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XV.
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Versuche von der Natur des Thaues.
Aus dem Universal Magazine.
Wenn wir sehen, daß es in dem ganzen Laufe der Wirkungen der Natur zwo Arten giebet, wodurch eine in die Augen fallende Sache sich begeben kann, so haben wir verschiedene Gründe zu glauben, daß es durch diejenige geschiehet, die am meisten von dem, wie es uns gemeiniglich vorkömmt, unterschieden ist. So wissen wir zum Beyspiele, daß eine Umwälzung bey der Sonne und Erde nohtwendig ist, es sey nun, daß diese sich um jene, oder jene um diese bewege. Ob es uns nun gleich gemeiniglich scheinet, daß es die Erde sey, die da ruhet, und die Sonne, welche sich herum drehet, so werden wir doch, wenn wir die Natur näher untersuchen,
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überzeuget, daß es in der That die Erde ist, welche die Umwälzung verrichtet, da die Sonne unterdessen in ihrer Stelle unbeweglich bleibet. Man kann leicht hievon viele ähnliche Beyspiele anführen, und wir richten nur auf diese Art unser Urtheil in Absicht auf den Thau, der mit unter diese Zahl gehöret, ein.
Der Thau, der uns beständig zu gewissen Zeiten zu fallen scheinet, kann entweder ursprünglich aus der mittleren Gegend der Luft herabfallen, aus welcher er zu uns herunter zu kommen scheinet, oder er kann zuförderst aus dem Inneren der Erde, zu dieser Höhe als ein Dunst hinauf steigen, und nachher wieder von daher in Gestalt des Thaues auf die Oberfläche der Erde herabfallen. Die natürlichste Meynung scheinet diese zu seyn, daß er ursprünglich aus der Luft fällt Und solchergestalt beobachtet ihn fast jedermann, und schätzet ihn für eine Gabe des Himmels, welche die Erde reich und fruchtbar machet. Jedoch die gegenseitige Meynung ist die wahre, und es ist ohne Widerspruch, daß alles, was wir eigentlich Thau nennen, alle die Wassertropfen, ob sie gleich noch von einander gesondert und unmerklich sind, sich leichtlich in größere Tropfen
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versammeln, und in diesem Zustande des Morgens auf dem Grase und den Kräutern, ln den Garten und auf dem Felde gefunden werden, und daselbst einige Zeit liegen bleiben. Alles dieses ist unstreitig als ein Dunst aus der Erde aufgestiegen, auf welche es sich nun wieder senket.
Diese Meynung ist nicht neu, ob sie gleich nicht allgemein ist. Unter den älteren Naturkündigern sind verschiedene, die dieselbe bekräftiget haben. Ja es giebet so manche Erfahrungen davon, daß man sich wundern müßte, wie ein Naturforscher eine solche offenbare Sache läugnen könnte. Ein jeder Gärtner weiß, daß die innere Fläche einer Glaßglocke, die man über zarte Pflanzen setzet, nach einiger Zeit mit Thautropfen bedecket seyn wird, und hennoch hat diese Fläche weder eine Gemeinschaft mit der äußeren Luft, sie kann auch die Tropfen nicht anders woher als allein von dem Dunste bekommen haben, der von der Erde in die Höhe gestiegen ist.
Unterdessen hat es nicht an Männern von großer Einsicht und Wissenschaft gefehlet, die anderer Meynung gewesen sind, und sich bemühet haben, alle hieher gehörigen Erscheinungen aus andern Grundsätzen zu erklären. Dem
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ungeachtet sind die Erfahrungen hierinn die sichersten Wegweiser und zugleich die stärksten Zeugen der Wahrheit. Herr Dusay, da er entschlossen war, zu allererst die wichtige Frage aufzulösen: Ob die Materie des Thaues vorher in einem Dunste aufsteige, oder nicht brachte er dieselbe zu diesem einfachen Verfahren: „ Wenn der Thau aufsteiget, muß er einen niedriger gestelleten Körper eher, als einen in mehrerer Höhe, und dessen untere Theile eher, als die obern befeuchten. Und wenn auf diese Weise eine Anzahl Körper in Ordnung gestellet worden, so muß durch die ganze Reihe der untere vor den oberen stuffenweise benetzet werden. „
Es kam ihm als gewiß vor, daß der Thau in einem Dunste von der Erde aufstiege, nachdem dieselbe von der Sonne erwärmet worden, und daß nicht weniger Dunst um Mittage als nachher aufwärts gienge, welcher aber alsdann, so bald er in die Höhe gekommen, zerstreuet wurde. Auf diese Gründe entschloß er sich seine Versuche anzustellen. Er richtete zu dem Ende zwo Leitern auf, deren Spitzen an einander lehneten, so daß zwischen den Füßen derselben ein merklicher
Raum blieb. Ihre Höhe war zwey
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und dreyßig
Fuß. Auf jeden Staffeln dieser Leitern befestigte er viereckigte Stücke Glas, wie die Scheiben eines Fensters, jedoch so, daß keines über das andere hieng. Er zweifelte nicht daran, daß wenn der Thau, ohne vorher von der Erde ausgedünstet zu seyn, sich senkete, die obere Fläche der Scheiben, die der Spitze der Leiter am nächsten waren, zuerst angefeuchtet werden müßte. Wäre es hingegen, daß der Thau anfänglich von der Erde aufstiege, so wäre es nohtwendig, daß die untere Fläche der Scheiben, zunächst der Oberfläche der Erde, ihn am ersten auffangen müßte. Er fand in dem Versuche die Sache seiner Erwartung vollkommen gemäß, indem die untere Fläche des niedrigsten Stück Glases zuerst, nachher dessen obere Flache, dann die untere Fläche der nächstfolgenden Glasscheibe, und so stuffenweise weiter angefeuchtet wurden, bis alles bis zu der Spitze der Leiter benetzet war.
Es war sehr glücklich, daß diese Erfahrung so vollkommen regelmäßig ausschlug, welches man sonst nicht allemal erwarten kann, indem unzählige Zufälle es verändern, und der gelindeste Wind es verhindern kann. Gesetzt nämlich, der Thau sey gänzlich nach dieser Ordnung
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bis zu einer gewissen Höhe gestiegen, er begegne aber einem Stoßwinde, so wird dieser den Thau dergestalt zerstreuen, daß er nicht weiter die Gläser benetzen kann, bis der Wind aufhöret. Sollte dieser aber nicht eher aufhören, bis der Thau zur ganzen Höhe der Leiter aufgestiegen wäre, so würden alle öberen Schreiben auf einmal naß werden.
Es machte Herr Dufay nachher eben diesen Versuch, und band anstatt der Gläser Tuchlappen an die Staffeln der Leitern, um dadurch, wenn er diese Stücke Tuch gewogen, im Stande zu seyn, mit Gewißheit bestimmen zu können, auf was Art sie den Thau angenommen. Es geschah durch einen Zufall, daß in diesem Versuche nicht dasselbe Verhalten als in dem vorigen in Ansehung des Aufsteigens des Thaues wahrgenommen wurde. Das Maaß der Feuchtigkeit, obgleich solche die öbern Stücke Tuch an sich gezogen hatten, war dennoch so merklich kleiner, als das, so die niederen angenommen, daß es genugsam bewies, daß sie die Feuchtigkeit von unten, und nicht von oben bekommen hatten. Herr Muschenbrock, der dieser Meynung nicht zugethan ist, gedachte, er hätte alle diese Versuche entkräftet, wenn er zeigete,
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daß verschiedene Körper, die er auf der bleyernen Platte der utrechtischeu Sternwarte ausgestellet hatte, den Thau auf ihrer öbern Fläche empfiengen. Allein man muß wohl merken, daß, obgleich der Thau nicht von der Platte aufsteigen könnte, dennoch derselbe von der Erde und den umstehenden Pflanzen aufkomme, und wirklich aufgekommen, ja nachdem er sich durch die ganze Luft über der Platte verbreitet, an die Körper, die ihn aufzufangen ausgestellet gewesen, angeleget.
Gleichwie nun solchergestalt die Ordnung und Weise, wie der Thau aufsteiget, fest gestellet worden, so kann uns auch die Art, wie er wieder herunter kömmt, nicht wundersam scheinen. Man erwäge nur, daß zu den Zeiten, da die Sonnenhitze nicht so stark, als nöhtig ist, den Thau, so bald er in die Höhe komt, zu zerstreuen, dieser sich von selbst durch seine natürliche Anziehungskraft in so grosse und schwere Tropfen sammeln werde, dergleichen die Luft länger oben zu halten, nicht vermögend ist.
Noch bewundernswürdiger aber ist bey dem Thaue, daß wenn verschiedene Körper von verschiedener Materie, und zu gleicher Zeit, demselben blos gestellet
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sind, solche damit verschiedentlich angefüllet werden, da einige mehr, andere weniger, noch andre gar keinen Thau auffangen. Die Tropfen scheinen eine Art Wahl anzustellen, auf welche Körper sie sich niederlassen wollen. Sie hängen sich eher und in größerer Menge an Glas und Krystall, als an irgend einige ande Körper, und alle Metalle nehmen sie gar nicht an, auch sind niemals einige Tropfen an ihren Oberflächen gefunden worden. Es sind also die beyden äußersten Grade fest gestellet, aber von den Körpern, so zwischen beyden sich verhalten, muß man nach wiederholten Erfahrungen urtheilen. Wenn ein krystallenes oder gläsernes Gefäß in einer silbernen Schüßel am Abend der Wirkung des Thaues ausgesetzet ist, so wird man das Glas mit Thautropfen bedecket, die silberne Schüßel hingegen vollkommen trocken finden.
Das Uibrige künftig.
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