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Der Freund der Tugend

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(p9)
Erz\xE4hlungen

1. Der vergn\xFCgte Ehestand.

Philetas ward ein Mann, und Phillis seine Frau. —
Die Hochzeitnacht, die sie genau,
Und lebenslang zusamm verbunden,
War, wie ein Traum, in lauter Lust verschwunden!
Ein oftmals wiederholter Ku\xDF
Erhitzt, und w\xFCrzte den Genu\xDF
Der Liebe, die auch selbst die G\xF6tter Lust geschmecket! –
Doch, was im Ehebett geschieht,
Das bleibt mit allem Recht verdecket!
Drum sey auch itzt mein keusches Lied
Durch keine Aergerni\xDF beflecket! —

(p10)

Es hatte Ph\xF6bus schon mit seiner goldnen Pracht
Den Tag dem Erdenkreis geschenket.
Ein Gl\xFCck, das alle fr\xF6hlich macht,
Nur der Verliebten Wohllust kr\xE4nket.
Der Landmann pfl\xFCgte schon sechs Stunden lang das Feld,
Der St\xE4dter trieb sein n\xF6htiges Gesch\xE4fte,
Der Wuchrer mit dem theuren Geld,
Der Handwerksmann durch seine Kr\xE4fte.
Der Schl\xE4mmer, der bis in die Nacht gepra\xDFt,
Ward itzt schon wiederum zu Gast
An seinen Oerter eingeladen;
Der Spieler flucht den W\xFCrfeln, und der Nacht,
Die ihn zum Bettler fast gemacht.
Der Kaufmann \xFCberdenkt den Schaden,
In den ein Sturm ihn gebracht.
Die Buhlerinn sieht dort, und lacht
Auf ihre goldne Uhr zufrieden.
Die ihr ein geiler Reitz beschieden.
Den Stutzer treibt sein neues Kleid
Zum Fenster seiner spr\xF6den Sch\xF6nen.
Die welke Chloris klagt ihr Leid
Dem Himmel mit viel tausend Tr\xE4hnen;
Der Dichter schwitzt bey einem Lobgedicht,
Und ruft zum Beystand alle Musen,
Und sie erscheinen gleichwohl nicht!
Die Dame schm\xFCckt den vollen Busen,
Und malt das blasse Angesicht.

(p11)

Kurz, jedes war auf seine Wicht,
Und seine Neigung schon erpicht,
Als unser liebes Paar vom s\xFC\xDFen Schlaf erwachte,
Und sich mit einem Ku\xDF aus Bett, und Federn machte. —

Man brachte den Kaffe; man trank, und Willis sprach:
Mein Schatz, schon ist es Zeit, dir etwas zu entdecken!
Sie seufzte, und ein wiederholtes Ach!
War schon genug, den lieben Mann zu schrecke.
Sein Herze schlagt, und ein erstorbner Blick
Den Phillis auf ihn scho\xDF, drang ihm durch Leib, und Seele!
Sprich frey, erwiedert er, mein Leben! Und verheele
Mir ja nichts! denn, du wei\xDFts, mein Gl\xFCck,
Hingt von dem deinem ab, so, wie mir deine Schmerzen
Nicht minder unertr\xE4glich sind! —
-Drum, so entsch\xFCtte nur mein Kind
Die Last auf mich, von deinem Herzen! —

Nun bann, sprach Phillis, halb besch\xE4mt:
Du wei\xDFt: die Eintracht ist das Kleinod in der Ehe!
Damit nun unter uns kein Zank jemals entstehe,
Dadurch sich manches Par zu Tode schon gegr\xE4mt:

(p12)

So will ich dir hiemit aufrichtig alles sagen,
Was ich bisher, bey mir allein getragen!
Ich werd verdr\xFC\xDFlich oft, und wunderlich gesinnt,
Und mit dem gr\xF6\xDFten Gram erf\xFCllet;
Doch wird mein Zorn auch bald gestillet,
Wenn man durch Sanftmuht mich gewinnt.
Darum, so sey dir die\xDF ein unfehlbares Zeichen,
Wann du mich k\xFCnftig siehst die Sch\xFCrze* seitwerts streifen:
So denke, da\xDF mein Kopf, am rechten Ort nicht steht,
Und dann la\xDF es nur gehen, wie es geht! —
Wei\xDFt du mir nur in etwas nachzugeben,
So k\xF6nnen wir vergn\xFCgt und stets im Friede leben!

Philetas h\xF6rte die\xDF nicht ohn Entsetzen an,
Und, als er sich ein wenig nur besann,
Sprach er: Wie bin ich dir mein Kind! so sehr verbunden,
Da\xDF du mir dieses offenbart! —
Wir sind auf ewig nun gepaart,
Und, meine Lieb ist viel zu zart,
Als da\xDF ich dir in tr\xFCben Stunden,
Dein zartes Herze sollt verwunden.
Ich lobe deine Redlichkeit,
Und werde sie zu jeder Zeit

*Bey uns sagt man F\xFCrtuch.

(p13)

Geb\xFChrend wissen zu verehren! —
Doch, unsre Ruhe zu vermehren,
So la\xDF dich auch von meinem Sinn belehren;
Ich werd sehr oft erhitzt, und habe tausend Grillen,
Die mir den Kopf mit Unlust f\xFCllen:
Dann will ich unumschr\xE4nkt, und frey
In meinen Haus allein regieren! —
Drum merke nur darauf: sitzt mir der Hut nicht wohl,
So wisse, da\xDF dein Mund vern\xFCnftig schweigen soll! —
Doch, es l\xE4\xDFt sich mein Herz, gar leicht auch wieder r\xFChren,
Ein hei\xDFer Liebesku\xDF, giebt mich mir selbst zur\xFCck!
Ich weis, du liebest mich, und du verlangst dein Gl\xFCck,
Drum, la\xDF uns unsre Last gemeinschaftlich ertragen,
So wird den Frieden nie der Zwietracht Sturm zerschlagen! —

Die Phillis stutzt, und h\xF6rt, was sie sich nie gedacht,
Sie weint! — doch endlich ward der feste Schlu\xDF gemacht,
Einander willig nachzugeben,
Und beyderseits genau der Vorschrift nachzuleben! —

(p14)

Und, seht, wie weit sie es gebracht!
Es sah der Mann noch kaum die Sch\xFCrze seitweits stehen,
Als er den Hut sogleich auch wu\xDFte zu verdrehen!
Dann k\xFC\xDFte sie den Mann, und er liebkoste sie,
Und, so entzweyten sie sich nie!
Topic revision: r1 - 12 May 2010, KatalinBlasko
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