Blättern:
< zum Text 32 –
zum Text 34>
XXXIII.
(P257)
Das Uibrige von den Finnen der Schweine.
Dieß ist die Ursache, warum auch Bleyplatten in den Schweinetrog genagelt werden. Denn die arsenikalischen Theile des Bleyes lösen sich allmählig in dem Gesöffe auf. Aber die Gifte sind, in der kleinsten rechtmäßigen Dosi und Composition gegeben, eine Arzney. Das Antimonium und einige andere natürliche Mittel wider die Finnen empfiehlt schon der betagte und sehr verdiente rußische Archiater, Hr.
Joh. Bernh. von Fischer, in seinem
liefländischen Landwirthschaftsbuche, worinnen von allen Krankheiten der Thiere, außer den besten und richtigsten Arzneymmitteln, die physiologischen Begriffe der Krankheiten ganz kurz angegeben werden. Er schreibt p. 244. Man muß den Schweinen, außer ihrem gewöhnlichen Winterfrasse, zuweilen Senf,
(P258)
Knoblauch, Zwiebeln, Wacholderbeeren, auch etwas glänzenden Ofenrußes, und vor allen das Antimonium ein Loth pro dosi geben. Letzteres machet sie fett und frey von Finnen, und ist ihnen so nöhtig als den Schaafen das Salz. Und p. 245. Die gemästet werden sollen, müßen nohtwendig vorher Senf, Ofenruß, und vor allen Antimonium, einige Wochen vorher bekommen, damit sie nicht finnig werden; oder auch Bleyasche mit Lorbeeren, u. s.w.
Mittel wider die Fliegen.
Herr
Siegesbeck hat wider diese beschwerlichen Insekte, die alles benaschen, auf allen Spuren ihre Fruchtbarkeit zurücklassen, und mit ihren saugenden Stacheln so ungestümm ansetzen, daß sie verdienten, mit den Flöhen in eine Klasse gesetzet zu werden, in den
Breßlauer Naturgeschichten, ein Mittel wider sie bekannt gemacht, das in der That wegen anderer Betrachtungen, die man daraus herleiten kann, schon
(P259)
verdiente, bekannter gemacht zu werden, und das wir zugleich um dieser Absicht Willen, hier um desto lieber einrücken wollen.
Herr
Stahl hatte an einem gewissen Orte gesagt, daß sich mit einem
Pfunde Baumöl, ein halbes Pfund
Mennig dergestalt auflösen lasse, daß man es für eine wahre Auflösung halten könne. Hr.
Siegesbeck nahm hieraus Anlaß, den Schluß zu machen : Wenn man das zu einer Mennige gebrachte Bley auf solche leichte Weise ganz aus seiner metallischen Art bringen könne, daß auch vielleicht wohl die andern vorher in Kalk gebrachten Metalle, und besonders das Qwecksilber, auf eben diese Art aus einander gesetzet werden könnte. Er nahm also zum Versuche zwey Qwentchen versüßtes Qweeksilber, und ein
Loht Olivenöl, that solches in einen geräumigen blechernen Löffel, mischte es wohl untereinander, und ließ es unter beständigem Umrühren über einem kleinen Kohlfeuer mit einander kochen: da es dann nicht allein einen eben so starken, und widerlichen Dampf, und Geruch von sich gab, als sonst bey Verfertigung des Pflasters von
Mennige zu entstehen pflegt; sondern es bekam auch eine eben
(P260)
so schwarzbraune Farbe und Zähigkeit als dasselbe. Nachdem diese Vermischung kalt geworden war, schüttete sie Herr Siegesbeck in ein kleines offenes Zuckerglas, und setzte es in das Fenster des Zimmers. Den folgenden Tag sah er mit Verwunderung eine erstaunliche Niederlage von Fliegen, die in dem ganzen Fenster zerstreuet, und besonders bey dem Glase herum todt lagen. Kaum hatte er dieses beobachtet, als er sich vorsetzte, den Fliegen ihr Gift annehmlicher zu machen. Er strich demnach oben an den Rand des Glases etwas Süßes, und durch diese List versammelten sich alIe Fliegen im Zimmer nach und nach bey dem Glase. Sie genossen in trunkener Wohllust die vergiftete Süßigkeit, wurden matt, und blieben endlich todt liegen. — So eine besondere Eigenschaft besitzt das Qwecksilber, alle Arten der Insekten zu tödten, und so wenig ist diese Eigenschaft dem versüßten Qwecksilber durch dessen Zubereitung genommen.
(P261)
Als der weise Solon auf das Anhalten des
lydischen Königes
Crösus, welcher ein außerordentliches Verlangen bezeugte ihn zu sehen, sich nach
Sardis begeben hatte, so wurde er alsbald diesem Prinzen vorgestellet, welcher ihn auf seinem Throne sitzend, erwartete, und sich zu dem Ende mit seinen größten Kostbarkeiten ausgeschmücket hatte. Solon schien bey dem Anblicke so vieler Herrlichkeiten gar nicht erstaunet. Crösus sagte zu ihm: Mein wehrter Gast, ich kenne deine Weisheit durch das Gerüchte : ich weiß, daß du weit umher gereiset bist, aber hast du irgends wo jemanden gesehen, der so prächtig als ich gekleidet war? Ja, erwiederte Solon, der Fasan, der Hahn und der Pfau gehen noch weit prächtiger, weil alles, was sie Glänzendes an sich haben, ihnen von der Natur mitgetheilet wird, ohne daß sie die geringste Sorgfalt anwenden dörfen, sich aufzuputzen. Eine so un vermuhtete Antwort mußte den Crösus
(P262)
gewaltig befremden: er befahl seinen Leuten, daß man alle seine Schätze aufschließen, und dem Solon alles , was sich in seinem Pallaste an kostbarem Gerähte befände, vorzeigen sollte. Er ließ ihn zum andernmale vor sich kommen: Hast du jemals, so sprach er zu ihm, einen glücklichem Menschen, als ich bin, gesehen? Ja, gab Solon zur Antwort, dieser ist Tellus, ein Bürger von Athen, welcher als ein ehrlicher Mann in einer wohl verfaßten Republik gelebt hat. Er hinterließ ein paar sehr hochgeschätzte Kinder mit einem zu ihrem vernünftigen Unterhalte hinreichenden Vermögen, und hat zuletzt das Glück gehabt mit den Waffen in der Hand, und unter Erfechtung eines Sieges für sein Vater land zu sterben. Die Athenienser haben ihm auf eben dem Platze, wo er sein Leben dahin gab, ein Grabmaal aufgerichtet, und seinem Namen die höchste Ehre erwiesen.
Crösus war nicht weniger als das erstemal bestürzet. Er glaubte, daß Solon ein Unsinniger wäre. Wohlan denn, fuhr er fort, wer ist nach dem Tellus der glücklichste unter den Menschen? Es lebten vor Zeiten zween Brüder, antwortete er, davon der eine Cleobis und
(P263)
der andere Biton hieß: sie waren so handfest, daß sie aus allen Arten von Kämpfen jederzeit siegreich davon kamen; sie liebten sich einander mit der vollkommensten Liebe. An einem Festtage sollte die Priesterinn der Juno, ihre Mutter, für welche sie sehr viele Zärtlichkeit hegten, sich zu Vollziehung eines Opfers nohtwendig in den Tempel begeben , man säumte zu lang, ihre Ochsen herbey zu führen: Cleobis und Biton spannten sich vor ihren Wagen, und zogen sie bis an den Ort, wohin sie verlangte. Das gesammte Volk wünschte ihnen tausend Seegen. Alle Mütter wurden in Entzückung hingerissen, und priesen sie glückseelig, solche Kinder gebohren zu haben. Von den lebhaftesten Empfindungen der Freude und der Erkenntlichkeit, durchdrungen, baht sie voll Innbrunst die Göttinn, ihren Söhnen das, was für die Menschen am besten ist, zur Belohnung zu gewähren. Sie ward erhöret. Nach dem Opfer sanken sie im Tempel selbst in einen süßen Schlaf, und endigten darinnen ihr Leben durch einen sanften Tod.
Crösus konnte sich nicht enthalten, seinen Zorn zu äußern. Was, erwiederte er, setzest denn du mich nicht unter
(P264)
die Zahl der glücklichen Menschen? O König der
Lydier, antwortete Solon, du besitzest große Reichthümer, und bist ein Herr über eine Menge von Völkern; allein das Leben ist so grossen Abwechslungen unterworfen, daß man nicht im Stande ist, die Glückseeligkcit eines Menschen zu entscheiden, der sich noch nicht an dem Ende seiner Laufbahne befindet.
Die Farbe der Tugend.
Diogenes bemerkte einen Jüngling, welcher erröhtete. Nur frisch, mein
Sohn, sagte er zu ihm; dieses ist die
Leibfarbe der Tugend!
Blättern:
< zum Text 32 –
zum Text 34>