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XIX.

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Gedanken von dem Uibergange der Hunnen nach Amerika.

Amerika, derjenige Theil unseres Erdbodens, welcher von den Europ\xE4ern gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts entdecket worden, hat in Ansehung seiner Bev\xF6lkerung, den Gelehrten viele Schwierigkeiten verursachet. Es ist bekannt, da\xDF dieser gro\xDFe Strich Landes von verschiedenen V\xF6lkern und Nationen bewohnet wird, und da\xDF ganze Kaiserth\xFCmer und K\xF6nigreiche vor dessen Bezwingung darinnen befindlich waren. Da nun die Geschichte dieses Landes schon hinl\xE4nglich erl\xE4utert ist, und da meine Absicht nur auf einen kleinen Versuch der M\xF6glichkeit des Beweises von einer besondern Bev\xF6lkerung gehet: so darf man hier auch keine anderen Nachrichten, als die zu meinem Zwecke dienen, erwarten.

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Es ist bekannt, da\xDF dieses weitl\xE4ufige Land, in den n\xF6rdlichen und mitt\xE4gigen Theil, in das feste Land, und in die umliegenden Inseln getheilet wird. Alle die verschiedenen Einwohner desselben, sind meistentheils sehr viel, \xFCberhaupt aber ziemlich merklich voneinander unterschieden. Allen diesen V\xF6lkern einen gewissen Ursprung zu bestimmen, w\xE4re eine Verw\xE4genheit; aber was von einer, oder der andern Nation das Wahrscheinlichste ist, zusammzutragen, ist eben nicht so ungereimt. Dem letzteren denke ich zu folgen, und ich bin nicht der erste, der die Wanderung hunnischer V\xF6lker nach diesem Erdstriche behauptet. Bochart, Horn, und der ber\xFChmte Professor Bayer in Petersburg, dem wir in Untersuchung der scythisch-hunnischen Alterth\xFCmer das Meiste zu danken haben, hat in den Actis Petropolitanis academicis, so wie unser gelehrter Landsmann und Geschichtschreiber Herr Mathias Bel in seinem Prodromo, davon bereits Meldung gethan. Es ist nur zu bedauern, da\xDF zween so gro\xDFe M\xE4nner von der neuen Entdeckung des alten hunnischen Reichs aus den chinesischen Schriftstellern, keine so richtige Kenntni\xDF, als wir gehabt haben, denn sonsten w\xFCrden sie dieses St\xFCck der

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Geschichte gewi\xDF in ein Helles Licht gesetzet, und uns dieser Untersuchung \xFCberhoben haben. Es ist n\xF6htig zu melden, da\xDF ich hier von den mittern\xE4chtigen Einwohnern, der neuentdeckten Welt rede, und diese f\xFCr Abk\xF6mmlinge scythisch Hunnen halte. Die Religion, die Sitten, und Gebr\xE4uche dieser V\xF6lker, welche ich die n\xE4mlichen bey den Hunnen finde, haben mich zu diesem Versuche bewogen. Man wei\xDF, wie nahe Gr\xF6nland den amerikanischen K\xFCsten lieget. Alle Beschreiber dieser Insel bezeugen, da\xDF die Einwohner derselben ein noch weiter entlegenes Land gegen Norden, welches nur durch einen Wasserfall von dem festen Lande der neuen Welt unterschieden ist, vorgeben. Das alte Gr\xF6nland, und die \xF6stliche Einfahrt in dasselbe, haben die D\xE4nen, als die Besitzer desselben verloren, und noch bis diese Stunde sind alle Versuche, besonders die, einer Gesellschaft von Kaufleuten zu Bergen, welche deswegen Schiffe dahin gesandt, fruchtlos gewesen. Anton, und Nicolaus Zeno aus Venedig, welche schon im Jahre 1390. nach Friesland, welches man f\xFCr einen Theil des festen Landes von Gr\xF6nland gehalten, verschlagen worden,

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haben berichtet, da\xDF der dortige K\xF6nig, ihnen eine ziemliche Nachricht von der amerikanischen Terra di Labrador gegeben, welche er von seinen Fischern, die es Estotiland genennet, erhalten hat. Viele glauben, da\xDF Gr\xF6nland, welches noch nicht v\xF6llig umfahren ist, wirklich mit Amerika zusammh\xE4nge. Und da es von Lappland nicht so sehr abgesondert ist, so w\xE4re dieses ein Weg, welchen die scythischen Hunnen, deren wahre Abk\xF6mmlinge die Finnen, und Lappen eben so gut, als die heut zu Tage lebenden Hungarn sind, in die n\xF6rdlichen Gegenden von Amerika genommen, davon ich weiter unten ausf\xFChrlicher handeln werde. Das Land Jesso, oder Terra di Jedso, japanisch Jekko, welches die Russen Kamtschatka nennen, und von welcher Insel, die doch mit Sibirien, und der gro\xDFen Tatarey zusammh\xE4ngt, Stralenberg in seiner Beschreibung von Ru\xDFland nachgelesen zu werden verdienet, ist der zweyte Beweis von einem m\xF6glichen Uibergange asiatisch-scythischer V\xF6lker nach diesen L\xE4ndern. Hadrianus Relandus, in einer seiner Entscheidungsschriften von der amerikanischen Sprache, sowohl, als andere neue Erdbeschreiber beweisen, da\xDF diese Halbinsel, welche

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1643. durch die Holl\xE4nder an der Meerseite entdecket worden, von Alters mit Amerika entweder v\xF6llig, wenigstens heut zu Tage durch etliche kleine Inseln zusammh\xE4nge. Ein Russe, Namens Wolodomir Attlasow, hat 1701. davon eine ganz genaue Beschreibung, durch seine Aussage in einer moskowitischen Pricase hinterlassen. Die ganze merkw\xFCrdige Nachricht davon, findet man in dem bemeldten Stralenberg aufgezeichnet. Das Sonderbarste davon ist, da\xDF im Winter, wenn das Meer fast ganz zugefroren ist, besondere Menschen daselbst ankommen, die mit Fellen von verschiedenen Thieren Handel treiben, und eine besondere Sprache reden. So viel ist gewi\xDF, da\xDF sich nicht wenig Bewegungsgr\xFCnde finden lassen, uns zu \xFCberreden, da\xDF Amerika mit dem festen Lande der morgenl\xE4ndischen Tatarey zusammenh\xE4nge, wenn man bisher gleich eine Meerenge zu dem Unterschiede desselben angegeben. Ja, nicht nur die asiatischen, sondern selbst ein Theil der n\xF6rdlichen L\xE4nder in Europa, mag durch Inseln, die nicht entdecket worden, und deren Entlegenheit von einander nicht so sehr unterschieden ist, mit eben diesen mittern\xE4chtigen Gegenden

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der neuen Welt eine Gemeinschaft haben. Da in dem gr\xF6\xDFten Theile des Jahres, das Eis die Stelle einer Br\xFCcke vertritt, so ist es gar nicht unm\xF6glich, da\xDF sowohl Menschen als Thiere, die dergleichen Himmelsgegenden gewohnt waren, \xFCber dasselbe gekommen sind. Bey den alten scythischen V\xF6lkern war dieses so gew\xF6hnlich, und die heutigen Tatarn thun es auch itzt noch so oft, da\xDF schon Olahus, und Magnus Upsalensis, die Einf\xE4lle der Tatarn in Schweden \xFCber das Eismeer, behauptet haben. Waren unsre Europ\xE4er die kalten Speisen, und die \xFCbrige Nahrung der mittern\xE4chtigen L\xE4nder, so wie die Samojeden, die Gr\xF6n- und Isl\xE4nder gewohnt, so w\xFCrden sie hierinnen nicht nur mehrere Entdeckungen gemacht, sondern von denselben auch weit gr\xF6\xDFern Nutzen gezogen haben. Die aufgekl\xE4rten Zeiten Ru\xDFlands aber, und der unerm\xFCdete Flei\xDF der dortigen Gelehrten, l\xE4\xDFt uns davon bald n\xE4here Untersuchungen hoffen. Da ich nun von der M\xF6glichkeit des Uiberganges bisher geredet: so will ich itzt untersuchen , was es eigentlich f\xFCr V\xF6lker gewesen, die ihn gewaget haben. Ihrer waren zu verschiedenen Zeiten,

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auch sehr vielerley. Lafitau bemerket sehr wohl, da\xDF ein gro\xDFer Theil derjenigen Barbaren, welche Griechenland noch vor den Griechen innen hatten, von diesen aber nach Asien vertrieben worden, und sich sodann gegen Norden ausgebreitet haben, ein Theil derselben gewesen seyn mag. Er beweiset, da\xDF die Sitten der Lycier, ihre Gesetze, Sprache, und Gewohnheiten, sehr vieles mit der Iroquisen, und Huronen ihren gemein habe. Selbst das Wort λυκοι. welches einen Wolf bedeutet, scheint zu ihnen \xFCbergekommen zu seyn. Denn eben diese Nationen unterscheiden sich in drey gro\xDFe, und Hauptfamilien, deren eine die Benennung vom Wolfe, als ein Alterthum beybeh\xE4lt; mehrerer anderer Uibereinstimmungen zu geschweigen. Von den scythischen und thracischen Nationen, worunter auch unsere Hunnen geh\xF6ren, sind sehr viele Spuren vorhanden, welche die Abstammung dieser Amerikaner ziemlich best\xE4tigen. Es ist richtig, da\xDF die Hunnen von andern aus Mittag und Norden hervorbrechenden scythischen V\xF6lkern immer mehr und mehr eingeschr\xE4nket worden, und da sonderlich diejenigen, welche nach Norden gezogen, nach und nach sehr

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geschmolzen sind. Man mu\xDF aber hier den Zeitraum ihres Reichs genau in Acht nehmen. Bey der gr\xF6\xDFten Macht ihres Reichs wurden sie zwar schon in mitt\xE4gige und mittern\xE4chtige eingetheilet, sie bewohnten auch ein sehr grosses Land, und machten ein erstaunliches Volk aus. Allein, da sie sich getheilet, und der gr\xF6\xDFte Theil nach dem Palude Meotide zu, der andere aber, gegen die occidentalischen L\xE4nder Ru\xDFlands gezogen: so geschah es, da\xDF beyde zertrennet, ein Theil zwar wieder zur\xFCck, der andere aber sich in diesen Gegenden immer mehr und mehr bis nach Finnland ausbreitete. Daher dann eben die Finnen einen der alten scythisch-hunnischen, und heutigen hungarischen Sprache, sehr \xE4hnlichen Dialekt haben.

Die Fortsetzung folgt.


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Topic revision: r17 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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