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LI.
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Es verstrichen einige Jahre, bevor der Orden vermögend war, sich wegen dieses Verlustes zur See wieder zu erholen. Solches gab dem Feinde neuen Muht die christlichen Küsten zu beunruhigen, und ihre Schiffahrt zu unterbrechen. Endlich aber setzten die christlichen Mächte, durch die beständige Seeräuberey der Türken aufgewecket, derselben eine Flotte von 3. maltesischen, acht neapolitanischen und vier Schiffen des
Großherzogs von Toscana entgegen, die eine Zeitlang den Fortgang der türkischen Waffen hemmete. Jedoch hatte der Orden im Jahre 1629. seine Kriegsmacht dergestalt wieder hergestellet, daß er bey einer andern Gelegenheit den
Bassa Usaim wegnahm, und
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er verschiedene Unternehmungen gegen die Türken im Jahre 1631. ausführete. In diesem und den folgenden Jahren der Regierung dieses Großmeisters hatte der Orden viel Glück, da die Türken Hauptsächlich genöhtiget wurden auf persianischer Seite ihre Kriege in Acht zu nehmen. Der Großmeister
de Paule gab, nach dem er 13. Jahre mit großer Klugheit regieret hatte, durch seinen Tod Gelegenheit zu einer neuen Wahl, die im Jahre 1636. auf
Johann Paul de Luscavis fiel. Der Anfang seiner Würde ward durch die Eroberung dreyer türkischen Schiffe sammt aller ihrer Beute beglücket, da dieselben eben von einer Landung, die sie mit 1500. Mann an der neapolitanischen Küste gethan hatten, nach
Tunis und
Algier zurückkehren wollten. Diese Thaten erwarben dem Orden in ganz Europa viele Hochachtung, und nicht weniger rühmlich war es, was er unter
Friedrich Prinzen von Hessen ohnweit Tunis ausführete, woselbst er sechs Raubschiffe von 40. Kanonen an sich brachte. Auf diese erste Unternehmung unter ihrem neuen Großmeister folgeren lange Zeit ununterbrochen verschiedene glückliche Züge, in deren einen sie sich eines nach Mecca
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bestimmten reich beladenen und auf zwo Millionen Kronen geschätzten Schiffes bemeisterten, dessen Befehlshaber der Verschnittene und Großmeister des Serails
Capi Aga war. Es befand sich auch am Borde dieses Schiffes eine Sultaninn und ein Sohn von fünf Jahren, ein Liebling des Großherrn. Die Sultaninn starb wenig Stunden vor der Ankunft zu
Malta, und ihr Sohn ward standesmäßig gehalten, ob man gleich nicht lieset, daß die Ritter großen Vortheil von diesen ihrem Sklaven gezogen. Hiernächst leisteten sie dem venetianischen Staate bey der Verteidigung der Insel
Kandia wider die Türken Beystand, in welchem berühmten Kriege die Malteser sich hervorthaten, und grossen Beyfall erhielten. In der Mitte dieses Krieges wurde anstatt des verstorbenen
Luscavis,
Anet de Clermont oder Gassan zum Großmeister erwählet. Er besaß aber diese Würde nur drey Monate, da durch dessen Tod dieselbe im Jahre 1663. auf
Raphael Coconer einen Spanier kam, welcher alle Seemacht des Ordens mit der venetianischen wider die Türken vereinigte. Es war aber dennoch nicht möglich nach einer 22jährigen Belagerung, mehr als eine
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anständige Kapitulation zu erhalten. So bald
Cotoner nach Malta zurückgekommen, legte er den Grund zu einem neuen Fort, und nannte es die Cotomere. Er starb aber im 1680sten Jahre, da dieser Bau eben zu Stande gekommen war.
Die Großmeisterwürde ward darauf dem
Gregorius Caraffa einem Neapolitaner aufgetragen, und das Bündniß, so der Orden im Jahr 1683 mit dem Kaiser, dem Könige von Polen und den Venetianern wider die Türken, die in Ungarn eingefallen waren, eingieng, gab den Rittern Gelegenheit aufs neue Proben ihrer Tapferkeit zu zeigen. Sie leisteten auch im 1684sten und einigen folgenden Jahren den Venetianern bey der Einnahme von
St. Moritz und anderen Plätzen nachdrückliche Hilfe. Hiebey machten sie nicht allein gute Beute, sondern erwarben sich auch dadurch mehr Ehre und Achtung vor ihre Heldenthaten, als man mit der Feder auszudrucken vermag Gleichwie nun zwar die Retter, kraft ihres Gelübdes, jederzeit fertig sind in allen Zügen wider die Türken und Mohren gemeinschaftliche Sache zu machen: so haben sie doch zu einem unveränderlichen Gesetze und Richtschnur des Ordens gemacht, sich niemals
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in Streitigkeiten der christlichen Staaten zu mischen. Und da die Türken seit den letzten 30. Jahren einen unverbrüchlichen Frieden mit den christlichen Mächten unterhalten haben, so haben sich auch die Malteserritter begnügen lassen, sich verteidigender Weise zu verhalten, und bloß die barbarischen Seeräuber, wenn solche ihnen in den Lauf kommen? zu züchtigen.
Wenn ein Großmeister krank wird, bringen die Ritter mittler Weile seine Kleidung, eigene Briefschriften ect. in Sicherheit; und wenn die Krankheit der gestalten zunimmt, daß man sie für tödtlich hält, überliefern sie solche dem höchsten Gerichte, welches gleich darauf die Verwaltung des Ordens, bis der Großmeister gestorben, übernimmt. Hiernächst wird ein Verweser erwählet, welcher gleich einem Großmeister regieret, bis ein anderer wieder erkohren ist. Dieser schreibet alsdann ein allgemeines Kapitel aus, um wegen der bevorstehenden Wahl Raht zu pflegen, und demnächst einen Tag dazu anzuberaumen. Sie geschiehet in der Kirche des heil. Johannis. Die wählenden Ritter sind die Priore, Landvögte, Großpriore, Großkreuze, Ritter, Priester, Kapellane etc. einer
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jeden der acht Nationen welche sich unbewaffnet in die bekannte Kirche begeben, und nachdem sie darinn eingeschlossen, vor dem Verweser einen Eid auf das Ordenskreuz ablegen; welchen Eid dieser zuletzt auch selbst leistet. Hiernächst wird von dem öffentlichen Wortführer abgekündiget, daß der Zweck ihrer Versammlung dahin gehe, die Wahl eines Großmeisters vorzunehmen, Die Wahl fängt sich mit einem Ritter, Kapellane und Servitore an, deren jeder völlige Freyheit hat, nach eignem Gefallen zu stimmen. Es geschiehet solches unter Aufsicht von acht Brüdern, da aus jeglicher Nation durch Kugeln einer erwählet worden. Diese sammeln die Stimmen der Ritter, nachdem sie zuvor in Eid genommen worden, aufrichtig hiebey zu Werke zu gehen. Wenn alle Stimmen bey einander sind, verlassen sie die Versammlung, und wählen an einem gewissen bestimmten Platze einen Aufseher der Wahl, wovon sie sowohl dem Verweser, als allen anwesenden Wahlmännern Nachricht geben. So bald dieser Aufseher eingeführet worden, knieet er nieder, und legt vor dem Verweser einen Eid ab. Von der Zeit an höret die Gewalt des letzter aus, und der Aufseher wird das Haupt
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und Vorsitzer des ganzen Ordens. Gleich darauf leisten die acht Brüder, die ihn erwählet, einen andern Eid, um drey andere geschickte Brüder zu erwählen, nämlich einen Ritter, einen Kapellan und einen Servitore, alle unbewaffnet. Diese drey nun wählen mit den andern einen Meister. Die drey Brüder, so zuletzt erwählet worden, verschließen sich in eine Kammer, worinn sie so lange verbleiben, bis der Vorsitzer sein Amt verrichtet. Von hier an verlieren die ersten achte ihre Gewalt, und die drey letzten nähern sich dem Vorsitzer, legen noch einen andern Eid vor ihm ab, und wählen einen vierten Bruder. Nach einer kurzen Weile wählen sie noch einen fünften, und so fort, bis ihrer achte, nämlich aus jeglicher Nation ein Bruder, zusammen sind. Diese acht wählen noch wieder andere achte, dergestalt, daß aus jeder Nation zween Wahlmänner kommen. Alle 16. beichten, hören die Messe, und eine Vermahnung vom Vorsitzer an, und empfangen das Abendmahl. Alsdann erklären sie, daß sie bevollmächtiget worden eine würdige und tugendhafte Person zum Großmeister zu erwählen. Sie bestätigen ihr Versprechen mit einem
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Eide vor der ganzen Versammlung. Alle gegenwärtigen Brüder geloben dagegen mit demselben Eide an, denjenigen, so von diesen 16. werde erwählet werden, für ihren Großmeister zu erkennen, und ihm gehorsam zu seyn. Hierauf verfügen sich die 16. in ein besonderes Zimmer, worinn sie sich nach ihrem Gewissen über die Tugenden und Untugenden eines jeden, welcher für die Großmeisterwürde in Vorschlag gebracht wird, freymühtig berahtschlagen. Nach diesem wird über alle Vorgeschlagene das Kugelloos gezogen, und derjenige, so davon die meisten Kugeln hat, wird als Großmeister erkannt. Wenn dieses also geschehen, verlassen die 16. den Ort, worinn sie eingeschlossen waren, und verfügen sich zum Vorsitzer und der Versammlung, die mit Ungeduld auf ihre Zurückkunft warten.
Das Uibrige künftig.
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