Bl\xE4ttern:
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XLVII.
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Das Uibrige von dem Winteraufenthalte der Schwalben.
Es bleibt nun keine andere Schwa3benart mehr \xFCbrig, welche die besondere Eigenschaft haben k\xF6nnte, sich gegen den Winter ins Wasser zu begeben, als die sogenannte Mehlschwalbe. Es w\xE4re zu w\xFCnschen, da\xDF uns alle Schriftsteller, die etwas von aufgefischten Schwalben in Erfahrung gebracht und aufgezeichnet haben, die Aufmerksamkeit gehabt h\xE4tten, sich so viel m\xF6glich nach der Art derselben zu erkundigen. So viel ist zuverl\xE4\xDFig, da\xDF sechs bis sieben glaubw\xFCrdige Personen, welche selbst Schwalben aus dem Wasser ziehen gesehen, mir versichert haben, es seyen solches wirkliche Mehlschwalben gewesen, und da\xDF alle von mir
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ausgekundschaftete Landleute und Fischer, denen hier\xFCber etwas bekannt war, bey geschehener Nachfrage sich f\xFCr eben diese Schwalbenart erkl\xE4ret haben. Wir bitten alle unsere Leser, denen solche Begebenheiten entweder aus eigner oder aus anderer Leute Erfahrung bewu\xDFt sind, uns selbige, mit Meldung der Art, welche man gefunden hat, mitzutheilen. Vielleicht werden wir durch solche Nachrichten und eigene Erfahrung endlich in den Stand gesetzt, die Widerspr\xFCche, wodurch diese merkw\xFCrdige Naturbegebenheit noch ungewi\xDF bleibet, zu vergleichen.
Der gebesserte Geizhals.
Dionys, der Tyrann, wurde berichte, da\xDF ein reicher Geizhals, der sein Unterthan war, einen grossen Schatz in der Erde verborgen hatte. Er lie\xDF ihm bey Lebensstrafe gebiehten, ihn auszulieferen; welches er auch that, ohne ihm jedoch alles zuzustellen. Er behielt einen Theil desselben zur\xFCck, machte sich
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davon, und lie\xDF sich in einer andern Stadt nieder, wo er sein Geld in liegende Gr\xFCnde steckte. Als Dionys dieses vernommen, so lie\xDF er ihn holen, und sagte zu ihm: Da du nun deine Reichth\xFCmer zu gebrauchen wei\xDFt, und dasjenige nicht mehr unn\xFCtze machst, was zum Nutzen der Menschen bestimmet ist; so nimm nun den Schatz zur\xFCck, welchen du vorhin nicht w\xFCrdig w\xE4rest zu besitzen.
Der Freund der Armen.
Ptolem\xE4us, der Thebaner, hatte sich so
sehr angew\xF6hnet, niemand abzuweisen, der seiner Freygebigkeit ben\xF6htiget
war, da\xDF, als ein Soldat ihn um ein
Almosen ersuchte, und dieser Feldherr
damals nichts hatte, was er ihm geben
k\xF6nnen, so schenkte er ihm seine Schuhe,
mit diesen Worten: Hier mein Freund,
suche die zu benutzen; ich habe nichts
bessers zu geben; allein ich will lieber
mit blossen F\xFC\xDFen gehen, als dich leiden
sehen.
(P372)
Der Menschenfresser.
Als die Schweden
Prag eroberten, kam ein Mensch vor den
K\xF6nig Karl XII. und r\xFChmte sich, ein ganzes lebendiges Schwein auffressen zu k\xF6nnen. Da der alte General
K\xF6nigsmarck dieses mit angesehen hatte, so sagte er zum K\xF6nige: der Kerl w\xE4re ein Zauberer, und w\xFC\xDFte durch Blendwerk den Zuschauern eine Sache vorzuspielen, die sich in der That nicht also verhielte. Dieser Mensch, der sich durch einen solchen Ungl\xE4ubigen beleidiget fand, sagte zum Prinzen, da\xDF, wenn er diesem Officier befehlen wollte, seinen Degen und feine Sporn abzulegen, so wollte er ihn ganz und gar lebendig auffressen. Dieses jagte dem K\xF6nigsmark einen so gr\xE4\xDFlichen Schrecken ein, da\xDF er sich eilig davon machte, und lieber eine kleine Besch\xE4mung ausstehen wollte, als auf Unkosten seines Leibes von dem guten Appetite dieses Vielfrasses \xFCberzeugt werden.
(P373)
Das Verdienst der Kleider.
Als
Bu\xDFi von Amboise vernahm, da\xDF alle Vornehmen des Hofes, welche mit ihm einem Turniere beywohnen sollten, zu ihrem Pferdeschmuck und zu ihrer Kleidung au\xDFerordentliche Geldsummen verwendeten, so lie\xDF er seine Leute als vornehme Herren kleiden, und er selbst erschien mitten unter diesem pr\xE4chtigen Auftritte in dem schlechtesten Anz\xFCge, den man sich nur vorstellen konnte. Alsdann legte die Natur den Wehrt ihrer Vorrechte in der Person des Bu\xDFi so m\xE4chtig an den Tag, da\xDF Bu\xDFi allein f\xFCr einen grossen Herrn an gesehen ward, und alle Herren, welche sich auf ihre Pracht verlassen hatten, f\xFCr Bediente gehalten wurden.
(P374)
Der Lohn der Verr\xE4hterey.
Sobald der Tod des
Sertorius, welchen
Perpenna ermordet hatte, ruchtbar wurde, so begaben sich die meisten Spanier, die den Fahnen dieses grossen Mannes gefolget waren, nach Hause, und sendeten Abgeordnete an den
Metellus und den
Pompejus, welchen sie sich ergaben. Perpenna sammelte alle \xFCbrigen, stellte sich an ihre Spitze, und machte zwar einige Versuche; allein er bediente sich der Waffen, der V\xF6lker, und aller Zur\xFCstungen des
Sertorius, blo\xDF um zu zeigen, da\xDF er eben so unt\xFCchtig war zu befehlen, als zu gehorchen.
Er lieferte dem Pompejus ein Treffen und hielt nicht Stand. Er wurde bey dem ersten Angriffe geschlagen und gefangen; und bey diesem letztern Unfalle bezeigte er sich weder als ein Feldherr, noch als ein Soldat. Er hatte sich der Schriften des Sertorius bem\xE4chtiget, und versprach dem
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Pompejus, er wollte ihm Briefe von verschiedenen consularlischen Personen und andern r\xF6mischen M\xE4nnern vorzeigen, welche in der Republik die meiste Macht hatten. Es sollten lauter Urschriften seyn, die sie mit eigener Hand abgefa\xDFt hatten, worinnen sie den Sertorius nach Italien beriefen, und ihm zu verstehen gaben, da\xDF die meisten der gegenw\xE4rtigen Regierung \xFCberdr\xFCssig waren , und eine Ver\xE4nderung w\xFCnschten.
Bey dieser Gelegenheit verrichtete Pompejus eine Handlung, welche nichts weniger als einen J\xFCngling, sondern im Gegentheil einen Mann von grossem Verstande und einer vollkommenen Klugheit entdeckte, und zu gleicher Zeit Rom von vielen Sorgen und von einer unendlichen Menge neuer Plagen befreyete, die da bereit waren, sich in seinem Schoo\xDFe zu entz\xFCnden. Er sammelte alle diese Briefe und Schriften des Sertorius, verbrannte sie sonder Ausnahme, ohne sie zu lesen, und ohne zu gestatten, da\xDF jemand sie lesen durfte. Er lie\xDF auch auf der Stelle den Perpenna hinrichten aus Furcht, er m\xF6chte einige von denen, welche diese Briefe geschrieben haben, entdecken, und
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mit Namen nennen, woraus denn eine neue Qwelle der Unruhen und Emp\xF6rungen hatte entstehen k\xF6nnen.
Das kunstverst\xE4ndige Pferd.
Als man dem
Alexander sein Bildni\xDF zeigte, welches das Meisterst\xFCck des
Apelles war, so beobachtete es der K\xF6nig mit keiner sonderlichen Achtung. Als aber sein Leibpferd Bucephalus eben dieses Gemald erblickte, so gab es durch seine Freudenspr\xFCnge und durch sein Wiehern zu erkennen, da\xDF es dasselbe f\xFCr den Alexander hielt; welches den Maler bewog, dem K\xF6nige zu sagen, da\xDF sein Pferd geschickter w\xE4re, von seinen Werken zu urtheilen, als der, so f\xFCr den vern\xFCnftigsten unter den Menschen gehalten w\xFCrde.
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