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XI.
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Fortsetzung der Beobachtungen von Wartung der Bienen.
Der weise Urheber der Natur hat für diese Thiere dergestalt gesorget, daß in denen Jahreszeiten, da die Felder aufhören ihnen eine volle Vorrahtskammer der Nahrung zu verschaffen , sie auch aufhören derselben in so großer Menge benöhtiget zu seyn. Dieselbe Kälte, welche die Blumen drücket, und ihre Blüte zurück hält, drücket auch die Bienen, und setzet sie in einen Zustand, worinn sie wenig ausdünsten, und dem zufolge sehr wenig Nahrung bedürfen. Ja in der kältesten Zeit des Jahres dünsten sie so wenig aus, daß ihr Leben keine Gefahr leidet, wenn sie gleich nichts genießen.
Wenn man die Körbe bey starkem Froste untersuchet, (welches man ohne einige Gefahr thun kann, indem die Bienen alsdenn so betäubet sind, daß man den Korb kehren und wenden kann wie
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man will, ohne eine der Bienen in Bewegung zu bringen,) findet man sie beständig nahe am Mittelpunkte derselben, zwischen den Honigscheiben, in grossen Klumpen beysammen. Wenn Thauwetter einfällt, und die Sonne auf die Korbe scheinet, wecket die Warme die Bienen aus ihrer Schlafsucht auf, sie fangen an sich zu bewegen, und ihre Flügel zu gebrauchen. Da aber mit ihrer Lebhaftigkeit und Bewegung sich auch die Notwendigkeit zum Essen zugleich einstellet, und die Felder alsdann noch kein Futter für sie haben, so sind sie gezwungen, ihre Zuflucht zu ihren Honigscheiben zu nehmen, und aus ihren Zellen den Honig und das rohe Wachs zu essen, das sie zu diesem Gebrauche darinn aufgehäufet haben.
Sie fangen damit allezeit bey den Untern Honigscheiben an, und fahren damit staffelweist zu den obern fort. Dieses Verfahren könnte zwar fremd scheinen, da der Honig der untern Scheiben zuletzt gesammelt ist; allein die wahre Ursache davon ist, weil er der beqwemste ist, am ersten verzehret zu werden. Denn es ist der Honig, der im Herbste gewonnen worden, und von dem man erfahren, daß er sich nicht so gut als derjenige erhält,
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so im Frühlinge und den Sommermonaten eingesammelt worden.
Es sollte zwar das Ansehen haben, daß, da der Winter die Jahrszeit ist, da die Bienen sterben, je strenger derselbe wird, destomehr er die Bienen aufreiben würde; allein man hat gefunden, daß es sich nicht also verhalte. Im Gegentheile sind die gelindesten Winter für der Bienen Leben die gefährlichsten, da sie dieselben in einem Zustande, der ihre Eßlust reitzet, erhalten, und ihnen doch nicht mit einigen Futter ausserhalb ihrer Wohnung zu Hilfe kommen. Man hat jederzeit angemerket, daß die Bienen, so spät geschwärmet, das ist solche, die, während sie bey einander sind, nur wenig Zeit, ehe sie der Winter überfällt, ihren Vorraht zu sammeln gehabt haben, am meisten dem Untergange noch vor der Ankunft des Frühlings unterworfen sind, wenn man diesem vorzukommen, ihnen nicht mit Honig beyspringt.
Es ist derohalben im Winter ein gewisser Grad der Kälte, zur Erhaltung dieser Geschöpfe, nohtwendig, aber auf der andern Seite ist ihnen auch eine gar zu große Kälte tödtlich. Die gemäßigten Winter sind deswegen den Bienen am zuträglichsten, sintemal sie im
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strengsten derselben für Kälte, und in außerordentlich gelinden, für Hunger sterben. Zwar ist es gewiß, daß die Bienen, die Kälte einzeln so wenig, als andere unserer Insekten vertragen können; allein, da diese Geschöpfe zwischen den Honigscheiben in grossen Klumpen zusammen unter der Bedeckung eines warmen Korbes erhalten werden, so ist der Grad der Kälte viel geringer, als in der freyen Luft, worinn eine einzelne Biene unvermeidlich umkommen würde. Dieses ist leicht zu begreifen durch das bekannte Gleichniß zwischen einem einzelnen Menschen, der in einer sehr Kälten Nacht auf offenem Felde schläft, und einer Anzahl derselben, die in einem verschlossenen Gezelte, so auf eben dem Felde aufgerichtet worden, bey einander liegen. Nach aller Wahrscheinlichkeit wird die einzelne Person das Leben einbüßen, da den andern kein Ungemach widerfährt.
Da die Anzahl der Bienen im Korbe eine Wärme verursachet, die zu ihrer aller Erhaltung dienet so ist die Beobachtung, daß sie im Winter, wenn ihrer nur wenig sich im Korbe befinden, sterben, sehr leicht zu erklären. Es möchte einem fremd vorkommen, daß ein Insekt, welches dem Anfühlen nach kalt ist,
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vermögend seyn sollte, eine dergleichen Wärme zu verbreiten; aber die Erfahrung hat gelehret, daß es in den Bienenstöcken also zugehe. Und man hat angemerket, daß diese Wärme während der Zeit, da die Bienen still und ruhig bleiben, viel geringer ist, als wenn sie ab und zu fliegen.
Varro und Columella sind unter den Alten, die von dem Landleben geschrieben, diejenigen, welche die leichte Manier, die Bienen, wenn sie von Kälte erstorben scheinen, wieder lebend zu machen, gezeiget haben, die noch heutiges Tages an verschiedenen Orten im Gebrauche ist. Sie bestehet darinn, daß man heiße Asche um den Bienenkorb leget, oder die Bienenklumpen, die auf dessen Boden als todt liegen, damit bestreuet.
Man findet die Bienen, wenn sie bey Kältem Wetter beym Leben und in gutem Stande verbleiben, in Klumpen, die aus einer grossen Menge derselben, so mit den Bienen an einander hängen, bestehen. Wenn die Kälte so stark wird, daß sie die Bewegung der Beine hindert, und ihre Gliedmassen unbrauchbar machet, so verlieren sie die Kraft, sich mit den Beinen zu halten, und fallen häufig auf den
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Boden, woselbst sie scheinen gänzlich ohne Leben zu seyn. In diesem Zustande kann man sie ohne Gefahr einiger Verletzung von ihren Stacheln, in die Hand nehmen, und wenn man sie mit warmer Asche bestreuet, wieder beleben. Jedoch ist dieses eine schmutzige Arbeit; und da die Wärme das einzige ist, was ihnen fehlet, so wird es gefügter feyn, den Korb in eine warme Stube zu bringen, woselbst man sie miteinander aufleben sehen wird. Bey gelinderer Kälte wird es genug seyn, die Bienen, welche als todt liegen, aufzuheben, sie in einem Gefäße beym Feuer zu wärmen, bis sie sich erholen und umher kriechen, und alsdenn wieder unter den Korb zu setzen. Sollte aber eine strenge Witterung anhalten, so müßen die Oefnungen des Korbes verstopfet, und dieser an einen Ort, der warm genug ist, gebracht werden, bis wärmeres Wetter einfällt. Dieses Erwärmen der zur Winterszeit auf dem Boden der Körbe ohne Bewegung gefundenen Bienen, wird, wenn es bey Zeiten geschieht, dieselben unfehlbar wieder beleben, doch glückt es selten damit, wenn es aufgeschoben wird, bis die Bienen schon einige Tage in diesem Zustande gelegen. Mit dergleichen Verpflegung
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kann man im Winter eine grosse Menge Bienen erhalten, wenn man alles, was sich auf dem Boden findet, an das Feuer bringet, damit es sich dabey erhole. Ja diese Weise ist viel besser, als das Versetzen der Körbe an einen wärmeren Ort, welches, ob es gleich zu Zeiten ganz nohtwendig ist, dennoch wegen beständiger übler Folgen davon, wo es möglich, vermieden werden muß. Es scheinet also die beßte Weise diese zu seyn, daß man in sehr strengen Wintern blos die weniger volkreichen Bienenkörbe ins Haus nehme, und die wohl bevölkerten stehen lasse, deren Menge sich unter einander von selbst erhalten wird. Sollten in diesen einige wenige von ihrem Klumpen abfallen, kann man solche von Zeit zu Zeit in der Wärme sich wieder erholen lassen.
Jedoch, da es zu wünschen war, daß eine Wartung möchte ausfindig gemacht werden, die die Bienen vor allem Unheil schützte, und wobey sie nicht von ihren im Sommer gehabten Plätzen verrücket würden; so machte dieserhalb Hr.
Reaumur mancherley Versuche. Das erste und bekannteste, so er vornahm, war, daß er dieBienenkörbe mit Stroh bedeckte, um dadurch die Kälte Luft so viel
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möglich abzuhalten. Er sehte zu dem Ende Stöcke in die Erde, allenthalben in einer Entfernung von 7. oder 8.
Zollen vom Grunde des Korbes, und so hoch, daß die Spitzen derselben eben so viel Zolle über dem Korbe hervor stunden, und füllte alles zwischen den Stöcken und Seiten des Korbes mit Stroh aus. Unter verschiedenen Körben, die er auf solche Art verwahrte, fand man in einigen alle Bienen todt, jedoch zeigte es sich, nach Untersuchung der Körbe, daß sie vor Hunger, und nicht der Kälte wegen gestorben waren, indem man nicht das geringste Honig in den Schreiben der Körbe antraf.
Die Alten gedenken einer sehr außerordentlichen Manier, die Bienen in ihren Körben zu erhalten, dadurch, daß man einen beträchtlichen Theil des ledigen Raumes eines jeden Korbes mit kleinen Vögeln ausfüllet, die man zu dem Ende getödtet, und nach ausgenommenen Eingeweiden, getrocknet hatte. Dieses Mittel war nun zwar beqwem, die kalte Luft einigermassen abzuhalten, aber es ist so wunderbar, daß wohl keiner es seit der Zeit wird versuchet haben.
Das Uibrige künftig.
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