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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 1, Text 9 (S. 119-121)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Pre\xDFburg,
L\xF6we, 1782
Autor:
Joseph Conrad
Zuordnung: Botanik, Agrarwissenschaft
(P119)
9. Anfrage an die Botaniker, Kr\xE4uterliebhaber, und Oekonomen in Ungern.*
Eine vollst\xE4ndige und gr\xFCndliche Beschreibung des Weinbaues in Ungern, nebst einer auf \xE4chten physikalischen und \xF6konomischen Grunds\xE4tzen beruhenden theoretisch-praktischen Anleitung zu seiner Verbesserung, w\xFCrde f\xFCr einheimische Landwirte ein h\xF6chst n\xFCtzliches, und auch f\xFCr ausw\xE4rtige Oekonomen ein angenehmes und wichtiges Werk seyn.
An einem solchen Werke aber fehlt es uns noch g\xE4nzlich — ein Mangel, dessen Ursachen \xFCberhaupt vielf\xE4ltig seyn m\xF6chten, der aber doch wohl vorz\xFCglich, von den im Ganzen genommen, unvollst\xE4ndigen und sehr unvollkommenen \xF6konomischen Kenntnissen unserer Landsleute, in so fern sie sich auf das Lokale ihres Vaterlandes beziehen, herr\xFChret. Ihm abzuhelfen w\xE4re haupts\xE4chlich n\xF6htig, da\xDF vors erste gr\xFCndliche Kenntnisse in der Oekonomie mehr verbreitet, und die Landwirte auf die Verbesserung der Kultur eines der vorz\xFCglichsten Produkte Ungerns, \xFCberhaupt aufmerksamer gemacht w\xFCrden. Sodann m\xFC\xDFten solche Oekonomen, die sich durch Theorie und Erfahrung, die dazu n\xF6htigen F\xE4higkeiten erworben h\xE4tten, in den durch Klima und Boden verschiedenen Gegenden unseres Vaterlandes, specielle, k\xFCnftig in ein Ganzes zu vereinigende Beschreibungen, des bey ihnen gew\xF6hnlichen Verfahrens beym Weinbau, und anderer dahin einschlagender Dinge, liefern.
* Diesen Aufsatz habe ich etwas weitl\xE4ufiger und ver\xE4ndert, schon in das 86. und 87. St\xFCck der ungrischen Zeitung vom vorigen Jahre, einger\xFCckt.
(P120)
Zu dieser Absicht m\xFC\xDFte die jeder Gegend eigene Beschaffenheit des Erdreichs, der besondere, von lokalen und andren Umst\xE4nden abhangende Einflu\xDF der Witterung, die Zubereitung des Bodens; die Arten des D\xFCngens, das Pflanzen und Vermehren der Weinst\xF6cke, die daselbst \xFCberhaupt und dann besonders fortkommenden und vortheilhaften Variet\xE4ten derselben, nebst ihrem Verh\xE4ltnisse zu dem Boden — das Verfahren bey der Weinlese und dem Auspressen des Mostes, die Behandlung der Weine in den Kellern, beym Verschicken u. s w. endlich die bey allen diesen Gesch\xE4ften gebr\xE4uchlichen Werkzeuge beschrieben, und die dazu erforderlichen Kosten angezeigt werden. Zugleich w\xE4re f\xFCr jede Gegend ein
Weinbergskalender zu empfehlen, dergleichen sich in Herrn
P. Sprengers vortrefflichen
Praxis des Weinbaues (Stuttgart, 1778 8.) S. 482. f\xFCr Schwaben befindet.
Bey dieser Gelegenheit wollte ich die ungrischen Kr\xE4uterliebhaber und Oekonomen, auf die verschiedenen Arten der Weinst\xF6cke aufmersam machen, deren in Ungern eine sehr grosse Unzahl befindlich ist. Diese sind im botanischen Verstande blosse
Variet\xE4ten des eigentlichen Weinstocks, (
Vitis vinifera Linn.) aber in Ansehung der Gr\xF6\xDFe, Gestalt und Farbe der Beeren, der Bl\xE4tter und selbst der Beschaffenheit des Holzes, sehr verschieden. Eine gewi\xDF sehr erhebliche, aber auch m\xFChsame, und mit unz\xE4hligen Schwierigkeiten verbundene Arbeit w\xFCrde man \xFCber sich nehmen, wenn man alle diese Variet\xE4ten systematisch verzeichnen, sie genau und kunstm\xE4\xDFig beschreiben, und eine vollst\xE4ndige Synonimie, \xFCber alle auch bey ausw\xE4rtigen Schriftstellern vorkommende Benennungen sammeln wollte.
Herr
D. Helbling, hat im 3ten Bande der Abhandlungen einer Privatgesellschaft in B\xF6hmen, vier und zwanzig in der Gegend von Wien bekannte Variet\xE4ten aufgezeichnet und beschrieben. In hiesiger Gegend m\xF6chten sich in allen \xFCber sechszig finden. Wollte man
(P121)
nun auch die hier nicht vorkommenden, aber in andern Gegenden von Ungern, wo Wein gebaut wird, befindlichen Variet\xE4ten des Weinstocks, auf die angef\xFChrte Art bekannt machen: so w\xFCrde die\xDF ein den Botanikern angenehmer und wichtiger Beytrag zur Kr\xE4uterwissenschaft seyn, der auch in die Verbesserung des Weinbaues selbst, einen merklichen Einflu\xDF haben k\xF6nnte.
Ich habe mich schon vor einiger Zeit entschlossen, hierinn einen Versuch zu wagen: und ich fordere hiemit diejenigen meiner Landsleute auf, welche die n\xF6htigen Kenntnisse und Gelegenheit haben, in ihren Gegenden ein Gleiches zu thun. Zugleich ersuche ich sie, mich mit hieher geh\xF6rigen Nachrichten und Beytr\xE4gen zu unterst\xFCtzen, und mir mit einer \xFCber diesen Gegenstand den Kennern vorzulegenden Probe, zuvorzukommen.
Oedenburg, den 1. Oktober 1781.
Dr. Conr\xE1d.