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XXXVII.
(P289)
Das Ungewitter. ein Gemälde.
Wie heftig saußt durch die anmuhtige Gegend, der rasende Sturmwind! Drohende Finsterniß treibt er herauf, aus dem geschwärzten Westen und hüllet den Himmel , in eine angstvolle finstere Nacht. Kalte Furcht durchschauert die ganze Natur, und zagend erwartet sie das nahende Ungewitter.
Die tobende See öfnet den ungeheuren Abgrund. Hoch aufgeschwollne Fluhten überschäumen die weichenden, und wälzen wild brausende Wuht an das verspritzte Ufer.
Noht und Verzweiflung wohnen in dem gedrungenen Rachen. Der blasse Schiffer starrt für grausamer Seelenangst: jetzt blickt er nach dem fernen Porte; — jetzt nach der ungestüm daher schwallenden Woge, und kann ihr nicht entfliehen,—und fleht sprachloß Gelübde zum Herrn des Sturms. —
(P290)
Wenn nur die düstre Weite mein Auge nicht trüget! —Rührender Anblick! Dort arbeitet redliche Menschenliebe eilende Hilfe durch die Gefahr; und jedes sinkende Ruder naht huldreichere Hofnung dem Notleidenden. — Innigen Dank stammelt er nun dem Retter im schützenden Hafen.
Grauen rauschet indeß im dunkele Walde, und Verheerung im fruchtvollem Obstgarten. Durchwühlte Bäume entschütteln flatternde Blätter, und schleudern unreife Gaben ins schwankende Grüne. Vom heftigen Windstosse gedrängt, zersplittern trächtige Zweige, und sinken herab, und verderben.—So fällt der blühende Jüngling, vom giftitigen Fieber dem harmvollen Greise geraubt.
Das elende Rohr neigt seinen sklavischen Scheitel niederträchtig zur Erde; indeß der graue Eichbaum mit erhabnem Haupte kühn steht, und dem Orkane trotzet. Lebhaftes Bild des Großmühtigen, der zum Heile des Vaterlands , sich unerschrocken der Gefahr bloßstellt. — Mächtig stammen sich seine Wurzeln gegen die dringende Gewalt; indeß er, mit ausgebreiteten Aesten, schwache Sprößlinge schützet.
(P291)
Sie trabt langsam zurück, die zarte wolligte Schaar, in die sichernde Hürde. Hoch kummerhafte Unruhe hält noch den armen Landmann, für das leistende Kornfeld. Jammernd bey jedem Sturme, der wüthtrisch über die wallende Aernte hinweg stürzt, und Getöse der Verwüstung ihr zuführt. Schon denkt er beängstigt, wie schmetternde Schlössen die Fruchte seiner Arbeit dahin raffen'. — Raschere Windschwalle treiben jetzt schwebende Staubwirbel ihm in das Auge. Er flüchtet voller Sorgen unter sein schwankendes Strohdach.
Schreckender wird immer die Scene. Wolken durch Wolken gewälzt, füllen die verfinsterte Lust mit schwüler Bangigkeit, und drohen Zerstörung und Noht. Jeder Anblick mehrt die Angst für dem kommenden Ausbruch. Jäh schießen jetzt lichte Blitze durch die fürchterliche Schwärze; und die gewaltsam kollernden Donnerschläge erschüttern die Grundfesten der Gegend. Die bestürzte Menschheit hört zitternd die ernstliche Zornstimme des Allgewaltigen , und das erweckte Gewissen foltert sie mit nagenden Vorwürfen.
(P292)
Er liegt betäubt, der freche Bösewicht, und wagts nicht, den verruchten Anschlag zu vollführen. Tief in seine schwarze Räuberhohle zurück geschreckt, wühlen Verzweiflung und gräßliche Höllenangst grimmig in seinem Busen. — Knirschend möcht er die Rache des entstammten Himmels noch hintergehen.
Die treueste Gattinn beweglich in seine Arme schließend, sieht
Filemon erschrocken, das schwere Strafgericht über ihr Haupt daher wittern, und bebt, —bebt um die verzagende Selinde. Aus ihrer schönen Seele, hat der fürchterlich wiederprellende Donner, das gewohnte Vertrauen auf die Allmacht gescheucht. Indeß lacht die Unschuld , an ihre angstahtmende Brust sich schmiegend, noch unmündige Wonne; dann wird sie die Trähnen der Eltern gewahr, und weint trostloß mit ihnen.
Die lärmenden Wohllüstlinge fliehen mit bangem Herzen das Scheusal der unseeligen Lasterscene, ihr entstelltes Antlitz verzagt vom Wetter abwendend. Jeder durch die Nacht brechende Strahl rührt sie mit neuer Angst, und erregt in ihnen die folternden Qwalen des Missethäters.
(P293)
Ganz darnieder geschlagen vergißt der Beherrscher der Welt seinem Stoltz und seine Hohheit. Unruh und Schrecken durchschwärmen seine Seele. Bebend sinkt er zur Erde vor dem donnernden Gott; und fühlt daß er ein Mensch ist.
Damis hebt beängstigte Blicke nach dem blitzenden Himmel; — jetzt nach der Gegend seiner
Chloe; —jetzt wieder gen Himmel; und schmachtet. Indeß der Elende, auf armseeligem Krankenlager sich wälzend, nun aufhört, sich nach dem Tode zu sehnen; und allein um seine Erhaltung sich kümmert.
Der starke Geist sieht nur die Werke des Natur, im verheerenden Grauen der Ungewitters; und trotzig will er noch den Herrn desselben verkennen.— Plötzlich fährt ein flammender Feuerschwall vor ihm herab, und der schnell folgende Knall donnert ihm Schrecken ins trotzige Herz. Er zittert vor dem. Gott, den er läugnet; und von Entsetzen und Uiberzeugung gerührt, wünscht er dem Auge des Allgegenwärtigen sich zu verhüllen.
Ach, wo schlug er hin, der entzündende Strahl! Vielleicht in eine Wohnung!—Jedermann schaut sorgsame
(P294)
Erwartung nach der auflodernden Noth; und
Damis trägt marternde Unruh an des Hausdachs oberste Oefnung: hie eilen seine forschende Blicke, voll fürchtender Ungedult nach
Chloens Seite.
Doch nein! Es brennt keine Wohnung! Nur eine fruchtlose Weide traf der warnende Zornstrahl — Ein kühlendes Geplatsche fallender Tropfen unterbricht die angsthafte Stille. Das trübe Gewölke schüttet seinen Grimm im rauschenden Platzregen aus. Nur schwache Entzündungen leuchten noch durch die verschwemmte Luft.
Fliehe, guter Wandrer! Fliehe unter das Dach jener dichtbelaubten Buche ! — Ach vergebens umschlingt ihn sein Mantel; schon hat die Fluht ihn ganz durchdrungen! — Unbesonnener, höre auf, den heftigen Regenguß zu verwünschen ! Siehe, wie er die lächzenzenden Gefilde, mit segnender Labung tränket!
Wild rauscht das mächtige Waldwasser daher; entreißt dem Ufer Hecken und Stämme; schwillt stolz in ungezähmten Fortlauf; und wächst zum verheerenden Strohme. — So tobt im Busen der unbändigen Jugend, das wühlende Heer der Leidenschaften. —
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Mit brausendem Ungestühm stürzen von schroffen Höhen die spritzenden Fluhten jetzt herunter, und schäumen ohnmächtiges Nasen zwischen blanken Felswänden dahin.
Ermuntre dich, bekümmerter Land mann! Sie eilt vorüber, die Gefahr! Siehe! das träufelnde Gewölke flieht schon deine seegenvollen Felder.—An seinem trüben Rücken schimmert dort der prächtige Bogen des Bundes, die theuere Verheißung des gnädigen Erhalters , uns so huldreich entgegen! — O Gott, dem meine Seele den reinesten Dank weyht! sey auch dem Nachbar gütig! bewahre auch ihm die milde Frucht seiner Arbeit!
Wie schon, wie lieblich blickt durch das zertheilte Gewölke, der blau lazurne Himmel wieder hervor! —So heiter sind die Blicke des Edelmühtigen, der eine Wohlthat heimlich verrichtet—Hell glänzen dort, in silberner Anmuht, die Spitzen der blendenden Wolke.—Jetzt strahlt Sie selber daher, die majestätische Sonne; und alles alles lebt wieder!
Mannigfaltige Reiße blinken im grünen Dunkel der erfrischten Wiesen; oder gleiten von schwach bewegten Blättern mild duftender Bäume herab. Die zarte
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Muse der harmonischen Waldsänger tont wieder sanft im beruhigten Gehölze. Auch die Menschheit klärt ihr Gemüht auf; und bethört von der herrschenden Leidenschaft , sucht sie schon, den mühst, ligen Gedancken an die ernsthafte War nung zu verbannen.
Schon taumelt die unsinnige Jugend, von schwermender Raserey dahin gerissen, zu den erst verschwornen Lastern zurück; ihre Reu und Busse verschwanden mit
dem Wetter.------Indeß kriecht der ruchlose Bösewicht aus seiner schwarzen Kluft wieder hervor, und schnaubt, von unmenschlicher Wuht getrieben, nach neuen Missethaten.
Mit aufgeblähtem Herzen kennt der Erhabene nun trozig, nur sich und seine Macht. — Auch der Freygeist richtet sein Antlitz frecher empor; und mit Schaam und Aergerniß angefüllt, flucht er dem Vorurtheil der Erziehung, das seine Seele so oft überwältigt; und zwingt sie, ihre Empfindung aufs neue zu läugnen.
Geliebte! seufzt
Filemon: Wenn Sorgen und Unglück unsre Tage betrüben, nein, nimermehr sollen sie unsern Muht darniederschlagen! Niemalß wanke unser Vertrauen auf den Allmächtigen, der
alle Noht, wie dieses Ungewitter abwenden kann!
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