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X.
(P73)
Beobachtungen bey der Wartung der Bienen.
Aus dem Universal Magazine.
Die Ausbeute der Bienen, beydes an Honig und Wachs, ist sowohl den Menschen überhaupt sehr nutzbar, als auch für diejenigen Oerter, wo Bienen am beßten fortkommen, überaus vortheilhaft. Zwar ist der Honig anitzt etwas geringer im Werhte als vor diesem, da der Zucker noch nicht so sehr bekannt war; allein obgleich der Gebrauch dieses letzteren den Honig entbehrlicher gemacht, so ist doch der Preis des Wachses beständig gestiegen. Und da man gefunden, daß es zu vielen Sachen , wovon man ehedem nichts gewußt, diente, und bisher noch keine andere Materie, die dessen Stelle vertreten könnte, ausfindig gemachet ist, so ist es schätzbarer geworden, als es vor Zeiten gewesen.
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Es ist ausgemacht, daß die ganze Ausbeute der Insekten, sowohl Honig als Wachs, eine Materie ist, die aus den Blumen der Pflanzen gesammelt wird. Und da es klar ist, daß viele tausend Blumen in den Feldern und Gehölzen unberührt verblühen, gegen eine, die in der Nahe der Oerter, wo Bienen gehalten werden, wächst, und daher von ihnen gebrauchet werden kann; so ist es unläugbar, daß jährlich tausend
Pfund dieser Materie verloren gehen, gegen eins, welches angewonnen und zu Markte gebracht wird. Dieses ist ein so beträchtlicher Punkt bey dem Reichrhume eines Königreiches, daß Herr
Reaumur den Anwachs der Bienenschwärme an je dem Orte dem französischen Hofe bestens zu empfehlen wehrt geachtet, damit sie in ihrem eigenen Königreiche einen größeren Vorraht so nützlicher Sachen, als bisher davon gewesen, haben möchten. Und in der That, da die Bienen eine Art der Landwihrtschaft sind, die so leicht zu errichten und mit so wenig Mühe und Kosten zu unterhalten ist, so muß man sich wundern, daß sie bey uns nicht in größerer Menge als bey dieser Nation fortgepflanzet worden.
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Der Vorschlag des Herrn Reamur zur Aufmunterung für dieses Stück der Wirtschaft ist sehr gut; nämlich, daß jedem Landmanne von der Auflage, die er zu bezahlen hat, etwas nachgegeben werden müßte, nach Maaßgabe jedes Bienenstocks, den er über eine gewisse Anzahl halten würde.
Hauptsächlich muß man zum Anwachse dieses kleinen Insekts in Acht nehmen, daß man sich hüte, keines derselben zu mißhandeln oder zu tödten, und ihrem Sterben zu gewissen Zeiten, da sie natürlicher Weise häufig wegfallen, vorbaue. Diese für dieselben so gefährliche Jahreszeiten, sind der Herbst und Winter. Es würde ein großes Mittel zur Erhaltung und Vermehrung der Bienen seyn, wenn man die sowohl barbarische als schändliche Gewohnheit mancher Nation abschaffte, welche ganze Bienenstöcke zernichten, damit sie nur den Honig gewinnen.
Hiemit verfähret man in Frankreich und England gemeiniglich auf folgende Weise: Wenn der Landmann an der Schwere wahrnimmt, daß ein Stock mit Wachsscheiben und Honig angefüllet ist, machet er eine Grube in die Erde, so, daß sie den Bienenstock unten umschließen
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kann , alsdann thut er in diese Grube ein wenig durch geschmolzenen Schwefel gezogene Leinwand, das er anzündet, und alsobald den Bienenkorb darauf decket. Er wirft um denselben Erde auf, damit weder Rauch noch Bienen heraus kommen können. Auf diese Weise werden die Bienen miteinander ersticket. Einige bedienen sich des Torfes anstatt des Schwefels, noch einige anderer Sachen. Sie behaupten, daß in England und andern kalten Ländern kein anderer Weg als dieser sey, einige Vortheile von den Stöcken zu ziehen, und daß allein in Griechenland, Italien, und dergleichen Oertern, die mit großer Menge Blumen das ganze Jahr durch versehen sind, die Bienen also können genugenutzet werden, daß man die Ausbeute mit ihnen theilet, und sie beym Leben erhält.
Dieses ihr Verfahren zu rechtfertigen, geben sie vor, daß sie hierdurch nur eine Art alter Bienen ausrotten, die weder zum Honigbau noch zur Fortpflanzung neuer Bienenschwärme mehr geschickt wären, und welche bey ankommenden Winter den meisten Vorraht, den sie im Sommer zusammen getragen, wieder verzehren würden.
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In der That ist dieses Letztere die wahre Ursache ihres Verfahrens, und sie zerstören wirklich, um einige wenige
Pfund Wachses und Honigs mehr zu haben, einen Bienenschwarm, der noch im Stande gewesen wäre, eben so viel zu sammeln, und andere Bienen auszubringen, die ihre Stelle wieder ersetzen können, wenn sie natürlichen Todes gestorben.
Jedoch die Zerstörung dieser Geschöpfe hat wirklich weniger zu ihrer Entschuldigung für sich, als es anfänglich scheinet. Denn das Wachs würde während den Winter keine Abnahme erlitten haben, und es würde nur um den Verlust einiger wenigen Pfunde Honigs zu thun gewesen seyn, daß ein Bienenstock erhalten wäre, der viel nützlicher gewesen seyn würde, als man überhaupt geglaubet. Zwar begiebt es sich bisweilen, daß ein Schwarm nach 4. oder 5. Jahren abstirbt, allein viel häufiger geschiehet es, daß die Bienen 8. bis 10. Jahre leben , ja man hat Beyspiele, daß einige über 30. Jahre sich erhalten haben. Wie groß ist also nicht in diesem Falle der Schaden, den man durch Ausrottung eines Schwarms von 4. Jahren verursachet hat, da er noch 26. Jahre länger
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gelebt, und jährlich 3. oder 4. junge Bienenschwärme ausgelassen haben würde. Hieraus wird man leichtlich einsehen können, wie groß der Anwachs der Bienen innerhalb wenig Jahren seyn würde, verglichen mit dem, wie er itzt ist, wenn diese einzige barbarische Gewohnheit unter uns abgeschaffet werden könnte, die nicht allein in diesem Falle 78. Schwärme, sondern auch zugleich diejenigen zernichtet, welche aus jedem derselben nach dem Laufe der Natur würden entsprossen seyn. Eine Zahl, die viel größer ist, als man sich Anfangs einbilden sollte.
Wenn man anstatt die Bienen, jedesmal wenn wir ihnen Honig brechen, aufzuopfern, nur einige Versuche machen wollte, um ihr Leben zu erhalten, so würde man die Sache so schwer nicht finden, als viele sie sich einbilden mögen. Es würde nicht viel Schwürigkeit setzen, die Bienen allesammt in einen andern Korb zu bringen, und in einigen Fällen würde dies das Mittel seyn, einen andern Schwarm zu erhalten.
Es giebt nämlich viele schwache Schwärme, wie sie genennet werden, die mit einander während den Winter umkommen. Die wahre Ursache davon
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ist, daß der Bienen so wenig darinnen sich befinden. Wenn daher, anstatt alle Bienen eines wohlbevölkerten Stocks zu zernichten, man dieselbe zu einem dieser schwachen Schwärme gesellte, so würden in diesem Falle beyde erhalten werden, und ihre Arbeiten würden in dem folgenden Sommer reichlich den wenigen Honig, so zu ihrem Winterfutter nöhtig ist, wieder ersetzen.
Montfort in seiner Abhandlung von Bieneu gedenket eines Gesetzes des Groß-Herzogs von Toskana, Kraft dessen ein jeder, der einen Bienenschwarm zerstöret hatte, bestrafet werden sollte. Wäre dieses Gesetz auch bey uns in Kraft, so würden wir gewiß dadurch jährlich eine viel größere Menge Honig und Wachs von dem starken Anwachse solcher Bienen haben, welche ein unzeitiger Geitz jedes Jahr dem Untergange widmet. Außer der großen Anzahl der Bienen, die jährlich solchergestalt umkommen, sind noch sehr viele, die jeden Winter zwischen den Monaten November und April sterben; so, daß von starken Schwärmen, die, wenn der Winter kömmt, in Körbe gehen, nur wenige zu Anfang des folgenden Sommers übrig bleiben.
(P80)
Die Schriftsteller, welche von Bienen handeln, haben zwar vieles die Krankheiten der Bienen, und dle dawider dienende Mittel betreffend, geschrieben, allein Herr
Reaumur hat dieses alles viel kürzer gefaßt, und behauptet, daß die beyden großen Zerstörer der Bienen Hunger und Kälte sind, und daß, wenn man sie dafür den Winter über zu schützen Sorge tragen will, man sie eben so zahlreich im Frühlinge in den Körben antreffen wird, als sie im Herbste darinnen gewesen.
Man muß aber dem ungeachtet große Sorgfalt bey der Wartung derselben, für ihre Erhaltung anwenden. Denn es trifft öfters zu, daß wenn man sie sorgfältig für der Kälte in Acht nimmt man wirklich dadurch Gelegenheit giebt, daß sie vor Hunger sterben.
Die Fortsetzung folgt.
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