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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 3, Text 24 (S. 335-367)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Pre\xDFburg,
L\xF6we, 1782
Autor:
M. T. Fronius
Zuordnung: Geschichte
(p335)
24. Untersuchungen \xFCber einige barbarische V\xF6lker, die das R\xF6mische Reich beunruhiget, und sich in Deutschland, unter den Galliern, und andern n\xF6rdlichen Provinzen des R\xF6mischen Reichs niedergelassen haben.
Von Herrn
Deguignes,
Erste Abhandlung.
Vorbericht.
Nachstehende Abhandlung vom Herrn Deguignes habe ich aus dem
acht und zwanzigsten Bande der Jahrb\xFCcher der K\xF6niglichen Akademie der Inschriften zu Paris, von Seite 85 -107 gezogen. Aus der Aufschrift derselben k\xF6nnte man schlie\xDFen, die darinnen abgehandelte Materie st\xFCnde vielmehr mit der Geschichte anderer V\xF6lker und L\xE4nder, als mit der alten Dacischen Geschichte in Verbindung. Aber ein Unger und Siebenb\xFCrger darf nur halb mit den Begebenheiten seines Vaterlandes bekannt seyn, um zu wissen, da\xDF einst Hunnische Mi\xDFgestalten den Boden bewandelt haben, auf dem er jetzt. Dank sey es den g\xFCnstigern Umst\xE4nden, unter die ihn die Vorsehung versetzte, keinen Besuch von
Kalm\xFCcki-
(p336)
schen Horden zu bef\xFCrchten hat! Freylich sind die Hunnen die mehr als Patagonischen Riesen nicht, die nur
einen Fu\xDF zu heben brauchten, um Berge zu \xFCberschreiten, zu denen sie p\xF6belhafte Unwissenheit umformt. Auch sind die kalcinirten ungeheuren Knochen, die hin und wieder, besonders in
Siebenb\xFCrgen ausgegraben werden, nicht Reste von Hunnen, zu denen sie die gemeine Sage macht; sondern Beweise, da\xDF es wenigstens vor der
Mosaischen Kosmogenie, in diesen Gegenden viel anders m\xFC\xDFe ausgesehen haben. Denn von der S\xFCndfluht k\xF6nnen sie doch eben so wenig herkommen, als von den Hunnen. Demohngeachtet aber verlieren die Hunnen von ihrer historischen Wichtigkeit f\xFCr die Geschichte des alten
Daciens nichts. Sie bleiben immer die Nation, die fast ein S\xE4kulum hindurch, haupts\xE4chlich aber zu den Zeiten des
Attila eine Hauptrolle in Dacien spielte. In Dacien hatte Attila mit seinen
Tatars seinen Hauptsitz. Hier hatte
Priskus Gelegenheit, ihn in seiner Nomadenresidenz zu besuchen, und die wilden Wohnungen und Gebr\xE4uche seiner Nation mitanzusehen. Von hier aus brach er bald bis an die Mauern von
Konstantinopel, bald in die fruchtbaren Ebenen Italiens ein. — Noch heut zu Tage schreibt eine der Hauptnationen in Siebenb\xFCrgen, die Nation der
Zekler, ihren Ursprung den zur\xFCckgebliebenen Attilanischen Hunnen zu.* Kein Wunder also, da\xDF ber\xFChmte M\xE4nner, die sich mit der Beleuchtung der alten Dacischen Geschichte besch\xE4ftigten, auch vorn\xE4mlich den Ursprung und die Begebenheiten der Hunnen aufzukl\xE4ren suchten. Niemand verdient hierinnen mehr Dank, als Herr
Pray. Sein Buch:
Annales veterum Hunnorum etc. mu\xDF jeder unpartheyische Beurtheiler als ein Muster kritischen Flei\xDFes hochsch\xE4tzen. Wie viel M\xFChe mu\xDF es gekostet haben, sich
(p337)
durch den ungeheuern Wust der Byzantinischen Geschichtschreiber durchzuarbeiten, ehe die Kaiserliche Akademie zu St. Petersburg durch Herrn
Stritter den so gemein\xFCtzigen Auszug daraus verfertigen lie\xDF! Und doch konnte er aus allen diesen Nachrichten, verbunden mit allen Nachrichten der Ungrischen und anderer Abendl\xE4ndischen Geschichtschreiber, nur allein die neueste und letzte Geschichte der Hunnen sch\xF6pfen. Die \xE4lteste Geschichte derselben, die Geschichte ihres Ursprunges und ihrer ersten Wanderungen, bek\xF6mmt aus allen diesen Nachrichten kein, oder doch ein so schwaches Licht, da\xDF man es ohne fremde Beihilfe nicht recht gewahr wird. Hier mu\xDFte ihm Herr
Deguignes allein zum Wegweiser dienen; und in der That werden Deguignes Bem\xFChungen in diesem Fache, so lange wir die Chinesischen Annalen nicht mit mehr Kenntni\xDF und Flei\xDFe studiren k\xF6nnen als er, (wozu freylich sobald keine Hoffnung \xFCbrig ist) in Ansehung dieser Geschichte die erste zuverl\xE4\xDFige Qwelle bleiben. Denen von meinen Landesleuten wenigstens, die sich mit der Geschichte ihres Vaterlandes besch\xE4ftigen, mu\xDF es also nicht unangenehm seyn, wenn ich ihnen einige von diesen Qwellen hier vorlege. Sie waren bisher in der kostbaren Sammlung der Memoires der K\xF6niglichen Akademie der Inschriften gemeiniglich nur wenigen zugangbar, und man kann sie erst bey einer Bibliothek, wie die
G\xF6ttingische ist, recht n\xFCtzen. Aber wie viele giebt es solche Bibliotheken? — Gegenw\xE4rtige Abhandlung scheint mir ein kernhafter Auszug aus dem zu seyn, was der Herr Verfasser weitl\xE4uftig im zweyten Theile des ersten Bandes seiner
Histoire Generale des Huns, des Turcs, et des autres Tartares occidentaux (Paris 1756) gesagt hat. Und die\xDF ist doch das Buch, was sich Herr
Pray vorz\xFCglich zum F\xFChrer erw\xE4hlte. Die zwote Abhandlung von den
Awaren, die eigentlich nur eine Fortsetzung der gegenw\xE4rtigen ist,
(p338)
wird im folgendem Bande erscheinen. Oben so werde ich auch von Zeit zu Zeit die
d'Anwillischen Abhandlungen folgen lassen.
G\xF6ttingen, den 15ten April 1782.
M. T. Fronius.
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Es ist wichtig, den Ursprung der barbarischen Nationen zu entwickeln, welche den Ruin des R\xF6mischen Reichs verursachet haben, um eine vollkommene Kenntni\xDF der Geschichte dieses Reichs, und derjenigen Reiche zu erhalten, welche sich auf seinen Tr\xFCmmern in den mittern\xE4chtigen Provinzen Europens gebildet haben. Aber zu welchen Geschichtschreibern sollen wir unsere Zuflucht nehmen, wenn wir die R\xF6mischen, die zur Zeit dieser grossen Einf\xE4lle lebten, von den alten Wohnungen aller dieser Barbaren nicht unterrichtet sind; wenn die ersten Begriffe die sie davon haben, sich auf die Zeit einschr\xE4nken, wo diese Fremden anfiengen zum erstenmal auf die Gr\xE4nzen des Reichs hereinzubrechen? Der Norden, aus dem die meisten dieser Nationen ihren Ursprung nahmen, hat gar keine Geschichtschreiber f\xFCr diese entfernten Zeiten; und diejenigen, die er in der Folge hervorgebracht hat, haben sehr oft ihre Erz\xE4hlungen durch tausend fabelhafte Z\xFCge entstellet. Im Oriente beym
M\xE4otischen See herum, waren wiederum alle V\xF6lker Nomaden, und hatten keinen Begriff von Wissenschaft, insonderheit von Geschichte.
Inzwischen, obgleich uns die R\xF6mischen Geschichtschreiber mit keinen betr\xE4chtlichen Nachrichten versehen, und ob sie gleich von diesen Barbaren gleichsam nur im Vorbeygehen reden: so k\xF6nnen uns doch diese Nachrichten, verglichen mit denjenigen, welche von den Geschichtschrei-
(p339)
bern einer auf der Seite des Orients sehr entfernten Nation erz\xE4hlet werden, die aber mit den Nomadischen V\xF6lkern, die am westlichen Theile des
M\xE4otischen Sees und des
Kaspischen Meeres wohnten, in besonderer Verbindung stand, zur Kenntni\xDF, wenn nicht aller, doch wenigstens eines theils der V\xF6lker verhelfen, die Deutschland , Gallien, und \xFCberhaupt die n\xF6rdlichen Provinzen, die unter der Herrschaft der R\xF6mer stunden, verheeret haben. Man merkt es ohne M\xFChe, da\xDF ich von Chinesischen Geschichtschreibern rede, und denkt man nun ein wenig \xFCber den Charakter der Nomadischen V\xF6lker nach, welche sie von den R\xF6mern trennten: so wird man einsehen, da\xDF die Chineser, ohnerachtet ihrer Lage am \xE4u\xDFersten Ende Asiens, doch Kenntni\xDF der V\xF6lker, die das Reich \xFCberschwemmten, haben konnten. Die
Scythen \xFCberhaupt, von Natur wild und herumschweifend, und gew\xF6hnt in kurzer Zeit lange Streifereyen vorzunehmen, erstreckten sich von der
Wolga bis nach China. In verschiedene Nationen getheilt, hatten sie best\xE4ndig Krieg unter einander, suchten sich aufzureiben, und \xE4nderten sehr oft ihre Wohnungen, bald gezwungen durch m\xE4chtigere V\xF6lker, die in ihr Land einfielen; bald gen\xF6htigt, sich in einen an Futter f\xFCr ihre Heerden reichern Kanton zur\xFCckzuziehen. Im ersten Falle, der sehr selten eintrat, entfernten sich die schw\xE4chsten mehr, und machten Traktaten mit andern Nationen, um den m\xE4chtigern widerstehen zu k\xF6nnen. Die Chineser geh\xF6ren oft in die Zahl derjenigen, mit denen sie B\xFCndnisse eingiengen. Sie gaben ihren Bitten, ihnen zur Vertilgung der andern zu verhelfen, um desto eher Geh\xF6r, da es zu ihrem Interesse geh\xF6rte, da\xDF in der
Tatarey kein Reich entst\xFCnde, dessen Macht der ihrigen das Gleichgewicht halten k\xF6nnte. Es war daher n\xF6htig, wenn sie von ihrer Seite ein Tatarisches Volk angriffen, da\xDF ein anders Tatarisches Volk von der andern Seite eine Diversion machte. Die\xDF
(p340)
war das Loos der meisten von diesen V\xF6lkern. Die, welche am
Kaspischen Meere blieben, vereinigten sich mit den Chinesern, um den zu schnellen Fortgang der F\xFCrsten zu hemmen, die an China gr\xE4nzten, und im Mittelpunkte der
Tatarey waren. Hiedurch geschah es, da\xDF die Chinesischen Geschichtschreiber verschiedene V\xF6lker kannten, welche in
Kaptschak bey der
Wolga, und in andern dem R\xF6mischen Reiche benachtbarten Provinzen wohnten. Es geschieht also nicht ohne Grund, da\xDF ich in den Chinesischen Geschichtschreibern einige Spuren der V\xF6lker, wovon die Rede ist, sehe, weil sie hinl\xE4nglich im Stande waren, sie zu kennen, Und weil sie dadurch dienen k\xF6nnen, Licht \xFCber einige Begebenheiten der R\xF6mischen Geschichte, und besonders \xFCber den Ursprunge der Barbaren zu verbreiten, den man bisher vergeblich zu beleuchten gesucht hat.
Ich schr\xE4nke mich in dieser Abhandlung nur auf diejenigen ein, welche erst unter der Regierung des
Valens und seiner Nachfolger zu erscheinen angefangen haben, und die \xFCber den
M\xE4otischen See von der Seite des Orients nach Europa gekommen sind. Ich \xFCbergehe diejenigen Kolonien, welche aus dem Norden hervorgekommen sind. Uiber ihre Geschichte sind uns keine andern Qwellen \xFCbrig, als die uns die R\xF6mer erhalten haben; und diese sind wohl nicht hinl\xE4nglich, uns in Ansehung ihrer Gr\xF6\xDFe Aufschl\xFC\xDFe zu geben. Es ist daher hier nur allein von den Hunnen und einigen andern V\xF6lkern die Rede, deren Geschichte ich hier zu liefern gedenke. Ich hielt es f\xFCr Pflicht, aus diesem Werke alle die gar zu langen Untersuchungen zu entfernen. Sie h\xE4tten die Folge der Begebenheiten zu oft unterbrochen. Ich habe die vornehmsten und wichtigsten gew\xE4hlt, um sie der Gesellschaft vorzulegen, und von den Qwellen Rechenschaft gegeben, die mir zu Wegweisern gedient haben.
(p341)
Um nach den Regeln der Ordnung zu verfahren: so will ich erstlich anzeigen, aus welchem Lande die Hunnen gekommen sind, um sich in den Provinzen des R\xF6mischen Reichs zu sitzen; dann will ich zu den verschiedenen Namen fortgehen, welche ihnen die Geschichtschreiber beigelegt haben; die\xDF wird mich alsdenn nat\xFCrlich dahin f\xFChren, ihre alte Wohnung, und den Ort, woher sie gekommen sind, anzuzeigen.
Ammian Marcellin* welcher zu der Zeit lebte, als diese Barbaren die gr\xF6\xDFten Einf\xE4lle ins Reich thaten, f\xE4ngt das, was er von dieser Nation sagen will, mit diesen Worten an: Hunnorum gens, monumentis veteribus leviter nota, ultra Paludes Maeoticas, glacialem Oceanum accolens, etc. Eine Stelle, die uns lehrt, da\xDF die Hunnen jenseits des
M\xE4otischen Sees wohnten, und da\xDF sie sich vielleicht bis an den Ocean erstreckten. Jenseits des
M\xE4otischen Sees verlegt ihren Sitz auch
Hieronimus, wenn er sagt:** Abultima Maeotide inter glacialem Tanain, et Massagetorum immanes populos, ubi Caucasi rupibus feras gentes Alexandri claustra cohibent, erupisse Hunnorum examina, etc. Es ist hier von den Einf\xE4llen die Rede, welche diese V\xF6lker von der Seite Armeniens und der Meerenge bey
Derbend machten. Diese wird durch die Benennung
Alexandri claustra angezeigt. Die Hunnen bewohnten die Ebenen, welche am n\xF6rdlichen Theile Georgiens liegen, vom
Tanais bis jenseits der
Wolga. Das mittern\xE4chtliche Ufer am
Kaspischen Meere, und die Meerenge von
Derbend war der Weg, durch den diese V\xF6lker in die Orientalischen Provinzen des Reichs kamen. Wirklich sagt
Prokopius, der in seinem Buche vom Kriege mit den
Vandalen, den
Attila zum K\xF6nige der
Scythen und
Massageten macht, an einem andern Orte,
*L.XXXI.
**Epitaph. Fabiol.
(p342)
n\xE4mlich im Buche vom Persischen Kriege, da\xDF die Hunnen sich von den
Kaspischen P\xE4\xDFen (Portae caspiae) bis an den
M\xE4otischen See ausbreiteten.
Zosimus* verseht sie auch in diese Ebenen, aber zweifelhaft \xFCber ihren Ursprung, wei\xDF er nicht, ob sie mit den K\xF6niglichen
Scythen einerley sind, oder mit denen, welche
Herodot an die Ufer des
Isters setzt, oder endlich mit den Scythen, die aus Asien gekommen sind.
Agathias** dr\xFCckt sich in Ansehung dieser V\xF6lker viel klarer aus. Nachdem er gesagt hat, da\xDF sie in den umliegenden Gegenden des
M\xE4otischen Sees wohnten, setzt er hinzu: sie seyen aus Asien, oder den umliegenden Gegenden des Berges
Imaus dahin gekommen. Doch kein Geschichtschreiber l\xE4\xDFt sich in eine so umst\xE4ndliche Nachricht \xFCber den Ursprung der Hunnen ein, als
Jornandes.*** Nach dem
Priskus versetzt er sie an das Ufer des
M\xE4otischen Sees, wo sie allein von der Jagd lebten. Er setzt hinzu: einige J\xE4ger, die lange Zeit eine Hirschkuh verfolgt h\xE4tten, haben derselben bis an den See nachgejagt, und \xFCber denselben gesetzet. Keiner von ihrer Nation habe je diesen Damm gebrochen. Sie selbst haben nicht gewu\xDFt, da\xDF es jenseits V\xF6lker gebe. — Eben derselbe Geschichtschreiber l\xE4\xDFt die Hunnen von einigen Magierinnen oder Zauberinnen abstammen, die im Norden Alrumnae genannt w\xFCrden.
Philimer, der f\xFCnfte K\xF6nig der Nation der
Goten, die Scandinawien verlassen hatten, um sich nach
Scythien zu ziehen, habe dieselben unter seinen Unterhanen gefunden. Diese Frauenzimmer in die W\xFCste vertrieben, h\xE4tten daselbst mit den Geistern Umgang gehabt, und die Frucht davon w\xE4ren die Hunnen gewesen. Aber man sieht ohne Schwierigkeit ein, da\xDF diese Erz\xE4hlung vom Hasse herr\xFChret, der den
Jornandes gegen die Hunnen, die erkl\xE4rtesten Fein-
*L.IV.
**L.V.
***De reb. Get.
(p343)
de seiner Nation begeisterte. Es ist die\xDF ein Vorwurf, den ihm verschiedene Schriftsteller gemacht haben. Doch dem sey, wie ihm wolle: so folgt hieraus nicht weniger, da\xDF die Hunnen jenseits des
M\xE4otischen Sees wohnten, und da\xDF sie in den Ebenen des Asiatischen Sarmatiens bis an die Stadt und den engen Pa\xDF
Derbend zerstreuet waren. Man fand auch V\xF6lker von diesem Namen an den \xF6stlichen Gr\xE4nzen des Persischen Reichs, die
Prokopius die
wei\xDFen Hunnen, oder Euthalites nennet, und die er von den N\xF6rdlichen Hunnen dadurch unterscheidet, da\xDF sie in St\xE4dten wohnten, da\xDF sie unter einander und mit ihren Nachbarn sehr einig lebten, und viel polizirter warm, als die N\xF6rdlichen. Alle Geschichtschreiber* reden von diesen Hunnen als Nachbarn der Perser.
Betrachtet man das Land, wo sie sich niedergelassen hatten: so wird man sich nicht wundern, da\xDF sie viel feiner und geselliger waren, als die S\xFCdlichen Hunnen.
Maurennahar und
Kharisme waren mit St\xE4dten angef\xFCllt, die von V\xF6lkern bewohnt wurden, welche der Handel mit den Persern verfeinert hatte. Die Hunnen, die nach Persien kamen, bildeten sich nach den Persischen Sitten, w\xE4hrend da\xDF diejenigen, welche sich gegen Norden verbreiteten, nichts als Ebenen und barbarische V\xF6lker fanden; jederzeit ihre Barbaren mit ihren alten Gebr\xE4uchen behielten, und unter Zelten wohnen mu\xDFten. Ich glaube daher, man mu\xDF diese zwo Gattungen von Hunnen als eine Nation ansehen, die vom
M\xE4otischen See an, in den ungeheuren Ebenen von
Kaptschak bis an den
Oxus zerstreut war, und deren verschiedene Horden oder St\xE4mme, nur so weit von einander verschieden warenn, als einige von ihnen mit mehr oder weniger polizirten Nationen in Verbindung stunden.
* Theoph. Confess. und andere.
(p344)
Alle Alten Geschichtschreiber, ich meyne diejenigen, welche nahe um die Zeit gelebt haben, in der die Hunnen ihre Einf\xE4lle vornahmen, kennen diese V\xF6lker allein unter dem Namen Hunnen. Ich rede hier nicht von denen, die ihnen manchmal, und gleichsam von ungef\xE4hr den Namen
Massageten gegeben haben. Die Orientalischen Geschichtschreiber reden von ihnen nur unter dem Namen T\xFCrken. Einige Griechische Geschichtschreiber sind ihnen hierinnen gefolgt. Ist diese ein Fehler, oder m\xFC\xDFen die Hunnen wirklich T\xFCrken genannt werden? Die\xDF ist die Untersuchung, welche wir in der Folge unserer Abhandlung anstellen werden.
Die K\xF6nige von Persien aus der Dynastie der
Sassaniden, mit denen die Kaiser langwierige Kriege gef\xFChret haben, hatten zu Nachbarn gegen Osten zu, die
Euthalitischen Hunnen, oder die Nephtaliten, oder auch Cidariten, die ihre Provinzen best\xE4ndig verheerten. Die R\xF6mischen Geschichtschreiber sind von diesen Gegebenheiten unterrichtet gewesen.
Prokopius,
Theophanes Confessor,
Pristus Rhetor, und
Agathias reden von diesen Kriegen. Die Gr\xE4nzen beyder Reiche waren die Gelegenheit dieser Kriege.
Bahramgur, den diese Geschichtschreiber Wahram nennen, hatte die Gr\xE4nzen zusammen mir den Hunnen fixirt; aber unter der Regierung des
Pexoses oder Khosru-Perwis, fiengen die Streitigkeiten wieder an, und erregten diesen Krieg, von dem
Prokopius redet. Die Folge davon war f\xFCr den K\xF6nig der Perser ungl\xFCcklich, der bei seinem Zuge vom
Eusebius begleitet ward, welchen ihm der Kaiser Zeno, als Gesandten zugeschicket hatte. Was diesen Krieg selbst anbetrifft, gehen wir vorbey, und es ist uns genug, wenn wir bemerken, da\xDF in allen diesen Geschichtschreibern diese Feinde der Perser nur allein unter dem Namen der Euthalitischen Hunnen, oder der Cidariten bekannt sind. Oefnen wir die Orientalischen Geschichtschreiber, z.B. den
Pherdusi,
Abulfeda, und die andern: so ist
(p345)
darinnen von Hunnen gar keine Meldung; sondern die Kriege, von denen wir eben reden, sind den Hajatelitischen, oder Euthalitischen T\xFCrken zugeschrieben, weswegen man ein Recht hat, zu vermuhten, da\xDF die Hunnen und die T\xFCrken eine und dieselbe Nation sind.
Dies was ich im Anfange nur als eine wahrscheinliche Vermuhtung angebe, wird durch das Zeugni\xDF des
Theophylaktus Simokatta, und
Theophanes Confessor zur Gewissheit erhoben. Der erstere mit den Gegebenheiten des Orients wohl bekannt, lehret uns, da\xDF
Hormisdas in einer grossen Schlacht, die Hunnen, welchen die Perser den Namen T\xFCrken geben, schlug, und da\xDF er nach diesem Siege seinen General Waran nach Colchis und nach Suanien schickte.
Theophanes, da er von eben dem Kriege redet, den die Perser mit dem
Kaiser Mauritius f\xFChrten, ew\xE4hnet der Hunnen gar nicht; aber in einer andern Stelle, erz\xE4hlet eben dieser Schriftsteller, da\xDF im siebenten Jahr der Regierung
Justins, die Hunnen, die man auch T\xFCrken nennet, Gesandte nach
Konstantinopel schickten, welches
Khosru den K\xF6nig der Perser sehr wider die R\xF6mer aufbrachte. Hier werden also die Hunnen mit dem Namen der T\xFCrken belegt. Ich will hier nicht untersuchen, von was f\xFCr einem Gewichte das Zeugni\xDF dieser Schriftsteller ist. Die Hunnen waren ihnen ihrem Ursprunge nach unbekannt, und nie reden sie von ihnen mit solchen Kenntnissen, die sich \xFCber das Mittelm\xE4\xDFige erheben. Aber wenn wir am Ende des Orients eine Nation finden, die zugleich den Namen der Hunnen und T\xFCrken f\xFChrte, und sich bis an den
M\xE4otischen See erstreckte: so mu\xDF daraus nohtwendig folgen, da\xDF diese Schriftsteller und nicht betrogen haben, und auch nicht im Irrthume stehen.
(p346)
Alle Geschichtschreiber der Chineser, die \xE4ltesten und authentischten* stimmen emm\xFChtig \xFCberein, da\xDF im Jahre zweyhundert nach Christi Geburt, und selbst in entfernteren Zeiten, im Norden von China eine m\xE4chtige tatarische Nation subsistirte, welche oft viele Chinesische
Provinzen \xFCberrumpelte, und einen grossen Theil der Tatarey innen hatte. Sie f\xFChrte den Namen Hiom - nu. In der Folge trennte sie sich, und bildete verschiedene Nationen, davon die eine Tu - kiu genannt ward. So sprechen und verhunzn die Chineser den Namen T\xFCrken.** Sie sehen diese V\xF6lker, und die alten Hiom - nu als eben dieselbe Nation an, welche nach und nach in der Tatarey unter diesen verschiedenen Namen erschienen ist. Hiedurch glaube ich berechtiget zu seyn, zu schlie\xDFen, da\xDF die Europ\xE4ischen Hunnen, die T\xFCrken genannt worden sind eben die Hiom-nu der Chineser seyn m\xFC\xDFen, von denen die T\xFCrken abstammen. Es ist unn\xFCtz hier die Uiberemstimmung zwischen den Namen Hunni und Hiom - nu zu bemerken , die allein hinl\xE4nglich ist, uns auf den Gedanken zu f\xFChren, da\xDF nur von einem, und demselben Volke die Rede sey. Die Chineser machen alle fremde Worte durch die Art, wie sie solche schreiben und aussprechen, gr\xF6\xDFtenteils unkenntbar, und man darf sich nicht wundern, hier eine leichte Ver\xE4nderung zn finden. Uibrigens wissen wir ja nicht, wie die Hunnen selbst den Namen, den sie sich beylegten, aussprachen; und es w\xE4re nicht unm\xF6glich, da\xDF ihn die R\xF6mischen Geschichtschreiber von ihrer Seite ver\xE4ndert h\xE4tten.
Aber ich schr\xE4nke mich nicht allein auf diese Arten des Beweises ein, die auf die Aehnlichkeit der Namen gegr\xFCndet sind. Ich werde zwar noch durch das Zeugni\xDF verschiedener Schriftsteller unterst\xFCtzt, welche den Hunnen den Namen der T\xFCrken geben, ein Zeugni\xDF, nach
*Kam-mo-Wen-hien-tum-kao. Lie-tai-kin-su-Re-tun-schi
**Tan-chou. Wen-hien-tun-tao.
(p347)
dem ich schlie\xDFen kann, da\xDF die Hiom-nu notwendig Hunnen sind. Demohngeachtet aber will ich versuchen, durch einige aus der Chinesischen Geschichte gezogenen Nachrichten zu zeigen, da\xDF die Hiom-nu oder T\xFCrken bis an den westlichen Theil der
Wolga, und ins Asiatische Sarmatien gekommen sind, und da\xDF alles, was unsere Geschichtschreiber von den Hunnen sagen, mit dem Hiom - nu der Chineser \xFCbereinstimmt.
Diese Hiom-nu welche China gegen Norden an den Fl\xFC\xDFen Onan, Selinga, und Obi wohnten, waren Herren der L\xE4nder, welche vom orientalischen Ocean bis an den Flu\xDF Irrtisch reichen. In der Folge kamen sie bis ans
Kaspische Meer. Sie besassen also damals alles, was wir die kleine Bukharey nennen. Zu der Zeit, da sie weniger m\xE4chtig waren, erstreckte sich die Herrschaft ihrer Kaiser, welche den Titel Tan-ju oder Tschen-nu f\xFChrten, nur von den Gr\xE4nzen der Tatarischen Nation der Mantscheu bis an den Irrtisch. Wir wissen nicht, welches die Gr\xE4nzen dieses Reichs von n\xF6rdlicher Seite waren, inzwischen scheint es wahrscheinlich, da\xDF die L\xE4nder am
See Paikal einen Theil davon ausmachten.
Dieses grosse Reich, das uns bis jetzt unbekannt gewesen ist, und das m\xE4chtig genug war, den Chinesern zu widerstehen, ist allen den Revolutionen
ausgesetzt gewesen, den andere Reiche gemeiniglich ausgesetzet sind; und b\xFCrgerliche Unruhen haben es oft in den Unfall gest\xFCrzt, ganz unter die Herrschaft der Chineser zu fallen. Zu andern Zeiten haben sich seine F\xFCrsten zu Herren der ganzen Tatarey gemacht. Oft ward es auch zwischen mehrern H\xE4uptern getheilt, die sich unter einander bekriegten. W\xE4hrend der Unruhen dieser Art, hatte sich einer dieser F\xFCrsten Tschi- tschi im Jahre 44 vor C.G. im westlichen Theile der Tatarey sehr m\xE4chtig gemacht. Er hatte seine Herrschaft in den Ebenen ausgebreitet, die am \xF6stlichen Theile des Flusses Irrtisch liegen, bis an die umliegende Gegend von Tobolsk, und seine Residenz
(p348)
gegen den Jaik zuaufgerichtet. Die\xDF ist eine der bekanntesten Epochen von der Festsitzung, oder dem Etablissement der Hiom - nu gegen die Seite von Europa, um das Jahr 44 vor Christi Geburt.
Diesen Einbruch der Hunnen mu\xDF man, wie ich glaube, der Wanderung und dem Uibergange der
Alanen in die s\xFCdlichem L\xE4nder zuschreiben. Diese V\xF6lker wohnten nach dem Ptolom\xE4us in den n\xF6rdlichen Gegenden, die ich eben angezeigt habe. Sie mu\xDFten sich entweder den Hiom - nu unterwerfen, oder sich anderw\xE4rts zur\xFCckziehen; und sie scheinen den letztern Weg gew\xE4hlt zu haben, weil wir sie wenige Zeit hernach in den Ebenen des Astatischen Sarmatiens am n\xF6rdlichen Theile Cirkassiens sehen, wo sie sich im Jahre 73 nach Christi Geburt vornahmen, durch den engen Pa\xDF bey
Derbend nach Medien einzudringen. Sie blieben in diesen Ebenen bis auf den grossen Einbruch der Hunnen unter dem Kaiser Valens. Gezwungen, damals andere Wohnungen zu suchen, schlossen sich einige in den Bergen Circassiens ein, wo sie sich bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Die andern zogen sich auf die westliche Seite, und irrten lange Zeit herum, ehe sie sich irgendwo festsetzen konnten. Sie lie\xDFen sich an den umliegenden Gegenden der
Donau nieder,** woher sie ums Jahr 406 nach Christi Geburt, mit den Swewen und
Vandalen hervorkamen, Deutschland verheerten, durch die Niederlande zogen, und sich an den Fu\xDF der Pyren\xE4en begaben. Die
Vandalen und Swewen nahmen Gallizien und B\xF6tika ein; die
Alanen aber Lusitanien, und die Provinz von Karthagena. Aber ein gro\xDFer Theil von ihnen blieb in Gallien, und besonders in der Normandie und Bretagne. So sah man vom Ende des Norden aus Sibirien und den umliegenden Gegenden
*Joseph. de Bello Jud.
**Zos. Lib. VI. Prosp. Chronis. Le Nain de Tilemont.
(p349)
von
Tobolsk ein Volk hervorkommen, das einen ungeheuren Strich Landes durchwanderte, und sich an den Ufern des Mittell\xE4ndischen Meeres setzte.
Die Herrschaft der Hiom-nu in diesem alten Wohnsitze der
Alanen, endigte sich mit dem Leben des Tschi-tschi.* Dieser F\xFCrst wurde von Chinesischen Truppen get\xF6dtet, welche bis in die Nachbarschaft von Jaxartes kommen waren, und das Reich der Hiom - nu fuhr fort, in dem Innwendigen der Tatarey unter einem einzigen F\xFCrsten zu subsistiren. Aber in der Folge kamen neue Trennungen hinzu, welche seinen Ruin beschleunigten, und verursachten, da\xDF der zweyte Theil der Nation die Seite des Occidents verlie\xDF, und in das Asiatische Sarmatien \xFCbergieng. Im Jahre 48 nach Christi Geburt regierte \xFCber die Hiom - nu ein F\xFCrst Pu - nu genannt, der einen seiner Anverwandten, mit dem er unzufrieden war, aus dem Wege r\xE4umen wollte. Da dieser ein Mittel gefunden hatte , zu entwischen: so gieng er gegen die n\xF6rdliche Gr\xE4nze von China, wo er sich zum Tan-ju ausruffen lie\xDF. Er war der erste Beherrscher der s\xFCdlichen Hunnen, und das Reich derselben war von nun an getheilet. Ein F\xFCrst regierte in den n\xF6rdlichen Provinzen; ein anderer in den s\xFCdlichen. Der letztere, der n\xE4her an die Chineser gr\xE4nzte, und ohne ihre Hilfe nicht subsistiren konnte, wandte sich besonders an den Kaiser von China, und war ein best\xE4ndiger Feind desjenigen , der im Norden regierte. Seit dieser Trennung h\xF6rten die Kaiser der s\xFCdlichen Hiom -nu nicht auf, die andern best\xE4ndig mit Krieg zu beunruhigen, und die Chineser zu ihrer Aufreibung aufzuwiegeln. Der Kaiser Hiao - Hoti schickte den General Teu - hien wider die s\xFCdlichen Hunnen. Die Chinesische Armee drang bis auf den Berg Altai ein, und der Tan-ju ward gezwungen, sich mit einem grossen Theile seiner Unterthanen auf die Berge, die am Irrtische liegen, zu retten, und lie\xDF
*Kam-mo. Lie-tai-ti-fu. (???)
(p350)
sich in einem Lande Japo genannt, nieder, welches die Chineser gegen Nordwesten des Landes der Ursinu, und des Landes der Kam-kiu placiren. Diese Begebenheit geschah im Jahre 93 nach Christi Geburt.
Das Land der Kam-kiu oder Kam-li lag an den Ufern des Jaxartes, und machte einen Theil von
Kaptschak aus.* Das andere ward vom Flusse Ily besp\xFClt, und umfa\xDFte die grossen Ebenen, welche in den umliegenden Gegenden sind. Hieraus folgt, da\xDF Japo an die Qwelle des Jaik placirt werden mu\xDF. Die Hiom-nu bildeten in diesen Gegenden ein neues Reich, und bem\xE4chtigten sich aller benachbarten L\xE4nder. Die Chineser, welche in der Folge mit diesen V\xF6lkern in einiger Verbindung standen,** gaben damals diesem Lande den Namen des K\xF6nigreichs Tan-ju.*** Diese Gegend ist es, wohin man das Land der Baschkiren setzt, das man auch Gro\xDF - Ungern nennt; weil verschiedene unserer Schriftsteller geglaubt haben, da\xDF die Ungern hier zu Hause w\xE4ren. Diese Tradition bis dahin ungewi\xDF und zweifelhaft, findet sich der Wahrheit gem\xE4\xDF, und vom Zeugnisse der Chinesischen Geschichtschreiber unterst\xFCtzet.
Abulgazi- Bahadur-Khan, Sultan von Kharisme, ein Abk\xF6mmling des Genghizkhan, der in Mogolischer Sprache eine Geschichte seiner Nation verfertiget hat, kannte den gr\xF6\xDFten Theil dieser Begebenheiten; aber man wird sie ohne die Beyhilfe der Chinesischen Geschichtschreiber nicht gewahr. Dieser Geschichtschreiber, den man, so zu sagen, f\xFCr einen Fabeldichter ansieht, wenn er die Geschichte der Zeiten von dem Genghizkhan erz\xE4hlt, verdient, da\xDF wir hier darthun, da\xDF er sich von der Wahrheit nicht entfernt hat, und da\xDF der gr\xF6\xDFte Theil der Begebenheiten, deren er Meldung thut, in
*Lie-tai-ki-su. Han-chu.
**Wen-hien-tum-kao.
***Rubr...is, Plan-Carpin, Bergeron.
(p351)
seiner Geschichte, die er uns hinterlassen hat, sich in den Chinesischen Geschichtschreibern wiederfinden, die doch nicht zur Absicht gehabt haben, eine T\xFCrkische Geschichte zu schreiben, und die nur in so weit von dieser Nation reden, als sie mit dem Chinesischen Reiche in
Verbindung gewesen ist.
Abulgazi thut von den Hunnen keine Meldung, sondern redet allein von den T\xFCrken, deren Ursprung er bis auf einen Sohn Japhets zur\xFCckfallen l\xE4\xDFt. Nachdem er einige F\xFCrsten genannt hat, sagt er, da\xDF das T\xFCrkische Reich in zween Theile getheilt war, die Mogolen und die Tataren oder Tartaren, deren jede ihr Oberhaupt hatte. Vielleicht will er die Trennung des Reichs der Hiom-nu anzeigen, wenigstens ist von keiner \xE4ltern Trennung die Rede, welche die Orientalischen und Occidentalischen Tatarn, oder die Mogolen angeht. Er erz\xE4hlt die Namen der F\xFCrsten dieser zwey Reiche, und lehret uns, da\xDF das Reich der Mogole von den Tatarn zerst\xF6ret ward. Die\xDF kann noch einigerma\xDFen mit demjenigen zusammen gereimt werden, was wir in den Chinesischen Geschichtschrsibern lesen, da\xDF die s\xFCdlichen Hiom - NU mit den Chinesern vereinigt, die n\xF6rdlichen Hiom-nu vetrieben h\xE4tten. Aber es ist noch ein Umstand, der g\xE4nzlich daf\xFCr entscheidet, da\xDF die Zerst\xF6rung dieser alten Mogolen von der Zerst\xF6rung der s\xFCdlichen Hiom-nu nicht unterschieden, sondern da\xDF die\xDF eine und dieselbe Begebenheit sey.
Der Tatarische Geschichtschreiber sagt: „ Ein Rest der Mogolen zog sich in das Gebirg Erkene-kon zur\xFCck. Von hier kamen diese V\xF6lker erst 50 Jahre hernach wieder heraus. Sie wurden damals sehr m\xE4chtig, und bekamen das Tatarische Reich wieder. " Es ist hier von der Festsetzung der Mogolischen Nation die Rede, die mit ebendenselben Umst\xE4nden in den Chinesischen Geschichtschreibern erz\xE4hlt wird, wenn sie von der
(p352)
Wiederherstellung der Hiom-nu unter dem Namen der T\xFCrken reden. Sie fixiren die Epoche davon ins Jahr 545 nach Christi Geburt. Steigt man nun 450 Jahr weiter hinauf: so bek\xF6mmt man das Jahr 95, oder diejenige Zeit, in welcher das Reich der n\xF6rdlichen Hiom-nu g\xE4nzlich \xFCber den Haufen geworfen ward. Also ist das alte Mogolische Reich mit dem Reiche der Hiom-nu einerley, und die Hunnen f\xFChren den Namen T\xFCrken mit allem Rechte.
Diese s\xFCdlichen Hiom-nu, nachdem sie von den Chinesischen Gr\xE4nzen vertrieben, sich um den Jaik, und um Tobolsk herum niedergelassen hatten, breiteten sich betr\xE4chtlich gegen Westen, und besonders gegen S\xFCdwesten aus.* Die Chineser melden eine Begebenheit, die zu sonderbar ist, als da\xDF wir sie mit Stillschweigen \xFCbergehen k\xF6nnten, die uns \xFCbrigens einen neuen Beweis abgiebt, da\xDF die Hiom-nu mit den Hunnen einerley sind, und die uns einigermassen in die R\xF6mische Geschichte zur\xFCckf\xFChrt. Sie sagen uns n\xE4mlich, da\xDF die im nord-westlichen Europa ans\xE4\xDFigen Hiom-nu, sich \xFCber ein Land Meister machten, das sie Jen - tsai nennen, das auf der einen Seite an den Gr\xE4nzen von Ta-tsin lag, (so nennen sie das R\xF6mische Reich) und von der andern gerade an
Kaptschak gr\xE4nzte.** Diese Lage zeigt uns f\xFCrs erste die Ebenen des Asiatischen Sarmatiens an. Aber wenn sie uns weiter unten sagen, da\xDF dieses Land der Jen-tsai, Alam sey genannt worden: so f\xFChren sie uns gerade in das Land der
Alanen, die zuerst von den Hunnen nach dem einstimmigen Zeugnisse der Geschichtschreiber \xFCberwunden wurden.
Itzt m\xF6chte es fast einige Schwierigkeit setzen, sich zu \xFCberreden, da\xDF die Hiom-nu oder T\xFCrke der Chineser, mit den Hunnen oder T\xFCrken der R\xF6mischen Geschichtschreiber nicht einerley seyen. Vielmehr
*Ram-mo. Wen-hien-tum-kao.
**Ebenderselbe
(p353)
glaube ich ihren Sitz und Aufenthalt am
M\xE4otischen See hinl\xE4nglich dargethan, und fast m\xF6chte ich sagen, demonstrirt zu haben. Die \xE4ltesten Geschichtschreiber, so
wie
Prokopius,
Jornandes,
Agathias, und andere, haben ihnen au\xDFer dem Namen Hunnen nie einen andern gegeben; weil sie zu ihrer Zeit noch unter keinem andern Namen bekannt waren. Aber diejenigen, welche wie
Theophylaktus Simocatta, und
Theophanes Confessor erst damals schrieben, als die Hunnen unter dem Namen der T\xFCrken erschienen waren, haben ihnen ohne Unterschied beyde Namen gegeben.
Gehen wir noch einen Augenblick der Geschichte der Hiom-nu nach:* so werden wir anch diejenigen Hunnen kennen lernen, die unter dem Namen der Euthaliten und Abtaliten, wie sie
Theophylaktus nennet, die Orientalischen Provinzen Persiens verheere haben. W\xE4hrend da\xDF sich die Hiom-nu in Norden, etablirten, setzte eine andere Bande ebenderselben Hiom - nu, welche den erstern auf einem so langen Wege nicht hatte folgen k\xF6nnen, in den umliegenden Gegenden von Kaschgar und Aksan festen Fu\xDF. Von hier breiteten sich diese V\xF6lker bis an das Kaspische Meer, und bis nach
Kaptschak aus. Alle diese verschiedenen Banden der Hiom-nu nahmen so, wie diejenigen, welche in der Tatarey geblieben waren, den Namen Te-le an. Nach dem Zeugnisse der Chinesischen Geschichtschreiber wohnten diese Hiom-nu bey dem Bache Tulu, am See Pai-kal, am Flusse Irrtisch, im Lande Kaschgar, am Ufer der Ate oder Etel, oder
Wolga. Ein zweyter Beweis, da\xDF sich die Hiom-nu im Asiatischen Sarmatien, und im Lande der
Alanen niedergelassen haben. Der Name Abtelites ist aus dem Worte Te-le, welches sich die Hiom - nu \xFCberhaupt beylegten, und dem Worte Ab zusammengesetzt, das im Persischen einen Flu\xDF be-
*Ebenders. Ram-mo. Lie-tai-ki-su.
(p354)
deutet. Also bezeichnet Ab - tele die Teliten, welche an den Ufern des Oxus wohnten.
Nach dem ich den Ursprung der Hiom-nu erwiesen, und ihr Etablissement an den Gr\xE4nzen Europens angezeigt habe: so halte ich es f\xFCr n\xF6htig, ewige Untersuchungen
\xFCber die Ursachen ihres Einfalls in das Land der Baschkiren anzustellen. Sie werden uns zu Betrachtungen \xFCber den Zustand der Tataren, \xFCber die
verschiedenen Reiche, die den Hunnischen gefolgt sind, und \xFCber die grossen Revolutionen und V\xF6lkerwanderungen f\xFChren, welche die Zerst\xF6rung dieser Reiche verursachen wu\xDFten. Nach dem g\xE4nzlichen Ruine des Reichs der n\xF6rdlichen Hunnen, kamen die Tatarn mit Nomen Sien-pi,* die ihren Ursprung aus der, Corea gegen Norden gelegenen Provinz, oder aus dem heutigen Lande der Mantscheu zogen, in das Reich, das die Hunnen eben verlie\xDFen, und nahmen daselbst ihren Aufenthalt im Jahre 93 nach Christi Geburt. Die\xDF macht von der Niederlassung der Hunnen im Nordwesten von Europa, bis auf ihren grossen Einfall unter die Regierung des Valens ungef\xE4hr einen Zwischenraum von 180 Jahren aus. Man hat Ursache zu glauben, da\xDF sie in diesen n\xF6rdlichen L\xE4ndern sehr ruhig blieben, und da\xDF sie wenigere Kriege von der Seite gegen Europa, als von der Seite gegen Asien f\xFChrten. Wirklich sehen wir sie noch zu verschiedenen Zeiten bis an den Flu\xDF Ili, in das Land der Iguren und Hunnen, und selbst bis an die Gr\xE4nzen von Chensi eindringen; es sey, da\xDF sie die Absicht gehabt haben, in die Tatarey zur\xFCckzukehren, wo sie mehrere Reichth\xFCmer finden mu\xDFten, als im Norden von Europa, oder da\xDF sie nur einfache Streifereyen dahin unternommen haben. Sie dauerten bis gegen das Jahr 151 nach Christi Geburt. In dieser Zeit fieng die Macht der Sien-pi an, in der Tatarey furchtbar zu werden.**
*Ram-mo.
**Heu-ban-schu. Ram-mo. Lie-tai-ki-su. Wen-hien-tum-kao.
(p355)
Diese V\xF6lker bemeisterten sich eines Theils von Sibirien, und von allen den L\xE4ndern, die zwischen dem Orientalischen Ocean und dem Flusse Ili liegen. Die Hunnen wagten es nicht mehr \xFCber diesen Flu\xDF zu sitzen. Gezwungen, diese Provinz g\xE4nzlich zu verlassen, mu\xDFten sie sich nohtwendig auf die Seite von Europa ziehen, vielleicht dahin eindringen, und dadurch die allen Bewohner zwingen, ihren Aufenthalt zu ver\xE4ndern. Die Herrschaft der Sien - pi erlosch im Jahre 233, nach Christi Geburt; aber es kam fast zu eben der Zeit aus den L\xE4ndern, die am n\xF6rdlichen Theile des Flusses Amur und Sibiriens liegen, eine unter dem Namm To - pa, oder So - teu bekannte Nation heraus, die mit den Sien-pi einerley Ursprung hatte. Diese neuen Tatarn zogen sich gegen Mittag, setzten sich in das Land der Sien-pi, und drangen bis an den Norden von China. Sie nahmen die ganze Tatarey bis an den Flu\xDF Ili, und selbst jenseits desselben ein, und in der Folge lie\xDFen sie sich unter dem Namen Goei zu Kaisern von China ausruffen, und befassen den ganzen s\xFCdlichen Theil davon.
Ich zweifle gar nicht, da\xDF dieser letzte Einfall der Tatarischen V\xF6lker nicht die Bewohner des Landes, das sie verw\xFCsteten, gezwungen habe, sich auf die Seite des Occidents zu ziehen. Denn ich habe die Bemerkung gemacht, da\xDF der gr\xF6\xDFte Theil dieser Nationen lieber neue Wohnungen suchte, als in den alten unterw\xFCrfig blieb. Hier ist ein Beispiel, das Zeugnisse Chinesischer und Arabischer Schriftsteller f\xFCr sich hat.* Die Khitanen urspr\xFCnglich aus dem Lande der Mant-scheu, retteten sich von den andern Tatarn Niu -sche genannt, die weiter gegen Osten lagen, \xFCberwunden, zum Theil auf die Seite von Baktriana. Da sie best\xE4ndig das Kaspische Meer durchkreutzten, erreichten sie Ghila, giengen \xFCber die Meerenge
Derbend, setzten \xFCber die
*Lie-tai-ki-su. Ram - mo. Abulseda.
(p356)
Wolga, und kamen endlich durch die n\xF6rdlichen Provinzen nach Kaschgar zur\xFCck, um sich daselbst zu setzen. Hier gr\xFCndeten sie ein neues Reich; aber es blieben verschiedene Banden davon auf den Bergen in Daguestan, wo man sie noch heut zu Tag unter den Namen Khitanen, und Kharathitanen findet.* Die Ankunft der Tataren Topa mu\xDFte daher nohtwendig in der Tatarey grosse Bewegungen machen. Und hiedurch wurden die Hunnen noch mehr gedr\xE4ngt. Von der \xF6stlichen Seite zu sehr gedr\xFCckt, entwichen sie immer mehr gegen die Seite von Europa. Und hier ist der Ursprung der ersten Wanderungen der alten s\xFCdlichen V\xF6lker, die ins R\xF6mischen Reich eingedrungen, sind. Endlich wurden die Hunnen auch gezwungen, f\xFCr ihren Theil her\xFCber zu kommen. Die \xF6stlichen L\xE4nder dienten ihnen nicht mehr zur Zuflucht. Die Tatarn Gori waren daselbst seit dem Jahre 318 gar zu m\xE4chtig.** Die K\xF6nige der Perser von der Dynastie der Saffaniden waren ihnen von der andern Seite ein un\xFCbersteiglicher Damm, und es blieb ihnen kein anderer Weg \xFCbrig, als der nach den n\xF6rdlichen Theilen des R\xF6mischen Reichs. Auch fa\xDFten sie wirklich den Entschlu\xDF, unter der Regierung des Valens dahin einzudringen. Sie schlugen die
Alanen und
Gothen. Die\xDF verursachte neue Wanderungen gegen die s\xFCdlichen Gegenden, welche ich bereits bemerket habe.
Indem die Hunnen nach Europa wanderten, brachten sie die Gebr\xE4uche ihres Landes mit sich, und wir finden noch in der Erz\xE4hlung unserer Geschichtschreiber eine zu grosse Uibereinstimmung der Sitten mit den alten Hiom-nu, als da\xDF wir und einen Augenblick dabey aufhalten sollten.
Jornandes,
Zosimus,
Priskus und verschiedene andere haben uns einige umst\xE4ndliche Beschreibungen \xFCber die Sitten dieser V\xF6lker aufbehalten.
*Memoires du Majeur Creplin, et du Capitain Gerber.
**Ram-mo. Lie-tai-su. Hori-schu.
(p357)
Aber Niemandem hat es mehr gefallen, sie zu beschreiben, als dem
Ammianus Marcellinus. Ich \xFCbergehe alles dasjenige mit Stillschweigen, was nur auf die Wildheit und Barbarey des Hunnischen Charakters eine Beziehung hat, als etwas, da\xDF allen s\xFCdlichen V\xF6lkern gemein seyn kann. Ich hajlte mich blos bey einigen Z\xFCgen der Aehnlichkeit zwischen den Europ\xE4ischen und Asiatischen Hunnen auf, welche letztem unter dem Namen Hiom-nu bekannt sind; weil sie ganz eine Asiatische Nation charakterisiren. Die n\xF6rdlichen V\xF6lker Europens waren zwar gleich barbarisch; aber die Strenge des Klima zwang sie, entweder in H\xF6len oder h\xF6lzernen H\xFCtten zu wohnen, die dem Schnee und Eise widerstehen konnten. Sie konnten nicht mit grossen Heerden auf dem Felde zerstreut leben; die Jagd war ihre vornehmste Besch\xE4ftigung. Die Hunnen hingegen waren zwar auch an die Jagd gew\xF6hnt; aber sie lebten in den weiten Feldern der Tatarey unter beweglichen Zelten. Diese beweglichen Wohnungen konnten sie nach Gefallen wegen ihren zahlreichen Heerden, die ihren vornehmsten Reichthum ausmachten, in Gegenden die am Futter reich waren, hineintragen. Omnes enim sine sedibus fixis, adsque lari, vel lege aut ritu stabli dispalantur, semper fugientium similes, cum carpentis, in quibus habitant. Die Zelten der Hunnen waren so, wie die Zelten der Kalm\xFCcken und Mongolen auf R\xE4der gesetzt, und in dieser Absicht den W\xE4gen \xE4hnlich. Man spannte eine grosse Zahl Ochsen daf\xFCr, die sie fortzogen. Die Frauen und Kinder blieben und wohnten darinnen, denn diese V\xF6lker hatten einen Abscheu f\xFCr H\xE4usern und festen Geb\xE4uden. Nec enim apud eos securos existimant esse sub tectis.
Das ist nicht die einzige Uibereinstimmung, die ich zwischen Europ\xE4ischen und Asiatischen Hunnen finde. Wie die Chinesischen Hunnen, fochten jene im Kriege nur mit Kn\xFCtteln ganz unordentlich, und stellten sich
(p358)
immer, als wenn sie die Flucht ergrieffen, um desto besser zu \xFCberfallen. Die Beh\xE4ndigkeit ihrer Pferde war ihnen bey dieser Art zu streiten eine grosse Beyhilfe. Sie waren ge\xFCbte Reiter, und so gewohnt zu Pferde zu seyn, da\xDF sie Tag und Nacht darauf aushielten. In equis ipsis quivis in hac natione pernox et perdius emit et vendit, cibumque sumit, et potum, et inclinatus cervici angustae jumenti in altum soporem ad usque varietatem effunditur somniorum. So leben noch die Kalm\xFCcken und Mogolen, die von diesen alten Hunnen abstammen.* Ihre Figur ist auch dieselbe.
Jornandes sagt: da\xDF die Hunnen zum Kopfe eine ungestalte Waffe haben, wo man mit M\xFChe zwey kleine Augen gewahr wird. Sie haben, sagt er eine eingedr\xFCckte Nase, und ihre gefurchten Wangen sind bartlos. Senescunt imberbes absque ulla venustate sagt Ammian, der von ihnen ein schreckliches und dem Bilde der Kalm\xFCcken vollkommen \xE4hnliches Gem\xE4lde macht. Wie die Krimmischen Tatarn, erweichen sie ihr Fleisch auf dem R\xFCcken ihrer Pferde. Die\xDF will Ammian mit folgenden Worten sagen: quam (carnem) inter femora sua et equorum terga subsertam fatu calefaciunt brevi.
Die Religion gew\xE4hrt uns neue Z\xFCge der Aehnlichkeit. Wir lesen im
Jornandes, da\xDF
Attila vor der ber\xFChmten Schlacht, die in Gallien zwischen ihm und dem Aetius vorfiel, begierig die Folgen davon zu wissen, die Gebeine der Thiere um Raht fragte. Ene Art der Wahrsagerey, die wir noch am Hofe des Genghiz-khan im Gebrauche finden.** Manghukhan, ehe er etwas unternommen, lie\xDF sich drey Beine von einem Schaafe bringen, die er in seine H\xE4nde fa\xDFte. Nachdem er sie mit der lebhaften Vorstellung des Gesch\xE4ftes, um dessetwillen er sie um Raht fragte, betrachtet hatte: lie\xDF er
*Rubriquis. Plan Carpin.
**Rubriquis Cap. 33.
(p359)
sie an einem ausgesonderte Orte verbrennen. Man brachte ihm die Nachricht davon, und er untersuchte, ob sie ganz geblieben w\xE4ren, und ob die Hitze des Feuers sie nicht in Flammen gesetzt habe. Denn, waren diese Beine in die Qwere, und in kleine Ritzen geborsten, so war die\xDF ein Zeichen eines \xFCblen Fortganges. — Das Leichenbeg\xE4ngni\xDF des
Attila ist pr\xE4cis einerley mit dem Leichenbeg\xE4ngnisse der Hiom-nu und der Mogolischen Khane, ihrer Abk\xF6mmlinge.*
Jornandes belehrt uns, da\xDF eine Bande auserlesener Ritter ihre Streifereyen unter dem Absingen von Lobeserhebungen auf den Todten aus\xFCbten. Die Chinesische Geschichte sagt eben die\xDF von den alten Tan-ju der Hiom-nu. Man vergrub endlich den F\xFCrsten an einem verborgenen Orte. Die\xDF haben die Mongolen auch best\xE4ndig gethan. Und endlich der letzte Punkt der Uibereinstimmung, der sowohl von Seiten der Chinesischen als der R\xF6mischen Schriftsteller bezeugt wird, war, da\xDF man die Waffen und alle Instrumente, deren sich der F\xFCrst bey Lebzeiten bedient hatte, bey ihm ins Grab legte, und die Cerimonien mit der Erw\xFCrgung einer gro\xDFen Anzahl seiner Hausgenossen endigte. So wurde
Attila; so wurden die Tan-ju der Hiom - nu, und alle Khane der Tatarey begraben.
Ich glaube, diese Z\xFCge reichen zu, zu beweisen da\xDF die Europ\xE4ischen Hunnen eine aus Asien gekommene Nation sind, und da\xDF sie, nach dem, was ich oben gesagt habe, von den alten im n\xF6rdlichen China wohnenden Hiom-nu abstammen.
Ich hoffe nicht, da\xDF der ungeheure Strich Landes den sie durchlaufen mu\xDFten, ehe sie nach Europa kamen, hier zu einem Einwurfe dienen k\xF6nne. Ich habe in einer Abhandlung \xFCber die Zerst\xF6rung von Baktriana gezeigt, da\xDF die noch weiter entfernteren Chineser Armeen bis an das Ufer des Kaspischen Meeres geschickt
*Suki.
(p360)
haben. Die Hunnen, oft Herren der ganzen Tatarey, waren nicht weniger aufgelegt, Excursionen dieser Art vorzunehmen. Oft sind die Gr\xE4nzen ihrer Staaten, die Gr\xE4nzen von Norden und Europa gewesen. Ja es mu\xDFten verschiedene Wanderungen aus dem Norden nach dem Oriente, und aus dem Oriente nach Norden vorfallen, davon wir gar nichts wissen.
Strahlenberg, sagt, er habe an den umliegenden Gegenden des Flusses Irrtisch, Inschriften in alten Chinesischen Charakteren, und andere in Runnischen Charakteren bey dem Flusse Amur gefunden. Ein unwiderlegbarer Beweis von den gro\xDFen Bewegungen der Tatarischen V\xF6lker. Uibrigens waren es die Hunnen nicht allein, die eine so grosse Reise vornahmen, und um zu beweisen, da\xDF die am Ende des Orients vorgefallenen Revolutionen noch verschiedene neue Wanderungen ins R\xF6mische Reich verursacht haben: will ich diese Abhandlung mit den Revolutionen der Iguren schlie\xDFen. In einer zwoten will ich den Ursprung der Avaren beleuchten.
Priskus Rhetor, der uns von einer dieser Wanderungen Nachricht giebt, erz\xE4hle, da\xDF w\xE4hrend da
Attila damit besch\xE4ftiget war, die Kaiser des Orients zu bekriegen, V\xF6lker, Saraguri, Urogi und Onoguri genannt, Gesandte an den
Kaiser Leo l. schickten. Diese V\xF6lker von den Sabiren vertrieben, waren gezwungen worden, ihr Land zu verlassen. Sie hatten sich den Gr\xE4nzen des Reichs gen\xE4hert, und nachdem sie die Acathiritischen Hunnen \xFCberwunden hatten, versuchten sie durch diese Gesandschaft die R\xF6mer sich zu Freunden zu machen. Die Sabiren selbst wurden von den Abaren vertrieben , und diese von V\xF6lkern, die alt den Ufern des Oceans wohnten.
Dem sey, wie ihm wolle, die Saraguri und die zwey andern V\xF6lker lie\xDFen sich im Asiatischen Sarmatien, nieder. Von hier nahmen sie durch die Meerenge
bey
Derbend nach Armenien und Persien Z\xFC-
(p361)
ge vor. Zum Andenken eines grossen Sieges, den die Colchier \xFCber sie erlitten haben, hat man nach dem
Agathias* einer Festung in diesen Gegenden den Namen Onagori gegeben. Diese Onagori sind nach eben dem Schriftsteller Hunnen, und zwar eben die, welche
Jornandes Hunuguri nennet, die den R\xF6mern Felle von Zobelmardern gaben. In den Fragmenten, die uns vom Menander \xFCbrig sind, ist auch von diesen Hunugori die Rede, so liest man in einigen Uibersetzungen, obgleich der Text Uiguri hat. Dieser Name ist dem Namen der Uigur zu \xE4hnlich, als da\xDF wir sie nicht f\xFCr ebendasselbe Volk ansehen sollten. Aber um den Beweis zu vollenden , da\xDF sie es wirklich sind, d\xFCrfen wir nur die Chinesischen Annalen um Raht fragen. Diese benachrichtigen uns von einer betr\xE4chtlichen im Lande der Uiguren vorgefallenen Revolution. Sie ist es, welche einen Theil der Einwohner zwang, sich anderswohin zur\xFCckzuziehen. Und es ist genug, da\xDF sie zu der Zeit vorgefallen ist, da diese Uiguren nach Europa kamen, um uns in der Sache Bestimmtheit und Licht zu geben.
Noch vor der Geburt Christi redet die Chinesische Geschichte von den Iguren unter dem Namen der Tsche-su und den Kao-tschan.** Ihr Land war in zwey Theile getheilt, von denen jeder von einem besondern K\xF6nige regieret ward. Die Chineser nannten das mitt\xE4gliche Reich, das zur Hauptstadt Turphan hatte, das K\xF6nigreich der ersten Ttsche-su, oder der jenseitigen Iguren. Das n\xF6rdliche, das jenseits der Berge lag, wurde das K\xF6nigreich der diesseitigen Iguren genannt. Obgleich diese V\xF6lker ihre K\xF6nige hatten: so h\xF6rten sie doch nicht auf, den Hunnen und Chinesen: unterw\xFCrfig zu seyn. In der Folge wurden diese zwey Reiche zerst\xF6rt, und kamen unter die Herrschaft eines einzigen F\xFCrsten. Es fielen grosse Bewegungen in diesem Lande gegen das Jahr 440 und nach der Zeit bis aufs Jahr
*Ram-mo.?-tat-ki-su. Wen-hien-tum-kao.
(p362)
460 vor, da es die barbarischen Geu-gen eroberten , und die regierende Familie vom Throne stie\xDFen.* Sie gaben die\xDF K\xF6nigreich dem Gan - pe - tscheu, der den K\xF6nigl. Titel annahm. Die\xDF hinderte nicht, da\xDF sich nicht ein Theil dieser V\xF6lker zerstreute. Sehr viele zogen sich nach Haraschar zur\xFCck. Die Geschichte sagt uns nichts mehr; aber wenn wir zu eben der Zeit ein Septisches Volk, das eben denselben Namen hat, bis ins Asiatische Sarmatien kommen sehen: so k\xF6nnen wir uns nicht enthalten, zu glauben, da\xDF die\xDF einige Banden dieser Iguren gewesen sind.
Der Verfasser der Genealogischen Geschichte der
Tataren,** welcher in wenig Worten einen Auszug von der Geschichte der Iguren gegeben hat, stimmt hierinnen mit den Chinesischen Geschichtschreibern \xFCberein. Er theilt die Iguren in zwo Gattungen; die eine nennt er Un - igur d. i. die Iguren der zehen Fl\xFC\xDFe, die andern Tokos - Ulgur, d. h. die Iguren der neun Fl\xFC\xDFe, weil ihr Land durch eine grosse Kette von Bergen von Westen nach Osten zerschnitten, und gegen Norden und Mittag von einer gleichen Zahl von Fl\xFC\xDFen besp\xFClet wird. Jedes dieser zwey K\xF6nigreiche der Iguren hatte seinen K\xF6nig. Ich will im Vorbeygehen bemerken, da\xDF die Europ\xE4ischen Iguren, welchen verschiedene Schriftsteller den Namen Hunu - gari gegeben haben, die
Nordischen Iguren oder die Un-uiguren seyn m\xFC\xDFen. Die Tokos-Uiguren sind wahrscheinlich die Kutriguren, deren auch in unsern Geschichtschreibern Meldung geschieht; man m\xFC\xDFte sonst Lust haben diesen Namen lieber von den Kut-Uiguren, d.i. von den Uiguren abzuleiten, die
am Berge Kut wohnen. So nennt man eine Kette von Bergen, die von der wetslichen Seite das Land der Jauren umschlie\xDFt.
*Ibidem.
**Abnlgazi.
(p363)
Der Tatarische Geschichtschreiber, den ich angef\xFChret habe, lehrt uns, da\xDF die Iguren in der Folge von einem einzigen F\xFCrsten beherrscht wurden, und da\xDF diese V\xF6lker nach dem Ruine seiner Familie in verschiedene Banden sich zerstreueten, die an vem Ufer des Flusses Irrtisch wohnten, wo sie sich zum zweytenmale trennten. Ein Theil zog sich nach Bischbalig zur\xFCck, eine Stadt, neben welcher Haraschar liegt. Die andern blieben in den umliegenden Gegenden des Irrtisch,* wo sie von der Fischerey und der Zobeljagd lebten. Die\xDF stimmt mit der Erz\xE4hlung des
Jornandes \xFCberein, welcher sagt, da\xDF die Hunu-gari den R\xF6mern Felle von Zobelmardern gaben. Vom Irrtisch an war es ihnen nicht schwer \xFCber die
Wolga zu setzen, und nach Sarmatien einzudringen. Unter den Horden, die die Nation der Nogais ausmachen, am westlichen Theile der Wolga neben der Festung Stauropol, sind davon noch einige \xFCbrig, die den Namen Iguren f\xFChren, wie sich auch einige finden, die Naimans genannt werden. Alles V\xF6lker, die vor Alters am Ende der Tatarey wohnten.
Die Hunu- gari sind V\xF6lker, die aus Turkestan kommen, und allem Anscheine nach, m\xFC\xDFen wir auch die Saraguri und Uragi ihre Alliirten in diese Reihe setzen. Die Sabiren und Abaren, welche diese drey V\xF6lker vertrieben, erfuhren in der Folge das n\xE4mliche Schicksal. Die Abaren kamen nach Europa, und verheerten Gallien. Aber ich behalte mir diese Untersuchung f\xFCr eine andere Abhandlung bevor. Die
Sabiren mu\xDFten ein Tatarisches, mehr gegen Osten gelegenes Volk seyn, als die Iguren; und die Abaren noch mehr von Osten her, als die Sabiren. Ich habe in den Geschichtschreibern nichts gefunden, das mir den wahren Namen der letztern, und folglich die Horde h\xE4tte anzeigen k\xF6nnen, aus der sie herstammten.
Cedre-
*Major Crepkin.
(p364)
nus lehrt uns, da\xDF diese Sabirischen Hunnen im 25sten Jahre der Regierung des
Anastasius Dicorus durch den engen Pa\xDF bey
Derbend durchgiengen, und Armenien, Kappadocien, Gallatien, und dm Pontus verw\xFCsteten.
Theophanes Confessor, der von eben dieser Begebenheit redet, nennt sie Huns-sam; aber es scheint dieses ein Fehler seines Textes zu seyn. Benn an einem andern Orte, wo er von der Hilfe redet, welche Boarex, die K\xF6niginn der Hunnen, Justinian dem Ersten gegen Kobad, dm K\xF6nig der Perser leistete, nennt er diese Hunnen Sabiren. Diese V\xF6lker, nachdem sie die Tatarey verlassen hatten, lie\xDFen sich an der n\xF6rdlichen Seite von
Derbend zwischen dem
M\xE4otischen See und der
Wolga nieder. Sie mu\xDFten sich in der Zwischenzeit, die vom Jahre 460 bis aufs Jahr 516 verflossen ist, oder im 25sten Jahre des Anastasius dahin gezogen haben* Es waren in dieser Zwischenzeit gro\xDFe Unruhen in der Tataren. Gegen das Jahr 486 erz\xE4hlen dle Chinesischen Geschichtschreiber, schlug der Khan der Geu-gen, welche die Europ\xE4ischen Abaren sind, die Hunnische Bande Te-le, die in seinen Staaten lebte, und verfolgte sie sehr weit gegen die Seite des Occidents. Die\xDF ist alles, was ich in der Geschichte fand, und folgende Muhtmassung setze ich hinzu. Die Hunnen Te-le waren, wie ich gesagt habe, in eine grosse Zahl von Horden getheilt, umer denen sich auch die Sabiren befinden konnten, die vermuhtlich von den Geu-gen oder Abaren, welche das alte Land der Hunnen an den Ufern des Silinpa und Irrtisch einnahmen, zu sehr verfolgt, sich an die westliche Seite der
Wolga zogen.
Man k\xF6nnte inzwischen diese Wanderungen noch mit den betr\xE4chtlichen Bewegungen vergleichen, welche zu eben der Zeit noch weit n\xF6rdlichere V\xF6lker unternahmen. Eine gr\xE4\xDFliche Menge von Hunnischen Horden, die den
*Ram-mo. Lie-tai-ki-su.
(p365)
Chinesern unter dem Namen Schui-Schui bekannt sind, hatten sich zu einer andern Zeit des Landes bem\xE4chtiget, welches die Tapa oder Gori verlassen hatten, um nach China zu kommen. Folglich wohnten die Schui-Schui in einem sehr kalten Lande am n\xF6rdlichen Theile des Flusses Amur, und gegen den See Paikal: von da thaten sie mit einer Armee von 300000 Menschen, von den Kaisern des s\xFCdlichen China eingeladen, Z\xFCge bis in das Land der Gori. Einige Zeit hernach wurden sie von andern V\xF6lkern, Tim-liu genannt \xFCberwunden, welche gegen den Irrtisch zu wohnten. Alsdann zogen sich die Schui-Schui auf die Seite von China; aber im Jahre 507 kamen sie in ihr Land zur\xFCck, und erbauten daselbst zuerst eine Stadt mit Mauern. Diese gro\xDFen Kriege wurden, wie man sieht, stets von Wanderungen begleitet. Die Schui-Schui von Occidentalischen V\xF6lkern \xFCberwunden, gingen nach China. Die Tim - lin wieder von den Schui-Schui geschlagen, mu\xDFten sich an den Irrtlsch ziehen, und vielleicht noch weiter gehen.
Diese umst\xE4ndlichen Nachrichten, dielten dazu, uns zu beweisen, da\xDF alle V\xF6lker der Tatarey vom
M\xE4otischen See an, bis nach China, unter einander in Verbindung standen. Die, welche vom Mittelpunkte der Tatarey am weitesten entfernt waren, f\xFCrchteten die Macht der Geu - gen, und suchten eifrig den Schutz der Chineser. Auf der andern Seile schickten nicht nur die Iguren und die V\xF6lker von
Kaptschak; sondern auch die V\xF6lker der Baschkiren am n\xF6rdlichen Theile von Georgien weil sie sich f\xFCr den Hunnen f\xFCrchteten, zu ihren Nachbarn den R\xF6mern Gesandte mit Geschenken, und Tribut. Also haben die Hunnen selbst, da sie in diese Provinzen kamen, niemals die Tartarey aus den Augen verloren. Sie haben nicht aufgeh\xF6rt, an den Angelegenheiten dieses Landes Antheil zu nehmen, indem sie sich mit den Chinesern wider die M\xE4chte, die
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sich daselbst erhoben, und besonders wider die Geu- gen verbanden. Diese wurden neidisch dar\xFCber, und setzten im Jahre 434 die Chinesischen Gesandten fest, welche der Kaiser in diese enfernte L\xE4nder schickte. Was mich aber am meisten in meiner Meldung best\xE4tiget, ist die\xDF, weil ich finde,* da\xDF einige Zeit hernach die Hunnen aus dem Lande der Baschkiren dem Kaiser von China eine Verbindung anbieten, und sich anheischig machen, von ihrer Seite die Geu - gen anzugreiffen, w\xE4hrend, da\xDF die Chineser am andern Ende Asiens eben die\xDF thaten. Die\xDF trug sich im Jahre 448, das ist, zur Zeit zu, da
Attila sehr m\xE4chtig war. Es ist sehr wahrscheinlich, da\xDF dieser F\xFCrst Herr aller L\xE4nder im Norden, eifers\xFCchtig \xFCber die Macht der Geu - gen, die \xF6ftermals bis in das Land der Baschkiren, folglich in die umliegenden Gegenden der
Wolga, und in die Lander seiner Herrschaft eindrangen, den Willen gehabt habe, die Chineser anzuhalten, sie von ihrer Seite anzugreiffen. Ich glaube auch, da\xDF die gegen das Jahr 434 nach China geschickten Gesandten, die Gesandten dieses Prinzen waren, weil sie aus dem Lande Jen-tsai, oder aus dem Asiatischen Sarmatien kamen, davon die Hunnen Meister waren.
Diese kleine Zahl von Begebenheiten ist hinreichend, uns eine Idee vom politischen Staate der Tatarey, und von den Verbindungen zu geben, die ihre Bewohner unter einander hatten. Man darf sich nicht mehr wundern, da\xDF diese V\xF6lker vom Ende des Orients kamen, sich an den Gr\xE4nzenorten von Europa niederzulassen; und ich glaube hinl\xE4nglich bewiesen zu haben, da\xDF die Hunnen in die Zahl dieser V\xF6lker geh\xF6ren. Uibrigens habe ich mich in dieser Abhandlung blos auf die Originalschriftsteller eingeschr\xE4nkt; die nachherigen Schriftsteller welche, wie
Otrokocsius,* unternommen haben, den
*Ibid.
**Origines Hungar.
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Ursprung der Hunnen zu zeigen, sind zu sehr mit Conjekturen und Etymologien angef\xFCllt, deren Widerlegung mich zu weit gef\xFChret h\xE4tte.