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ZUM GESAMTINHALT

Ungrisches Magazin, Band 1, Heft 3, Text 28 (S. 283-317)
Hrsg. von Karl Gottlieb Windisch
Pre\xDFburg, L\xF6we, 1781
Autor: Zacharias Huszty
Zuordnung: Medizin

Versuch \xFCber den Menschen in Ungern 1

Versuch \xFCber den Menschen in Ungern 2

Versuch \xFCber den Menschen in Ungern 3

(p283)

28. Zwote Fortsetzung des Versuches \xFCber den Menschen in Ungern, nach seiner physischen Beschaffenheit.

3. Uiber die Gewohnheiten in Ungern.


Leser, die mit meiner Absicht bekannt sind, hoffe ich, werden \xFCber keine andern Gewohnheiten in Ungern Reflexionen von mir erwarten, als \xFCber solche, die einen phvsischen Einflu\xDF auf den menschlichen K\xF6rper haben. Alle Menschen denken frey. Durch die Freyheit im Denken werden alle Handlungen, sie m\xF6gen gute oder b\xF6se Folgen nach sich ziehen, bestimmt. Alle Handlungen sind dem allgemeinen Begriffe nach entweder sittliche, oder physische. Gr\xF6\xDFtentheils haben sie den m\xE4chtigsten Einflu\xDF auf unser Leben, auf die mehr oder minder gest\xF6rte Fortdauer unserer sinnlichen, nat\xFCrlichen, und zum Leben unentbehrlichen Verrichtungen. Unsere Handlungen sind also theils physisch nohtwendig, deren Nichtseyn unser Daseyn ausschlie\xDFen w\xFCrde, die von dem bestimmten Mechanismus des menschlichen K\xF6rpers, von der angebohrnen Empfindlichkeit, von der d\xFCrftigen Unentbehrlichkeit abhangen: theils sind sie unserm Willen ganz oder mit einer gewissen Einschr\xE4nkung unterworfen. Diese k\xF6nnen seyn, und nicht seyn, ohne da\xDF wir dabey nicht sollten bestehen k\xF6nnen. Und die\xDF ists, welches uns zu den Begriffen von den Gewohnheiten leitet. Alle Menschen denken frey. Nicht alle Menschen aber denken, ja kein Mensch denkt von allen Seiten, zu seinem wahren Vortheile richtig. Angebohrne oder erworbene Einbildungskraft und Empfindeley, der zuf\xE4llige oder nach einem Erziehungsplane erhaltene Unterricht l\xE4\xDFt uns dabey bald unterliegen, bald zu Gr\xF6\xDFe und Vollkommenheit nach verschiedenen Stuffenrange entwickelt werden. Daher entstehen durch diese oder jene Art von Nervenspannung,

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der so mannigfaltige Hang zu Begierden; daher entstehen Eigensinn, Leichtsinn, Vorurtheile des Ansehens, Unwissenheit oder Aufkl\xE4rung \xFCber unsere und der nat\xFCrlichen Gegenst\xE4nde Bestimmung; vorteilhafte und nachtheilige Gewohnheiten; viele Erwartung physischer Vollkommenheiten, und keine Einholung, aber oft auch viele Einholung mit oder ohne Erwartung. Millionen Gegenst\xE4nde umgeben uns; jeder Standort, jede besondere Gem\xFChtsverfassung, unser so unendlich getheiltes Interesse, jede nach Verschiedenheit der Individuen individuelle Spannung der Nerven, jeder erste Eindruck, welchen je ein Gegenstand auf das Gef\xFChl gemacht hat; — und welche Nerve gehet nicht gerne wieder in ihre erste Spannung zur\xFCck? naturam expellas furca tamen usque redibit. So kannte Horaz den Menschen schon! Alles das, nebst noch vielen andern Lagen der Menschheit , von welchen unsern Sinnen auch manche noch Geheimnisse sind, bey deren Betrachtung der Satz des zureichenden Grundes so selten bestehet. Alles stellet uns jeden einzelnen der Gegenst\xE4nde ganz verschieden vor. So ist unsere Freyheit im Denken, und unser Wille im W\xE4hlen beschaffen. Beydes ist gr\xE4nzenlos. So sieht auch der Unger in seinem Vaterlande aus! Was man von dem Menschen in Ungern in Absicht auf seine Gewohnheiten weis, lieget noch wie zerstreute Baumaterialien hie und dort, unbearbeitet und roh, verwittert, oder im Schutte versunken. Niemand hat es noch gewaget sie zu bearbeiten. Die Furcht im Schutte zu ersticken, erstickte die Unternehmung; man that also immer nur Hinw\xFCrfe, und hier sind sie, die auch ich mache. Luft. Viele Gewohnheiten stehen mit der Luft in so genauer Verbindung, und die Wirkungen davon sind so einleuchtend, da\xDF ich sie unm\xF6glich unbemerket lassen kann. Lange

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k\xF6nnen wir eine sanfte Luft von S\xFCden geahtmet haben , und sie ist uns zur Gewohnheit geworden; aber pl\xF6tzlich wird solche durch die rauhe nordische verdr\xE4ngt, und wir leiden darunter. Die\xDF ists, welches den Trieb in uns erregte, durch welchen wir Mittel erdachten, damit wir nicht durch dergleichen Uiberraschungen von nachtheiligen Eindr\xFCcken der Luft des schon gewohnten Guten beraubet w\xFCrden. So entstanden Kleider und Wohnungen. Ihr Daseyn ist dem ersten Menschenalter gleich urspr\xFCnglich, und in dieser Absicht machen sie einen Theil unserer Bed\xFCrfnisse aus. Dabey aber blieb es nicht. Unsere Einbildungskraft, die Ungleichheit der Begriffe von dem Nutzen und der Sch\xE4dlichkeit der Luft, gaben zur Entstehung vieler Gewohnheiten Gelegenheit. Viele davon sind zu unserm Vortheile entstanden; viele aber laufen dem Zwecke zu einer ertr\xE4glichen Gesundheit stracks zuwider. Und wer sollte es wohl glauben, da\xDF das letztere mehr bey dem ausgebildeten als bey dem nat\xFCrlichen Menschen in Ungern statt finde? Wenn die ungest\xF6rte Fortdauer unserer Verrichtungen ein Gl\xFCck ist — und wo ist der, welchem es keines ist — so ist dieser nat\xFCrliche Mensch gewi\xDF zu beneiden! Ich habe mich von den Vorz\xFCgen der ungrischen Luft in dem ersten St\xFCcke dieses Magazins \xFCberhaupt schon erkl\xE4ret, ich habe sie auch gegen manchen ungegr\xFCndeten Verdacht gerechtfertiget. Meistens klebet dieser Verdacht dem ausgebildetern Theile der Ungern an. Der nat\xFCrliche steckt hier\xFCber in einer gl\xFCcklichen Unwissenheit, Bey ihm finden b\xF6se Gewohnheiten in Abficht auf die Luft selten statt. Der Mangel des Uiberflusses und der vielseitigen Begriffe h\xE4rtet ihn gegen alle Einfl\xFC\xDFe derselben ab, der Mangel an eingebildeter di\xE4tetischer Erziehung l\xE4\xDFt ihn nie nach falsch angenommenen Begriffen von der G\xFCte und Sch\xE4dlichkeit der Luft handeln, die ausschweifende L\xFCsternheit nach Ver\xE4nderungen ist ihm genz fremd, sein Kleid, seine Wohnung, und deren Gebrauch

(p286)

sind von ungek\xFCnstelten gro\xDFv\xE4terlichen Mustern die Kopien. „Wenn Kinder, sagt Z\xFCckert, welche von starken Eltern gebohren worden, von der Geburt an der freyen Luft ausgesetzt werden; so lehret die Erfahrung, da\xDF ihnen solches nichts schade, wenn nur ihr K\xF6rperchen gut eingeh\xFCllet, und die Luft nicht gar zu strenge ist. Viele arme Weiber gehen mit ihren neugebohrnen Kindern und S\xE4uglingen in Wind und Wetter, in K\xE4lte, Regen und Schnee; sie thun mit ihnen in rauher Luft weite Reisen, wohnen mit ihnen in elenden H\xFCtten, die vom Winde allenthalben durchwehet werden. Alles dieses schadet ihnen nichts; sie werden zu der Rauhigkeit der Luft gew\xF6hnet, und erlangen eine dauerhafte Natur. „ * So ist sich Armuht und Natur in der ganzen Welt \xFCberall gleich. Was Herr Z\xFCckert hier von dem Menschen \xFCberhaupt sagt, ist ganz, auch von dem in Ungern wahr. Aber nicht auf die Armuht allein pa\xDFt diese Anwendung in Ungern. Der Nationalunger geh\xF6ret allerdings noch unter diese Rechnung. Sein Aufenthalt ist meistens auf dem Lande, und nur selten ist er hie und dort in den St\xE4dten zerstreuet. Sein nat\xFCrliches Verhalten gegen die Luft hat sich von vorigen Jahrhunderten, da seine Vorfahren durch wenig unterbrochene Kriege gegen alle Anf\xE4lle der Luft abgeh\xE4rtet werden mu\xDFten, bis auf den itzt Lebenden fortgepflanzet. Ob er dabey nach Grunds\xE4tzen oder nach patriotischer Empfindung handle, will ich nicht entscheiden. Genug, sein Zustand ist behaglich. Das sollte sich auch von den so genannten ausgebildeten oder exnazionalisirten Ungern sagen lassen! Wie gut oder \xFCbel diese daran sind, soll bald deutlicher werden. Der Exnazionalismus nimmt von Jahr zu Jahr in unsern St\xE4dten mehr \xFCber Hand, und da\xDF dieser oft bis zum Nachtheile ausarte, sind gr\xF6\xDFtentheils \xFCbel verstandene

* Von der di\xE4tetischen Pflege der S\xE4uglinge, S. 182.

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fremde Meynungen, oder verkannte schmeichelhafte fremde Gewohnheiten Schuld daran. Ich werde wie es dabey zugehe, aus seiner Art sich zu kleiden, aus seinen Wohnungen, und dann aus den Begriffen, welche er von der Luft \xFCberhaupt hat, zu erkl\xE4ren versuchen. Nichts weniger, als da\xDF der sonst gesittete Unger die urspr\xFCnglich unqrische Kleidung mehr trage. Ein kleiner Rest von Patriotismus ists, der nur noch einige Merkmaale davon aufbehalten hat. Nach der Kleidung zu urtheilen, sind heut zu Tage manche S\xF6hne nicht mehr die S\xF6hne ihrer V\xE4ter, vielweniger manche Enkel die Enkel ihrer Gro\xDFv\xE4ter. Da\xDF sie es aber nicht sind, ist doch nicht ganz ohne ihren Vortheil. Wider die warme Luft weis sich der Unger gegenw\xE4rtig besser zu sch\xFCtzen, als vormals. Er tr\xE4gt in hei\xDFen Sommert\xE4gen leichte und weite Kleider. Es w\xE4re aber zu w\xFCnschen, da\xDF man dabey im Fr\xFChlinge und Herbste vorsichtiger w\xE4re. In diesen Jahreszeiten ist uns die Sonne oft zu schmeichelnd, sie macht Manchen auf die Ver\xE4nderung, die darauf erfolgen kann, und auch oft erfolget, vergessen; da\xDF daher ein leichtes Sommerkleid dem Quodlibet der Morgen - Mittag - und Abendluft widerstehen soll. Am meisten wird dieses bey jungen Leuten bemerket. Es gilt hier das beym Horaz: matutina parum cautos nunc frigora mordent. * Die Folgen davon sind betr\xFCbt, und aus der Erfahrung, so, wie aus Grunds\xE4tzen klar. Es sind Lungen - und andere Entz\xFCndungen, hitzige Fieber, Katharrhe, Br\xE4unen, unertr\xE4gliche Schnupfen, Kolicken, Durchf\xE4lle u. d. m. und Herr von Moneta hat Recht, wenn er die gew\xF6hnlichste Ursache dieser Krankheiten in der Abwechslung der heftigen W\xE4rme mit der K\xE4lte suchet. Sollte hierinnen nicht Bewegungsgrund

*Da\xDF \xE4hnliche Abwechslungen, wor\xFCber man Ungern so oft allein angeklaget, auch unter andern Himmelsstrichen sich ereignen, best\xE4tigen Fritzens medicinische Annalen, l. B. S. 72.

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genug liegen, den dichterischen Gedanken von den Vorz\xFCgen der Fr\xFChlingsluft zu ersticken. Ich mache keinem Dichter seine Freyheit streitig, aber eine Freyheit die unserer Gesundheit fesseln angelegt, ist unverzeihlich. Wie sehr die Luft in Ungern im Fr\xFChlinge abwechsle, dazu soll der letztere ein Beyspiel seyn. Gegen das Ende des Monats May fiel in Pre\xDFburg der farenheitische Thermometer in einer Zeit von vier und zwanzig Stunden, vom ein und achtzigsten Grade bis auf den Gefrierpunkt herunter. Was die oben angemerkten Krankheiten betrifft, so ist ihr Verh\xE4ltni\xDF mit dem Unger zur Winterszeit nicht geringer. In Ungern ist nichts gew\xF6hnlicher, als die Wohnzimmer \xFCber den achtzigsten Grad des farenheitischen Thermometers zu heitzen. Daran ist aber auch nichts anders Schuld, als der Uiberstu\xDF an Brennmaterialien. Aber wer hat und wer benutzet solchen wohl nicht gerne? w\xFCrden es d\xFCrftigere Nationen besser machen, wenn sie aus ihrem Mangel in einen Uiberstu\xDF versetzet w\xFCrden? In der Wahl der Winterkleider nach ihrer W\xE4rme \xFCbertrifft der heutige Unger seine Vorfahren gewi\xDF. Die Wildschuren vervielf\xE4ltigen sich von Winter zu Winter. Ich sehe den Gebrauch derselben in St\xE4dten immer sch\xE4dlich. Eine Wildschur und einen Chapeu pas dazu, welche elende Vertr\xE4glichkeit mit der Gesundheit! Die zu erw\xE4rmende Gewohnheit im Winter erstreckt sich auch auf die Kinder. Man pfleget sie in Pelzwerk und M\xFCtzen ganz einzumummen. Man h\xF6re aber auch einmal wie Z\xFCckert sich hier\xFCber ausdr\xFCckt. „Die dicken Kleider und das Pelzwerk f\xFCr Kinder tauget nichts. Sie machen den K\xF6rper weichlich, ungesund, fl\xFC\xDFig. Sie sind dem heilsamen Zwecke der Abh\xE4rtung des K\xF6rpers entgegen. Ich mu\xDF daher die ungrischen und pohlnischen Pelze, worinn man einige Kinder zu kleiden pfleget, g\xE4nzlich verwerfen. Sie sind um so viel sch\xE4dlicher, weil man

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in dieser Kleidung in der warmen Stube bleibet. Der K\xF6rper wird darum sehr durchgew\xE4rmet, und wenn dann die Kinder in die Luft kommen, k\xF6nnen sie sich leicht erk\xE4lten, weil sie gegen dieselbe keine andere Bedeckung haben, als die sie auch in der warmen Stube hatten. Sie gew\xF6hnen sich endlich so sehr an die W\xE4rme, da\xDF sie, wenn, sie nicht best\xE4ndig in Pelzwerk eingewickelt sind, von einer jeden k\xFChlen Luft Beschwerden empfinden. u. f. f. * Ganz anders aber sieht der nat\xFCrliche Unger aus. Er bedecket sich im Winter nicht so sehr mit Pelzwerk, entbl\xF6\xDFt sein Haupt nicht, tr\xE4agt grosse weite Schuhe, welche mit Heu oder Stroh ausgefuttert sind. Diese letzte Gewohnheit dienet zum Beweise f\xFCr die Seltenheit der Frostbeulen bey unserem Landmanne. Im Sommer ist ihm das blosse Hemd nebst der langen weiten Hose von Leinwand * * zur Bedeckung seines K\xF6rpers genug. Lebt er im Herbste oder Fr\xFChlinge, so sieht er sich vor, da\xDF ihn die Abwechslungen der Luft, welche sich da am gew\xF6hnlichsten zu ereignen pflegen, so leicht keinen Nachtheil zuf\xFCgen k\xF6nnen. Die Maa\xDFregeln dazu, holet er nicht aus eingebildeten Hypothesen her, er misset sie blo\xDF nach der Empfindung, die der allererste Eindruck auf ihn machte, ab. Fr\xFCh, wenn er ausgehet, nimmt er seinen Rock von dickem Tuche, welchen er nach Beschaffenheit der Witterung anleget, oder umh\xE4nget. F\xE4ngt er seine A rbeit an, so leget er solchen, wenn es das Wetter zul\xE4\xDFt, wohl gar weg, und ist diese vollendet, so bedecket er sich wieder, wie vorher. Es giebt in Ungern verschiedene V\xF6lker: Ungern, Slawen, Deutsche, Griechen, Juden, Zigeuner. Bey der Verschiedenheit ihrer Kleidung f\xE4llt dem Physiker gewi\xDF nichts mehr auf, als da\xDF der ungrische Bauer zur Sommerszeit einen Pelz von Lammfellen tr\xE4gt. Nie macht

* Von der di\xE4tetischen Erziehung der entw\xF6hnten Kinder. \xA7.63.

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er aber w\xE4hrend der grossen Hitze Gebrauch davon, das Rauche hat er immer ausw\xE4rts gekehret, und dieser Pelz h\xE4ngt ihm so locker am Leibe, da\xDF ihn die Luft best\xE4ndig durchstreichen kann. Diejenigen Ungern, die diese Gewohnheit haben, sind meistens solche Menschen, die ganze Monate auf dem Felde zubringen, und die fast best\xE4ndig reisen, de\xDFwegen verlassen sie nie ihre Pelze, sind gesund, und kennen keine Sch\xE4dlichkeit der Nachtluft. Man hat in Ungern wenig Beyspiele von erheblichen Epidemien, deren Ursache man von der Hitze oder K\xE4lte , oder ihren Abwechslungen allein herleiten k\xF6nnte. * Entstehen solche ja, so geschieht es nicht ohne den Einflu\xDF hundert anderer m\xE4chtigen Mitursachen. Unter diesen zeichnet sich am meisten die durch viele und sch\xE4dliche Ausd\xFCnstungen verdorbene Luft aus. Der Begriff von der feuchten und trocknen, von der leichten und schweren Luft, hat in Ungern fast un\xFCberwindliche Schwierigkeiten. Man nennet die leichte Luft schwer, und die schwere leicht. Der Betrug k\xF6mmt von der Empfindung her. Denn je mehr die Luft mit D\xFCnsten erf\xFCllet ist, desto schw\xE4cher ist ihre Schnellkraft, und folglich auch ihr Druck auf unsere festen Theile. Wir empfinden nun eine Schwere in uns, — die vermeynte Schwere der Luft — und wissen nicht, da\xDF unsere S\xE4fte, deren ganze Schwere auf den erschlappten Blutgef\xE4\xDFen lieget, dieses verursache. Der augenscheinlichste Beweis davon

*Wie wenig Einflu\xDF die Hitze auf den Menschen in Ungern habe, daf\xFCr spricht die Seltenheit des Sonnenstiches bey ihm. Auch die Tobsucht ist unter dem Landvolke seltener, als in den St\xE4dten; ein Beweis, da\xDF die grosse Hitze gewi\xDF nicht allein Schuld daran sey. Der Verdacht auf die Luft in Ansehung des ungrischen Fiebers, vieler mit ihr verwandten faulen Fieber, der Ruhren, der hartn\xE4ckigen Quartanfieber, der b\xF6sartigen Pocken, und anderer Ausschl\xE4ge/f\xE4llt auch sogleich weg, so bald man die im ersten und zweyten St\xFCcke erw\xE4hnten Vorurteile \xFCber die Enthaltsamkeit des Obstes, und die geflissentlich unternommene Erpressung der Kranken in eine n\xE4here Erw\xE4gung ziehet.

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ist das Fallen des Qwecksilbers im Barometer, zu der Zeit, wenn wir eine schwere Luft zu empfinden uns einbilden wollen. Einem Theile des Nazionalungers ist die besondere Gewohnheit eigen, da\xDF er sein Hemd, welches er bis es zerrissen ist nicht vom Leibe l\xE4\xDFt, durchaus mit Speck schmieret. Seine Absicht dabey ist, da\xDF er sich f\xFCr dem Ungeziefer bewahre. Aber wer sollte glauben, da\xDF mit dieser Gewohnheit auch sonst noch ein Vortheil verkn\xFCpfet sey, ein Vortheil, welchen der selbst, welcher ihn davon tr\xE4gt, nicht weis. Da\xDF die Wirkung der feuchten Luft ans die Oberfl\xE4che unsers K\xF6rpers stark sey, ist bekannt: aber wunderbar ists, da\xDF der Unger, welcher sein Speckhemd nie vom Leibe legt, so wenig Bl\xF6\xDFe f\xFCr den Einflu\xDF der Feuchtigkeit aus der Luft habe. Von der ersten Kindheit an werden seine Schwei\xDFl\xF6cher durch das Speckhemd verschlossen. Die Natur gehet daher nach und nach von dem Mechanismus der Ausd\xFCnstung ab, und sucht es allm\xE4hlig durch andere Ausleerungen zu ersetzen. Jede fette Substanz hindert \xFCberdie\xDF allen Zugang von Feuchtigkeiten. So ist dieser Unger gegen die meisten Einfl\xFC\xDFe der feuchten Luft sicher gestellt; er weis von allen den Krankheiten, die gew\xF6hnlich daher entstehen, wenig. Die Gewohnheit, die Zimmer feucht auszufegen, ist schon l\xE4nqst als eine Mitursache zur Entv\xF6lkerung bekannt. Diese Gewohnheit ist in Ungern in den St\xE4dten allenthalben verbreitet. Uiberhaupt ist das sch\xF6ne Geschlecht daf\xFCr eingenommen. Wie erschrecklich ist es nicht, wenn man diese \xFCbertriebene Reinlichkeit zur Winterszeit, ohne R\xFCcksicht auf die Witterung, unter folgenden Erscheinungen aus\xFCben siehet. Es m\xFC\xDFen Fenster und Th\xFCren dabey ganz verschlossen bleiben, und in der Absicht, da\xDF es cgeschwinder austrocknen soll, werden die Oefen auf das St\xE4rkste geheitzet. Das betr\xFCbteste dabey ist, da\xDF dergleichen Wohnungen nicht selten, ehe sie noch austrocknen

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bewohnet werden. Mit Recht glaube ich die Gewohnheit W\xE4sche in den Zimmern zu b\xFCgeln, hieher zu rechnen. Eine allgemeine Erschlappung, die gest\xF6rte unmerkliche Ausd\xFCnstung, Husten, Stecksfl\xFC\xDFe, Lungenentz\xFCndungen, Durchf\xE4lle, eine Neigung der S\xE4fte zur Faulni\xDF, das ganze Register von Nervenkrankheiten, u. d. m. lassen sich daraus erkl\xE4ren. Vielleicht w\xFCrden sich alle diese Krankheiten in ihrer Heftigkeit und in ihrer Anzahl vermindern, wenn man ihre Ursachen in der Luft, die man sich selbst verdirbt, und nicht allezeit in der freyen Atmosph\xE4re suchte. Wenigstens hat diese, auch die unertr\xE4glichste, doch das zum Voraus, da\xDF sie keine eingeschlossene Luft ist. Die Armuht ist auf dem ganzen Erdboden gepre\xDFt, und das ist sie auch in Ungern. Bettler, arme Juden, schmutzige Handwerker, und dergleichen mehr nach Ramazzini's Anleitung von den Krankheiten der K\xFCnstler und Handwerker, * werden durch ihre D\xFCrftigkeit den meisten Gattungen der unreinen, und durch ihren falschen Wahn der eingeschlossenen Luft ausgesetzt. So ger\xE4umig man \xFCbrigens die Wohnungen in Ungern antrifft, so sind es manche doch f\xFCr diese armseligen Menschen zu wenig. Sie sind in ihren Wohnungen so zusammen gepfropft, da\xDF sie zu Hause selten oder gar keine gesunde Luft sch\xF6pfen k\xF6nnen. ** Wird einer von ihnen \xFCberdie\xDF krank, so werden die andern durch ihn unter sich selbst angesteckt. Greiffen doch Krankheiten, die sonst nicht ansteckend sind, in eingeschlossener Luft um sich; um wie vieles mu\xDF sich dieses bey Epidemien nicht noch mehr ereignen. Es fehlet uns an den deutlichsten Beyspielen, wie grausam die Krankheiten unter einem solchen Volke

* Davon haben wir nun eine freye und auf unsere Zeiten eingerichtete Uibersetzung vom Herrn D. Ackermann.

** Auch in Ungern ist unter den Juden die Luft so voll mit blauchduft, da\xDF diese allein hinreichend ist, eins faule Ansteckung zu verursachen.

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w\xFCten gar nicht. Selten erhalten diese Leute gleich im Anfange durch Aerzte Hilfe, und erhalten sie ja welche, so geschiehet es meistenteils nur dann, wann das Uibel \xFCberhand genommen , und auch dann erst durch gerichtliche Verordnungen. Durch Zwang mu\xDF man diese Leute zu dem Er\xF6fnen der Th\xFCren und Fenster bringen. Denn das Vorurtheil, da\xDF die freye Luft sch\xE4dlich sey, klebet diesem elenden Volke so sehr an, da\xDF es nicht geringe M\xFChe kostet, es davon los zu machen. Das ist vermuhtlich noch ein Uiberbleibsel der alten Aerzte, und ihres Stahlischen Schlendrians; und h\xE4tte unser Landmamm vor f\xFCnfzig Jahren auch Aerzte gehabt, so w\xFCrde es ihm itzt um nichts besser gehen. Nie greiffen die epidemischen Krankheiten auf dem Lande so um sich, wie in den St\xE4dten. Das Landvolk tr\xE4gt gar kein Bedenken, die Luft in ihren Stuben zu erneuern; ja man sieht auf dem Lande Kinder mit Pocken bey heiterer und gelinder Witterung nicht ohne ihren Vortheil der freyen Luft ausgesetzt. Diesem allen ungeachtet aber, ist es doch in St\xE4dten schon so weit gekommen, da\xDF wir uns hier\xFCber bald mehr ausgebreitete Aufkl\xE4rung werden versprechen k\xF6nnen. Man wird endlich sowohl durch traurige Beyspiele, als auch durch die guten Folgen der Hospitaleinrichtungen, welche gegenw\xE4rtig in Ungern dem unverbesserlichen Zustande in Absicht auf die Erneuerung der Luft, gewi\xDF am n\xE4hesten kommen, t\xE4glich kl\xFCger. Ungern kann wirklich schon Menschen aufzeigen, die sichs zum Gesetze gemacht haben, auch in dem strengsten Winter, die Luft in ihren Zimmern t\xE4glich zu erneuern. Zu w\xFCnschen w\xE4re es, da\xDF man in Ansehung der Kerker, besonders bey vielen Gerichten auf dem Lande, f\xFCr eine reinere Luft besorget w\xE4re! Dann d\xFCrfte nicht mancher Verbrecher einen unerwarteten Tod dahin sterben, und weniger w\xFCrden kachektisch und erdfarbig der Menschheit zum Abscheu, auf den Richtplatz geliefert. Wie diesem

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abgeholfen werden k\xF6nne, ist gar keine Frage. Man darf die Arreste nur mit mehr, und gegenseitigen Oefnungen versehen lassen, und die Delinquenten nicht so tief in die Erde versenken, so ist geholfen. Da\xDF die Luft durch das Austrocknen der Mor\xE4ste in manchen Gegenden von Ungern schon um Vieles reiner sey, als vor drey\xDFig und mehr Jahren, habe ich oben schon angemerket. * W\xFCrden auch die Schanzgruben in den St\xE4dten, welche heut zu Tage keine Festungen mehr sind, ganz getilget, oder wenigstens nur besser gereiniget, so h\xE4tten wir zweymal gewonnen. Wir haben nun auch in Ungern eine Verordnung, welche die Absonderung aller Kirchh\xF6fe von den bewohnten Pl\xE4tzen betrifft. Diese Verordnung wird gegenw\xE4rtig auf das Sorgf\xE4ltigste befolget. Sie beziehet sich auch auf das sonst gew\xF6hnliche Begraben der Todten in die Kirchen. Anstatt da\xDF man sonst die Leichname frey in den Gruften liegen lie\xDF, hat man den Entschlu\xDF gefa\xDFt, diese Art von Begr\xE4bnissen abzuschaffen, und dagegen jeden einzelnen Todten in ein eigenes Beh\xE4ltni\xDF zu vermauern gestattet. Man glaubt, da\xDF nach drey\xDFig Jahren, nach der vollendeten Verwesung wieder neuer Gebrauch davon k\xF6nne gemachet werden. Dazu hat nichts anders die Veranlassung geben k\xF6nnen, als die Meynung, da\xDF die faulen D\xFCnste nicht g\xE4hling mit der atmosph\xE4rischen Luft sich vereinigen sollen. Aber sollte sich denn in diesem Gem\xE4uer nichts verhalten k\xF6nnen, welches durch den versagten Zuflu\xDF der freyen Luft wohl gar pestilenzialisch werden k\xF6nnte? Der Luft wird da drey\xDFig Jahre lang der freye Zug verweigert; und soll denn eine so lang verschlossene Luft an Sch\xE4dlichkeit den thierischen faulen D\xFCnsten , welche wohin sie duften sollen, Platz haben, in Absicht der Sch\xE4dlichkeit nachstehen. Gesetzt man verschl\xF6sse drey\xDFig Jahre eine Luft ohne Hinzuthun einer thierischen Substanz, was kann der wohl erwarten, der es

*M. stehe des ungrischen Magazins 1. St. S. 4.

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unternehmen wird, das Beh\xE4ltni\xDF aufzubrechen! — Da ich alles dieses sage, bin ich noch nicht \xFCberzeugt, woraus sich die faulen D\xFCnste geschwinder und heftiger erheben, aus den Gruften durch ihr Luftloch, oder aus den gemauerten por\xF6sen Beh\xE4ltnissen. Denn, um eine faule Luft einzuschlie\xDFen, dazu geh\xF6ret mehr als Kalk und Steine. Das Be\xDFte dazu ist die Erde, in dieser werden alle D\xFCnste gleichsam ersticket , und durch diese Vermischung entstehet wohl gar eine neue weniger sch\xE4dliche G\xE4hrung. * Noch ein Wunsch f\xFCr Ungern! In grossen St\xE4dten ist f\xFCr die Gesundheit nichts verderblicher, als die Fleisch-und Schlachtb\xE4nke an bewohnten Pl\xE4tzen. Darauf hat man in Ungern wohl noch nie gedacht; und so lang dem Uibel nicht nachgedacht wird, so lang ist keine Hoffnung zur Abwendung desselben.

Flachs und Hanf pflanzet man schon lang in Ungern; der Reisbau aber hat erst seit einigen Jahren in dem sumpfigen Theile des Temescher Banats angefangen. „ Italien hat ein Gesetz, da\xDF man die Aussaat des Reises n\xE4her als eine halbe Stunde von den St\xE4dten nicht mache. In dem Tortonesischen und Novarresischen, wo der Reis h\xE4usig gepflanzet wird, haben alle Einwohner eine wahre Todtenfarbe. — Pestilenzialisch ist der Dunst, der von dem im Wasser eingeweichten Hanf und Flachs aufsteiget, und er ist so giftig, da\xDF er auch die Fische t\xF6dtet. In Deutschland bek\xFCmmert man sich um den daherr\xFChrenden Schaden nicht, in Italien geschieht die Einweichung in der Entfernung einiger Stunden von den St\xE4dten. Man hat Exempel, da\xDF aus diesem Dunste des eingeweichten Flachssaamen eine b\xF6\xDFartige Krankheit entstanden ist, die einer Familie das Leben genommen, und eine ganze Gegend

* Wie sehr die Erde der F\xE4ulni\xDF widerstehe, ist durch die Untersuchung der Wampire schon aufgekl\xE4ret worden. der Wampire schon aufgeklaret worden. Von der Existenz der Wampire in Gruften weis kein Mensch etwas, und in gemauerten Modebeh\xE4lter wird es ihrer noch weniger geben.

(p296)

angesteckt hat. Lancist sagt, da\xDF zu Konstantinopel sehr oft gef\xE4hrliche Fieber unter dem Volke herrschen, weil man den ganz na\xDF von Kairo gebrachten Flachs und Hanf in die \xF6ffentlichen Scheuen einf\xFChre, wo sie den Sommer hindurch g\xE4hren, und nachher zum Verkaufe ausgesetzt, dieses Elend unter das Volk bringen. „ * Was wird also wohl aus den Reispflanzern im Temescher Banate noch werden? und woher k\xF6mmt jene Erdfarbe der Einwohner von vielen ungrischen D\xF6rfern, wo Flachs und Hanf gebauet wird? Es giebt noch andere Gattungen von D\xFCnsten, welche unsere Gesundheit und unser Leben in Gefahr setzen. Es sind diese die von der G\xE4hrung der neuen Weine in den Kellern, es sind auch mineralische, u. d. g. Ihre Wirkung ist so au\xDFerordentlich hefftig, und geschwind, da\xDF sie daher unter den Gewohnheiten keinen Platz finden k\xF6nnen. Diese D\xFCnste sind in der ganzen Welt durch Unvorsichtigkeit, oder wenn man zuf\xE4lliger Weise denselben ausgesetzet wird, pl\xF6tzlich sch\xE4dlich. Die vielen Weingebirge und Aerzgruben in Ungern machen die Gefahr, welcher ein jeder Bearbeiter ausgesetzt ist nicht selten. Ausf\xFChrlich davon schrieb Ramazzini. Und das w\xE4re es von der Luft in Absicht auf die Gewohnheiten.

Speisen

Als Bed\xFCrfnisse oder als Gewohnheiten betrachtet? Vielleicht beydes. Denn \xFCbel verstandene Hypothesen, \xFCberspannte nat\xFCrliche Neigungen, der allzulange Genu\xDF machen aus Gewohnheiten endlich gar Bed\xFCrfnisse. Und darinnen glaube ich liegt der Grund warum die Menschen unserem Beobachtungsgeiste so unendlich mannigfaltige Seiten darbieten. So kann der zu lang anhaltende Mi\xDFbrauch es so weit bringen, da\xDF dies, welches uns vor langer Zeit eine Gewohnheit war, gegenw\xE4rtig das sch\xE4dlichste

*J.S.Zimmermann von der Erfahrung in der Arzneykunst II. Theil S. 218.

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und unzertrennlich qw\xE4lende Bed\xFCrfni\xDF ist. Der gr\xF6\xDFte Theil der Menschen kennet des Misbrauch der Speisen nicht, und eben daher kann er ihn auch nicht f\xFCrchten. Diese traurige Nichtbewu\xDFtsein, und ein Uiberflu\xDF, der \xFCber eine ganze Nation allenthalben verbreitet ist, k\xF6nnen ganze Familien exnaturalisieren. Geschiehet dieser Exnaturalismus \xFCberdie\xDF durch einen Sprung, so vervielf\xE4ltiget sich das Elend. Die Natur l\xE4\xDFt sich nie Gewalt anthun. Soll dies denn wirklich auch von den Ungern gelten? Desto mehr, je mehr wir in dem Abschnitte von den Nahrungsmitteln, von ihrem Uiberflusse \xFCberzeuget wurden. Gewi\xDF nichts anders als der Uiberflu\xDF, und die verabs\xE4umte M\xE4\xDFigkeit sind Schuld daran. Wie ist es m\xF6glich, da\xDF Fremde, bisher an Armuht und Hunger gew\xF6hnt, wenn sie pl\xF6tzlich nach Ungern kommen, sich in dieser Wohllust nicht berauschen sollten? Die wahre Pest Ungerns, ist also nicht jene Krankheit, jene aus der T\xFCrkey her\xFCberwehende Schwester: sondern der nat\xFCrliche Uiberflu\xDF und Reichthum des Klima.* Aber um wie viel gl\xFCcklicher ist nicht der gemeine Mann in Ungern vor dem, welcher sich besser d\xFCnket? Jener leidet nur vom blossen Uiberflusse, er genie\xDFt nur das, was ihm die Natur in seinem Vaterlande darbietet, und h\xE4lt sich gegen einen grossen Theil seines Uiberflusses durch die Arbeit schadlos. Dieser hingegen leidet durch den Uiberflu\xDF sowohl, als durch die fehlerhafte Wahl, und hat dazu noch lange Weile genug, in welcher er immer nach Abwechslung schmachtet. So viel l\xE4\xDFt sich \xFCberhaupt hievon sagen; wir wollen aber sehen, was wir noch aus besondern Beobachtungen lernen k\xF6nnen. Nichts ist f\xFCr den Menschen mehr bem\xFChtigent, als der Brodmangel. Lasset also den Unger auf sein Brod stolz seyn; er hat gewi\xDF das erste Recht dazu. Die Vorsicht hat ihn nicht nur mit Uiberflusse desselben versehen,

*Wekhrlins Chronologen 1. Band S. 115.

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sie hat ihm auch Verstand genug gegeben, um den gemeinn\xFCtzigen Gebrauch davon zu machen. Dem Uiberflusse haben wir es zu danken, da\xDF sich die Unternehmung Brod zu verf\xE4lschen, in Ungern selten, oder gar nicht \xE4u\xDFert. Ich kenne keinen Zeitpunkt in Ungern, welcher sich durch die in L\xE4ndern bekannte grausame Kriebelkrankheit ausgezeichnet h\xE4tte. Ein Beweis f\xFCr die Seltenheit der Kornzapfen in unserm Roggen. Uiberhaupt ist der ungrische Boden selten zur Hervorbringung der Kornzapfen, des Kornbrandes, und der Trespe geneigt. Und bringt die\xDF ja die Mi\xDFgunst der Witterung zur Wirklichkeit: so wird keine M\xFChe und keine Sorge f\xFCr die Reinigung gespart. Mit einem Worte, das Brod welches man in Ungern b\xE4ckt, behauptet vor jedem andern den Vorzug. Haber- und Haidekornbrod wird nur in ermanglung des Waitzens, Roggens und der Gerste, aber doch ohne besondern Nachtheil genossen. Der ungrische Bauer lebt gr\xF6\xDFtentheils vom Brode, er ist daher auch sehr gesund. Die \xFCbrigen Speisen aus dem Pflanzenreiche giebt es in ungern nach der ausgesuchtesten Wahl und im erw\xFCnschten Uiberflusse. Das Verzeichni\xDF davon ist in diesem Magazin S. 204. enthalten. Ich habe dabey noch keinen Mi\xDFbreuch entdecken k\xF6nnen, welcher auf Ungern einen allgemeinen Einflu\xDF h\xE4tte. Vielmehr ist der gemeine Mann so sehr daran gew\xF6hnt, da\xDF wir vielleicht betr\xFCbtere Folgen von dem \xFCberm\xE4\xDFigen Genusse des Schweinefleisches sehen w\xFCrden, wenn die Menge des Sauerkrauts und anderer Gartengew\xE4chse, nicht Hindernisse setzten. Ohne diesem w\xFCrde der Skorbut in ungern gewi\xDF mehr aufkeimen. Dann sehe ich die Kunst Gartengew\xE4chse zu pflanzen und zu ziehen, in vielen St\xE4dten Ungerlands auf derjenigen Stuffe, bey welcher die L\xFCsterheit in keiner Jahrszeit umsonst nach den leckerhaftesten Gerichten aus dem Pflanzenreiche schmachten darf. Von der Zurichtung sehe man die 199. Seite. Die

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Verschiedenheit und die Menge des Obstes in ungern erhellet aus des Magazins 192. Seite. Der Mi\xDFbrauch der Enthaltsamkeit davon ist betr\xE4chtlicher, als der Mi\xDFbrauch der Berauschung. So ei Reichthum am Obste und dies Furcht dazu, da\xDF auch der m\xE4\xDFigste Genu\xDF desselben schade; wer h\xE4tte sich wohl diese Ungereimtheit vorgestellet? An kr\xE4nklcihen oder an solchen Personen die sich krank zu seyn einbilden, haftet diese ungergr\xFCndete Furcht noch mehr. Ich habe diese Ursache S.190. bey Gelegenheit der Melonen schon angemerket. Auch die ges\xFCndesten Leute machen sich das gr\xF6\xDFte Bedenken daraus, Obst vor Mittage zu essen, wof\xFCr doch Instinkt und Grunds\xE4tze sprechen. Der gemeine Mann, und Kinder, welche da weder nach Grunds\xE4tzen, noch nach Hypothesen oder Vorurtheilen handeln, genie\xDFen viel unreifes Obst; und diese sinds auch, welche meistens mit Kolicken, Durchf\xE4llen, Ruhren, Fiebern u.a. befallen werden. Die Furcht, das Obst m\xF6chte gestohlen werden, verleitet viele Leute es unreif abzulesen, und dann so auf den Markt zum Verkaufe zu bringen. Nicht \xFCberall wird dieser entv\xF6lkernden Gewohnheit gerichtlich sattsam vorgebeugt, und abgeholfen, welches doch billig geschehen sollte. Noch ist die sogenannte T\xF6pferkolick in Ungern selten, indem man den Gebrauch des Obstweins noch nicht angenommen hat. - Bey dieser Gelegenheit f\xE4llt mir eine Meynung ein, welche viele Menschen in Ungern von der Wirkung der zusammenziehenden Fr\xFCchte haben. Von den Qwitten n\xE4mlich, vielen Gattungen der Birnen, von der Speyerlingen, Arla\xDFbeeren, und Wispeln. Durch das Zutrauen hierauf, habe ich manche Durchf\xE4lle in Ruhren sich verwandeln sehen. Viele haben dieses blinde Zutrauen zu diesen Fr\xFCchten, auch wenn solche schon weich sind, da ihre zusammenziehende Kraft durch die G\xE4hrung schon verloren gieng. Den Qwitten traut man diese Wirkung zu, wenn sie in Zucker oder Most schon eingesotten sind. Dar\xFCber

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aber wundere ich mich gar nicht; denn diese Leute werden selbst durch aerzte dazu verf\xFChrt, deren viele den Qwittensaft f\xFCr ein heroisches Mitel in der Ruhre halten. Ohne den Gebrauch der vegetabilischen Oele k\xF6nnte Ungern sehr wohl bestehen. Freylich ist das Baum\xF6l, welches nicht bey und erzeuget wird, in Betrachtung des Genusses unerheblich. F\xFCr den Armen ist es zu theuer, und der bessere Theil von Menschen genie\xDFt es im Salate, und das mit Essig vermischt, m\xE4\xDFig. Desto mehr aber spricht ein gro\xDFer Theil unsers gemeinen Mannes von seinem Lein\xF6lkraute mit Entz\xFCcken. Das gr\xF6\xDFte Gl\xFCck dabey ist, da\xDF das Sauerkraut die Wirkung hat, durch welche die \xF6ligten Theile ganz aufgel\xF6st werden. Nebst diesen sind die guten Verdauungskr\xE4fte, und sie fast unausgesetzte Arbeit, diejenigen Mittel, die weder Ranzidit\xE4t, noch Erschlappung \xFCber Hand nehmen lassen. Aber wenn es den Menschen gut geht, - die lange Weile, die sie dabey haben ausgenommen, - so giebt es nichts was sie zu affektiren nciht untern\xE4hmen, und so lange untern\xE4hmen, bis sie erst die Folgen zur Reue bringen. So giebt es Leute in Ungern, welche ohne R\xFCcksicht auf die Uibereinstimmung ihrer sonstigen Lebensordnung, das Lein\xF6lkraut im Genusse dem gemeinen Manne nachahmen wollen, und die Verdauung hat manche Noht dabey. Es giebt auch Menschen, \xFCber die sich das Vorurtheil bemeistert hat, da\xDF in Brustkrankheiten ohne Unterscheid das Lein\xF6lkraut oder auch gar Lein\xF6l f\xFCr sich allein, seh gut bek\xE4me. Bey dem be\xDFten Magen gehet so ein Versuch wohl an, und die\xDF giebt Gelegenheit zu Proben, ohne dabey auf den Magen, ob solcher es auch vertragen k\xF6nne oder nicht, zu denken. Auf einmal sieht man alle Hoffnung fehl geschlagen; kurz vorher war es nur eine Krankheit, und nun sehe ich die zweyte mit verwickelt. Diese fordert st\xE4rkende Arzneymittel, und jene erweichende. Welcher Arzt kann wohl beyden Anzeichen

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auf einmal genug thun? Viele werden zwar dazu aufgefordert, da\xDF sie es flugs zuwege bringen sollen. Vern\xFCnftige Aerzte aber verzeihen es denen, die nicht wissen was sie fordern. Ehe ich mich in die Gewohnheiten in Betracht des Thierreiches einlasse, mu\xDF ich der Milch in Absicht des Verh\xE4ltnisses auf den physischen Menschen in Ungern noch gedenken. Denn ihrer innern Beschaffenheit nach, h\xE4lt sie zwischen den Speisen aus dem Pflanzenreiche, und aus dem Thierreiche das Mittel.* Da\xDF schon vor uns viele Menschen von der Milch allein lebten, lesen wir in dem Plinius, Justin, und andern; und da\xDF es auch heut zu Tage ganze Nazionen gebe, welche gr\xF6\xDFtentheils von der Milch und ihrern Produkten leben, das best\xE4tigen die neuesten Geschichten der Menschheit, und viele Reisebeschreibungen zur Gen\xFCge. Wer siehet da nicht zugleich, da\xDF der Genu\xDF der Milch und ihrer Produkte, selten bis zu einer \xFCblen Gewohnheit ausarten k\xF6nne? F\xFCr die Vorz\xFCge der Milch in Ungern w\xE4re es \xFCberfl\xFCssig viele Beweise anzuf\xFChren, und alle sind in dem Maa\xDFe der Viehzucht, und in der G\xFCte der vorz\xFCglichsten Weiden gegr\xFCndet. Gl\xFCckliches Land, welches so ein Haupotbed\xFCrfni\xDF nicht entbehren darf! Aber dennoch sind die Wirkungen der Milch auch auf den Unger nicht allezeit von grossem Vortheile; und wenn ich mich mit Idiosynkraften abgeben wollte, so k\xF6nnte ich wohl tausend F\xE4lle, wo der Genu\xDF der Milch mi\xDFlungen hat, herschreiben. Bey Kindern ist der sch\xE4dliche Einflu\xDF derselben gar nichts Neues, und daran ist fast allezeit die Menge Schuld. Der Genu\xDF der Butter ist in Ungern sehr individuel, daher sich auch ncihts Allgemeines davon bestimmen l\xE4\xDFt. Saure- und Buttermilch, besonders aber die letztere, hat schon manchem Ungern das Leben gerettet, aber auch manchen hat eine eingebildete Furcht daf\xFCr zum Tode bef\xF6rdert. Wer es weis, was die Buttermilch

*J.G.Zimmermann

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f\xFCr ein vortreffliches Mittel in den meisten epidemsichen Krankheiten sey, der wird es auch wissen, was ich damit sagen wollte. Bey unserm Uiberflusse von Milch, kann es gar nicht anders seyn, als da\xDF es nicht auch sehr vielen K\xE4s geben sollte. Den allgemeinen Schaden auf die Gesundheit von dem ungrischen K\xE4se, tragen mehr die Ausl\xE4nder, indem der gr\xF6\xDFte Theil davon aus dem Lande gef\xFChret wird. Viele einzelne Personen sind freylich nicht ganz davon frey. Man macht auch in Ungern weiche K\xE4se - Schmierk\xE4se - die so gut als in der Schweiz dazumal von vielen Vornehmen hochgeachtet werden, wenn sie ganz faul, und daher entsetzlich scharf sind, und ungef\xE4hr riechen, wie bey den R\xF6mern vormals der so beliebte und von den Ostindianern eine G\xF6tterspeise genannte Teufelsdreck.* So ist diese Ochsengalle und das unverdaute Gras aus den Eingeweiden der Thiere mit Senf vermengt, den Grossen in Abi\xDFynien ein wohlschmeckendes Zugem\xFC\xDF zum rohen Rindfleische. So sind die Eingeweide der Thiere, das Ungeziefer, das sie in Menge plagt, und so gar die \xE4ltesten Schuhe der Europ\xE4er im Wasser erweicht, und gebraten, den Hottentotten die angenehmste Kost.** Lauter haut gout bey Christen und Nichtchristen, und Menschen. Was die Fleischspeisen betrift, die genie\xDFt der gesunde Unger alle, die ich im Abschnitt von den Nahrungsbed\xFCrfnissen angegeben habe. Es ist gar nicht daran zu zweifeln, da\xDF ihm auch Reiher, Kraniche und St\xF6rche in Gegenden wo es solche V\xF6gel giebt, zur Speise dienen, und dies desto mehr, wenn sie noch jung sind. Der seltsame Gedanke einiger di\xE4tetischer Grillenf\xE4nger, welche das Fleisch dieser V\xF6gel den gesunden Menschen entziehen wollen, ist nur ein hypochondrisches Produkt, und eine Art von Patriotismus, durch welchen sie die ungrische Nazion besserer speisen w\xFCrdig machen wollen. Sie

*J.G.Zimmermann von der Erfahrung in der Arzneykunst.

**L\xFCbecks charakteristisches V\xF6lkerlexikon.

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wissen aber nicht, da\xDF der t\xFCrkische Waitzen, ged\xF6rte H\xFClsenfr\xFCchte, j\xE4hrige N\xFC\xDFe, alte K\xE4se, alte wilde G\xE4nse und Trappen, roher Speck, alle ger\xE4ucherten Fische u.v.m. mit in die Klasse der h\xF6chst unverdaulichen Speisen geh\xF6ren. Und doch wird alles dieses in ungern \xFCberfl\xFC\xDFig genossen. Zu w\xFCnschen w\xE4re es, da\xDF sichs mit dem frischen Schweinefleische sowohl, als mit dem ger\xE4ucherten anders verhielte, und da\xDF dieses mit dem Specke der gemeine Mann wenigstens nicht den ganzen Sommer hindurch gen\xF6\xDFe.* Die\xDF ist eine von den Hauptursachen der so gew\xF6hnlichen b\xF6sartigen anhaltenden Fieber in Ungern, vieler hartn\xE4ckigen chronischen Hautkrankheiten, so lange anhaltender Ruhren; daher k\xF6mmt es auch, da\xDF so viele unserer Gallenfieber in die b\xF6sartigsten faulen \xFCbergehen. Ich sehe es gar nciht ein, warum viele Aerzte die Ursache dieser, und auch anderer krankheiten, oft in Nichts bedeutenden Kleinigkeiten so \xE4ngstlich suchen? Wer wird sich zum Beyspiele einfallen lassen, da\xDF die fallende Sucht in Ungern von Genusse des Trappenfleisches entstehe? Ich habe Fallsichtige gesehen, welches kein Trappenfleisch jemals gegessen haben, und die, welche es \xFCberfl\xFC\xDFig genie\xDFe, sehe ich ganz von der Epilepsie frey. Man hat auch kein Exempel da\xDF jemand durch das Trappenfleisch \xF6ftere oder heftigere Anf\xE4lle erlitten h\xE4tte.** Von den Fischen beobachtet

*Unter den Juden gilt dieses vom G\xE4nsefleische, haupts\xE4chlich aber unter den an den \xF6sterreichischen und m\xE4hrischen Grenzen. **Zu dieser Bemerkung gab mir eine \xFCbel verstandene Stelle des Hippokrats Gelegenheit. Es ist falsch, da\xDF Hippokrat es geglaubt habe, da\xDF da Trappenfleisch eine Ursache der Epilepsie sey. Aldrovand und andere beschuldigen ihn dessen, und der Graf von B\xFCffon hat vermuhtlich die stelle nicht gelesen, noch weniger untersuchet. H\xE4tte er sich nicht vielmehr \xFCber den Aldrovand und seine Kollegen, als \xFCber den Hippokrat wundern sollen? Do hei\xDFt es nach der Lindenschen Uibersetzung die zu Leyden 1665 heraus kam, Tom. II. p.325. - qui primum hunc morbum sacrum esse pronunciaverunt, tales homines mihi esse videbantur, quales etiam nunc sunt magi & expiantores & circulatores, & quidam arrogantes, qui se vehementer pios esse simulant, & amplius quid scire. Hi itaque consilii ac mentis inopiae obvelantes ac praetexentes divinitatem, quum nihil haberent, quod exhibitum prodesset, ut ne manifesta fieret ipsorum ignorantia, sacram hanc affectionem esse pronunciaverunt, & rationibus idoneis collectis, curationem constituerunt sibi ipsis securam - abstinere jubentes - ex volucribus a gallo & turture ac otide. Wer sieht nicht da\xDF unser gr\xFCndlicher Hippokrat hier gerechtfertigt ist, und da\xDF er anstatt selbst diese Meynung zu hegen die Charletanerie der Betr\xFCger entdecket, und sie l\xE4cherlich machet.

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man keine besondern Wirkungen in Ungern. Man sieht, da\xDF Leute, die an fischreichen Pl\xE4tzen wohnen, von den n\xE4mlichen Krankheiten befallen werden, wie andere, die vielleicht durch ein ganzes Jahr keinen Fisch zu essen bekommen. Vielleicht k\xF6mmt dies von der Analogie der Wirkung her, die an andern Pl\xE4tzen von gleichwirkenden Nahrungsmitteln wie vom Schweinefleische z.B. entstehet. - Es werden auch marinirte Seefische nach Ungern gebracht; der gemeine Mann bezahlt sie nicht, bey Grossen aber hat man nicht selten pl\xF6tzliche Todesf\xE4lle, oder die gef\xE4hrlichsten Krankheiten aus dem \xFCberm\xE4\xDFigen Genusse derselben beobachtet, und die\xDF desto mehr, jemehr von unseren geistigen Weinen dabey getrunken wurde. Unter den Gew\xFCrzen macht man in Ungern den gr\xF6\xDFten Mi\xDFbrauch von dem Pfeffer, Ingwer, und Knoblauch. Wieder ein Beytrag zu allen den Krankheiten, deren Grund viele aus der Luft herzuleiten gewohnt sind. Wider den Zucker aber, welcher dem Temperamente des Ungern gewi\xDF besser bek\xE4me, ist man schlechterdings eingenommen. Man spricht es den alten Aerzten immen noch nach: der Zucker macht Schleim. Ich nehme hievon doch diejenigen aus, die nun anfangen, sich eines bessern belehren zu lassen. Honig hat Ungern genug, und w\xE4re diese nicht, so w\xFCrden manche Risse in der Gesundheit unseren Aerzten gewi\xDF mehr M\xFChe, und unsern Kranken mehr Leiden und Gefahr kosten. Wer

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alles das, was ich von den Gewohnheiten in Absicht auf die Speisen gesagt habe, in eine n\xE4here Erw\xE4gung zieht, dem mu\xDF auch sogleich die Abwechslung, die der Unger dabey haben kann, in die Augen fallen. Es ist nicht Alles, was ich gefolgert habe so allgemein verbreitet, als es in einem dem ersten Scheine nach vorkommen k\xF6nnte; und ich habe es auch \xF6fters angemerket, da\xDF die sch\xE4dlichsten Wirkungen manche vortheilhafte Gegenwirkung immer zur Seite haben. Wohl dem Lande, mit dem es die Vorsicht so gut gemeynet hat! Die Sorge f\xFCr die Gef\xE4\xDFe, in welchen man kocht, oder in welchen Speisen aufgetragen werden, ist auf die Reinlichkeit sowohl, als auch auf die Sicherheit gerichtet. Juden, Bettler, schmutzige Leute, und andere, die vom Nazionalcharakter weit entfernt sind, kommen hier in keine Betrachtung. Der Begriff von der Sch\xE4dlichkeit des Kupfergeschirrs war in Ungern l\xE4ngst schon aufgekl\xE4rt, und wir haben auch gegenw\xE4rtig in Pre\xDFburg eine Gesundheitseisengeschirrniederlage. Herrn Zimmermann* ist unter allen Gattungen von H\xF6flichkeit keine so unbegreiflich, als die einzige, die man in grossen St\xE4dten kennen will. "Man f\xFChrt, sagt er, den Magen seiner Freunde in Versuchung, um sie zu beehren. Man raubt ihnen durch das wunderbareste gemisch von widersprechenden Speisen alle Munterkeit des Leibes und des Geistes. Man t\xF6dtet durch folternde Gastmahle ihre Gesundheit, und ihrer Witz, damit man sagen k\xF6nne: wir haben ihnen H\xF6flichkeit erwiesen." In Ungern haben dieses Ungl\xFCck die kleinen St\xE4dte, so wie die grossen, durch die Speisen sowohl, als durch die Getr\xE4nke.

Ungern zeichnete sich vor drey\xDFig und mehr Jahren haupts\xE4chlich durch das \xFCberm\xE4\xDFige Weintrinken aus.

*Von der Erfahrung in der Arzneykunst.

(p306)

Heut zu Tage aber nicht mehr so. Ganz leer kann es frylich nicht ablaufen, ausgenommen der Weinswachs n\xE4hme am Reichthume ab, wor\xFCber wir aber noch nicht klagen d\xFCrfen. Den Hauptschaden, welcher daraus entstehet, mu\xDF man bey starken Weinen dem geiste, und bey geringern der S\xE4ure zuschreiben; aber nicht dem kalke, wie ich oben im zweyten St\xFCcke schon angemerkt habe. Wer sollte es aber auch glauben, da\xDF, demungeachtet es in Ungern fast in keinen Gegenden am Weine fehlt, es dennoch viele Menschen gebe, denen der Wein idiosynkratisch, oder von natur zuwider ist; und gemeininglich haben diese Leute eine dauerhafte Gesundheit, und leben meist sehr lange. Mancher Weintrinker in Ungern h\xE4tte von grossem gl\xFCcke zu sagen, wenn er nur in Ansehung der Menge des Weins Schaden litte, und wenn er mehr R\xFCcksicht auf die Beschaffenheit desselben h\xE4tte. Gr\xF6\xDFtentheils bezieht sich dieser Leichsinn auf die neuen oder nur halbgegohrnen Weine, auf dem Lande so wie in St\xE4dten bey dem gemeinen Manne. Man f\xE4ngt die neuen Weine schon im November an zu trinken, und das eben um die Zeit, da im folgenden Monate Dezember, eine grosse Menge Schweinefleisch einen merklichen Nachtrag, zur Verderbung der Gesundheit macht. Um diese Zeit hat es in Ungern schon die heftigsten Epidemien von faulen Fiebrn gegeben, welche eine Menge Volks unversehens dahin rafften. Ja, es vergeht kein Jahr, da\xDF man um diese Zeit nicht hie und dort in Ungern dergleichen Beyspiele beobachtete, je nachdem die Witterung bald mehr oder weniger mitwirket, oder nachdem von einer vorhergegangenen Ruhren- oder anderer Epidemie, noch mehr oder weniger kachektische R\xFCckbleibsel in dem Gebl\xFCte verborgen liegen. Und da die\xDF eben die Zeit ist, da der Landmann weniger arbeitet, so kann der Begriff von dem Einflusse des neuen Weines und des Schweinefleischess nicht anders als noch aufgekl\xE4rter werden. Auch bey den Grossen l\xE4uft es nicht ganz leer hiebey ab. Die

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Gewohnheit, den jungen Wermuthwein zu trinken, zieht nicht weniger \xFCble Folgen nach sich, als jene des blossen neuen Weines. Es gibt keinen Wein, welcher nicht jemals Most gewesen w\xE4re; es verh\xE4lt sich also die Menge des Mosts zu der Menge des Weins in Ungern, wie eins zu eins. Der Unger m\xFC\xDFte nur kein Mensch seyn, wenn ihn auch nicht hiezu die L\xFCsternheit verf\xFChren sollte. Ich will dieses nicht so sehr von Erwachsenen und M\xE4nnern, als von Kindern und dem weiblichen Geschlechte sagen. Gl\xFCckliche Kinder, deren Eltern in dieser Absicht f\xFCr die bessere Sorge tragen, denen die Freyheit zur Lesezeit nach Belieben Most zu trinken eingeschr\xE4nket, oder gar nicht gestattet wird! Wer weis nicht, da\xDF jeder Most, ehe solcher noch von der Presse rinnt, ja da solcher noch in den faulen Beeren enthalten ist, schon g\xE4hre? Man weis, wie durch die G\xE4hrung in unserm K\xF6rper alles ausgedehnt, und erschlappet wird, was man also davon bey Kindern zu hoffen? Nichts las sieche jugendliche K\xF6rper - unreif zur Bildung des Geistes sind sie, und zum Manne zu sp\xE4t. Unter den abgezogenen Getr\xE4nken sind in Ungern die gew\xF6hnlichsten diese: der Weingeist \xFCberhaupt, der Zweschkenbrandwein oder Sliwowitza, und der Krametsbrandwein. Wer solche m\xE4\xDFig und zur bestimmten Absicht gebraucht, dem sind sie nichts weniger als sch\xE4dlich. Es giebt aber in Ungern eine Gattung verblendeter Menschen, wodurch? weis ich nicht, die den Sliwowitza als k\xFChlend sehr hoch anpreisen, solchen auch selbst in dieser Absicht gebrauchen. Zum Gl\xFCcke oder Ungl\xFCcke, da\xDF dieses oft nur bey eingebildeten Krankheiten geschiehet. Gl\xFCck ists, da\xDF er der Einbildung nicht schade; aber ungl\xFCcklich der, welcher zu diesem Getr\xE4nke dadurch auch in wirklichen F\xE4llen ein vertrauen fa\xDFt! Das Vorurtheil, da\xDF alle geistigen Getr\xE4nke die Dauung bef\xF6rdern, hat schon manchem dieselbe verdorben, und

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dennoch l\xE4\xDFt er nicht ab sie ganz und unwiderbringlich zu vernichten, bis ein fr\xFChzeitiges Alter und ein langsamer Tod der Scene ein Ende machet: bey Leuten aber welche vollbl\xFCtig sind, ist der Garaus ost pl\xF6tzlich. Es giebt D\xF6rfer in Ungern, woe die M\xE4nner und auch viele Weiber so zusammengeschrumpft sind, da\xDF sie fast einem nat\xFCrlichen versteckt; und diese Leute sind es eben, die das Bed\xFCrfni\xDF des Durstes, anstatt des Wassers mit Brandwein stillen.

Lange hat es dem Punsche nicht gelungen, sich des ungrischen Gaumes zu bemeistern. Seit dem die Ungern aber reisen, und seit dem sie fremde Gebr\xE4uche ihrer w\xFCrdig achten, k\xF6mmt \xF6fters was Unvermuhtetes ins Land. So brachte das Schicksal den Punsch nach Ungern, so hat der Vornehme dem gemeinen Manne in Ansehung des Mi\xDFbrauches der geistigen Getr\xE4nke weniger vorzuwerfen; und ich sehe sie schon die Punschtrinker im neunzehnten Jahrhunderte, wie sie mit steifen Schritten, gefaltetem Gesichte, und verfallenen Augen, entkr\xE4ftet und verdrossen einhergehen. Was das Bier anbelangt, so ist es ausgemacht wahr, da\xDF Ungern gr\xF6\xDFtentheils gutes Bier hat. Das Weintrinken aber ist zu sehr im Schwange, und die Wirkung des wenigen Bieres, das getrunken wird, ist zu gelind, als da\xDF es nur selten nicht bey der M\xE4\xDFigkeit bliebe. Noch sind die Getr\xE4nke zu betrachten \xFCbrig, welche kein ungrisches Landesprodukt ausmachen, deren Nachtheil so betr\xE4chtlich es immer auf unsern K\xF6rper f\xE4llt, dennoch nichts hindert, da\xDF sie durch die Gewohnheit nicht zu Bed\xFCrfnissen eines grossen Theils der Ungern w\xFCrden. Es sind Thee, Kaffee, und Chokolade. Der Schade, welchen der Thee in Ungern anrichtet, ist von geringer Bedeutung; denn dazu hat die Begierde des Ungers noch nicht englisches oder holl\xE4ndisches Gef\xFChl genug; es geht ihm wie dem Franzosen, welcher sich

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von feinem haut gout nicht abwendig machen l\xE4\xDFt; beyde haben im Genusse das Koncentrirte gern. Es giebt schon andere Qwellen genug, aus welchen man die Hypochondrie mit ihrem ganzen Gefolge herleiten kann. Was w\xE4re denn jene Folter unseres Nervensystems, der Kaffee?

Leider, da\xDF man f\xFCr so viele verkannte Wirkungen des Kaffees auch in Ungern eingenommen ist! Wie halt unsere Urtheile immer, je nachdem uns daran gelegen ist, gestimmt sind! Gerade so gehet es mit dem Kaffee. Er schmeckt, hat von den ersten Jahren der Kindheit an geschmeckt. Aus dieser Partheylichkeit f\xFCr den verdorbenen Geschmack bleibt man immer gegen alle Vorstellungen \xFCber die Sch\xE4dlichkeit desselben stumpf. So zahlreich die t\xE4glichen betr\xFCbten Beyspiele davon sind, so findet man dennoch bald eine andere Ursache, die die Schuld des Kaffees tragen mu\xDF. Die gew\xF6hnlichste ist das Temperament. Freilich das Temperament, dieses ungl\xFCckliche Kaffeetemperament. Eine Wirkung, die in so vielen Jahren zu wirken keinen Tag aufh\xF6ret, mu\xDF immer zum Temperamente werden. Ich habe beobachtet, da\xDF in Ungern eine Schaale von gleicher Substanz mehr sch\xE4dlich sey, als es Beobachterin nicht Weinl\xE4ndern von zweyen oder dreyen bemerkten. Bey M\xE4nnern ist der Schade davon seltner sichtbar, desto mehr aber bey dem sch\xF6nen Geschlechte und bey jungen Leuten \xFCberhaupt, deren Nerven viel empfindlicher sind. Ich habe oben nicht unrecht gesagt: aus Partheylichkeit eines verdorbenen Geschmacks. Denn ich sehe, da\xDF der blosse Name den Kaffee schmackhaft mache.* Man trinkt auch in Ungern schon den so genannten Gesundheitskaffee aus gebrennten Zichorienwurzeln. Und gesetzt, er st\xFCnde in der Sch\xE4dlichkeit dem

* Zum Beweise wie auch der gemeine Mann in Ungern nach Kaffee d\xFCrstet, sey der \xF6ffentliche Verkauf in Pre\xDFburg an der Donau vor drey Jahren unter freyem Himmel, wo man vor einen Kreutzer ein halbes Seitel bekam. Was das vor ein Kaffee mu\xDF gewesen seyn! Denn s\xFC\xDF war er auch schon.

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\xE4chten nach, so m\xFC\xDFte doch die blosse W\xE4rme, und die besonders zur Sommerszeit schaden. Ich getraue mich \xFCberdie\xDF noch zu behaupten, da\xDF die Wirkung des \xE4chten und des Zichorienkaffees allezeit gleich ist, wenn ich annehme, da\xDF das Empyreuma, oder der Brand desselben haupts\xE4chlich unsere Nerven ersch\xFCttern. Die Chokolade wird in Ungern bey Gesunden selten gemi\xDFbrauchet; desto mehr aber bey kr\xE4nklichen und zu genesen anfangenden Menschen. Dieses Getr\xE4nk soll ihnen Kr\xE4fte verschaffen. Ich weis nicht, ob man ganz Recht habe, wenn man zu dieser Absicht eine Chokolade w\xE4hlet, welche weniger Gew\xFCrze enth\xE4lt. — Vielleicht wissen die, die dieses thun, oder verordnen, nicht, da\xDF ohne den Gew\xFCrzen auch gesunde M\xE4gen das Oel des Kakao schwer verdauen; um wie viel mehr mu\xDF es einen kranken Magen nicht beschweren? Ich mache hier keineswegs eine Apologie f\xFCr die Gew\xFCrze bey Kranken, diese sind immer so gef\xE4hrlich, als der Gebrauch des Kakao bedenklich ist. Meine Absicht war nur den Schaden zu entdecken, \xFCber welchen selbst viele Aerzte dunkle Begriffe haben. Ich sehe, da\xDF ich bey dieser Betrachtung der Gewohnheiten, in Absicht auf die Luft und auf die Nahrungsmittel weitl\xE4uftiger geworden bin, als ich mir es vorgestellt habe, und dennoch lie\xDF ich viele Gewohnheiten aus, theils solche die mir nicht bekannt sind, theils aber auch solche, die von mir viele andere \xFCber den Menschen \xFCberhaupt schon beobachtet haben. Bey manchen Gewohnheiten habe ich nicht genug Wirkungen gefolgert. Ich that das aber darum, weil ich weis, wie wenig die Wirkungen der Nahrungsmittel und der Luft vom Klima abhangen. Sollte sich jemand hier\xFCber besser unterrichten wollen, so empfehle ich ihm des Herrn J. G. Zimmermanns Buch von der Erfahrung in der Arzneykunst das 5te, 6te, und 7te Kapitel im zweyten Theile.

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Da lch mich eben \xFCber den Gr\xE4nzen der Nahrungsmitteln nicht befinde, so f\xE4llt mir noch eines ein, da\xDF es zwar im Grunde nicht ist, welches sich aber mancher Unger und manche Uingerinn dazu gemacht hat. Es wird die\xDF doch nicht etwa gar der Taback seyn? Dieser ists: Schnupftaback und Rauchtaback. Ich bin wirklich in Verlegenheit, welchem ich den ersten Rang unter den Gewohnheiten zugestehen soll. Also wie's k\xF6mmt; und nun doch auch dem sch\xF6nen Geschlechte seine Ehre zu lassen, Schnupftaback. Fast h\xE4ngt das sch\xF6ne Geschlecht diesem in Ungern mehr nach. Eine Gewohnheit, die manchen Arzt herumtummelt, welcher nachdem er genug getummelt ward, eben so viel weis, als zuvor. Ganze Jahre kuriret man Kopfweh, Magenschmerzen, Neigung zum Erbrechen; und so lang man nicht R\xFCcksicht auf den Schnupftaback hat, sind alle Bem\xFChungen vergebens. K\xF6nnte denn was nat\xFCrlicher seyn, als da\xDF der in den Augenbr\xE4menh\xF6hlen und in der Nase gesammelte Taback entweder im Schlafe, oder aus Unvorsichtigkeit auch wachend durch die hintern Nasenl\xF6cher in den Magen sinke, und auf diese Art nicht nur die schon erw\xE4hnten Zuf\xE4lle, sondern auch viele Nervenkrankheiten erwecke. Ich habe Personen gesehen, m\xE4nnlichen und weiblichen Geschlechts, denen ihr ohnehin au\xDFerordentlich empfindliches Nervensystem durch den anhaltenden Gebrauch des Schnupftabacks so ersch\xFCttert ward, da\xDF alle Mittel so lange fruchtlos waren, bis sie nicht dem Tabackschnupfen entsagten. Die standhaft dabey verblieben, haben weder die \xF6ftern R\xFCckfalle, noch die Heftigkeit ihrer Nervenbeschwerden mehr. So sehr das Frauenzimmer dem Schnupfen des Tabacks in Ungern ergeben ist, eben so sehr schweifet das m\xE4nnliche Geschleckt im Rauchen desselben aus. Auszehrung, Schlagfl\xFC\xDFe, Kachexien, Brust- Magen- und hypocondrische Krankheiten, sind auch bey den Tabackrauchern in Ungern die gew\xF6hnlichsten. Aber ich zweifle, ob in der Hefftigkeit, in welcher

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es Tissot bey seinen Landsleuten beobachtete. Der bekannten St\xE4rke des ungrischen Tabacks ungeachtet, trifft man bey uns doch achtzig- bis neunzigj\xE4hrige Menschen an, die nach Tissotscher Berechnung, gewi\xDF zu viel gerauchet haben. Man vergleiche dieses mit den Schweitzern, deren Ti\xDFot keinen beym Tabachrauchen alt werden sah. Noch habe ich keinen alten Tabackraucher gesehen, sagt er bey Gelegenheit, da er vom Schlagflusse redet. Noch ist die\xDF nicht alles, da\xDF der Unger gerade so ist, wie er in seiner Bl\xF6\xDFe da stehet. Es sind die k\xF6rperlichen Bewegungen und die Ruhe, welche man theils als Hilfsmittel zu seiner dauerhaften Gesundheit, theils aber als Ursachen mannigfaltiger Beschwerden, nach Verschiedenheit der Anlagen ansehen mu\xDF. Entz\xFCndungen, hitzige Fieber, Blutfl\xFC\xDFe, Rheumatismen, allgemeine Entkr\xE4ftungen mit ihren Folgen, sind die gemeinsten Krankheiten, denen die Landleute, welche auf dem Felde arbeiten * unterworfen sind, und die\xDF bald mehr bald weniger, je nachdem sich damit noch analoge Ursachen vereinigen. Aufgedunsene Menschen, H\xE4morrhoiden, Steckfl\xFC\xDFe, Wassersuchten, Gef\xFChllosigkeit, oder qw\xE4lende Reizbarkeit, und endlich ein zu fr\xFCher Tod — die\xDF sind lauter Gegenst\xE4nde, welche uns die sitzende Lebensart ** vieler Menschen in den St\xE4dten in Ungern blo\xDF stellet.

*  Die Arbeiter in den Weingebirgen  k\xF6nnen nicht anders als geb\xFCckt mit dem Kopfe gegen die Erde gerichtet arbeiten. Daher entstehet die so genannte n\xE4chtliche Blindheit, — Nyktalopie — provinzial, der Nachtnebel.

** Niemand sitzt vielleicht mehr als das st\xE4dtische Frauenzimmer in Ungern. Es sey Arbeit oder Spiel, so wird dabey gesessen. Es hat weder Sommer und Winter, noch Fr\xFChling und Herbst eine Ausnahme; vielleicht die letzten Jahrszeiten bey einigen Wenigen auch nur wenige. Da\xDF es auch Gelehrte in Ungern gebe, vorl\xE4ngst gegeben habe, ist trotz aller urspr\xFCnglichen Ferocit\xE4t zu unserer grossen Beruhigung wahr; aber wahr ist es auch, da\xDF sie eben den Krankheiten, von denen Gelehrte anderer Nationen gefoltert werden, ausgesetzet sind.

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Schlafen, und Wachen sind Bed\xFCrfnisse der Ungern: und jedermann wird es bey ihm annehmen, welcher weis, da\xDF die\xDF Menschenbed\xFCrfnisse sind. Der Mi\xDFbrauch, der damit vorgehet, hat nichts mit den Nazionalcharakter zu thun. Viele einzelne Menschen haben ihre besondern Grillen dabey, und viele Familien ihre besondere Art zu schlafen. So ist z. B. die Gewohnheit in hoch aufgeth\xFCrmten Betten zu schlafen, dem Mittelmenschen eigen; da verf\xE4llt man sich so hinein, da\xDF man Morgens ohne M\xFChe sich nicht wieder herauszuwinden im Stande ist. Nun zu einem der wichtigsten und \xFCber Ungern niemals ber\xFChrten Stofe: zu der physischen Erziehung der Ungern. Niemand genie\xDFt einerley Erziehung. So heilig und wahr dieser Satz einem Helvetius, jenem aufgekl\xE4rten, und um den Menschen so verdienstvollen Arzte war; so \xFCberzeugt bin ich auch davon. Also, jeder einzelne Unger hat auch seine besondere Erziehung. Sollte nicht dieses Bewu\xDFtseyn die Unternehmung hier\xFCber zu schreiben unterbrechen? Mehr als Nichts gethan zu haben, ist doch auch noch Verdienst. Ich kenne nur zwo Gattungen der physischen Erziehung in Ungern; eine k\xFCnstliche, die zum Theile auf Grunds\xE4tzen, zum Theile auf eingebildeten Hypothesen, Vourtheilen und str\xE4flichem Aberglauben beruht; und eine nat\xFCrliche, welche der blosse Zufall bestimmt. Oft hat man dem Zufalle mehr Gl\xFCck zu danken, als einem \xE4ngstlich gesuchten unregelm\xE4\xDFigen Plane. Es ist also die nat\xFCrlich physische Erziehung in Ungern unseren W\xFCnschen bald entsprechend; je nachdem dieselbe von dem Bescheide der Selbst\xFCberlassenheit, oder von sorglosen und leichtsinnigen Eltern, oder andern, denen solche oblieget, oder vom unwissenden P\xF6bel mehr oder weniger abh\xE4ngt. Und giebt es doch nach dieser Absicht in den aufgekl\xE4rtesten Reichen ganze St\xE4dte P\xF6bel, warum in Ungern nicht? Es w\xFCrde gar nicht Unrecht gewesen seyn, wenn man noch

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noch die dritte Gattung — die gemischte physische Erziehung, wo beyde erstere bald einf\xF6rmig, bald schiefseitig zusammen wirken, ann\xE4hme. Gewirre genug — aber eben darum so wenig Bestimmtes! Doch etwas von der k\xFCnstlichen. Ein Z\xFCckert, ein Tissot, ein Rosenstein, ein Unzer, ein Tralles, auch Locke und Montaigne nehmen in Ungern in manchen Privatbibliotheken die erste Stelle ein. Der Geist der Ungern ist kr\xE4ftig genug , um dieses Fach der Kenntnisse mit Nutzen studieren zu k\xF6nnen, und manche Fr\xFCchte davon, sind zur Gen\xFCge Beweis daf\xFCr. Viele unserer Aerzte la\xDFen sich diese Erziehung nach Grunds\xE4tzen angelegen seyn, und streuen ihre Fr\xFCchte ans, wie das Herr D. Czepetz zu einer nicht geringen Ehre unserer Nazion that. * Viele hingegen betrachten es nur als eine wenig bedeutende Nebensache, welchen ich von Herzen eine baldige Aufkl\xE4rung w\xFCnsche! Was Wunder, da\xDF man in Ungern auch schwache, gebrechliche, verbleichte jugendliche K\xF6rper antrifft? In der eingebildet guten Erziehung liegt der Knoten, man geht anstatt der gebahnten und nat\xFCrlichen, steile Wege. Eine bey vielen ohnehin verdorbene Beurtheilungskraft kann nichts anders als verderbende Produkte hervorbringen, der Grund, auf welchen manche ihre Erziehung bauen, ist die alberne Meynung: „ Ich und mein Vater sind so erzogen geworden, und meiner Mutter und Gro\xDFmutter Aerzte haben keine andern Maa\xDFregeln dazu gegeben, und ich denke halt auch, da\xDF es gut sey. „ Welche ist nun wohl diese Erziehung? Die erste Qwelle hiezu liegt selbst in dem Verhalten der Eltern, von welchen ich hin und wieder schon Anmerkungen zerstreuet habe, und in ihrer schon genossenen Erziehung. Die zweyte Qwelle ist in dem Verhalten der Mutter, die ihr Kind noch im Mutterleibe tr\xE4gt zu suchen. Es ist

*In einer Abhandlung de cura infantum recens natorum

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keine Ungereimtheit, welche Herr Tralles* beobachtete, die man nicht auch in Ungern f\xE4nde. Unter andern glauben viele M\xFCtter f\xFCr ihre ungebohrnen Kinder alles gethan zu haben, wenn sie w\xE4hrend ihrer Schwangerschaft ein oder zweymal die Ader sich \xF6fnen lie\xDFen. Sie haben keine andere Anzeige dazu, als die Schwangerschaft, und die mit ihr verkn\xFCpften Zuf\xE4lle; es m\xF6gen diese vom \xFCberm\xE4\xDFigem Kaffee und Chokoladetrinken, * * von einer Uiberladung des Magens oder sonst einer Ursache, die mit dem Aderlassen in keiner Verwandtschaft stehet, herkommen, so mu\xDF ihr Vornehmen ansgef\xFChret werden. Uiberdie\xDF heurahten die ungrischen Frauenzimmer gr\xF6\xDFtentheils zu jung, und unreife M\xFCtter bringen unreife Kinder zur Welt. Was k\xF6nnte man sich nicht von manchem Unger versprechen, wenn er bey seiner sonst so schmeichelhaften Lage, reifer gebohren w\xFCrde? Die Empfindlichkeit der ungrischen Frauen ist gro\xDF; ihre Einbildungskraft lebhaft und gespannt. In grossen St\xE4dten in Ungern ist nichts gew\xF6hnlicher, als da\xDF man elende, verst\xFCmmelte, eckelhafte Gesichter und K\xF6rper auf den Gassen bettelnd antrifft. Ist es demnach Wunder, da\xDF es auch Mi\xDFgeburten giebt? Nichts ist den schwangern Frauen in Ungern gef\xE4hrlicher, als das blinde Zutrauen zu den unwissendsten Hebammen und ihrem Apotheckchen, welches gr\xF6\xDFtentheils ans Bezoar - Korallen - Perlmutter - Krebsaugen - D. Michels - Herzpulver, Essent. dulci, Bibergeilessenz, Kinderbalsam, und alten Recepten, noch vom Anfange dieses Jahrhunderts, die eine der andern nach ihrem Tode

* In dem Entwurfe einer vern\xFCnftigen Vorsorge redlicher M\xFCtter, f\xFCr das Leben und die Gesundheit ihrer ungebohrnen Kinder.

** „ Die Kaffeeseuche, diese so eingerissene und kaum zu bezwingende Krankheit — h\xE4lt sogar die au\xDFerdem vern\xFCnftigsten Gem\xFChter dergestalt durch die warmen D\xFCnste umnebelt, da\xDF sie unf\xE4hig werden, es einzusehen, da\xDF die Gesundheit dabey unm\xF6glich bestehen kann. „ So spricht Tralles, als wenn er selbst in Ungern Beobachtungen angestellet h\xE4tte.

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vermacht, bestehet. Und sehen sie, da\xDF alle diese ihre heroischen Mittel umsonst angewandt sind, so nehmen sie die letzte Zuflucht zu ihrer gew\xF6hnlichen Herzst\xE4rkung, dem Perlwasser. Der Ausgang mag noch so \xFCbel ausschlagen, so hei\xDFt es immer; wir haben doch alles gethan; oder sie \xFCberreden sich, dem Teufel im Spiele mit gehabt zu haben. Armer P\xF6bel, der so an der Unwissenheit und Ferocit\xE4t gefesselt ist! Nun ist das Kind kaum zur Welt gebohren, so f\xE4ngt eine neue Periode von L\xE4cherlichkeiten, und ein ungereimter Auftritt um den andern an. Das allzufeste Einwickeln der Kinder, die Wahl der Amme einer kurzsichtigen Hebamme zu \xFCberlassen, dem neugebohrnen Kinde alle freye Luft zu entziehen, dieses mit der Muttermilch fast ers\xE4uffen wollen, — denn die meisten kennen keine andere Ursache des Weinens, als den Hunger; und gesetzt sie lassen sich endlich ja eines andern \xFCberreden, so sagen sie wieder: die Brust ist die be\xDFte Medicin f\xFCr die Kinder. — O! wie betr\xFCbt sieht es dann aus, wenn die Krankheiten des Kindes, Folgen m\xFCtterlicher Ausschweifungen sind! — Den Brey den Kinder zur Unzeit oder im Uiberma\xDFe zu geben, auch die Gewohnheit solchen vorher, ehe man ihn giebt, im Munde herum zu wenden, und dann mit den Fingern dem Kinde einzustreichen, dem Kinde die Brust \xFCber die Wiege liegend zu geben, das fr\xFChzeitige oder zu sp\xE4te Entw\xF6hnen, die Folter der Schn\xFCrbr\xFCste in den ersten Jahren der Kindheit, die Furcht vor der Pockeneinimpfung, Kuchenwerk, Wein, Kaffee bey Kindern gut angebracht wissen zu wollen, — alles dieses und unz\xE4hlige andere Mi\xDFbrauche haben bey unserm eigensinnigen P\xF6bel, und gr\xF6\xDFtenteils Stadtp\xF6bel, so tiefe Wurzeln gefa\xDFt, da\xDF es jedem vern\xFCnftigen Arzte verarget wird, wenn er dawider streitet. Ich habe des Herrn Z\xFCckerts Unterricht zur di\xE4tetischen Pflege f\xFCr S\xE4uglinge, und von der di\xE4tetischen Erziehung der entw\xF6hnten und

(p317)

erwachsenen Kinder gelesen. Ich habe ihn in der Absicht gelesen, um etwa Mi\xDFbr\xE4uche zu finden, welche in Ungern fremd sind. Wenn ich doch nur einen einzigen gefunden h\xE4tte; aber keinen! Ich w\xFCnsche nur, diese zwo Abhandlungen in meinem Vaterlande in mehreren H\xE4nden zu sehen! Ich sagte im ersten St\xFCcke S. 5. N. 3. „ Uiber die Gewohnheiten: wozu haupts\xE4chlich die Erziehung,, u. s. w. Die dieses gelesen haben, erwarteten vielleicht einen systematischen Entwurf von mir, und ein wirkliches Detail — das wollte ich, — ich wollte aber auch den Zusammenhang, der sich hie und dort von selbsten band, nicht zerst\xF6ren; — und so artete ich in einen Diskurs aus, welcher der Absicht, den geringen Unterschied zwischen den physischen Unger, und andern Menschen zu zeigen, dennoch entsprach. Vom Temperamente noch, aber nur um mein Wort zu halten. Es sagtens vor mir andere schon. Herr D. Fucker* giebt dem cholerischen die Oberhand. Herr Wekhrlin** findet Gro\xDFmuht, Tapferkeit, Vaterlandsliebe im Temperamente der Ungern: als Tugenden der urspr\xFCnglichen Simplicit\xE4t, der unvermischten Natur, — verborgene Stiftungen der Menschheit und des Kunstflei\xDFes. Ungern hofft er einst als das Beyspiel zu sehen, was eine gro\xDFm\xFChtige und erleuchtete Regierung Marien Theresiens, aus dem edlen Instinkte der Nation h\xE4tte machen k\xF6nnen, „ Und, wo ist der, der Josephs verdoppelte Schritte zu diesem Ziele verkennet?

H.

* De salubritate & morbis Hungariae p.74

** Chronologen I. B S. 10.
Topic revision: r37 - 09 Sep 2012, KatalinBlasko
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