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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 3, Text 26 (S. 381-387)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Pre\xDFburg,
L\xF6we, 1782
Autor:
Karl Gottlieb Windisch
Zuordnung: Geschichte
(P381)
26. Nachricht von einer mit einem T\xFCrken in Gro\xDFwardein im Jahre 1547 gehaltenen Disputation.*
Nachdem ich schon die meisten L\xE4nder der bekannten Weltheile nicht ohne grosse Beschwerden, und Lebensgefahr durchgereiset, kam ich auch in die ber\xFChmte Ungrische Stadt
Waradein. In derselben befand sich eben damals, auch ein in dem muhamedanischen Gesetze
*Sie befindet sich in einem Werke, welches den Titel f\xFChret: De Turcarum moribus epitome, Tornaeisius. (I). I). XCVIII. in klein Oktav. Perogrinus nennt er sich unfehlbar
(P382)
wohlerfahrner Dervisch Gsielebi genannt, der, als er seine Gesch\xE4fte mit dem Pr\xE4laten besagter Stadt, dem
Frater Georg* zu Ende gebracht hatte, sehr begierig war, sich mit den Christen \xFCber den Glauben zu besprechen. — Schon seit etlichen Tagen lie\xDF er durch den Dolmetsch besagten Pr\xE4latens, Namens G\xE1bor einen Mann suchen, der die Christliche Religion wider ihn zu vertheidigen \xFCbernehmen m\xF6chte. Es fanden sich zwar verschiedene Religiosen, die es mit ihm aufnahmen, aber auch gar bald zum Stillschweigen gebracht wurden. — Als ich dieses h\xF6rte, beschlo\xDF ich bey mir, ohne zu einem geistlichen Amte berufen zu seyn, mich mit diesem Gro\xDFsprecher in eine Unterredung einzulassen.
An einem dazu bestimmten Tage, welcher der erste Pfingstfeyertag, den 29ten May 1547 war, erschien in dem Kloster der
Franziskanerm\xF6nche eine Menge Menschen von allerhand St\xE4nden; und mein Gegner warf zuerst die Frage auf: Wo sich Gott vor der Erschaffung des Himmels, und der Erde befand? — Ungeachtet mir diese Frage nicht zur Sache zu geh\xF6ren schien, so antwortete ich ihm doch, damit er nicht glauben m\xF6chte, da\xDF wir von der Allgegenwart Gottes nichts w\xFC\xDFten: In seinem Seyn. Da ihm aber diese Antwort ziemlich dunkel schien, er sie auch nicht genug verstehen konnte: sagte ich: er war dort, wo er auch itzt ist. — Dieses l\xE4ugnete er g\xE4nzlich, indem er behauptete, da\xDF er sich in einer wei\xDFen Wolke aufhalte. Darauf berief ich mich
wegen seiner langen Reisen, die er durch so viele Jahre gethan hat. Er war auch ganzer dreyzehn Jahre in der T\xFCrkischen Gefangenschaft, die er in der Zneignungsschrift an den Kardinal Innocenz de Monte, welche zu Rom den 15ten September 1552. datirt ist, umst\xE4ndlich beschreibet.
*Aus einem adelichen kroatischen Geschlechte der Martinuzzi Er war aus dem Orden der Paulinereremiten, und einer von den gr\xF6\xDFten Geistern seines Jahrhunderts. Eine weitere Nachricht findet man in des Herrn von Windisch kurzgefa\xDFten Geschichte der Ungern, auf der 304ten und folgenden Seite.
(P383)
auf das erste Buch Mose, — denn auch sie lesen die B\xFCcher Mose und der Propheten, — und sagte: Wann Gott vor der Erschaffung des Himmels und der Erde in einer Wolke war, so mu\xDF diese Wolke nohtwendig noch ehe, als der Himmel und die Erde erschaffen worden seyn. Als er endlich dieserwegen v\xF6llig \xFCberwiesen ward, und nichts weiter einwenden konnte, kam die Reihe an mich eine Frage aufzuwerfen. Da nun eben das Fest, welches bey uns gefeyert ward, mir dazu Gelegenheit gab, so zeichnete ich ihm einige Worte mit Arabischen Buchstaben, eben so, wie sie im Alkorane geschrieben stehen, und gab sie ihm zu lesen. Sie lauten aber also:
Das Geheimni\xDF der allerheiligsten Dreyeinigkeit arabisch:
Bi sem Allahe, el Rahmane, el Ruoahim. Bi hei\xDFt im Deutschen: Im; sem, Namen; Allahe, Gottes; el Rahmane, des Barmherzigen; el Ruoahim, des Geistes derselben. — Man wei\xDF, da\xDF die Arabische Sprache mit der Hebr\xE4ischen sowohl, als Chald\xE4ischen viele Aehnlichkeit habe; wie denn die Hebr\xE4er auch sem sagen, welches den Namen Allah, und bey den Arabern Elohi bedeutet. Bey den Hebr\xE4ern und Chald\xE4ern, ist Rhaman gew\xF6hnlich, und wird durch Barmherzigkeit erkl\xE4ret; so hei\xDFt auch Ruoah den Geist, und mit Zusetzung des im wird es die mehrere Zahl, (pluralis) denn im Hebr\xE4ischen gehen die meisten W\xF6rter im Plural in im aus.
Hier\xFCber verwunderte er sich recht sehr, und fragte, woher die\xDF die Christen h\xE4tten? Denn setzte er hinzu: bey allem, was wir anfangen, gebrauchen wir uns dieser drey Worte, die auch jedem Kapitel des Alkorans vorgesetzet sind. Wenn wir uns zum Essen setzen, sprechen wir diese Worte, wenn wir zum Gebehte gehen, und wenn wir uns die H\xE4nde, oder andere Theile des K\xF6rpers waschen. Auch nach dieser Verrichtung wiederholen wir sie,
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indem wir den Kopf mit Wasser besprengen, und sagen: Bi sem Allahe el Rahmane, el Ruoahim.
Ich fragte also, was die
Muselm\xE4nner durch die Barmherzigkeit verst\xFCnden? Er antwortete, da\xDF dieses Wort nur einen buchst\xE4blichen Verstand, und keine andere Bedeutung h\xE4tte. — Ich schritt daher zur mystischen Erkl\xE4rung dieser Worte, und theilte sie in drey Personen ein, des Vaters n\xE4mlich, des Sohns, und des heiligen Geistes. Um es ihm aber verst\xE4ndlicher zu machen, \xFCbersetzte ich es in das Arabische folgendermassen:
Bi, im; Sem, Namen; El Ab, des Vaters, V, und; Ben, des Sohns; V, und; Ruoab, des Geistes; Elchutz, des heiligen.
Als er aber den Namen des Sohnes Gottes h\xF6rte, fragte er: woher dieser k\xE4me, da sowohl nach unserm Gesetze, als der Lehre Mohameds Gott weder eine Gattinn, noch Kinder h\xE4tte? Dieses erkl\xE4rte ich ihm nach meinen Einsichten also: Wir nennen Gott einen Vater wegen der Kreaturen; n\xE4mlich die erste schaffende, und alles erhaltende Ursache; der immer in dem n\xE4mlichen Wesen war, in dem er itzt ist, und in Ewigkeit seyn wird, und dieser ist die erste Person der dreyenigen Gottheit. Von dem Sohne, (welchen
Mahomed in das Arabische Wort Rahman, welches Barmherzigkeit bedeutet, ver\xE4ndert hat) glauben wir, da\xDF er von Gott so, und nicht nach dem Fleische (da Gott ein Geist ist) vom Weibe gebohren worden; sondern da\xDF er von der Essenz und Substanz des Allm\xE4chtigen ausgegangen, und, um unsere S\xFCnden zu tilgen, von der unbefleckten Jungfrau die menschliche Natur angenommen, f\xFCr uns gelitten habe, gestorben und begraben worden sey; dann nach der Weissagung der Propheten am dritten Tage von den Todten auferstanden, und aufgefahren zum Himmel, wo er zur rechten Gottes des Allm\xE4chtigen sitzet, von wannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen, und die Todten. Und so wird er die Seligkeit geben denen,
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die an ihn glauben, den Ungl\xE4ubigen aber die ewige Strafe.
Darauf zeigte ich ihm das Bild des Gekreutzigten. Siehe, sagte ich, ob dieser des ewigen Gottes Sohn, nicht verdiente, vom Mahomed die Barmherzigkeit genannt zu werden, da er mit ausgebreiteten Armen uns zurufet: kommet zu mir, alle die ihr m\xFChselig und mit S\xFCnden beladen seyd, ich will euch erqwicken! — Und damit ich ihn von dem Geheimnisse der allerheiligsten Dreyeinigkeit noch mehr \xFCberzeugen m\xF6chte, zeigte ich ihm die Sonne. Gleichwie nun sagte ich, nur eine einzige Sonne ist, welche diese Gestalt, W\xE4rme und Glanz hat: so ist auch nur ein Gott und Vater, welcher einen Sohn und den heiligen Geist hat, den ihr Ruoahim nennet. Er bestehet aus diesen drey Personen, welche mit ihm gleiches Wesens sind, und von demselben Subjekt von Ewigkeit ohne Sch\xF6pfer bleiben. — Und durch dieses Gleichni\xDF glaubte er an Gott Vater, seinen eingebohrnen Sohn, und den heiligen Geist; einen in der Dreyeinigkeit! — Und da er mich so, zwar ziemlich ungelehrt von Gott, seinem Sohne, und dem heiligen Geiste reden h\xF6rte, rief er voller Verwunderung aus: Allah, Allah! Gott, Gott! — Weder ich fuhr er fort, noch sonst jemand von unserer Religion h\xE4tte je geglaubt, da\xDF ihr so von Gott denket. Denn, wir glaubten bisher, da\xDF ihr in der dicksten Finsterni\xDF stecket; nun aber sehe ich das Gegentheil. Nur das scheint mir unverantwortlich zu seyn, da\xDF ihr den grossen Propheten Gottes, den Mahomed verachtet. — Was haben wir mit den Possen und den Tr\xE4umereyen eures Mahomed zu thun, erwiederte ich. Denn, au\xDFer der Taufe, und dem Geheimnisse der allerheiligsten Dreyeinigkeit, welche er von uns Christen genommen hat, wissen wir, da\xDF in dessen Alkoran nichts Wahres sey. — Ich f\xFChrte ihm auch verschiedene Tr\xE4umereyen aus demselben an, z. E. die Geschichte der zween Engel Aroth, und Maroth, von
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welchen dieser L\xFCgenprophet erz\xE4hlet, da\xDF sie von Gott auf die Erde geschickt worden, die Sterblichen zu richten. Sie bekamen den ausdr\xFCcklichen Befehl, weder Wein zu trinken, noch sich mit den Weibern zu vermischen, oder jemand den Weg zum Himmel zu zeigen. Aber sie \xFCberschritten diesen Befehl, sie berauschten sich, besteckten sich mit einem Weibe, und zeigten ihr den Weg zum Himmel. Als diese Gott in sein Reich kommen sah, fragte er die neben ihm stehenden Engel, was die\xDF f\xFCr eine Gestalt sey? Da nun diese sagte, da\xDF sie durch den Aroth und Maroth hieher gewiesen worden, befahl er das Weib in einen Stern zu verwandeln, die Engel aber in Ketten zu schlagen, und in einen Brunn zur ewigen Qwaal zu st\xFCrzen; und was dergleichen l\xE4cherliche Fabeln mehr sind. Wie z. B. die von dem Thiere El Baraihl, welches reden konnte, und den Mahomed in den Himmel trug, wo er grosse Engel mit vielen K\xF6pfen gesehen, die verschiedene Sprachen redeten. — Die\xDF ist wahrhaftig l\xE4cherlich, und einen Propheten gar nicht anst\xE4ndig. — Doch fuhr ich fort, vielleicht hat er vom Weine trunken, und im Traume solche Wunder, oder vielmehr tolle Ungeheuer gesehen. Daher, da er sich nicht gescheuet, solche Possen zu erz\xE4hlen, und seinem Alkoran einzuverleiben, so kann er von uns auch kein wahrer, sondern mit Recht ein falscher Prophet genennet werden. — Da er dieses h\xF6rte, stund er besch\xE4mt auf, wollte auch nicht weiter disputiren, sondern f\xFChrte mich in die Kirche, und zeigte mir die vom Holze geschnitzten Bilder, fragte mich auch, ob wir diese Bilder der Menschen anbehten, oder verehren? Ich sagte, da\xDF er ja nicht glauben sollte, da\xDF wir das Holz, oder den Stein, aus welchem diese Bilder gemacht sind, anbehten, sondern darum in den Kirchen halten, und verehren, weil wir uns dadurch Christum, die seligste Jungfrau, oder andere Heilige Gottes vorstellen. Wir behten aber in diesen Bildern Jesum Christum den
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wahren Gott an, und verehren die andern Heiligen, welches auch ihr, weder den F\xFCrsten, noch andern vornehmen Personen versaget. Wir thun solches, um Gott f\xFCr die Wohlthaten zu danken, die wir in ihnen, durch seine Barmherzigkeit verstehen: und damit durch ihre Vorbitte, uns Gott gn\xE4dig sey, und seine Hilfe schenke; und endlich damit wir ihre Heiligkeit, Liebe und Gottesfurcht nachahmen m\xF6gen. — Unter diesem Gespr\xE4che sieht mein Gegner Hunde in der Kirche herumlaufen, und die Bekleidungen der Alt\xE4re besudeln, (gewi\xDF eine sehr \xFCble und abscheulige Gewohnheit) Er fragte daher, ob es denn auch den Hunden erlaubt sey, in die Kirche zu kommen? Dar\xFCber ward ich so schamroht, und so betroffen, da\xDF ich kaum wu\xDFte, wie ich diese Nachl\xE4\xDFigkeit der Christlichen Hirten entschuldigen sollte. Ich sagte also nur, da\xDF dieses nicht erlaubt, und auch nicht l\xF6blich sey, da\xDF es aber aus Nachl\xE4\xDFigkeit der Kirchenh\xFCter geschehe. Mit dieser Entschuldigung zufrieden, baht er mich, ihm das Gebeht des Herrn zu lehren, welches ich ihm auch folgendermassen in das T\xFCrkische \xFCbersetzte:
Bahamoz, Hanghe gugtesson, Vater unser, der du bist im Himmel, chuduss olsum fsenungh, geheiliget werde dein Name, adum gelsson fsenungh memlechetun, zu uns komme dein Reich, olssum fsenungh isstedgungh, dein Will geschehe, nycse gugthe vle gyrde, wie im Himmel, also auch auf Erden, Echamegumozi hergunon vere bize bu gun, unser t\xE4gliches Brod gieb uns heut, hem bassa bize borsligomozi, und vergieb uns unsere Schuld, nycse biz de baslaruz borsetigleremozi, als auch wir vergeben unsern Schuldnern, hem yedma byzegeheneme, und f\xFChre uns nicht in Versuchung, de chur tule bizy iaramazdan, sondern erl\xF6se uns von dem Uibel. Amen. Amen.
Als er die\xDF geh\xF6ret hatte, nahm er von den Anwesenden Abschied, und entfernte sich.
v. W.