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XXXIII.
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Von den Merkw\xFCrdigkeiten an den Insekten.
Aus des Karl Linn\xE4us Amoenit. Academ.
Alle Dinge, die der g\xFCtigste Sch\xF6pfer auf unserer Erdkugel hervorge bracht hat, haben unter sich einen bewunderungsw\xFCrdigen Zusammenhang, und dienen einander zur gemeinschaftlichen Erhaltung. — Selbst der Erdball hat nebst den Felsen , den Mineralien, und den Fo\xDFilien, von den Elementen seinen Ursprung, und Wachsthum. Die Gew\xE4chse, Baume, Pflanzen, Graser, und Moose, bekommen aus der Erde ihren Unterhalt; und die Thiere den ihrigen wieder aus den Gew\xE4chsen. Alle dttse Dinge werden nachgehends wieder in ihren ersten Grundstof verwandelt. Die Erde wird der Pflanze, die Pflanze dem Wurme, der Wurm dem Vogel, der Vogel dem wilden Thiere zur Nahrung. Und so n\xE4hret sich umgekehrt von dem
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wilden Thiere der Habicht, von dem Habichte der Wurm, von dem Wurme die Pflanze, und von der Pflanze die Erde. Selbst der Mensch, der dieses alles zu seinem Gebrauche anzuwenden pflegt, wird nicht selten dem wilden Thiere, dem Habichte, dem Wurme, oder der Erde zum Raube. So gehet alles in einem Kreislaufe herum!
Die Natur hat also eines um des andern Willen, aber keines derselben nur blos f\xFCr sich gemacht. Die Tiger, die Luchse, die Baren, die Hermeline, die F\xFCchse, und noch andere Thiere, geben ihre Felle zum Gebrauche anderer her. Die Hunde durchstreichen ganze Tagelang die Walder, jagen f\xFCr unsere Tische das Reh, und den Hasen auf, und gewinnen selbst wenig bey dieser Arbeit. Der Dachs treibt das Kaninchen zum menschlichen Nutzen aus seinen tiefen Beh\xE4ltnissen. Das Pferd, der Elefant, und das Kameel sind zu Lasten, der Ochs zum Pfluge gewohnt Die Kuh giebt Milch, das Schaaf Wolle; das Rennthier zieht den Schlitten, das Schwein, und der Igel graben in die Erde, und der Maulwurf durchw\xFChlet sie, damit sich die Pflanzen, und Graser, desto leichter durch ihren Saamen fortpflanzen
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k\xF6nnen. Der Falk dienet zur Jagd, und die Henne legt Eyer. Der Hahn weckt uns sehr fr\xFCh, und bey Tage veran\xFCgt uns der Kukuck und die Lerche. Unsere Ohren werden Morgens und Abends durch die Amsel, des Nachts durch das Schlagen der Nachtigall, die Augen aber durch die stolzen Federn des Pfauen ger\xFChret.
Unsere Gegend wird im angehenden Fr\xFChlinge von den St\xF6rchen, Kranichen, Reyhern, G\xE4nsen, Schwanen, Aendten, Staaren, und Finken besucht. Im Herbste ziehen sie wieder nach S\xFCden zur\xFCck, damit sie mehr, als einem Volke Nutzen schaffen. — Die Fische m\xFC\xDFen sich aus den sichern Abgr\xFCnden des Weltmeers, an die gef\xE4hrlichen Ufer wagen? die Fl\xFC\xDFe hinaufschwimmen, und von einem Vorgebirge zum andern herumschweifen; und dieses alles in gewissen Tagen, und Monaten, damit sie von den Menschen, den V\xF6geln, und den wilden Thieren haufenweise gefangen werden k\xF6nnen. — Die Meerganse sind zu Hunderten Schaarweise auf der See, und treiben uns die Fische an das Ufer, da\xDF wir sie leichter fangen k\xF6nnen. Die Seem\xF6wen stiegen den ganzen Tag \xFCber der See, und zeigen uns an, wo der Fisch
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streicht. — Die grosse Fliege in
Surinam leuchtet zur Nachtzeit, da\xDF die Einwohner gut sehen k\xF6nnen. Der Seidenwurm spinnet seinen Faden, damit mit uns in Seide kleiden k\xF6nnen. Die Bienen tragen mit gro\xDFer Sorgfalt das Honig zusammen, welches unserm Geschmacke so angenehm ist. — Das Meer wirft t\xE4glich Schnecken, und allerley Muscheln aus, damit sich derselben sowohl Menschen, als Thiere bedienen k\xF6nnen. —
La\xDFt uns die menschlichen Thaten durchlaufen , und wir werden \xFCberall eine der Natur \xE4hnliche Absicht antreffen. — Der Schiffer vertrauet sein so kostbares Leben dem Sturme der Wellen , damit er die Waaren eines andern zur Stelle bringe. Der Soldat opfert sein Blut dem Vaterlande, und dem Wohl der B\xFCrger. Die der Gerechtigkeit vorstehen, sind g\xE4nzlich mit den Gesch\xE4ften anderer beladen; die Regenten widmen Zeit, und Kr\xE4fte der Republik, die Aeltern scharren ohne Aufh\xF6ren zusammen, was die Kinder durchbringen sollen. Der Landmann s\xE4et und \xE4rndtet, wovon der kleinste Theil seine Scheuern bereichert. —
So leben wir nicht uns! denn, ein jegliches Ding ist dem andern zum Nutzen,
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von dem weisesten Urheber der Natur eingerichtet worden. Es zeigt sich daher, wozu wir gegen einander verbunden werden. Wer stark ist, soll andern mit der Hand beystehen; wer viel Verstand besitzt, soll andern Raht geben; wer Gelehrsamkeit hat, soll andere lehren! Wir sollen den N\xE4chsten wie uns selbst lieben, so erf\xFCllen wir die Absichten des Sch\xF6pfers! Diese wechselweisen Pflichten, die wir einander schuldig sind, machten, da\xDF wir des gemeinen Nutzen wegen Anfangs Gesellschaften aufrichteten. Was getheilte Kr\xE4fte niemals zuwege bringen, wird durch vereinigte gar leicht erhalten! Die Goldund Silberm\xFCnzen w\xFCrden wohl niemals vorhanden seyn, wenn einer allein in das Gebirge bohren, das Wasser ableiten, das Aerz heraufziehen, tragen, in zehn verschiedenen Oefen rosten, schmelzen, h\xE4mmern, kleinmachen, und pr\xE4gen sollte. Es w\xFCrde auch niemand ein pr\xE4chtiges Geb\xE4ude, oder ein Schlo\xDF auff\xFChren, wo er ganz allein den Grund legen, den Keller graben, Ziegel streichen, und brennen, Mauern aufrichten, das Dach dar\xFCber ziehen, die Zimmer ausschm\xFCcken, Fenster machen, und auch f\xFCr das Uibrige sorgen sollte. Gleichfalls w\xFCrde niemand ein Kriegsschif durch
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die w\xFCtenden Meere ganz allein nach
Ostindien bringen. Ein Soldat w\xFCrde nicht ganz allein L\xE4nder und Reiche erobern, und keiner k\xF6nnte regieren , wenn er blos befehlen sollte. — Aber alles dieses richten viele mit vereinigten Kr\xE4ften sehr leicht aus. Wie wenig Wachs und Honig tr\xE4gt eine Biene zusammen; was aber viele von ihnen sammeln, ist vielen Menschen zureichend. Auch ein Seidenwurm w\xFCrde kein Kleid verschaffen , wozu hingegen mehrere leicht Seide genuggeben.
So ist es in der ganzen Natur, in allen K\xFCnsten, und Wissenschaften, da\xDF, wenn etwas Vortrefliches, und Herrliches zu Stande kommen soll, ihrer viele daran arbeiten m\xFC\xDFen. Wie viele tausend Menschen werden nicht erfordert, ehe ein K\xF6nig m\xE4chtig, ein Reich gl\xFCckseelig, und ein Volk ber\xFChmt werden kann! Die Wissenschaften sind zu dem Gipfel, worauf wir sie jetzt erblicken, nicht anders, als durch vieler Schwei\xDF gekommen. Und die Bewegungsk\xFCnstler nehmen nicht ohne Ursache diesen Grundsatz an, da\xDF vereinigte Kr\xE4fte jederzeit st\xE4rker w\xFCrken.
Ich habe von demjenigen geredet, was die Natur allen eingepflanzet hat. Sie hat uns zum Dienste anderer bestimmet,
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und wir sollen mit vereinigten Kr\xE4ften wechselsweise unser Be\xDFtes bef\xF6rdern. Allein, was f\xFCr ein Kraft werden wir dieser unserer grossen Pflicht aufopfern? Ohne Zweifel diejenige, worinnen wir die \xFCbrigen Thiere \xFCbertreffen. Der L\xF6we, welcher von keiner Furcht wei\xDF, hat das gr\xF6\xDFte Herz. Der Haase hat eine starke Sennader an dem Wadenm\xE4uslein, und ist der hurtigste auf den Beinen. Der Affe hat die weichsten F\xFC\xDFe, und daher das vortreflichste Gef\xFChl. Die Fr\xF6sche und Schlangen haben die biegsamsten Blutadern, und folglich ein \xFCberaus z\xE4hes Leben. Unter den V\xF6geln wirft die Nachteule die gr\xF6\xDFten Augen umher, und sieht bey der dicksten Nacht. Der Uhu hat die weitesten Ohren, und \xFCbertrifft alle andern am Geh\xF6re. Die Spinne hat einen grossen Magen, und ist \xFCberaus gefr\xE4\xDFig. Die Natur hat also den Theil, daran ein Thier vor dem andern einen Vorzug haben sollte, merklicher gemacht. Unter den vierf\xFC\xDFigen Thieren hat der Elefant das meiste Hirn, unter den V\xF6geln der Pfau, unter den Fischen der Wallfisch. Jegliches von ihnen ist daher verschlagener, als die \xFCbrigen. Doch hat keines von diesen nach Proportion ein so gro\xDFes Gehirn, als der Mensch bekommen. Und
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da die Seele, aller Gewi\xDFheit nach, ihren Sitz in dem Gehirne hat, weil aus demselben alle Nerven, deren sich der Mensch bedienet, herkommen, so mu\xDFen wir uns daher der Vernunft recht bedienen, weil wir darinnen vor allen andern Thieren etwas voraus haben.
Die Fortsetzung folget im n\xE4chsten Blatte.
Eine sehr leichte Methode, faules Wasser s\xFC\xDF zu machen.
Aus dem Museo Rustico.
Diese bestehet blos darinnen, da\xDF man mit dem faulen Wasser eine Menge gemeinen Thon vermische, der hinl\xE4nglich ist, ihm seine Durchsichtigkeit zu benehmen, so, da\xDF, wann man die Hand gerade unter der Fl\xE4che h\xE4lt, sie nicht durchscheinet. Man r\xFChrt es etlichmal untereinander , und wenn das Wasser klar ist, wird man es sehr gut, und wohlschmeckend finden.
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