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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 1, Text 5 (S. 65-76)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Pre\xDFburg,
L\xF6we, 1781
Autor:
Daniel Cornides
Zuordnung: Arch\xE4ologie
(P65)
D\xE9esch ein anmuhtiger Marktflecken in der
innern Szolnoker Gespanschaft des Gro\xDFf\xFCrstenthums Siebenb\xFCrgen, hat die vortheilhafteste Lage, und mu\xDF vor Zeiten weit mehr, als heut zu Tage bedeutet haben. Die hin und wieder noch vorhandenen Uiberbleibsel von ungeheuren
Qwadersteinen, die zerstreuten Tr\xFCmmer von S\xE4ulengesimsen, und das noch zu D\xE9esch befindliche \xFCberaus ansehnliche alte Kirchengeb\xE4ude zeugen sattsam von der vormaligen Pracht dieser Stadt.— An einem etwas erhabenen Orte, an den hohen und felsichten Ufern des in der Tiefe vorbey str\xF6menden
Szamoschflusses ist ein weltl\xE4uftiger viereckichter ebener Platz zu sehen, der die sch\xF6nste Aussicht hat, die man sich nur denken kann, und welchen die Einwohner \xD3-V\xE1r, oder das alte Schlo\xDF nennen. Es ist daher zu vermuhten, da\xDF daselbst ein Schlo\xDF vor Zeiten gewesen seyn mu\xDF. Dieses ergiebt sich auch schon aus der ehemaligen Benennung des Ortes. Denn ehedessen hie\xDF diese Stadt nicht D\xE9esch schlechtweg, wie jetzt, sondern D\xE9es-V\xE1r, welches im Deutschen soviel sagen will,als D\xE9eschburg.
Beym
Nicol. Schmitth in
Episcopis Agriensibus, T. I. pag.243,244. k\xF6mmt eine Urkunde des K\xF6nigs
Karl Roberts vom Jahre 1310 vor, worinnen dieser Stadt unter dem Namen von D\xE9es-V\xE1r gedacht wird. Die Worte lauten also: "significamus tenore praesentium quibus expedit universis, quod Nos ob reverentiam & honorem Virginis gloriosae, ac Ordinis & Status Ecclesiastici dilectionem, Religiosis Viris, Fratribus Ecclesiae B. Mariae de D\xE9es-V\xE1r, Ordinis Fratrum
(P66)
Eremitarum S. augustini hanc duximus gratiam perpetuo faciendam, ut finguli currus ex Deesakna sales in D\xE9es-V\xE1r deferentes, in eadem Villa D\xE9es-V\xE1r, ipsis Fratribus Ecclesiae Beatae Virginis solvere sive dare teneantur duos sales, &.c." Aus dieser Stelle erhellet zugleich soviel, da\xDF noch im XIVten Jahrhunderte unter andern Geb\xE4uden der Stadt D\xE9esch auch ein Augustinerkloster sich befunden habe, wovon heut zu Tage nur noch einige wenige Spuren zu sehen sind. — Um nun einmal zu meiner Hauptsache, den eigentlichen Gegenstand gegenw\xE4rtiger Abhandlung, zu schreiten, mu\xDF ich jetzt von einem niedrigen Thurme, der mitten auf dem erst beschriebenen Platze \xD3-V\xE1r sich befindet, Nachricht geben. Dieses vierseitige Th\xFCrmchen wird von den Einwohnern mit dem Namen Magyarok Kapoln\xE1ja, oder die Kapelle der Ungern beleget, und Fremden als eine besondere Denkw\xFCrdigkeit gewiesen. Auf einem viereckichten der \xF6stlichen Seite des Thurms eingemauerten Steine, ist folgende Inschrift eingegraben:
Hunnus de Scythicis digressus sedibus hospes
Pannoniae glebam transfert huc gramen & undam.
Ter clamans: Deus! hac liceat tellure potiri!
Disiacamque Dei dixit de nomine terram.
1578.
Haec Fabius renovat Judex Monumenta Nepoti,
Cum Lucas Desius pascit ovile Dei.
Da dieses Th\xFCrmchen durch die L\xE4nge der Zeit Schaden gelitten: so hat man, dessen v\xF6lligem Einsturze zuvor zu kommen, im Jahre 1758 einige Reparationen daran gemacht, und zum Andenken folgende Hexameter auf der s\xFCdlichen Seite desselben in einen gleichfalls viereckichten Stein einge\xE4tzt::
Magna Theresia Romanorumque Induperatrix
Sceptra tenet, regit & dum septem Castra potenter,
(P67)
Interioris item Szolnok moderatur habenas
Paulus stirps Comitum atque editus Heroibus Haller,
Supra Mille annos & septem Secula quando
Quinquaginta octo numeraret messis aristas,
Resaturat rursus lapsum hoc aetate Sacellum
Ductor Nobilium, Bonis hunc dixere Joannem.
Diese bey der Renovation des Thurms hinzugekommenen Verse, hat, wie man mich versicherte, Herr
Ladislaus Mosa de S\xE1ros-Berkesz, damaliger Stuhlrichter der
innern Szolnoker Gespanschaft, verfa\xDFt. Die gemeine Sage der Einwohner des Orts ist diese: Die sieben Capitaine oder Heerf\xFChrer der aus
Scythien angekommenen Ungern h\xE4tten, nachdem sie
Pannonien eingenommen, sich nach
Siebenb\xFCrgen verf\xFCgt; und weil ihnen die sch\xF6ne Gegend um D\xE9esch herum \xFCberaus wohl gefiel, h\xE4tten sie die aus Pannonien mitgebrachten drey St\xFCcke, n\xE4mlich einen Erdklumpen, etwas Gras , und etwas Wasser, zu einem Dankopfer gen Himmel in die H\xF6he geworfen, dabey aber den lateinischen Namen Gottes dreymal ausgeruffen: Deus! Deus! Deus! und aus dieser Ursache w\xE4re nachher der daselbst angelegten Stadt der Name Deus, der aber nunmehr D\xE9es ausgesprochen wird, beygeleget worden. Auf diese Begebenheit, sagen sie, bez\xF6ge sich die im Jahre 1578 erneuerte Inschrift des Th\xFCrmchem, welches deswegen Magyarok K\xE1poln\xE1ja hie\xDFe. Ferner zeigen die Einwohner einen unweit dieses Th\xFCrmchen an der Uferseite des Platzes O-V\xE1r liegenden Stein, der wirklich mit Flei\xDF zu einer langen Sitzbank zugehauen zu seyn scheinet, und worauf erw\xE4hnte sieben ungrische Kapit\xE4ne, als sich die erz\xE4hlte Begebenheit zugetragen, beysammen gesessen seyn sollen.-Da\xDF diese einheimische Tradition viel \xE4lter sey, als die auf der Steinschrift ausgehauene Jahrzahl 1578, ist schon daraus offenbar, weil gedachtes D enkmaal im Jahre 1578 nicht erst errichtet, sondern nur erneuert wurde, und folglich lange
(P68)
vorher schon da gewesen seyn mu\xDFte. Im Anhangsdisticho hei\xDFt es ausdr\xFCcklich: Haec Fabius RENOVAT Judex Monumenta Nepoti. Das Wort Renovat zeigt deutlich genug an, da\xDF die aus vier Hexametern bestehende Aufschrift: Hunnus de Scythicis u.s. w. vorher schon da gewesen, aber durch den Zahn der Zeit angenagt, und zum Theil unleserlich geworden seyn m\xFC\xDFe, weswegen sie Ronovation erfoderte. Die eigentliche Epoche des zu D\xE9esch errichteten Denkmaals l\xE4\xDFt sich zwar nicht bestimmen: soviel ist indessen richtig, da\xDF die darauf gegr\xFCndete Tradition von dem oben erw\xE4hnten Ursprunge der Stadt D\xE9esch, in B\xFCchern, die noch von dem Jahre 1578 im Drucke erschienen sind, bereits anzutreffen sey. So erz\xE4hlet uns solche schon
Kaspar Helti in seiner zu
Klausenburg im Jahre 1575 in klein Folioformate heraus gegebenen
ungrischen Chronik, betitelt: Chronica az Magyaroknac dolgair\xF3l, auf der ersten Seite des 22. Blattes, mit dem ausdr\xFCcklichen Zusatze:
„\xE9s azt a helyet, az hol ez l\xF6n, neuez\xE9c az ki\xE1lt\xE1s vt\xE1n Deusnac, melyet mostan Deesnec hivunc.„ Das ist: und denjenigen Ort, wo dieses geschah, nennten sie nach dem Geschrey, Deus, welchen wir jetzt D\xE9es hei\xDFen.
Ja, was noch mehr ist, die ganze Begebenheit k\xF6mmt schon in des
Stephan Sz\xE9kely im Jahre 1558 zu Krakau in 4to
gedruckten
Chronica Mundi, auf dem 151. Blatte vor, wo gleichfalls gesagt wird:
„a heliet pedig a holot Deust kialtanac, Deusr\xF6l Deesnec neuezec, ki mind \xE9 napiglan vg hiuatic." Das ist: Der Ort aber, wo sie das Deus ausgeruffen hatten, erhielt vom Deus die Benennung D\xE9es, und wird noch bis auf den heutigen Tag also gehei\xDFen. Auch ist es wahrscheinlich, da\xDF schon der Verfasser der ungrischen Chronik bey unserm
Thuroczi etwas von der D\xE9escher Begebenheit, aber vermuhtlich nur aus blosem H\xF6rensagen, oder aus einigen verf\xE4lschten m\xFCndlichen \xDCberlieferungen, mag vernommen haben. Wenigstens scheinet folgende Stelle beym
(P69)
Thuroczi P. II. Cap.3. darauf einige Beziehung zu haben: ,,Arpad vero cum suis de aqua Danubii, cornu implens, ante omnes Hungaros super illo cornu, omnipotentis Dei clementiam rogavit, ut Dominus eis terram in perpetuum concederet. Finitis his verbis, omnes Hungari clamaverunt, Deus, Deus, Deus, tribus vicibus, & ibi inventus est usus iste, & servatur apud Hungaros usque modo."
Ob ich nun zwar dem D\xE9escher Denkmaale ein ziemlich hohes Alter gerne einr\xE4ume: so glaube ich doch, da\xDF
Paul Li\xDFnyai die Sache \xFCbertreibt, wenn er es gar in das Jahr Christi 990 hinauf r\xFCckt. Die Nachricht des Li\xDFnyai enth\xE4lt viel Sonderbares und Paradoxes; ich will sie daher in einer w\xF6rtlichen Uibersetzung hier ganz niederschreiben, den ungrischen Grundtext aber nur in der Note anf\xFCgen.* Es hat dieser Mann eine ungrische Chronik unter dem Titel:
Magyarok Cronicaja, zu
Debretzin im Jahre 1692 in
Duodez heraus gegeben, und auf der 216. Seite folgende Anekdote, die man meines Wissens sonst nirgends antrift, mitgetheilet: W\xE4hrend da\xDF der heilige Stephanus, der zweyte ungrische K\xF6nig, neun und vierzig Jahre lang, n\xE4mlich vom Jahre Christi 989 bis 1038 \xFCber Siebenb\xFCrgen und Ungern herrschte, waren \xFCber die D\xE9escher Salzgruben in Siebenb\xFCrgen drey Oberaufseher gesetzt: 1. Bela, 2. R\xF3sa, 3. Csiz. Diese Salzvorsteher
*Li\xDFnyai am angef\xFChrten Orte: Mikor Sz. Istv\xE1n, Magyar Orsz\xE1gnak m\xE1sodik Kir\xE1llya uralkodn\xE9k \xC9rd\xE9lyben, \xE9s Magyar Orsz\xE1gban, ugymint annis Chr. 989 - 1038 negyven kilentz esztend\xF6k alatt, akkor az \xC9rd\xE9lyben lev\xF6 D\xE9si S\xF3\xF3 Akn\xE1knak Praefectussai h\xE1rman val\xE1nak, 1. Bela, 2. R\xF3sa, \xE9s 3. Csiz; Ezek a Praefectusok mind azokat a Magyarok dolgait histori\xE1kb\xF3l ki tanul\xE1k, a mellyeket ide fellyebb miis ad Ann. Chr. 750 le ir\xE1nk, annak emlekezet\xE9re D\xE9s V\xE1ras\xE1n\xE1l edgy K\xF6-Oszlopot emeltet\xE9nek, akkori Magyarok dolgait im ez n\xE9gy K\xF6vetkezend\xF6 deak versekben edgy Po\xEBtaval foglaltat\xE1k, \xE9s a k\xF6 Oszlopra Anno Christi 990 fel-metczet\xE9k: Hunnus de Scythicis & c.
(P70)
haben aus den Geschichten alle diejenigen Thaten der Ungern sich bekannt gemacht, die wir oben bey dem Jahre Christi 750 gleichfalls aufgezeichnet haben. Zum Andenken lie\xDFen sie bey der Stadt D\xE9esch eine steinerne S\xE4ule aufrichten, die damaligen Denkw\xFCrdigkeiten der Ungern in folgende vier lateinische Verse durch einen Poeten abfassen, und solche auf die steinerne S\xE4ule im Jahre Christi 990 eingraben:
Hunnus de Scythicis u.s.w.
Da
Li\xDFnyai die Qwellen nicht anzeigt, aus welchen er diese Nachricht gesch\xF6pft hat, so kann uns niemand verdenken, wenn wir sowohl seinen Bela, R\xF3sa, und Csiz, als seine angegebeneJahrzahl 990 f\xFCr eine blosse Erdichtung halten, zumal da es nicht glaublich ist, da\xDF Li\xDFnyai einheimische Urkunden, oder handschriftliche Jahrb\xFCcher aus dem zehnten Jahrhunderte werde besessen, oder auch nur gesehen haben.
Wie Vieles \xFCbrigens unsere Siebenb\xFCrgischen Ungern
auf diese D\xE9escher Denks\xE4ule, oder sogenannte Kapelle der Ungern halten, la\xDFt sich schon daraus schlie\xDFen, weil
Stephanus Katona Geleji in seinem zu
Alba Julia (Wei\xDFenburg, heut zu Tage Karlsburg genannt) im Jahre 1646 in 4to herausgegebenen Werk:
Titkok Titka, S. 449 ** selbe mit dem Bethel des Patriarchen
*Zu dem Gedichte der Stadt D\xE9esch geh\xF6ren die drey nahe herum gelegenen Berge: Bela-hegye, R\xF3sa-hegye und Tzitz-hegy. Man glaubt, da\xDF auf jedem dieser Berge vor Zeiten ein Schlo\xDF gestanden, weil man noch auf ihren Gipfeln hin und wieder Ziegel, und Merkmale von einer Mauer antrift. Itzt werden diese Berge zum Weinbaue gebraucht. Allem Ansehen nach, wird die Benennung dieser Berge den erfinderischen Li\xDFnyai veranlasset haben, uns mit drey Salzvorstehern Bela, R\xF3sa, und Csiz zu beschenken.
**Titkok Titka, I. K\xF6nyv, I. V\xE1gat\xE9k, IX R\xE9sz,pag.449: Felferkeny\xE9n [J\xE1kob] monda: Melly retenetes ez a' helly! hanem Isten h\xE1za; a melly sz\xF3ra k\xE9pest hiva a'nak a' hellynek nev\xE9t, Bethelnek; Isten h\xE1z\xE1nak... Melly mosem szint\xE9n sz\xFCnt ez a' szok\xE1s meg, mellre sok p\xE9ld\xE1kkat, hordahtn\xE9k \xF6szve; ha illend\xF6, \xE9s sz\xFCks\xE9ges v\xF3lna: D\xE9es V\xE1ros\xE1t a'r\xF3l neveztek v\xF3lt a'mi Scythi\xE1b\xF3l ki-j\xF6tt r\xE9gi Magyar eleink Deusnak, Istennek; mert ott kialtottak v\xF3lt h\xE1romszor az Istant Romai nyelven, Deus, Deus, Deus, ha igaz amaz meg-ujjittatott r\xE9gi monumentumon, k\xF6-Oszlopon, val\xF3 ir\xE1s, noha imm\xE1r mostan az \xFA-t \xE9-v\xE9 v\xE1ltoztatvan, D\xE9esnek hivj\xE1k.
(P71)
Jakobs vergleicht. Seine Worte lauten in der deutschen Uibersetzung also : Beym Erwachen sagte Jakob: Wie heilig ist diese St\xE4tte, hier ist nichts anders als Gottes Haus,..und diesen Worten zufolge gab er dem Orte den Namen Bethel, oder Gotteshaus. Welche Gewohnheit auch itzt bey nahe noch nicht ganz aufgeh\xF6ret hat, wovon ich viele Beyspiele zusammentragen k\xF6nnte, wenn es schicklich und nohtwendig w\xE4re. Die aus
Scythien ausgegangenen Ungern, unsere alten Vorfahren, haben die Stadt D\xE9esch daher Deus oder Gott genennet, weil sie daselbst den Namen Gottes in R\xF6mischer Sprache dreymal ausgeruffen, deus, deus, deus, wenn anders jenes erneuerte Denkmaal des Alterthums, jene auf einer steinernen S\xE4ule eingegrabene Schrift, wahr ist; obschon gedachte Stadt durch Verwandelung des u in ein e, nunmehr D\xE9esch ausgesprochen wird.
Geleji dr\xFCckt sich hier ganz wohlbed\xE4chtig aus: Wenn anders das Denkmaal zu Deesch wahr ist. Denn da\xDF der Hauptinhalt des D\xE9escher Monuments eine \xFCbel ausgesonnene Fabel sey, wird wohl jedermann leicht einsehen. So viel r\xE4ume ich der Steinschrift gerne ein, da\xDF die Ungern Pannonien zuerst eingenommen, und alsdann erst, nachdem sie sich einmal in Pannonien fest gesetzt, weiter um sich gegriffen, und sich auch Siebenb\xFCrgen unterworfen haben. Dieses stimmt mit dem Berichte des
Anonymi Belae Regis Notarii \xFCberein. Auch habe ich wider die glebam, gramen, & undam nichts einzuwenden. Es bezieht sich dieses auf den in der ungrischen Chronik beym
Thuroczi P. II. Cap. 3. erz\xE4hlten
(P72)
Umstand, da\xDF
Arpad um einen Erdeklumpen, um ein wenig Gras, und um ein wenig Wasser den
Herzog Swatoplug durch Gesandte habe bitten lassen, und da\xDF, als er diese drey Sr\xFCcke vom Swatoplug erhalten , er es als eine Abtretung oder symbolische \xDCbergebung des Landes angesehen, auch de\xDFwegen sich berechtiget geglaubt habe, das Land mit gewaffneter Hand einzunehmen. Beym Thuroczi am angef\xFChrten Orte hei\xDFt es: Nuntius ergo impetravit ibi a Duce, terram, herbam, & aquam; und kurz darauf folgt das Kompliment, das Arpad dem Swatoplug entbiehten lie\xDF: terram, herbam, & aquam habent (Hungari) totum habent. Hierinnen finde ich, wie gesagt, nichts Unglaubliches. Denn die morgenl\xE4ndischen V\xF6lker, dergleichen auch die Ungern waren, hatten vor Alters die Gewohnheit, da\xDF, wenn sie sich eines fremden Landes bem\xE4chtigten, und selben den Krieg ank\xFCndigen wollten, sie vorher durch Gesandte um einen Erdeklumpen, und um etwas Wasser bitten lie\xDFen. Erhielten sie dieses, so sahen sie es als eine \xDCbergebung des Landes an, und traten sogleich in den Besitz; wurde es ihnen aber abgeschlagen, so \xFCberzogen sie das Land mit Krieg, und liessen es auf das Gl\xFCck der Waffen ankommen. Unz\xE4hlige Beyspiele findet man hievon beym
Herodotus. Besonders verdient dasjenige, was er im sechsten Buche vom
Darius erz\xE4hlt, hier angef\xFChrt zu werden. Er berichtet, Darius habe, um zu erforschen, ob die Griechen Krieg mit ihm f\xFChren, oder ob sie sich ihm freywillig ergeben w\xFCrden, Gesandte in verschiedene griechische St\xE4dte geschickt, die f\xFCr ihn Erde und Wasser ausbitten sollten: Pugnare secum, an se dedere vellent, praecones per Graeciam, alios alio dimittit, regi Terram & Aquam petere jussos. Vom persischen
K\xF6nige Xerxes sagt
Diodorus Siculus Lib. XI.Cap.2.: Ut Sardis venit, praecones in Graeciam misit, praecipiens, ut omnes obirent urbes, & a Graecis Terram & Aquam peternt. Da ein
(P73)
solcher Gesandter des K\xF6nigs Xerxes auch zu den kriegerischen Lacedemoniern kam. um Erde und Wasser f\xFCr seinen K\xF6nig zu bitten, so warfen ihn die Lacedomonier in einen Brunn, \xFCbersch\xFCtteten den Brunn mit Erde, und lie\xDFen dem K\xF6nige h\xF6nischh entbieten, sie h\xE4tten seinen Gesandten dashenige bereits gegeben, um was er gebeten hatte; wie dieses
Polybius Lib. IX. C.32. berichtet. Hieher geh\xF6ret ferner die merkw\xFCrdige Stelle beym
Livius Lib.XXXV.Cap.17.: Initium semper per jus injusta impetrandi fieri: nisi crederent, Persas, cum Aquam Terramque ab Lacedemoniis petierunt, gleba terrae, & haustu aquae eguisse.
Und nun sehen wir auch die Ursache ein, warum
Himerius in
Polemarchico pag.m.46 Erde und Wasser [...], das ist: symbolische Zeichen der Dienstbarkeit nennt, und warum
Aristoteles Rhetor. Lib. II. Cap. 23 \xA7. 67 schreibt: [...] Erde und Wasser geben, sey dienen. Der Vers also, der oben angef\xFChrten Steinschrift: Pannoniae glebam transfert huc gramen & undam, will weiter nichts anders sagen, als da\xDF die Ungern vorher Pannonien unterjocht, nachher aber ihre Siege, von Pannonien aus, nach Siebenb\xFCrgen \xFCbertragen haben. Und so weit hat noch alles seine Richtigkeit. Nur die zwey letzten Verse von dem dreymaligen Ausruffen des Namen Gottes in lateinischer Sprache, Deus, Deus, Deus, und von der daher entstandenen Benennung der Stadt, D\xE9esch, verdienen keinen Glauben. Denn ist es wohl zu vermuhten, da\xDF die damaligen Ungern, ein rohes, ungesittetes, heydnisches Volk, eine Kenntni\xDF der lateinischen Sprache sollen besesseen haben? Wer wird es sich \xFCberreden lassen, da\xDF den Arpadischen Ungern das Latein so gel\xE4ufig gewesen sey, da\xDF ihnen sogar bey der ersten Aufwallung eines Sto\xDFgebehtes, die der Affekt hervorbringt, lateinische Ausdr\xFCcke viel eher beyfallen mu\xDFten, als ihre eigene Muttersprache? Zudem mu\xDF uns das dreymal widerholte Deus auch noch aus einem andern
(P74)
Grunde h\xF6chst verd\xE4chtig vorkommen. Die Chronikenschrieber des mittlern Zeitalters waren, wie bekannt, M\xF6nche, denen es an Kritik fehlte, und die aus frommen Absichten die gr\xF6\xDFten Ungereimtheiten erdichteten, um ihre Chroniken damit auszuschm\xFCcken. Ich w\xFCrde nie fertig werden, wenn ich hier alle die Fabeln, die ein unrecht verstandener Eifer f\xFCr die Ehre Gottes in den mittlers Zeitalter ausgebr\xFCtet hat, anf\xFChren wollte. Vermuhtlich geh\xF6ret darunter auch die von unsern allerersten Vorfahren dreymal wiederholte Ausrufung: Deus, Deus, Deus, wobey der ehrliche Klostermann,, der unsere Chronik geschrieben, ganz gewi\xDF an die Dreyeingkeit Gottes wird gedacht haben. Da\xDF nun aber unsere heydnischen Vorfahren, die nicht das Geringste von den geoffenbarten chritlichen Glaubensartikeln wu\xDFten, die Lehre von der Dreyeinigkeit Gottes sollten gekannt oder geglaubt haben, wird sich wohl schwerlich jemand einfallen lassen. Aus dem Lichte der Vernunft konnten sie diese Kenntni\xDF nicht haben: denn die Lehre von der Dreyeingkeit Gottes ist ein Geheimni\xDF, und folglich \xFCber die Vernunft. - Doch ich will mich hiebey nicht l\xE4nger aufhalten, noch die Zeit mit Widerlegung eines M\xE4hrchens verlieren, dessen Albernes ein jeder von selbst einsieht. Woher ist denn also der Name der Stadt D\xE9esch entstanden? Soll man denn die verj\xE4hrte Sage der Einwohner, die diesen Namen vom lateinischen Worte Deus herleiten, schlechterdings verwerfen? Dieses will ich eben nicht sagen: denn gemeininglich steckt in alten Traditionen etwas Wahres, das aber durch mancherley Zus\xE4tze von Erdichtung mit der Zeit verdunkelt worden. ich bin wirklich der Meynung, da\xDF der Name der Stadt D\xE9esch von Deus herkomme; aber gewi\xDF nicht von der fabelhaften dreymaligen Ausruffung; Deus, Deus, Deus. Die meisten Schl\xF6\xDFer in Ungern und Siebenb\xFCrgen haben die Namen ihrer ersten Erbauer und Inhaber beybehalten. Dieses l\xE4\xDFt sich von
Abaujv\xE1r,
Borsod,
Csanad,
Cs\xE1kv\xE1r,
Hont,
Szabolts, und vielen andern mit Gewi\xDFheit dathun. Ich stelle
(P75)
mir also vor, der erste Erbauer und Inhaber von D\xE9esv\xE1r, (denn so wurde vor Zeiten der Ort genennt, wie wir dieses gleich Anfangs angemerkt haben) werde Deus gehei\xDFen haben. Hier wird man nun freylich den Kopf gewaltig sch\xFCtteln. Wie? Deus soll eines Menschen Name gewesen seyn? Wer wird das eingestehen? Allein, man mu\xDF wissen, da\xDF unsere Vorfahren, nachdem sie den christlichen Glauben angenommen hatten, und noch keine Zunamen bey ihnen gebr\xE4uchlich waren, ihren Kindern oft die wunderlichsten Namen in der Taufe beyzulegen pflegten. Einige taufte man Angelus, wie die Beyspiele imRitu explorandae veritatis per judicum ferri candentis, beym seel. Herrn
Bel im
adparatu ad Historiam Hungariae ausweisen. Daselbst liest man \xA7. CCLIII. p. 246: joubagiones castri zounuk impetiverunt quendam nomine Angelus... Ubi cum esset praedictus Angelus, portare ferrum paratus &c.
und \xA7. CLXX IX. pag.232: Nicolaus filius Angelus impetiit Juan &c. und wiederum \xA7 CCLXXXV. p.252: dixit se litigasse coram Angelo, Curiali Comite de Zounus. Andere bekamen in der Taufe den Namen Servus Dei. Dieses beweisen die Worte im angef\xFChrten Werke \xA7. CXLIV. p. 226: Judice Servo Dei, Curiali Comite de Zobolch &c. und \xA7. CCCLXIII.pag. 268:discutiens per Pristaldum Servus Dei &c. Noch andern wurde der Name Sanctus gegeben, wie dieses aus dem \xA7. LXXIX. p. 210 zu ersehen ist: Civiles castri Borsod, scilicet: Mauritius, Petur, Chyul, de villa Oym, & Martinus Hodnog, Sanctus Centurio, Petrus urbis Praefectus &c. Ja es giebt Beispiele, da\xDF zuweilen der Vater Sanctus, der Sohn aber gar Deus gehei\xDFen habe. So treffen wir z.E. \xA7.CCCXI. folgendes an: deus, filius Sancti, de villa inferioris Quer, impetiit convillanum suum Joannem, joubagionem Hus pro furto. Ein anderer Deus k\xF6mmt \xA7. CCVIII. p. 236. vor. Die Stelle lautet also: Anno ab Incarnatione Domini MCCXVII...
(P76)
Bichorienses de centurionatu Sceculzaz...impetiverunt quendam liberum hominem, nomine Deum, dicentes, quod eorum esset concivis. Deus autem dixit se liberum esse omnino...Qui cum praefatum Deum, & ipsi castranses dixissent...praedictum Deum liberum esse denuntiavit. Hieraus erhellet zur Gen\xFCge, da\xDF Deus ehedessen ein gew\xF6hnlicher Nahme unter den Ungern gewesen, eben so, wie Homo-Deus, Gottmensch, welchen Namen man gleichaflls sehr h\xE4ufig in alten Urkunden antrift. Konnte demnach der erste Erbauer und Besitzer des Schlosses D\xE9esv\xE1r nicht ebenfalls Deus gehei\xDFen, und sein Schlo\xDF von ihm die Benennung Deusv\xE1r, oder wie man es nachher ausgesprochen, D\xE9esv\xE1r, erhalten haben, gerade auf die Art, wie
Gyulafej\xE9rv\xE1r,
Baujv\xE1r,
Cs\xE1kv\xE1r,
Hederv\xE1r,
Salomonv\xE1r,
Mikl\xF3sv\xE1r, und unz\xE4hlioge andere Schl\xF6\xDFer? Man zeige mir die Ungereimtheit dieser Vermuhtung! *
Hier w\xE4re der Ort, von dem im Anhangsdisticho des D\xE9escher Denkmaals vorkommenden Stadtrichter Fabius, und dem damaligen Pfarrer Lucas D\xE9si noch etwas beyzuf\xFCgen. Allein da diese Nachrichten gar zu spezciell, und nur f\xFCr gebohrne D\xE9escher interessant seyn k\xF6nnten: so will ich die Geduld der Leser nicht l\xE4nger mi\xDFbrauchen.
M. Daniel Cornides.
*Oder will man lieber einer Fabel Glauben beymessen, die zugleich f\xFCr den Ursprung des nahe bey D\xE9esch gelegenen Dorfs Benedek gesorgt hat? Einige historische Witzlinge - denn das Feld der Geschichte wird von solchen Insekten so gut heimgesucht, als das Reich der sch\xF6nen Wissenschaften - wollen folgende Nachricht eingezogen haben: Ein heimlicher Freund der Ungern sey bey ihrer Ankunft in diese Gegend so vergn\xFCgt gewesen, das\xDF er laut ausgeruffenhabe: Deus benedic; und die Ungern w\xE4ren f\xFCr dioesen frommen Wunsch, d\xDF Gott ihre Unternehmungen segnen wolle, so dankbar gewesen, da\xDF sie davon die Stadt Deus, und das benachbarte Dorf Benedic genennt h\xE4tten! - Wo doch damals der gute Mensch mag lateinisch gelernt haben?