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WolframSeidler - 23 Mar 2007
legyen k\xFCl\xF6n fejl\xE9c?
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\xDCber das Betragen der Bisch\xF6ffe in den k. k. Staaten,
in R\xFCcksicht der landesherrlichen Verf\xFCgungen in geistlichen Sachen;
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Wir haben, Gottlob! die Zeit erlebt, wo Freym\xFCthigkeit nicht mehr f\xFCr eine Verwegenheit angesehen wird, und wo jeder B\xFCrger des Staats, w\xE4r' er auch der Geringsten einer, dem H\xF6hern mit Bescheidenheit sagen darf, was er von ihm denkt, und was er von ihm zu hoffen sich berechtigt glaubt.
Wenn selbst der
Monarch Sich dieses gefallen l\xE4\xDFt, wenn Er Sich selbst sammt Seinen Anstalten der \xF6ffentlichen Kritik unterwirft; so darf man mit Zuversicht vermuthen, da\xDF die Bisch\xF6ffe Seiner Staaten nicht minder gro\xDFm\xFCthig seyn, und eine ehr-
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furchtsvolle anst\xE4ndige Vorstellung, worum blos einige Bedenklichkeiten und Zweifel vorkommen, mit der Ihnen eigenen Demuth anzuh\xF6ren geruhen werden, besonders, wenn die Absicht rein ist, und das, was man w\xFCnscht, Ihren Ruhm und die Ehre Ihres apostolischen Hirtenamtes zum Endzweck hat.
Ich hoffe, durch gegenw\xE4rtige Schrift vor den Augen des gesammten Publikums den Beweis abzulegen, da\xDF ich eben diese und keine andere Absicht habe; da\xDF ich von ganzem Herzen w\xFCnsche, jeden Bischof eben so aufrichtig sch\xE4tzen zu k\xF6nnen, als ich den Monarchen, (der bey mir und jedem Patrioten nach Gott unmittelbar den ersten Rang hat) verehrt und liebe.
Dem Schriftsteller ist eine Art von Herrschaft eigen, die sich so weit erstreckt, als seine Einsichten und Seelenkr\xE4fte reichen. Er darf vor den Richterstuhl seiner einsamen Vernunft die Gesetze, die Mi\xDFbr\xE4uche, die Gewohnheiten des Landes fodern, in welchem er unbekannt, und im Dunkeln lebt. Er darf aufsuchen, pr\xFCfen und urtheilen. Er darf Vorurtheile bek\xE4mpfen, und ihre Anh\xE4nger dem\xFCthigen. Er darf einen tugendhaften Unwillen gegen jene \xE4u\xDFern,
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die den Geist unterdr\xFCcken, und die Menschheit ihres glorreichsten Antheils berauben wollen; dies alles darf er, wenn ein Monarch regiert, wie Joseph.
Heil Ihm! Mit dem Antritt Seiner Regierung begann eine neue Epoche; eine Epoche, die schon unsre V\xE4ter sehnlichst w\xFCnschten. H\xE4tten Sie glauben k\xF6nnen, da\xDF sie so nahe w\xE4re, sie w\xFCrden zu Gott auf den Knieen gesteht haben, die Zeit ihres Daseyns in zwo H\xE4lften zu theilen, sie damals augenblicklich ins Grab steigen zu lassen, und ihre Zeitgenossen aus dem Gesichte zu verlieren, um mitten in den heitern Tagen wieder zu erwachen, wo der Mensch von seiner Freyheit, seinen Tugenden und Geistesgaben Gebrauch machen kann.
Die Stunde ist gekommen. Die Vernunft hat das Joch, mit dem sie beladen war, ohne M\xFChe, ohne sonderliche Folgen, abgesch\xFCttelt. Eine reife Frucht l\xF6set sich bey der leichtesten Ersch\xFCtterung von ihrem Ast. Die Zeit, deren unsichtbare und leise Hand die stolzesten Th\xFCrme zernichtet, hat die besch\xE4menden Denkmale der menschlichen Leichtgl\xE4ubigkeit untergraben; sie st\xFCrzen ohne Get\xF6se und unver-merkt ein. Ihre Dauer bestund in der Meinung;
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die Meinung hat sich ge\xE4ndert, und das Ganze d\xFCnstet in einen Rauch aus.
Dies ist das Werk der Philosophie; sie geht ohne Ger\xE4usch zu Werke, sie handelt wie die Natur, mit einer desto sicherern St\xE4rke, je unmerklicher sie ist.
Der Zeitpunkt der Entwicklung war unsern Tagen aufbehalten. Der erste Stolz, den ich in meinem Leben empfunden habe, ist dieser: izt – unter
Josephs Zepter zu leben – ein Augenzeuge dessen zu seyn, was Er schon gethan hat, und gewi\xDF noch thun wird.
Man g\xF6nne mir das Entz\xFCcken, kurze Betrachtungen \xFCber einige Wohlthaten anzustellen, die der Monarch, seit
Seiner Regierung, uns Allen erzeigte, denn das, was ich nachher denen Bisch\xF6ffen vorzustellen mich erk\xFChnen werde, hat genaue Beziehung darauf.
Der Herrscher hatte lange zuvor, eh' Er die Last der Monarchie auf Seine Schultern nahm, f\xFCr das Wohl Seiner V\xF6lker einen tiefdurchdachten Plan entworfen. Dieser gr\xFCndete sich auf Erfahrung, die
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Er in allen Gegenden Europens, in Seinen und fremden Staaten, gesammelt hatte. Sobald Er den Zepter ergrief, fieng Er an, mit einer unzuersch\xFCtternden Standhaftigkeit, mit einer Th\xE4tigkeit ohne Beyspiel, Sein System zu enth\xFCllen, Seinen Plan auszuf\xFChren. Er that in kurzer Frist mehr, als andere Regenten kaum durch eine lange Lebenszeit thaten. Erstaunt \xFCber Seinen hohen Adlerflug ruft Deutschlands erster Barde aus: wer hat geendet, wie Du beginnest? Er will die Fr\xFCchte Seiner Anstalten noch Selbst sehen, und Zeuge unseres Genusses seyn, drum geht Er Seinen Herrschergang mit Riesenschritten. Er bleibt Seinen bew\xE4hrten Grunds\xE4tzen getreu, folgt Seinen gepr\xFCften Entw\xFCrfen, unbek\xFCmmert wegen jener Minister und R\xE4che, die Seinen Geist nicht fassen, und denen es schwindelt, Ihm auf die H\xF6he Seines Ziels nachzuklimmen. Er kennt aber auch jene M\xE4nner, die F\xE4higkeit und Muth besitzen, mit Ihm zu wirken; diesen schenkt Er Sein Vertrauen, diese liebt Er.
In der Uiberzeugung, da\xDF wir die K\xF6pfe zum Denken, nicht aber blos deswegen haben, um nur H\xFCte von allen Formen darauf zu setzen, und da\xDF
wir mit unserem Seelenverm\xF6gen nicht muffig am
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Markte stehen sollen, erweiterte Joseph die
Freyheit der Presse, und vermehrte dadurch zugleich die b\xFCrgerliche Freyheit. Man kann die erstere nicht unterdr\xFCcken, ohne zugleich die andere zu zerst\xF6ren. Der Verstand mu\xDF seine volle Wirkung \xE4u\xDFern. Ihm einen Kappzaum anzulegen, ist nichts anderes, als ihn in seinem Heiligthum ersticken wollen; dies w\xE4r' ein Verbrechen der beleidigten Menschheit. Und was soll denn des Menschen Eigenthum seyn, wenn es seine Gedanken nicht seyn sollen? Die Furcht schlagt die Seele nieder, und der Mensch, den die Menschenliebe beseelt, mu\xDF erhaben und muthig seyn. M\xE4nner, die ohnehin im Dunkeln lebten, und h\xF6chstens nur in der Stille seufzen durften, k\xF6nnen mm, ohne alle Furcht, ihre patriotischen Gesinnungen \xF6ffentlich bekannt machen, dem Volke die Augen \xF6fnen, Vorurtheile und Blendwerke verscheuchen, und zu n\xFCtzlichen Anstalten die Gem\xFCther vorbereiten. Ordensb\xE4nder und Ceremonienkleider sch\xFCtzen nicht mehr vor der Kritik; der Monarch, der Sich Selbst ihr Preis giebt, will, da\xDF jene, die sie tragen, so handeln sollen, um die Feder des Schriftstellers nicht f\xFCrchten zu d\xFCrfen. Selbst der Mi\xDFbrauch dieser Freyheit ist nicht zu scheuen; wegen dem Unkraut darf der Waizen eben nicht vertilgt werden.
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Erf\xFCllt und beseelt vom hohen Genius der Menschenliebe kn\xFCpfte
Joseph die Bande der Liebe und Vertr\xE4glichkeit zwischen den Millionen Seiner Unterthanen fester, und bahnte den Weg zur k\xFCnftigen n\xE4hern Vereinigung der irrenden Br\xFCder, durch das weise
Gesetz einer allgemeinen Duldung. Kontroversen und alle sch\xE4dliche Streitreden, die dem Karakter Christi, seinen Absichten, dem Geist der Apostel, und der apostolischen Kirche schnurgerade zuwider sind, und ehehin die Gem\xFCther nur verbitterten, sind verbannt. Langm\xFCthig, wie Gott im Himmel, h\xE4lt der weise Landesvater alle Unterthanen f\xFCr Seine Kinder, wenn sie gleich Gott auf verschiedene Weise ehren, giebt denen, die bisher nur als Fremdlinge betrachtet worden, ein wirkliches Vaterland, macht sie alle zu folgsamen, den Gesetzen willig gehorchenden Staatsb\xFCrgern, befestigt das Wohl Seiner Monarchie, und bewirkt durch Sein erhabenes Beyspiel in den L\xE4ndern protestantischer F\xFCrsten gleiches Gl\xFCck f\xFCr die Glieder Seiner Kirche. Sein Name w\xFCrde dadurch schon unsterblich werden, wenn Er auch dies nur allein gethan h\xE4tte. Er ward das Urbild anderer Regenten, die Ihm nachahmen; ihre Unterthanen staunen, und, vom Gef\xFChl der Dankbarkeit durchdrungen, beten sie zu Gott mit aufge-
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habenen H\xE4nden f\xFCr den Herrscher Oesterreichs, und segnen Ihn.
Vor allem liegt Ihm die Abstellung der Mi\xDFbr\xE4uche am Herzen. Er verordnete, da\xDF Seine dem
Klosterleben gewidmeten Unterthanen durch geistliche Vorgesetzte in Seinen Staaten regiert werden sollen. Er handhabte dadurch Sein Majest\xE4tsrecht, setzte die Bisch\xF6ffe in ihre von Gott erhaltene rechtm\xE4\xDFige Gewalt wieder ein, und verhinderte allen fernem Unfug, der ehedem, unter dem Mantel p\xE4bstlicher Exemptionen, h\xE4ufig getrieben wurde.
In gleicher Absicht verf\xFCgte Er, da\xDF die Bisch\xF6ffe ihrer von Gott unmittelbar erhaltenen Gewalt sich bedienen, und in kanonischen Impedimenten selbst dispensiren, nicht aber ferner, zum Vortheil der p\xE4bstlichen Finanzen, die Partheyen nach Rom verweisen sollen, weil sie mit dem Pabst gleiche Amtsbr\xFCder sind, gleiche Gewalt haben, und eben so gut, eben so g\xFCltig als er, dispensiren k\xF6nnen.
Er verordnete, da\xDF jene Orden, beiderlei Geschlechts, welche zum Besten des N\xE4chsten und der b\xFCrgerlichen Gesellschaft nichts sichtbarliches beytra-
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gen, weder Schulen halten, noch Kranke bedienen, weder predigen, noch den Beichtstuhl versehen, weder den Sterbenden beystchen, noch sonst in den Studien sich hervorthun u. aufgehoben werden sollen. Er verwies die Glieder derselben, wegen der erforderlichen Dispens an ihre Bisch\xF6ffe, obwohl ihr Gel\xFCbde sich von selbst aufl\xF6set, sobald erkannt wird, da\xDF der Orden dem Staat unn\xFCtz ist, und folglich mit dessen Aufhebung auch die Pflicht zu Erf\xFCllung des Gel\xFCbdes nicht mehr vorhanden sey. Er setzte voraus, da\xDF die Bisch\xF6ffe diese sonnenklare Wahrheit von selbst einsehen, und die Erkl\xE4rung, da\xDF das Gel\xFCbde mit dem Orden aufh\xF6re, um so weniger verweigern w\xFCrden. Er hat vorausgesetzt, (was von keinem vern\xFCnftigen Menschen auf Erden bestritten werden sollte,) da\xDF ein Landesherr die Macht habe, gewisse Gesellschaften, die aus blosser Gnade, unter gewissen Umst\xE4nden, in seinen Staaten aufgenommen worden, unter andern Umst\xE4nden, auch wieder aufzuheben,
Er hat zum Besten jener unschuldigen beklagensw\xFCrdigen Schlachtopfer, welche wegen Jugend, Unreife des Verstandes, Mangel der Weltkenntni\xDF, wunderlichen Vorspiegelungen von den Gefahren des
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Weltlebens, Eigennutz der Eltern, Geschwisterte und Verwandten, durch Schmeicheleyen und Drohungen, such manchmal aus Verdru\xDF \xFCber eine fehlgeschlagene Heyrath, zur Annahme des Schleyers bewegen worden, und bey denen die Reue zu sp\xE4t erwachte, die Aufhebung mehrerer Nonnenkloster verf\xFCgt, damit die Leidenden, welche den wahren Beruf nicht hatten, wieder in die Welt und in den Schoos ihrer Familien zur\xFCckkehren k\xF6nnen.
Die ganze aufgekl\xE4rte Menschheit verehrt und erkennt diese landesv\xE4terliche Wohlthaten, weil es entschieden ist, da\xDF sie dem Staat und der Religion zum Vortheil gereichen. Der g\xF6ttliche Stifter der christlichen Religion hat kein politisches Reich gr\xFCnden wollen, sondern hat es den b\xFCrgerlichen Gesetzgebern \xFCberlassen, heilsame Verordnungen zu geben, und alles zu veranstalten, was das allgemeine Wohl bef\xF6rdern kann.
Hier entsteht die Frage: in wieferne haben die Bisch\xF6ffe der Kaiserstaaten den wohlth\xE4tigen Anstalten Josephs die H\xE4nde geboten ? In wieferne haben sie solche unterst\xFCtzt, oder gehindert? Was thaten sie? und was haben sie unterlassen?
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Ein tiefer Seufzer entf\xE4hrt mir, da ich gestehen mu\xDF, da\xDF (nach meiner Meinung) sehr wenig geschehen ist, und sehr viel unterlassen worden! Niemand ist bereitwilliger, als ich, \xF6ffentlich zu widerruffen, wenn ich vom Gegentheil \xFCberzeugt werden sollte. Ich lobe lieber, als ich tadle, und frohlocke lieber, als ich klage. Sollte ich irren, so will ich meinen Fehler, meinen Irrthum vor aller Welt freym\xFCthig bekennen, und um Verzeihung bitten. Sollt' ich aber, wie ich f\xFCrchte, nicht Unrecht haben, so hoff' ich Vergebung von jenen erhabenen M\xE4nnern, die es angeht, da\xDF ich meinen Kummer nicht langer unterdr\xFCcken konnte, da\xDF ich laut sagte, was so viele vern\xFCnftige M\xE4nner sich leise in die Ohren fl\xFCsterten.
Es mu\xDF jeden Patrioten in der Seele kr\xE4nken, wenn er sieht, da\xDF L\xE4nderbegl\xFCckende Anstalten vom Volke, zu dessen Wohlfahrt sie geschehen, nicht nach ihrem Werthe erkannt und gesch\xE4tzt werden; aber das Herz m\xF6chte ihm bluten, wenn die Hirten des Volks, auf deren Stimme es h\xF6rt, den Schwachen ihre Vorurtheile deswegen nicht benehmen, sondern sogar sie \xF6fters darinn best\xE4rken, und so den wohlth\xE4tigen Absichten des Regenten \xF6ffentlich ober heimlich entgegen arbeiten.
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Der Begriff, den ich mir von einem Bischoff mache, ist gro\xDF und erhaben. Er ist der Oberhirt der Kirche in seinem Sprengel. Er steht dem Monarchen an der Seite als geistlicher Minister; in seinen H\xE4nden liegt das geistliche Wohl der ihm anvertrauten Heerde; er soll dem F\xFCrsten die Hand reichen, ihn unterst\xFCtzen, die Nothwendigkeit und N\xFCtzlichkeit seiner Verf\xFCgungen dem Volke begreiflich machen, ans Herz legen, und es zum unbedingten Gehorsam gegen den Landesvater, zur willigen Befolgung seiner Befehle, eben so eifrig ermahnen, als zur Furcht Gottes. Die Aufkl\xE4rung des Volks ist seine Sache; die Verbreitung der Sanftmuth und Bruderliebe ist sein Werk; die Vertilgung des Aberglaubens und der Mi\xDFbr\xE4uche ist seine Pflicht. Er steht auf einem Posten, wo er sich eben so viel, und oft noch mehr Verdienste um den Staat erwerben kann, als der erste weltliche Minister. Sein Amt ist so wichtig, da\xDF er, mittelst genauer Beobachtung seiner Schuldigkeit, seinen Namen eben sowohl unverge\xDFlich machen kann, als der Regent selbst.
Indessen scheinen doch so manche Bisch\xF6ffe zweierlei vergessen zu haben, n\xE4mlich: ihr eigenes bisch\xF6fliches Ansehen sammt ihren damit verbunde-
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nen Rechten, und die Wahrheit, da\xDF sie als Diener der Hierarchie, zugleich auch Diener des Staats sind. Mich d\xFCnkt, sie sind in Ansehung des ersteren (wegen ihrer Anh\xE4nglichkeit an den r\xF6mischen Hof) zu unaufmerksam, zu nachgiebig; und hegen daf\xFCr in Ansehung des letztem unrichtige Grunds\xE4tze, sammt einem nicht wohlangebrachten Stolz, der oft beynahe mit einer Art von Unbiegsamkeit vermischt ist. Sie vernachl\xE4ssigen ihre W\xFCrde, wo sie sie behaupten sollten, und glauben in ihrem Ansehen gekr\xE4nkt zu seyn, wenn von Erf\xFCllung ihrer Pflichten die Rede ist. Sie scheinen, nicht zu wissen, oder nicht wissen zu wollen, da\xDF die Gesetze des Staats auch die ihrigen sind — denn in die Luft kann die Hierarchie nicht gebaut werden — und es ist wahrlich zu beklagen, da\xDF die b\xFCrgerliche Gesetzgebung sie erst zur Erkenntni\xDF bringen mu\xDF. Es ist klar, da\xDF von den meisten auf der einen Seite immer zuviel, auf der andern aber stets zu wenig geschehen. Ist es nicht genug, da\xDF der Monarch Seine eigenen Gerechtsame in ihre H\xE4nde legt, und zwar in solchen F\xE4llen, wo der F\xFCrst und nicht der Bischof dispensiren sollte?
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Bevor ich weiter rede, mu\xDF ich jenen grossen M\xE4nnern, jenen erleuchteten vortreflichen Bisch\xF6ffen Gerechtigkeit wiederfahren lassen, die es ihres Amtes zu seyn erachteten, die Huldvollesien Verf\xFCgungen unseres Monarchen mit bisch\xF6flichen Verordnungen zu begleiten, damit durch ihre untergebene Geistlichkeit das Volk von der weisen Absicht des Herrschers umst\xE4ndlicher belehrt, und allenfalls selbst jener Theil des Klerus, der im tiefen Schlummer der Unwissenheit fortlebt, zur Erkenntni\xDF des Bessern geleitet werden m\xF6ge. Es w\xFCrde \xFCberfl\xFC\xDFig seyn, der Reihe nach jene vortrefliche
Hirtenbriefe sorgf\xE4ltiger Oberhirten, die seit einiger Zeit im Druck erschienen, und in jedermanns H\xE4nden sind, hier n\xE4her anzuf\xFChren; auch wei\xDF ich, da\xDF noch mehrere dergleichen theils in der Arbeit, und theils schon unter der Presse sind: aber da\xDF so manche Bisch\xF6ffe nicht gleiche Sorgfalt beweisen, da\xDF diese sch\xF6nen Beyspiele nicht mehr Nachahmung erwecken, da\xDF es manchen unn\xF6thig zu seyn scheint, den n\xE4mlichen Pfad zu betreten, da\xDF einige sogar durch ihr Stillschweigen, durch ihr Betragen, und durch die verz\xF6gerte Kundmachung der h\xF6chsten Verordnungen, bey vielen leichtgl\xE4ubigen und schwachen Menschen beynahe den Zweifel erregen, ob auch das, was von
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andern geschieht, recht sey, und der Religion zum Vortheil gereiche; dies mu\xDF den Patrioten, welchen die Wohlfahrt und Aufkl\xE4rung ihrer Mitb\xFCrger im Staat am Herzen liegt, \xE4u\xDFerst empfindlich fallen, dies mu\xDF dem besten Monarchen Mi\xDFvergn\xFCgen erwecken, und dies scheint mir — in sofern es mit Vorsatz geschieht — unverantwortlich.
Man mache sich also einen Begriff von der Gr\xF6sse meines Kummers, wenn ich so oft und vielf\xE4ltig gleiche Klagen \xFCber meinen geistlichen Oberhirten, den hochw\xFCrdigsten
Erzbischof Wiens h\xF6re; man erw\xE4ge meinen bittern Verdru\xDF, wenn ich, als Sein Verehrer, nicht alle Vorw\xFCrfe, die man Ihm macht, mit Grund ablehnen kann, um so mehr, da so Manche der Meinung sind, und es, so zu sagen, behaupten wollen, da\xDF Er f\xFCr die gute Sache noch nichts — gegen dieselbe aber sehr viel gethan habe.
Ich wurde an jener Ehrfurcht und Hochachtung, die ich f\xFCr Seine Eminenz; hege, zum Verr\xE4ther werden, wenn ich all' dieses kaltbl\xFCtig anh\xF6ren, und mit Stillschweigen \xFCbergehen wollte; ich w\xFCrde der Ehre Seines apostolischen Hirtenamtes zu nahe treten, wenn ich Ihm nicht durch ein freim\xFCthiges \xF6ffentliches Ge-
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-st\xE4ndni\xDF, durch eine Erz\xE4hlung aller Ger\xFCchte, die Seinem geistlichen Ruhm zum Nachtheil gereichen, in den Stand setzen wollte, die Gl\xE4ubigen Seiner Di\xF6ces vom Gegentheil ebenfalls \xF6ffentlich zu \xFCberzeugen, und folglich Sich von allen Beschuldigungen bey unsern Zeitgenossen und der Nachwelt zu rechtfertigen.
Man sagt, Seine Eminenz w\xE4ren kein Freund der Aufkl\xE4rung des Volks, und seyen also mit Erweiterung der Pre\xDFfreyheit \xE4u\xDFerst unzufrieden. Den Beweis nimmt man daher, da\xDF so manche Prediger in und vor der Stadt sowohl als auf dem Lande, von Zeit zu Zeit auf den Kanzeln so heftig dagegen losgezogen haben, da\xDF es Seiner Eminenz unm\xF6glich unbekannt bleiben konnte. Man ist mithin der Meinung, da\xDF, weil den Predigern diese Auflehnung wider jene huldvolle kaiserliche Freyheit von ihrem hochw\xFCrdigsten Herrn Ordinario gro\xDFm\xFCthig nachgesehen, und keinem derselben nicht einmal der mindeste Verweis dar\xFCber gegeben worden, Seine Eminenz ein herzliches Wohlgefallen daran finden, und es wohl gar unter der Hand befohlen haben m\xF6chten.
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Der Verdacht, in Ansehung der Aufkl\xE4rung, hat sich durch das Ger\xFCchte vermehrt, als ob Seine Eminenz das Lesen der Bibel, zufolge h\xF6chster Weisung, zu verf\xFCgen sehr lange Anstand genommen, und erst dann diesen Befehl zum Theil vollzogen h\xE4tten, als er sehr ernstlich wiederh\xF6hlt, worden.
Man beklagt weiter, da\xDF in der Wiener-Di\xF6ces von vielen Geistlichen ein so untheologischer auffallender Unfug getrieben wird, den ein sorgf\xE4ltiger Bischof keineswegs gelassen ansehen, und anh\xF6ren sollte, weil dadurch Spott und Aergerni\xDF in der Gemeinde veranla\xDFt wird. Man \xE4rgerte sich z.B. da\xDF w\xE4hrend verwichener Fasten so manche Prediger, besonders aber die M\xF6nche, statt von der Leidensgeschichte unsers Erl\xF6sers zu handeln, \xFCber die
neuern Schriften, und zwar gerade \xFCber die bessern, die wider Vorurtheile und Mi\xDFbrauche eiferten, sich hergemacht, und ihre Verfasser von den Kanzeln herab weidlich verkezert haben.
Da man schon lange \xFCberzeugt ist, da\xDF alle Predigten vor ihrer Ablegung einer Censur unterworfen werden sollten, weil in unsern Zeiten eine einzige Predigt, die von so vielen auf einmal ange-
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h\xF6rt wird, mehr verderben kann, als zehn B\xFCcher, die nur von wenigen gelesen werden, wieder gut machen k\xF6nnen; so bedauert man, da\xDF Seine Eminenz diesen so wichtigen Gegenstand keiner Aufmerksamkeit w\xFCrdig befunden, und nicht l\xE4ngst die Verf\xFCgung getroffen haben, da\xDF alle Kanzelreden vorher durch einsichtsvolle M\xE4nner Ihres Konsistoriums gepr\xFCft und genehmigt werden m\xFCssen.
Man wunderte sich daher keineswegs, da\xDF endlich eine
ganze Gesellschaft das m\xFChselige und schwere Gesch\xE4fte \xFCbernommen, \xF6ffentliche Erinnerungen und Anmerkungen \xFCber die Predigten zu machen. Man konnte im voraus mit Zuversicht vermuthen, da\xDF dieses Unternehmen den Beyfall aller Vern\xFCnftigen, aller Edelgesinnten sich erwerben w\xFCrde. Man zweifelte auch ganz und gar nicht, da\xDF dieses heilsame Institut wider alle Kabalen und Verl\xE4umdungen gesch\xFCzt werden w\xFCrde, und die Folge hat die Richtigkeit dieses Schlusses bewiesen. Indessen glaubt man, da\xDF Seine Eminenz dasselbe sicher h\xE4tten in seiner Geburt ersticken k\xF6nnen, wenn es Ihnen gefallen h\xE4tte, den rechten Weg einzuschlagen. Man meint, da\xDF das beste Mittel, es zu unterdr\xFCcken, dies gewesen seyn w\xFCrde, es unn\xF6thig und \xFCber-
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fl\xFC\xDFig zu machen, n\xE4mlich, den Predigern die ernstliche und gesch\xE4rfteste erzbisch\xF6fliche Weisung zu geben, in ihren Kanzelreden bey der lautern reinen Moral des Evangeliums zu bleiben, und alles Unschickliche zu vermeiden — oder ihnen gar anzubefehlen , die Aufs\xE4tze derselben, vor der Ablegung, der Censur zu unterwerfen.
Man wunderte sich, da\xDF von all' diesem nichts geschah; aber destomehr erz\xFCrnte man sich, da\xDF
Joseph Pochlin, ein Priester der erzbisch\xF6flichen Kur, noch ehe das erste St\xFCck der angek\xFCndigten
Predigerwahrheiten erschien, noch eh' er wissen konnte , was die Gesellschaft leisten w\xFCrde, auf die unbedachtsamste Weise das Institut angrif, die Verfasser in sehr h\xE4mischen Ausdr\xFCcken auffoderte, nach
V\xF6sendorf zu kommen, ihnen eigenn\xFCzige und niedrige Absichten andichtete, und dadurch aufs deutlichste seinen Eigend\xFCnkel und seinen Hang zur Zanksucht verrieth. Obwohl seine \xE4u\xDFerst mittelm\xE4\xDFige Predigt sehr glimpflich behandelt worden, so war er doch in seiner Antwort, die unter der unschicklichen Aufschrift : Gnade und Abfertigung erschien, so ungeschliffen, da\xDF manche Leser M\xFChe hatten, ihren Unwillen zu unterdr\xFCcken. Nicht genug; um noch
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gr\xF6ber seyn zu k\xF6nnen, vermummte er sich unter den Namen eines Fleischhackers zu V\xF6sendorf, in dessen Maske er sein Spiel noch forttreiben w\xFCrde, wenn es ihm nicht eingestellt worden w\xE4re.*)
Man glaubt, da\xDF Seine Eminenz dieses unartige Betragen einem Priester der erzbisch\xF6flichen Kur keineswegs h\xE4tten gestatten sollen; am aller\xE4rgerlichsten aber sind dem Publikum die seit einem ganzen Jahr schon fortdauernden Hahnenk\xE4mpfe des Pochlinschen Kollegen,
Paters Patricius Fast. Dieser Mann hat sich schon mehr zum Gel\xE4chter der Klugen gemacht, als einst Donquijotte, kurzweiliger Ged\xE4chtni\xDF. Unter dem Namen eines katholischen Unterrichts hat er soviel Unsinn geschrieben, so viel Aberglauben und falsche Andachten vertheidigt und gerechtfertigt, da\xDF man erstaunte, warum Seine Eminenz ihm das Schreiben nicht langst verboten haben.
*)Um den Karakter und den Geist des Herrn Joseph Pochlin auf einmal kennen zu lernen, braucht man nur dies zu wissen, da\xDF Er derjenige war, der den Verfasser der Schrift \xFCber die Begr\xE4bnisse in Wien in einem Misch von ein paar Bl\xE4ttern ein Begr\xE4bni\xDF auf dem Schindanger anwies, mit der Erinnerung, da\xDF der Schinder f\xFCr jeden umgefallenen Ochsen drey Gulden begehre.
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Ist dies ein katholischer Unterricht, wenn er verneinet, da\xDF unsre heilige Religion anfangs ganz simpel und einfach gewesen? Wenn er, trotz allem, was ihm schon dar\xFCber gesagt worden, darauf beharrt, da\xDF sie nie einfach, sondern vielfach war, und nicht einfach seyn soll? Ist es ein katholischer Unterricht, da\xDF viel Aeu\xDFerliches der Religion wesentlich ist? Ist es gewi\xDF, da\xDF Br\xFCder und Schwestern ein ausschliessendes Recht auf eine k\xFCnftige Glorie haben, die sie sich zum Theil durch ihre heilige Bruderschaftswerke verdienen? Ist es richtig, da\xDF der Segen mit einem h\xF6lzernen Jesukind, in einer krausen Per\xFCcke, keine Abg\xF6tterey, sondern gut ist? Da\xDF er oft mehr n\xFCze, als der Segen mit der Hand des Priesters? Sollte seine Lehre vom geweihten Roth, oder von den geweihten Pfenningen gut seyn? Ist es eine katholische Lehre, da\xDF Leute, welche bey Bildern silberne und goldene Opfer aufh\xE4ngen, wirkliche Gnaden empfangen haben? Ist das Beten zu den Bildern gut? Sind die Privatandachten nicht ungereimt? Ist die Andacht zum fleischernen Herz Jesu \xE4cht katholisch? Werden die Gebete zur zum Schweistuch, und zum Nagel des in der katholischen Lehre gebilligt? Ist es wahr,
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da\xDF das Wallfahrten uns die Gnaden Gottes eher zuziehen kann, als wenn wir zu Hause bleiben? Ist es recht, wenn man sein Gebet, n\xE4chst Gott, auch einem Heiligen widmet und aufopfert? Ist es gewi\xDF, da\xDF das greuliche Inquisitionsgericht der Menschheit heilsam ist, und da\xDF in Landern, wo sie eingef\xFChrt war, blutige Kriege dadurch erspart worden ? Lehrt die katholische Kirche, da\xDF Gott, gleich einem indischen F\xFCrsten, Minister, Freunde, Lieblinge und Schmeichler habe? Ist der Unterricht katholisch, da\xDF heilige Finsternisse den Glauben best\xE4ndig umnebeln? Da\xDF derjenige nicht \xFCbel thut, der seinen K\xF6nig verkennt, und einen andern f\xFCr ihn ehret? u. u.
Alle diese S\xE4ze werden f\xFCr achten katholischen Unterricht ausgegeben, und auf der erzbisch\xF6flichen Kur, nebst
Pochlins Skarteken, in einer davon errichteten Niederlage \xF6ffentlich verkauft; Der Mann, der so anst\xF6\xDFig, so widersinnig, so albern schreibt, ist Kurat der wienerischen
Metropolitankirche, nennt sein Geschw\xE4tze den Unterricht der Pfarrgeistlichkeit bey
St. Stephan, w\xE4hnt, da\xDF alle Pfarrgeistliche, (nur etwa f\xFCnf davon ausgenommen, von den jungem) mit ihm einstimmig seyen, sezt sein Gaukel\xAC-
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spiel wenige Schritte von dem erzbisch\xF6flichen Pallaste ununterbrochen fort, und untersieht sich, mit einer unbegreiflichen K\xFChnheit, \xF6ffentlich zu behaupten, es
geschehe aus Sendung und mit Begnehmigung seines hochw\xFCrdigsten Herrn Ordinarius!!!
Diese unglaubliche Behauptung ist wenigstens nicht \xF6ffentlich widersprochen, und nicht einmal im Stillen geahndet worden; daher mag es denn gekommen seyn, da\xDF so manche Prediger, der Nachsicht ihres Herrn
Erzbischofs gewi\xDF, es wagten, von den Kanzeln wider alles herab zu donnern, was die Aufkl\xE4rung bef\xF6rdern kann; daher getraute sich der Kapuziner,
Pater Ludwig, die Verfasser der Prediger - Wahrheiten ex officio zu verdammen, ihnen allen Antheil an der Seligkeit abzusprechen, und sie gratis dem Satan zu \xFCbergeben, wenn sie nicht widerruffett wollen, wegen ihrer Bekehrung aber die Zuh\xF6rer ein Vaterunser beten zu lassen, wie es f\xFCr arme S\xFCnder auf dem Richtplatze zu geschehen pflegt. Deswegen hat der Kanonikus
Mazzioli, Pfarrer im B\xFCrgerspital, gar kein Geheimni\xDF daraus gemacht, da\xDF er wider dieses Institut, und wider die vom Monarchen ertheilte
Pre\xDFfreyheit \xF6ffentlich predigen wolle, und hat sogar die Zuh\xF6rer selbst eingeladen. Daher
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mag das Ger\xFCckte entstanden seyn, da\xDF Seine Eminenz den
P. Ludwig wegen seinen hitzigen und unschicklichen Predigten ausdr\xFCcklich gelobt, und ihn aufgemuntert haben sollen: in seinem apostolischen Eifer fortzufahren; da\xDF hingegen der gelehrte Probst und Dechant
Kuschiyka wegen einer Predigt, (worinn er die Andacht, wo Christus nur theilweise angebetet wird, seltsam nennt, und folglich die Verehrung des fleischernen Herzens Jesu mi\xDFbilligt) brav ausgefilzt und der Verbreitung falscher Lehrs\xE4ze beschuldigt worden sey. Gleichen Ursprung mag auch die allgemeine Sage haben, da\xDF der w\xFCrdige
P. Blarer, der Mann , der so viele rechtschaffene Priester bildete, von Seiner Eminenz nicht gut angesehen werde , da\xDF hingegen den theologischen Z\xF6glingen sogar der Umgang mit ihm und andern unbefangenen Theologen untersagt worden. Auch spricht man, da\xDF einige Priester auf der Kur von Seiner Eminenz den ausdr\xFCcklichen Befehl erhalten h\xE4tten, mit gewissen M\xE4nnern, die f\xFCr die Aufkl\xE4rung arbeiten, alle Bekanntschaft abzubrechen, und ihren Umgang zu meiden. -- u.
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Als die
Toleranz-Verf\xFCgung unsers Monarchen erschien, und bald darauf einige sorgf\xE4ltige Bisch\xF6ffe die vortreflichsten Hirtenbriefe an ihre untergebene Di\xF6cesan-Priesterschaft deswegen erlie\xDFen, unter welchen jener des F\xFCrsten Bischofs zu Gurt sich vorz\xFCglich auszeichnete; so war das Publikum in der allgemeinen Erwartung, da\xDF Seine
Eminenz, als Erzbischof der Kaiserstadt, gleichfalls mit einem Hirtenbrief, Ihrem apostolischen Amte, Ihrer z\xE4rtlichen Sorgfalt f\xFCr das Heil der anvertrauten Heerden und Ihren erleuchteten Einsichten gem\xE4\xDF, das weist Landesherrliche Gesez begleiten w\xFCrden, um so mehr, da die Priesterschaft der Wiener-Di\xF6ces durch ein solches Beyspiel belehrt worden w\xE4re, da\xDF die Duldung ein Werk ist, woran der Klerus unumg\xE4nglich Theil nehmen mu\xDF; da\xDF jeder Diener des Altars, wenn er sie nicht nach M\xF6glichkeit unterst\xFCzt und bef\xF6rdert, der Lehre unsers Heilandes, dem Geist seiner Religion und den Priesterpflichten zuwider handelt, folglich sich nicht nur der Unduldsamkeit , sondern auch des Ungehorsams gegen dm Landesf\xFCrsten schuldig macht. Man zweifelt, ob es sodann einige Priester gewagt haben w\xFCrden, zu thun, was sie thaten!
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Uiberhaupt hegt ein gro\xDFer Theil des aufgekl\xE4rten Publikums die nachtheilige, und, wie ich hoffe, irrige Meinung, da\xDF Seine Eminenz dem Ansehen eines Kardinals nicht selten das hohe Amt eines Bischofs nachzusetzen, und lezteres dem ersten aufzuopfern geneigt seyen. Diese Muthma\xDFung gr\xFCndet sich wahrscheinlich auf die im vorigen Jahre von Hand zu Hand gegangene Abschrift einer Vorstellung, welche Hochdieselben unter dem 20. M\xE4rz v. J. \xFCber die nachher erfolgte
Aufhebung der kl\xF6sterlichen Exemptionen an des Kaisers Majest\xE4t gemacht haben sollen. Ich lege hier das Gest\xE4ndni\xDF ab, da\xDF ich die ganze Vorstellung f\xFCr eben so erdichtet halte, als die daneben gestandene Anmerkungen, die man f\xFCr eine allerh\xF6chste Resolution ausgab, von deren Ungrund uns die
Wienerzeitung belehrt hat, weil ich nicht glauben kann, da\xDF Seine Eminenz Ihre bisch\xF6fliche geistliche Gerichtsbarkeit so sehr verlezen werden, und weil es allzuviel Anh\xE4nglichkeit an den r\xF6mischen Hof verrathen w\xFCrde, die Bisch\xF6fe blos f\xFCr Delegati Sedis apostolicae zu erkl\xE4ren.
F\xFCr eben so ungegr\xFCndet halte ich die im Publikum zirkulirende Abschrift eines Bescheids, welche
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Seine Eminenz denen Konventen der aufgehobenen Karth\xE4user, auf ihr Bitten um Dispensation von ihren Voris et Obligationibus ordinis ertheilt haben sollen. Hier ist sie:
„Den Bittstellern mit der Erinnerung wieder hinaus zu geben, da\xDF die Milde der von dem heiligen Geiste allzeit geleiteten Kirche nie die Absicht gehabt, jene Personen, die sich einem Regular-Institut gewidmet, zu Beobachtung aller und einzelner Sazungen, in allen Fallen zu verbinden, durch welche sie, ohne ihre Schuld, in die Nothwendigkeit versezt werden, sich nach denselben nickt achten zu k\xF6nnen, so lange n\xE4mlich, als eine solche Nothwendigkeit und Umst\xE4nde fortdauern: woraus folge, da\xDF die Bittsteller, in gegenw\xE4rtigem Falle, das Ordenskleid, mit Beybehaltung eines innerlichen Zeichens, ablegen, sich der Fleischspeisen, (wenn sie sich der Ordensspeisen ohne Beschwerung nickt gebrauchen k\xF6nnen) bedienen, ausser einem Kloster, jedoch in ehrbaren H\xE4usern, eine Wohnung nehmen k\xF6nnen. Dahingegen seyen sie ihrem Bischofe den n\xE4mlichen Gehorsam schuldig, den sie ihrem Ordensobern jezt nicht mehr leisten k\xF6nnen; das
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Gel\xFCbde der Armuth aber h\xE4tten sie, nach Gutachten des Bischofs, so viel als m\xF6glich ist, zu beobachten. Wien, den 11. April 1782.
Ex Curia Archiepiscopali
Vienn.
Solche Dinge verbreiten freylich sehr nachtheilige Eindr\xFCcke gegen das geheiligte bisch\xF6fliche Ansehen. Jene, die verleitet wurden, diese Abschrift f\xFCr richtig anzunehmen, wollten daraus Einflu\xDF der Exjesuiten, sammt ihren Grunds\xE4zen, und Gott wei\xDF, was alles, wahrnehmen. Sie halten einen solchen Bescheid f\xFCr Etwas und Nichts—f\xFCr eine Dispens und f\xFCr keine, kurz, f\xFCr einen Nonsens. Sie glauben, dies w\xE4re eben so, als wenn der unsterbliche
Klemens der XlV. im Jahr 1773. den Jesuiten gesagt h\xE4tte: die Nothwendigkeit will, da\xDF der Name eures Ordens nicht mehr bestehe; ziehet also den Rock aus, nennt euch anderst, so lange n\xE4mlich diese Nothwendigkeit und Umst\xE4nde fortdauern: aber behaltet eure Regeln, eure Grunds\xE4ze, und -- bleibt Jesuiten."
Nur Hofschranzen und Glei\xDFner spielen doppelte Rollen; Dienern der Religion hingegen geziemt so
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was nicht, und es ist mithin ganz unglaublich, da\xDF ihr hochw\xFCrdigster Bischof durch einen zweydeutigen Bescheid ihnen dazu Anleitung gegeben habe, um so mehr, da andere Bisch\xF6ffe in \xE4hnlichen Fallen nicht so \xFCbertrieben skrupulos waren, ohne deswegen die Pflichten ihres apostolischen Hirtenamtes im mindesten zu verwahrlosen.
Zum Kontrast will ich hier einen Bescheid des F\xFCrsten Bischofs von Passau auf ein \xE4hnliches Bitten hersezen:
„Wieder hinauszugeben, mit der Erinnerung: da\xDF, nachdem die Supplikanten durch Aufhebung des Klosters die ihrem Orden eigene Statuten ferner zu beobachten ausser Stand gesezt worden, selbe, wenn sie kein anderes Institut annehmen, sondern in der Welt leben wollen, sich mir der Kleidung, Kost und andern Bed\xFCrfnissen nach ihren Umst\xE4nden richten k\xF6nnen, doch werden die Priester, welche urspr\xFCnglich unsere Dioecesani, oder aber Ausl\xE4nder sind, und daher etwa in der Di\xF6ces zu verbleiben gedenken, uns alsogleich den Austritt aus der Karthaus, und den Ort ihres Aufenthalts anzeigen, um ihnen die Anweisung
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geben zu k\xF6nnen, wie selbe sich nach unsern Di\xF6cesanverordnungen zu verhalten haben. Uibrigens stehet jenen, welche sich nach der Zeit die erforderlichen Wissenschaften beygelegt, und sich zu Aus\xFCbung der Seelsorge t\xFCchtig gemacht haben werden, bevor, die Anstellung ad Curam animarum bey uns anzusuchen."
Ex Consist. Passau.
Wien, den 5. April 1782.
So wenig die Religion selbst darunter leidet, wenn auch alle Orden sollten aufgehoben werden, so wenig sollte der Grundsaz einem Widerspruch unterworfen seyn, da\xDF ein Gel\xFCbde seine Verbindlichkeit verliert, wenn Der, mit vessen Einwilligung ein Orden im Staat besteht, ihn nicht ferner dulden will; denn ein solches Gel\xFCbde fa\xDFt die Bedingung in sich, da\xDF es nur so lange g\xFCltig ist, als es den Rechten und dem Willen des Landesherrn nicht widerspricht.
Wird es die Nachwelt einst glauben, da\xDF Bisch\xF6ffe Anstand nahmen, ein Gel\xFCbde als aufgel\xF6\xDFt zu erkl\xE4ren, welches ohne Beybehaltung des Ordens und des Klosters nicht fernerbestehen
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kann, und folglich im Augenblick aufh\xF6rt, wenn das Oberhaupt des Staats dessen Aufhebung befiehlt?
Aus diesem, was ich hier nur angef\xFChrt habe, hat nat\xFCrlich das Ger\xFCchte Plaz greifen m\xFCssen, da\xDF der Herr
Kardinal Erzbischof von Wien kein Freund der Aufkl\xE4rung, und der guten Sache sey. Man sagte sogar, da\xDF verschiedene helldenkende rechtschaffene Landpfarrer bittere Verweise deswegen bekommen h\xE4tten, weil sie keine Sklaven verj\xE4hrter Vorurtheile sind. Auch das lezte Cirkular des erzbisch\xF6flichen Konsistoriums vom 28. Brachmonats d.J. worinn Seine Eminenz noch vor der Abreise nach Ihren zweyten Bisthum allen Seelsorgern Ihrer Wienerdi\xF6ces die auf Hochdero Befehl von dem Domprediger Herrn
Joseph Schneller gehaltene Predigt von der Lehre des Ablasses empfehlen, und ihnen auftragen, in Predigten und Christenlehren von dieser Lehre des Ablasses das Volk zu unterrichten — auch dies hat diesen widrigen Verdacht vergr\xF6ssert.
Und wenn ganz Wien diese \xFCble Meinung hegen sollte; so bin ich der Einzige, der ihr nicht bey-
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pflichtet. Sachen von Wichtigkeit erfordern Zeit und Uiberlegung. Ich lebe der Zuversicht, da\xDF Seine Eminenz wegen jener Verf\xFCgungen, die der Monarch zum Be\xDFten der Religion und des Staats getroffen, nur darum so lange mit einem Hirtenbrief verz\xF6gerten, um ein Werk zu Stande zu bringen, welches des Bischofs w\xFCrdig ist, der im Herzen der Monarchie seinen Siz hat, dem Monarchen am n\xE4chsten ist, und seinen Geist am ersten fassen kann — ein Werk, welches dem Erzbischof Wiens eben so zum Ruhm gereichen kann, als der so eben im Druck erschienene Hirtenbrief des F\xFCrsten Bischofs von Laybach den Namen Seines Urhebers verewigen wird, weil darinn die landesf\xFCrstlichen, bisch\xF6flichen und p\xE4bstlichen Rechte in ihr \xE4chtes Licht gesezt, und die Anstalten Josephs des Weisen in ihrem wahren Gesichtspunkt aufgestellt werden.
Gott gebe, da\xDF ich mich in meiner Hofnung nicht get\xE4uscht habe, und da\xDF ich bald Gelegenheit haben m\xF6ge, von Ihm und den \xFCbrigen Bisch\xF6fen der kaiserl. k\xF6nigl. Staaten das Zeugni\xDF abzulegen, da\xDF Sie sind, was Sie seyn sollen, n\xE4mlich eifrige Hirten des Volks, Feinde der Dummheit, des Aberglaubens und
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der Mi\xDFbrauche, Bef\xF6rderer der Aufkl\xE4rung, der Duldung und Menschenliebe, Diener des Staats, wie der Hierarchie, Freunde des F\xFCrsten und des Vaterlandes.