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XL.
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Fortsetzung der Nachrichten von denen sogenannten Patagoniern oder Riesen.
Pigafetta erzählt verschiedene an diesen außerordentlichen Menschen wahrgenommene Gebräuche,
z. E. daß sie sich sehr eifersüchtig bezeiget; daß sie, um sich zum Erbrechen zu bewegen, einen ihrer Pfeile tief in den Schlund gesteckt, oder Disteln verschluckt und darauf grüne, mit Blut untermischte Galle von sich gegeben; ferner, daß sie sich, um das Kopfweh zu vertreiben, einen Schnitt über die Stirn und in einem Arm oder Bein gemacht und stark darauf geblutet, und andere Kleinigkeiten mehr. Ihre Wohnungen, sagt er, seyen bewegliche, aus Thierhäuten verfertigte Hütten, und ihre Speise rohes Fleisch oder eine süße Wurzel, die sie Capar nennen. Der
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gefangene Riese verzehrte zu einer Mahlzeit einen ganzen Korb voll Schiffszwieback, und trank auf einmal bis auf einen halben Eimer Wasser. Er giebt auch ein Verzeichnis von Wörtern, deren Bedeutung man diesem Riesen abgelernet. An einigen der von ihm berichteten Nebenumstände, die, wie er selbst gestehet, aus Zeichen begriffen worden, hat vielleicht die Einbildungskraft unsrer Reisenden vielen Theil gehabt. Indessen meldet er alles umständlich und setzt hinzu, man habe die gefangenen Riesen mit fortgeführet. Und daß
Magellan dergleichen Riesen wirklich angetroffen, und auch einige gefangen bekommen, die bis 15. Palmen oder mehr als 10.
Fuß hoch gewesen, bekräftigen einige spanische Geschichtschreiber, worunter
Herrera,
Osorius und besonders
Argensola ist.
Dieser letzte berichtet an einem andern Orte (*), daß die wider die Engländer unter dem spanischen Admiral
Sarmiento ausgeschickten Spanier in der
magellanischen Meerenge, bey einer Landung einen Haufen Riesen angetroffen, welche von weiten ihre Stimme hören lassen,
(*) Histoire de la conquete des Isles Moluques, traduite de l'Espagnol de Argensola. Amsterdam 1707. 8. Vol. I. p. 255 seq.
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und die Hände unbewaffnet in die Höhe gestreckt, auch, da die Spanier eben dieses gethan, der Chaloupe sich genähert, in allem aber sehr mißtrauisch geschienen, und da einer von ihnen umzingelt und gefangen worden, eine grosse Menge Pfeile auf die Spanier abgeschossen hatten. Bey einer, andern Landung wurde
Sarmiento von andern dergleichen Wilden angegriffen, und selbst, mit einigen von seinen Leuten verwundet; da man aber auf diese Riesen anrückte, ergriffen sie mit unglaublicher Geschwindigkeit die Flucht. Von diesen Riesen waren einige über drey
Varras, oder bis 8.
Pariserfuß hoch.
In einer alten spanischen, in England herausgekommenen Nachricht (*) wird gesagt, daß die nördliche Küste der
magellanischen Enge, welche das feste Land von Südamerika ausmacht, und welche ganz flach und baumlos ist,
(*) A Discourse on the Westindies & Southsea, written by Lopez Vaz, continued unto the Year 1587; wich was intercepted with the autor thereof at the river Plata, by Capt. Withrington & Capt. C. Lifter in the fleetfet forth by the Right Hon. the Earl of Cumberland for the Southsea in the Year 1586. Siehe Hakluit's Collect. vol. III. p. 789.
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wilde Bewohner in geringer Anzahl habe, die aber alle 10. bis 11.
Fuß hoch sind, und sehr wohl mit dem Bogen umzugehen wissen. Sie leben von der Jagd und Fischerey, bedecken sich auch mit den Fellen der Thiere, welche sie erlegen, und sind keine Menschenfresser, wie einige geglaubt haben.
Im Jahr 1599. den 7. May erblickte
Seebald de Weerdt, nach dessen Namen noch itzt einige kleine Inseln vor der ostlichen Einfahrt der magellanischen Meerenge heißen, einige Wilden von einer riesenmäßigen Statur auf einer Insel, welche der grünen Bay gegen über gelegen ist. Sie schienen 10. bis 11. Fuß hoch zu seyn, waren braunröhtlich von Haut, lang von Hahr, und giengen alle nackt, bis auf einen, welcher ein altes Seehundsfell um den Hals fest gemacht hatte, das ihm den Rücken bedeckte (*). Und dieses ist von des
Pigafetta Nachricht nicht allein in Absicht
(*) Kort en waaragtig Verhaal von het geen zekere vyf Scheepen, van Rotterdam in den Iaare 1598. den 27. Juny naa de Straat Magelian vaarende overkoomen is tot den 21 Jan. 1600. toe &c. Sieh. Bein en Voortgang van de Oostindische Compag. I. Decl. p. 17.
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der Kleidung, sondern auch der Hahre unterschieden.
Denn letzterer sagt, daß seine Riesen die Hahre rund geschnitten, und mit einer baumwollenen Schnur gebunden trugen, auch ihre Pfeile darinnen fest machten
In oben angeführter Reisebeschreibung geschieht noch einer riesenmäßigen Frau Meldung, welche auf der
Pengoinsinsel, in einer der von diesen Vögeln ausgegrabenen Höhlen, verwundet gefunden worden, und von denjenigen Riesen übrig geblieben, die der General
Olivier allda erschlagen haben soll (*). Sie hatte ein Gewand aus
Pengoins und andern Fellen mit Sennen zusammen geheftet, und ihr Angesicht war bemalet.
In eben dem Jahre 1599. hat
Olivier van Noord, ein anderer holländischer Befehlshaber, bey Cap Nassau einen Wilden gefangen bekommen, der dem Berichte nach die holländische Sprache erlernt und erzählt hat, daß seine Landsleute, die von gewöhnlicher Größe, aber breit und hoch von Brust sind,
Enoo hießen, und daß sie von einer
(*) Siehe eben diese Reisebeschr. p. 28. am angef. Orte.
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Nation ungeheurer Riesen von 10. bis 11. Fuß,
Tirimeenen genannt, bekrieget wurden (*)
Georg Spilbergen ward im Jahr 1615. auf dem durch die
magellanische Meerenge von Amerika abgesonderten
Feuereylande (Terra del Fuego) einen Wilden von ungemeiner Größe gewahr, der sich oft zeigte und auf die Hügel stieg, um die zur Strasse einseegelnden Schiffe zu sehen (**).
In eben dem 1615ten Jahre traf
Walter Schouten, da er in
Port Desiré, 47°.40'. südlicher Breite vor Anker lag, auf der Höhe der an der Küste liegenden Berge einige Steinhaufen an, unter
(*) Beschryving van en voyagie om den geheelen Aardkloot gedaan door Olivier van Noord, General over vier Schepen. Rotterdam 1602. p. 21.
(**) Historisch Journal van de Voyage gedaan met fes Scheepen, uitgereed door de vermaarde Heeren Bewindhebberen van de Ostind. Comp. uit de vereenigde Nederlanden, om de vaaren door de Straat van Magellan na de Molucques onder het Gebied van de Heer Joris van Spielbergen. p. 19. Sieh. Begin en Voortgang van de Ostind. Comp. II. Deel.
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welchen Gerippe von 10. bis 11. Fuß langen Menschen gefunden wurden (*)
Jakob le Maire, welcher mit gedachten
Schouten in Gesellschaft gereiset, und auf selbigen sehr übel zu sprechen war, auch gewiß nicht würde unterlassen haben, diesen Umstand, wenn er erdichtet wäre, anzutasten, widerspricht
jenem hierinnen nicht.
Den 4ten Jäner 1643. entdeckte
Abel Tasman ein auf 34°.35' südlicher Breite, und 191°. der Länge belegnes Eiland, welches er die drey Königsinsel nannte. Er gedachte sich daselbst zu erfrischen, jedoch da er sich der Küste genähert, erblickte sein Volk auf einem Berge dreyßig bis vierzig Wilden; welche, so viel sich von fernem urtheilen ließ, von einer ungemeinen Größe waren. Ein jeglicher dieser Wilden trug eine Keule. Sie riefen dem Schiffsvolke mit
(*) Journal of Beschryving van de wonderlyke Reise gedaan door Wouter Schouten van Hoorn in de Jaaren 1615, 1616. en 1617. Amsterd. 1618. p. 19.
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einer groben und starken Stimme zu, man konnte aber nichts verstehen (*).
Frezier berichtet uns (**), daß das Schiffvolk eines unter dem
Capit. Harrington von
St. Malo ausgeschickten Schiffes, der heil. Jakob genannt, in der
Georgiusbay sieben Riesen, von der bey den alten Reisebeschreibern angegebenen Größe gesehen. Ein andres Schiff von Marseille, der heil. Peter genannt, unter Anführung des
Cap. Carman von
St. Malo, traf dergleichen sechse an, deren einer sich von den übrigen darinn unterschied, daß sein Hahr mit eines Netzkappe aus Vögeldärmen beflochten und mit Federn ums Haupt gezieret war. Ihre Kleidung bestand in einem Sack von Thierhäuten, wovon das Rauhe inwendig gekehrt war, daher sie frostiger zu seyn schienen als die kleinem Wilden, welche in dasigem Landstriche fast nackend gehen.
(*) Capt. Abel Jansen Tasman's voyage for the discovery of Countries in the southern Ocean. Sieh. Collection of authentik, useful & entertaining voyages, digestod in a ckronological series by John Barrow Vol. II. p. 6.
(**)Relation d'un voyage de la Mer du Sud, aux cotes du Chily & du Perou, fait pendant les années 1712. 1713. 1714. par Mr. Frezier. Paris 1716. 4. p. 78. welche auch holländisch zu Amsterd. 1727. herausgekommen.
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