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ZUM GESAMTINHALT

Ungrisches Magazin, Band 1, Heft 1, Text 3 (S. 21-32)
Hrsg. von Karl Gottlieb Windisch
Preßburg, Löwe, 1781
Autor: Karl Gottlieb Windisch
Zuordnung: Geschichte

Lebensgeschichte des Nikolaus Ischtwánfi 1

Lebensgeschichte des Nikolaus Ischtwánfi 2

Lebensgeschichte des Nikolaus Ischtwánfi 3

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3. Beytrag zur Lebensgeschichte des Nikolaus Ischtwánfi.*


Die Nachrichten, welche uns die Gelehrten von diesem angenehmen Geschichtschreiber mitgetheilet haben, sind theils ausführlich, theils aber nur im Vorbeygehen geschrieben. Unter die erstern gehört Thomas Balaschfi,** dessen seltenes Fragment, der gelehrte Kaiserliche Hofraht, Herr von Kollár, in den Analectis Bibliothecae Viennensis zuerst herausgegeben, aus welchen es hernach der berühmte Königl. ungrische Geschichtschreiber Herr Abbé Pray seiner Vorrede zum vierten Theile der un-

*Istvánfi.

**Balasfi.

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grischen Annalen einverleibet hat. Auch Zwittinger hat in seiner ungrischen Litteraturgeschichte* Manches von demselben erwähnet, welches andere entweder übergangen, oder gar verschwiegen haben. Unter diejenigen aber, die seiner nur gelegentlich gedenken, kann man besonders den Martin Zeiler, den berühmten Rechtsgelehrten Conring, den Schurzfleisch, Lansius, Wilhelm Moller, und Heinrich Gösius zählen, welche man bey eben dem Zwittinger am angeführten Orte findet. Aber alle zusammen haben unsern Ischtwánfi entweder nur von außen, und von Seiten seiner zierlichen Schreibart betrachtet, oder damit auch das, was zu seiner Lebensgeschichte gehöret, verbunden, wiewohl ihnen auch noch vieles davon verborgen geblieben. Ich werde mich daher bemühen, eine Lücke in seiner Lebensgeschichte auszufüllen, zumal meines Wissens, unsern Ischtwánfi noch niemand mit politischen und historischen Augen betrachtet hat.

Ischtwánft stammt von einem alten adelichen Geschlechte ab. Sein Vater hieß Paul,** und seine Mutter Adwiga, war aus dem adelichen Geschlechte der Gyulay. Diesen seinen Aeltern nun ward er zu Kis-Aszszonyfalu,*** einem seiner väterlichen Güter in der Bárányer Gespanschaft, nicht weit von Fünfkirchen geboren. — Seine ersten Jugendjahre brachte er bey dem Graner Erzbischofe Paul von Warda, als Edelknabe zu; nach dessen Tode aber kam er an den Hof des Erlauer Bischofs Niklas Olahi, der ihn mit seinem Neffen nach Bologna schickte, um sich dort eine größere Kenntniß in den schönen Wissenschaften zu erwerben. Auf dieser hohen Schule bekam er seinen Landsmann, den Johann Sambucus,**** einen gebornen Tyrnauer zum Lehrer, unter dessen

*Auf der 188. Seite.

**Sein Großvater aber Stephan, wie solches aus dem Rechnungsbuche der Königlichen Ausgaben und Einnahmen erhellet, wo es bey dem Jahre 1495 heißet: Dicator in Transilvaniam missus cum Nicolao Kapolnay.

***Von dem unser Ischtwánfi sich auch zu schreiben pflegte.

****Sein eigentlicher Name war: Sámboky.

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Anleitung er binnen fünf Jahren nicht nur die lateinische, und griechische Litteratur gründlich erlernte, sondern sich auch auf die lebendigen Sprachen mit so gutem Fortgange legte, daß er die meisten europäischen, nebst der türkischen ganz geläufig reden konnte.

Als er in sein Vaterland zurück kam, erwählte er den Soldatenstand, zu dem er unter den damals berühmten Feldherrn Niklas Sriny* den Grund legte. Er verließ ihn aber bald wieder, als er bey dem damaligen Mangel an Gelehrten glaubte, dass er der politischen Republik nützlichere Dienste leisten könnte. Er wohnte aber dennoch öfter den Feldzügen als Freywilliger bey.

Und so wendete er sich wieder an seinen Gönner, den Bischof Niklas Oláhi, der dazumal zum Erzbischofe von Gran erhoben worden; und bekleidete bey demselben das Amt eines Sekretärs ganzer zehn Jahre. Hier fand er nun auch Gelegenheit sich zu höhern Würden zu schwingen, wie er denn als Johann Listius in eine schwere Krankheit fiel, vom Kaiser Maximilian dem Zweyten an dessen Stelle zum Königlich-ungrischen Sekräter erhoben ward. — Sein Gehalt betrug anfänglich anfänglich nicht über zwyhundert Gulden, ward aber hernach mit andern zweyhunderten vermehret.** Da er hernach seinen Bruder aus der türkischen Gefangenschaft loskaufen mußte, seine väterlichen Güter aber in den Händen der Muselmänner waren, legte ihm dieser Kaiser noch andere zweyhundert Gulden zu.*** Als er aber drey Jahre hernach Kö-

*Zriny

**Dieses erhellet aus einem an die ungrische Kammer abgelassenen Schreiben dieses Kaisers, wo es heißet: Significamus vobis benigne, Nos egregio, fideli Nobis dilecto Nicolao Istvánfy, Secretario Nostro Hungarico, idem Salarium, quod Georgius Bochkay habet, hoc est: 400 florenos dare decrevisse. Quare mandamus vobis, cet. Datae ex arce Nostra Posoniensi 27. die Octobris, 1569.

***Das Schreiben eben dieses Kaisers an bemeldte Kammer lautet also: Supplicavit Nobis humillime Nicolaus Istvánfy, Secretarius Noster Hungaricus, ut clementi habito respecto fide-

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niglicher Raht ward, bekam er auf Kaiser Rudolfs Befehl abermal zweyhundert Gulden,* daß also sein ganzer Gehalt achthundert Gulden ausmachte.

Von nun an ward unser Ischtwánfi zu den wichtigsten, und beschwerlichsten Aemtern gezogen. Nach dem Tode des Emerich Zobor, der während der erledigten Palatinswürde, die Rechtssachen, welche vor dem Palatine untersucht zu werden pflegen, entschied, ward ihm dessen Amt anvertrauet, das er auch ganzer sieben und zwanzig Jahre mit vieler Klugheit, und Gerechtigkeit verwaltete. Nach der im Jahre 1588 bey dem schlesischen Städtchen Pitschen mit den Pohlen gewagten, und für den Erzherzog Maximilian unglücklich ausgefallenen Schlacht, wo dieser Prinz den 24ten Jäner eingeschlossen, gefangen, und nicht ehe, als im folgenden 1589igsten Jahre, bey dem den 19ten März wieder hergestellten Frieden seine Freyheit erlangte, wohnte er als Statthalter der Palatinalwürde, und Kapitän von Oedenburg, mit dem Raaber Bischofe Peter, dem Friedensschlusse von Seiten des Königreichs Ungern bey. Die vornehmste Bedingung desselben gieng dahin, daß sich der Erzherzog seines durch die Wahl erlangten Rechtes auf die pohlnische Krone, feyerlich begeben, und das Haus Oesterreich dafür Bürgschaft leisten sollte. — Ich weis nicht, wie es den pohlnischen Staatsmännern, und Schriftstellern einfallen konnte, zu glauben: daß bey dieser Gelegenheit von Seiten des Kö-

lium, diuturnorumque fuorum servitiorum, et quod bona sua patrimonialia a Turcis fere omnia nunc occupata sint, fratremque captum quinquies mille florentis redimere coactus sit, stipendium suum adhuc 200 florenis annuis, quo ex praesentibus difficultatibus emergere possit, augere dignaremur. Cum itaque serenissimus Princeps Carolus Archidux Austriae, frater noster charissimus simul pro ipso, commendando Nobis servitia sua, intercesserit, benigne eidem Istvánfy dictos 200 florenos annuos, ad prius stipendium suum numerandos decrevimus, cet. Datae in Civitate Nostra Vienna, 16. die mensis Decembris, anno 1575.

*Das deswegen an die Kammer ergangene Schreiben ist vom Juny, 1578.

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nigreichs Ungern, auch auf die dreyzehn Zipserstädte Verzicht gethan worden, da es doch bekannt ist, daß während der Gefangenschaft des Erzherzogs Maximilian, der Kaiser Rudolf den ungrischen Rähten auftrug, den Mitteln, diese Städte wieder einzulösen fleißig nachzuspüren, und zu untersuchen, ob auch der Pohlen Vorwand, daß, wenn das Kapital für die Auslösung dieser Städte, auf den ersten in dem Versatzbriefe festgesetzten Termin, nicht bezahlet würde, gedachte Summe von Termin zu Termin vermehret werden, und so die Auslösung des Pfandes die Hauptsumme doppelt übersteigen sollte.* — Dieses gab nun Gelegenheit, ganz verschiedene Berechnungen der Summe für die Auslösung der dreyzehn Städte herauszubringen, deren Richtigkeit ich aber hier nicht entscheiden will. Daß übrigens die Bedingung, davon die Pohlen wegen der Art besagtes Pfand auszulösen träumten, völlig ungegründet sey, werde ich weiter unten beweisen.—

Unterdessen ward, wie ich schon oben gemeldet, der Friede mit den Pohlen im Jahre 1588 geschlossen, und

* Das Schreiben, welches im Namen des Kaisers Rudolf, der Erzherzog von Oesterreich an die ungarischen Rähte ergehen ließ lautet also: Sacra Caesarea Regiaque Majestas, Dominus et Frater noster observandissimus, benigne intellexit ea, quae Suae Majestatis Consiliarii Hungariae, nuper inter reliqua de arcis Lubloviae, et XIII. Civitatum, annexarum redemtione pro opinione eorundem in medium protulere. Quandoquidem vero Majestas Sua Caesarea Regiaque edocta fuerit, Polonos redemtioni huic juxta literas inscriptionales pro tempore locum neutiquam daturos, cum praesertim inscriptio illa sub certis conditionibus facta fuerit, ita nimirum, ut nisi redemtio bonorum illorum sub primo statim, et praefixo fiat termino, quod tunc summa illa capitalis de termino ad terminum adaugeri - - - debeat, hacque ratione tandem futurum, quod expensae - - - valorem et pretium bonorum illorum in duplo superent. Eapropter - - - benigne hortamur - - - ut communicato primum hoc negotio, cum Consiliariis Camerae Hungaricae - - - Nos de vestra opinione - - - quantocius edoceatis, et una cum voto vestro paria literarum inscriptionalium Nobis transmittatis, cet. Datum Civitate Vienna, die 7. mensis Novembris 1588."

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der Erzherzog Maximilian auf freyen Fuß gestellet. — Von dieser Friedenshandlung kam unser Ischtwánfi nicht so bald in sein Vaterland zurück, als er sich nichts so sehr angelegen seyn ließ, als nach des Kaisers Willen, die Auslösung der Zipserstädte zu bewerkstelligen, hauptsächlich aber die Wahrheit der von den Pohlen vorgeschützten Bedingung zu entdecken. Er gab sich daher alle Mühe, den Versatzbrief, wenn er etwa irgendwo im Lande verborgen wäre, auszuspüren. Zwey Jahre waren schon fruchtlos verflossen, als er mit nicht geringer Freude erfuhr, daß solcher in dem Archive des Zipserkapitels aufbewahret werde. Sogleich schrieb er an besagtes Kapitel, eine Abschrift dieses Dokuments, dem Königlichen Fiskus, der solches, die Rechte der Krone zu vertheidigen nöthig hätte, zu überschicken.* Dieser Auftrag ward sogleich

* Hier ist des Ischtwánfi Schreiben an das Zipser Kapitel: "Amicis suis Reverendis, Capitulo Ecclesiae S. Martini episcopi de Scepusio, Nicolaus Istvánfy de Kis-Aszszonyfalva, Locumtenens Officii Palatinalis Regni Hungariae, ac Consiliarius Sacrae Caesareae Regiaeque Majestatis cet. salutem et amicitiam paratam cum honore. Expositum est Nobis in persona Egregii Magistri Mathiae Andreasics de Nováky, Fiscalis Sacrae Coronae Regni Hungariae, ac Directoris causarum - - - Quod, cum annis superioribus, regnante nimirum in Hungaria acratissimo olim Principe et Domino D. Sigismundo, Romanorum Imperatore ac Hungariae - cet. Rege - - Castrum Lublo - - item XIII. Civitates et Oppida terrae Scepusiensis per eundem D. quondam Sigismundum - - nec non Reverendissimos, spectabiles, ac magnificos DD. Praelatos, et Barones, totum Regnum Hungariae repraesentantes, serenissimo olim Principi D. Wladislao Regi Poloniae - - - pro certa summa pecuniarum; nomine certi et veri pignoris dedissent, et inscripsissent - - - Literarum vero ejusmodi Paria - - - more solito in vestra Sacristia - - - collocata et reposita essent, quibus ipse Director hoc tempore ad defendenda sacrae Coronae, et Fisci Regii jura non parum indigeret - - - hortamur vos, et requirimus, ac nihilominus authoritate nostra Judiciaria, qua inter Regem et Regnicolas fungimur, vobis committimus et mandamus, quatenus acceptis praefentibus praescripta Paria literarum inscriptionalium - - - in vestra Sacristia diligenter requirere, et reinvenire, requisitarum-

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auf das Genaueste befolget, und eine Kopie gedachten Versatzbriefes, den 23. May 1592 bemeldtem Königl. Fiskus übermachet. Aber in demselben, stehen wegen der ofterwähnten Pfandauslösung keine andern Bedingungen, als folgende, nämlich: Wann Siegmund das Pfand von dem pohlnischen Könige Wladislaw, oder dessen Nachfolgern — welches nohtwendig auch die Nachfolger des Kaisers Siegmund mit einschließt, — auslösen wollte, er zweyerley zu thun verbunden seyn sollte; einmal, daß der König von Ungern, ein mit dem Königlichen Siegel behängtes Schreiben durch zween Bürgermeister, den Kaschauer nämlich, und den von Leutschau, an den Wladislaw oder dessen Nachfolger überschicken, und darinnen die Auslösung dieses Pfandes berichten soll; und zweytens daß zween Monate von dem Tage dieser Anzeige gerechnet, der ganze Betrag des schuldigen Geldes in Gold oder Silber durch ungrische Abgeordnete auf das Schloß Dunajetz gebracht werde, wo es durch die dazu bestellten pohlnischen Stände, gezählet, und unter sicherem Geleite der Ungern auf das Chorsteiner Schloß gebracht werden soll. — Jedoch, von Vermehrung der Summe, wenn nämlich die Zahlung von einem Termine zum andern aufgeschoben würde, stehet auch nicht ein Wort im gedachten Versatzbriefe. —

Als nun die authentische Kopie erstbesagten Briefes dem Königlichen Fiskus überschicket worden, berahtschlagte sich Ischtwánfi öfters mit dem Könige, und den Stände über die Einlösung der verpfändeten Städte. Aber sowohl die Reichsgeschäfte, denen unser Ischtwánfi vor-

que, et inventarum tenorem praenominato Magistro Mathiae Andreasics, Fiscali Sacrae Coronae, et consequenter Fisco Regio, cujus ipse causas dirigere dignoscitur, sub pendenti, et authentico sigillo vestro extradare, et emananillae a Statibus Regni Poloniae redimentur, secundum earum literarum tenorem et continentias procedi queat. Secus non facturi. Datum iu Civitate Epeies, die 23. mensis Maji, 1592.

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stund, als die Hoffnung Siebenbürgen wieder zu erhalten, und die Wallachey zur Huldigung zu bringen, unterbrach diese heilsame Absicht; wie denn Ischtwánfi zu diesem Ende als Gesandter nach Siebenbürgen ernennet ward. Er gieng auch mit dem Wátzer Bischofe Stephan Suhay* dahin, und übernahm laut dem gemachter Vertrage im Namen des Königs von Ungern, dieses Fürstenthum, aus den Händen des Fürsten Siegmund Báthori; und bald hernach auch den Eid der Treue von dem walachischen Woywoden Michael. — Diesen zum allerhöchsten Wohlgefallen ausgeführten Auftrag, hatte er noch kaum geendiget, als er schon das folgende 1599igste Jahr, ein von dem Kaiser, den 3ten April zu Prag datirtes Schreiben erhielt, in welchem ihm befohlen ward, mit dem damaligen Kriegsrahtspräsidenten David Ungnad abermal nach Siebenbürgen zu gehen. Er entschuldigte sich zwar anfänglich deswegen, und suchte diese Reise, weil seine Gemahlinn eben damals schwer darnieder lag,** von sich abzulehnen. Er schrieb deswegen aus seinem väterlichen Schlosse Winitze, unter dem 21sten besagten Monats April an den Kaiser. Da aber dieser Monarch noch weiter in ihn drang, so folgte er dem Allerhöchsten Befehle, und verrichtete auch diesen Auftrag mit aller ihm beywohnenden Klugheit, und Geschicklichkeit.

Durch so wichtige, und glücklich ausgeführte Geschäfte, bahnte er sich nun auch den Weg unvermerkt zum Reichsbaronate; wie er denn bald nach der letztern Verrichtung zum obersten Königlichen Thürhüter*** ernennet ward; und in dieser Würde findet man ihn auf den Diplomaten der Jahre 1604, 1607, und 1613 unterschrieben.

*Zuhay

**Unter andern drückte er sich darinnen so aus: „Obstare tamen mihi videntur non parvi momenti difficultates: Conjugem meam, ut cetera omittam, graviter aegrotantem, deserere vix fas est“ cet.

***Magister Janitorum.

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Doch aller dieser ausnehmenden Verdienste um sein Vaterland ungeachtet, mußte er doch manche der empfindlichsten Kränkungen erfahren. Im Jahre nämlich 1608 bekam er mit dem Palatine Stephan Illeschhásy Händel, da es dieser sehr übel aufnahm, daß Ischtwánfi noch im 1604sten Jahre, als damaliger Lokumtenent der Palatinalwürde, ein Urtheil zu Gunsten des Königlichen Fiskus, wider ihn gesprochen hatte, kraft welchem sowohl desselben, als seiner Gemahlinn Güter gedachtem Fisko heimfielen. Mit diesem Spruche nicht zufrieden, wendete der Palatin, in dem 1608 gehaltenen Landtage alle seine Kräfte an, gedachten Spruch als ungerecht, und den Landesgesetzen zuwider durch ein öffentliches Dekret aufzuheben. Dieses bewirkte er auch leicht von den Ständen sowohl, als von dem Mathias, der hauptsächlich durch seine Bemühung die ungrische Krone erhielt. — Da es nun nicht an Spöttern und Verläumdern fehlte, so zog sich Ischtwánfi diese Schmach so sehr zu Gemühte, daß er vom Schlage getroffen, und dadurch des Gebrauchs seiner rechten Hand völlig beraubet ward. Durch die Bemühungen der Aerzte ward er zwar wieder etwas hergestellet, wegen einem zurückgebliebenen Zittern aber mußte er die Fortsetzung seiner ungrischen Geschichte unterlassen. Nicht lang vor dem Ausgange des 1613ten Jahres legte er seine Würde nieder, und lebte hernach im Privatstande, in dem er 1615 seinen Geist aufgab.*

Zur Gemahlinn hatte er die aus einem alten, und adelichen Geschlechte entsprossene Elisabeth Batta, mit der er einen Sohn, und eine Tochter erzeugte. Erstern verlor er schon im vierten Jahre seines Alters, und letz-

*Der P. Johann Baptista Segedi, hat uns dieses Jahr im dritten Theile seiner Rubricarum Juris Hungarici auf der 44. S. welch zu Tyrnau 1724 gedruckt worden, angegeben, er meldet aber nicht, woher er solches habe.

(P30)

tere verheyrahtete er an den Georg von Keglewitsch.* Nach dem Tode dieses seines einzigen Sohnes gedachte er seine Güter auf seine Tochter zu bringen, und suchte daher die Erlaubniß dazu von dem Kaiser Rudolf zu erhalten. Ob er diese gleich wegen der mannigfaltigen dem Könige und dem Reiche geleisteten Dienste hätte hoffen können, so ward ihm doch seine Bitte von dem Erzherzoge Mathias, der dazumal an seines Bruders statt dem Königreiche vorstund, gänzlich abgeschlagen.** Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß Stephan Illeschhásy, welcher mit des Ischtwánfi Erhebung zur Lokumtenentialwürde gar nicht zufrieden war, dieses verhindert habe, indem dazumal andere, die diesem Manne an Verdiensten gar nicht gleich kamen, diese Gnade sehr leicht erhielten.

Was nun seine ungrische Geschichte betrift, so enthält dieselbe in 34 Büchern die Begebenheiten vom Jahre 1490, in welchem Mathias Korwin seinen Geist aufgegeben hatte, bis zum Jahre 1606; doch so, daß die letzten Jahre dieses Königs nur ganz kurz berühret werden. Die Vorfälle der Jahre 1607, 8, und 9 sind in vier Bücher eingetheilet, davon er aber nur einen kurzen Begriff hinterlassen hat; und wir würden, wenn er den Gebrauch seiner rechten Hand nicht verloren hätte, eine aus acht und dreyßig Büchern bestehende Geschichte von ihm erhalten haben. Kurz vor seinem Tode vermachte er dieses sein Werk, dem Peter Pásmán*** zum Zeichen der zwischen ihm, und demselben vorgewalteten genauen Freundschaft im Testamente. Pásmán erhielt bald nach dem Tode seines Freundes die Probstey von Thurotz, sodann das Graner Erzbischthum, und

*In demjenigen Schreiben, in welchem er die zwote Reise nach Siebenbürgen von sich abzulehnen gesucht, sagt er unter andern: „Filiam vero meam Magnifico Georgio Keglevich despondi, quam ut ante bellicos tumultus elocem, magnopere urget.“

**Das deswegen an die ungrische Kammer ergangene Schreiben des Erzherzogs Mathias ist vom letzten Jäner 1591.

***Pázmán. Dieser war damals noch nicht Kardinal, wie einige glauben, sondern Priester der Gesellschaft Jesu.

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endlich die Kardinalswürde. Er war daher, als er besagtem Erzbischthume vorgesetzet ward, mit zu viel Geschäften beladen, als daß er darauf hätte denken können, dieses schätzbare Vermächtniß der gelehrten Welt mitzutheilen. Kaum aber hatte er sich davon befreyet, als er auch die Geschichte seines Freundes dem Anton Hieratus nach Köln schickte, der sie im Jahre 1622 in Folio herausgab, und dem Pásmán, der damals noch nicht Kardinal war, zueignete. Und dieses ist nun die erste Aussage dieses Werks; die andere kam eben daselbst 1685 gleichfalls in Folio heraus; und der dritten, welche in eben dieser Stadt nebst der Fortsetzung auf Kosten des Buchhändlers Frometer gedruckt seyn soll, erwähnet Zwittinger.* Eben diese Geschichte ward zu bemeldtem Kölln im Verlage des Buchhändlers Heinrich Rommerskirchen 1724 in Folio gedruckt, und dem Kardinale und Erzbischofe von Gran, Christian August zugeignet. Jakob Ketteler, Vikar der köllnischen Kollegiatkirche zum heiligen Gereon, fügte derselben noch fünfzehn Bücher bey, aber man findet weder die Schönheit des Styls, noch die Ordnung des Ischtwánfi in denselben. Vielleicht ist dieses eben diejenige Auflage, welcher Zwittinger erwähnet, und welche Frometer angefangen, durch den Tod aber, oder andere Zufälle daran verhindert, hernach von gedachtem Rommerskirchen vollführet worgen; wie denn auch die Fortsetzung, von welcher Zwittinger redet, in derselben gefunden wird. Gilt nun diese Vermuhtung etwas, so haben wir hier die dritte Auflage; die vierte, und letztere aber kam zu Wien 1758 bey Johann Thomas Trattner ebenfalls in Folio heraus, und ward zuerst der grossen Maria Theresia, hernach aber Seiner Excellenz, dem Bischofe von Siebenbürgen, dermaligen Kardinal, Erzbischofen von Gran, und Primas des Königreichs Ungern, Fürsten Joseph von Battyán dedicirt.

*Specimen Hungariae litteratae, auf der 191igsten Seite.

(P32)

Es wäre übrigens zu wünschen, daß die Herausgeber der Ischtwánfischen Geschichte, mehr Fleiß und Genauigkeit auf dieselbe verwendet hätten. Sie haben entweder die Handschrift nicht recht lesen können; oder sie haben die Jahrzahlen, die Ischtwánfi nicht überall beygesetzt , nach Belieben an den Rand geschrieben, und so die Chronologie an sehr vielen Stellen gänzlich verwirret. Und, so kamen die Fehler aus einer Auflage in die andere. — Uibrigens schrieb unser Ischtwánfi nicht nur, wie es aus seiner Geschichte erhellet, eine schöne und fließende Prosa, die auch von den Ausländern bewundert wird, sondern er zeigte sich auch in gebundener Schreibart, von welcher verschiedene Elegien und Epigramen in der Handschrift herumgehen. — Wenn nun Ischtwánfi auch nur der einzige ungrische Schriftsteller wäre: so könnte man schon des D. Friedrich Reimans voreilige Meynung, daß die Ungern, wenn sie latein schreiben, immer was Unangenehmes verrahten, sehr leicht widerlegen. *

W—.

*Im zweyten Bande seiner Bibliothek im 2ten Kap.der 38te Num. auf der 136. Seite.
Topic revision: r63 - 08 Apr 2012, ValerieSeidler
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