ein reines R aussprechen, so ist ein neues R schon geschaffen. Man verändere in einzelnen Wörtern einige Selbstlauter, man setze sie in eine andere Verbindung mit den stummen Buchstaben, wie sehr unterschieden werden dann eben dieselben
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Wörter klingen? Kömmt zu solchen Veränderungen des Lautes noch die Trennung und Entfernung gewisser einzelnen Familien voneinander, so entsteht daraus ein ganz anderer Dialekt, aus welchem mit der Zeit ganz veränderte Sprachen heran wachsen. —
Mit diesen Gedanken gehe man in die ältesten Zeiten zurück so wird man den Schluß nicht unnatürlich finden, daß schon vor der Sündftuht mehrere Sprachen gewesen seyn müßen. Ja, man hat Ursache zu glauben, daß die erste Sprache sich nicht so rein, und unverfälscht bis zur Sündfluht erhalten habe, als einige behaupten wollen. Nach der Sündfluht hat die einzige babylonische Zerstreuung die hauptsächlichste Gelegenheit zur Bildung vieler anderen Sprachen gegeben. Ich bin aber weit entfernt, die Meynung zu vertheidigen, als müßten die Mütter aller heutigen Sprachen, nohtwendig damals, als man von dem unvollendeten Meisterstücke des babylonischen Thurms abließ, entstanden seyn. Finden wir wohl in dem Berichte des heiligen Geschichtschreibers die mindeste Anzeige, woraus wir dieses schließen könnten? Nie größere und geringere Verschiedenheit der
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Sprachen läßt sich meines Erachtens auf eine weit natürlichere Art erklären.
Der Beschluß folget im nächsten Blatte.
Den ausgewachsenen Haber für die Pferde unschädlich zu machen.
Wenn die Landwihrte, während der Aendtezeit oftmals durch ein häufiges Regenwetter beunruhiget werden, so glückt es den wenigsten, den Haber trocken in die Scheuern zu bringen. Die meisten müßen sich über den Schaden beklagen, daß ihnen das Getraide auf dem Felde ausgewachsen. Wer weis aber nicht, daß ein ausgewachsener Haber, wenn er den Pferden verfüttert wird, denselben im Frühjahre den sogenannten Dumpfen verursachet? – Viele Landwihrte schlagen dagegen das Mittel vor, den ausgewachsenen Haber schroten zu lassen. Allein dieser Vorschlag ist eben so unzuverlässig, als schädlich. Denn, 1) wir ihm durch das Schroten die Feuchtigkeit nicht benommen, welche den
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Pferden die Krankheit verursachet. Der Schrot bleibt muldrig, und wird leicht schimmlicht. 2) Pflegt der Schrot den Leib der Pferde sichtbar aufzuschwemmen, und ihnen die Därme zu verschleimen, woraus noch viel schlimmere Krankheiten entstehen. Und 3) verderben sich die Pferde durch das Schrotfressen die Zähne, und machen sich unfähig, hernach ein härteres Futter zu beißen. — Das zuverläßigste Mittel ist also, den ausgewachsenen Haber in dem Ofen zu trocknen, sobald das Brod herausgenommen ist, und ihn alsdann erst den den Pferden zu geben. Hierdurch wird man nicht nur den erwähnten Uibeln vorbeugen, sondern dieser Vorschlag ist auch weit vorteilhafter, als das um des Lohnes und Abganges willen kostbare Schroten. Will man demnach recht sicher gehen, so wirft man den Pferden etwas Salz in die Krippe, welches die Därme wieder von dem Schleime reiniget, den der gedörrte, und im Magen wieder aufgelöste Haber zurückgelassen.
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