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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 1, Text 3 (S. 19-26)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Pre\xDFburg,
L\xF6we, 1782
Autor:
Mathias R\xE1th
Zuordnung: Geschichte
(p19)
3. Diarium
Anni 1664. a die Mensis Junii 20, usque quintum Julii in Castris ad Uj-Zrinv\xE1r.*
Den 20sten Junii. Gegen Abend noch zu guter Zeit kamen die Herren im Lager bey
Neusrinw\xE1r an, an der Zahl ungef\xE4hr f\xFCnfzig, um sowohl dem
Herrn B\xE1n, als
* Dieses ist die lateinische Uiberschrift, eines ungrisch geschriebenen Tagebuchs, wovon wir hier eine getreue Uibersetzung liefern. Vielleicht ist es als ein Beytrag zur Kriegsgeschichte des vorigen Jahrhunderts merkw\xFCndig genug, um der g\xE4nzlichen Vergessenhelt entrissen zu werden. Der Verfasser desselben hat sich nicht genannt; er scheint aber kein gebohrner Unger gewesen zu seyn, weil seine Sprache in einigen Stellen ziemlich fehlerhaft ist. Oder, vielleicht ist es nicht das Original selbst, sondern nur eine Abschrift davon. Fast sollte man dieses Letztere denken, weil einige unleserliche Z\xFCge, wie nachgemalt aussehen, die denn auch der Uibersetzer, aller angewandten M\xFChe ungeachtet, nicht hat entziffern k\xF6nnen.
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den daselbst anwesenden Generalen einen Besuch abzustatten, und die Stellung des Lagers, nebst andern
nohtwendigen Sachen zu untersuchung. Zu allererst steigt
Hr. N\xE1daschdi bey dem Gezelte des Herrn B\xE1ns ab, den er zwar gesund, aber voller Kummer antraf. Denn auch damals, als wir anlangten, haben die T\xFCrken gewaltig auf die Festung geschossen. Ihr Lager, nebst ihren Gezelten stund auf den Bergen und in den Th\xE4lern, die sich um die Festung herum befinden. Sie haben sechs grosse Kanonen, und ungef\xE4hr sechszig Feldschlangen. Das Lager des General
Montecucoli liegt gegen
Legr\xE1d zu, in der Gegend der Kirchh\xF6fe dieses Orts. Oberhalb denselben gegen die Festung zu, sind die Reichsv\xF6lker; weiter hinauf bey der
Mur*, der Herr B\xE1n, nebst den bey ihm befindlichen Herren, und St\xE4nden; hinter ihnen aber zween
Herren Botty\xE1ni. - Die Unsrigen schossen aus der Festung einen vornehmen Bascha todt.
Diesen Abend gieng eine Mannschaft von ungef\xE4hr zweytausend K\xF6pfen \xFCber die Mur, um etwas wider die T\xFCrken zu wagen. - Es ward Abends, als die T\xFCrken Salve schossen, ein anhaltendes viertlst\xFCndiges Schie\xDFen aus dem groben sowohl als kleinen Gesch\xFCtze wahrgenommen. Ein unsriger Unterthan, den die T\xFCrken
im voringen Jahre gefangen hatten, kam zu uns her\xFCber. Es kommen zuverl\xE4\xDFige Nachrichten, selbst Briefe vom
Herrn Zuza, von der
Einnahme der Festung Lewa.
Den 21sten nach Mittag um zwey Uhr kamen die ungrischen Truppen an, deren Reiterey sowohl, als das Fu\xDFvolk
* Ein Flu\xDF, der im Salzburgischen entspringt, Steyermark in zwey St\xFCcke theilet, von da nach Ungern k\xF6mmt, und bey Legr\xE1d von der Drawa verschlungen wird.
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Reihenweise in das Lager bey
Koton an der Mur marschirte. Diese zu besichtigen, giengen verschiedene brave deutsche sowohl als ungrische Offiziere hinaus. — Nachdem wir uns mit dem Herrn B\xE1n, und Montecucoli berahtschlaget hatten, beschlossen wir, da\xDF drey tausend Mann Infanterie, einen Ausfall auf die T\xFCrken thun, und auch au\xDFen L\xE4rm gemacht werden sollte; wie ich denn auch die
Ordre sub signo M. & N. ausgegeben habe; es ward aber wegen der nassen Witterung verschoben.
Die Kavallerie und Infanterie, welche gestern um etwas zu wagen ausgeschickt war, schlug die \xE4u\xDFere Seite des t\xFCrkischen Lagers. Zweyhundert beyl\xE4ufig wurden niederges\xE4belt, auch Gefangene, nebst vielen Kameelen, und sechszehn Mauleseln eingebracht. Ihr Anf\xFChrer war
Johann Sch\xE1rk\xE1n. (S\xE1rk\xE1ny) — Mit dem
Wegsengen von Wardein hat es seine Richtigkeit.
Den 22igsten fr\xFCh Morgens waren wir, sowohl Reiter, als Fu\xDFv\xF6lker bey der Mur in Bereitschaft. Wir h\xE4tten uns, wenn es wozu n\xF6htig gewesen w\xE4re, \xFCberall hin, ohne Hinderni\xDF wenden k\xF6nnen. - Ungef\xE4hr 3000 Musketire kommen mit Munition an.
Die Herren fa\xDFten den Entschlu\xDF, abermal mit einigen Tausenden einen Ausfall aus der Festung zu thun, und \xFCber der Mur von drey Seiten L\xE4rm schlagen zulassen; es ward aber, gewisser Ursachen wegen verschoben. Man beobachtete, da\xDF die T\xFCrken, wider die Gewohnheit, kein Salve schossen, woraus wir muhtma\xDFten, da\xDF sie sich entweder wider uns, oder zur Flucht r\xFCsteten, besonders, da ein Deutscher herein geflohen war.
Den 23igsten. Herr N\xE1daschdi zeigte seine Truppen den Herrn Montecucoli,
Spork, und
Hohenlohe. Des Montecucoli Urtheil war: er h\xE4tte nicht geglaubt, da\xDF ihre Anzahl, St\xE4rke, Gewehr, und Pferde, so beschaffen w\xE4ren, als ers itzt s\xE4he. - Es k\xF6mmt ein Deserteur zu uns her\xFCber. Es wird stark Salve geschossen.
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Den 24igsten. Die Festung wird stark beschossen; und der Herr B\xE1n will hin\xFCber gehen. Dichte hinter ihm, wird \xFCber die Achseln des
Adam Frantschitsch geschossen. Der Herr B\xE1n war auch wirklich im Begriffe, diese Nacht etwas zu versuchen; es wurde aber ohne Aufh\xF6ren, bis zum Anbruche des Tages geschossen. Auch das Salveschie\xDFen dauerte noch immer stark fort. — Diese Nacht hatten die T\xFCrken die
Ravelins angez\xFCndet; das Feuer ward jedoch von den Unsrigen bald wieder gel\xF6schet. Wir haben nur einen Mann verloren.
Ben 25igsten ward auf die Festung stark geschossen, Montecucoli geht hin\xFCber, um zu sehen, wie es am beqwemsten w\xE4re, die T\xFCrken anzugreifen. Heute schickte N\xE1daschdi den Abt von
Zircs, Herrn
Ujfaluschi nach Wien, um die L\xF6hnung. Es wird Salve geschossen. Drey T\xFCrken liefen zu uns her\xFCber, und noch ein anderer, den wir zum Spisse verurteilten, weil er schon zum drittenmale, hin und her gefl\xFCchtet war.
Den 26igsten. Mit Anbruche des Tages ward die Festung stark beschossen. Montecucoli schickt einen Kurier. Die Herren sind bey diesem Generale beysammen, um sich zu berahtschlagen, ob man dem T\xFCrken ein Treffen liefern, oder aber den
Markgrafen von Baaden erwarten soll. Der Herr B\xE1n drang auf das Erstere; allein die Herren f\xFChrten verschiedene Kriegsraisons an, und beschlossen, da\xDF es besser w\xE4re, die Hilfe zu erwarten, welche binnen drey oder vier Tagen zwanzigtausend Mann stark da seyn w\xFCrde. — Es war die Verordnung ergangen, da\xDF man das Getraid nicht unn\xFCtz verbrauchen sollte. Dem ungeachtet sieht der Herr B\xE1n verschiedene deutsche Jungen aus dem Gezelte des Herrn N\xE1daschdi Getraid tragen, die er ergreifen, oder ihre Pferde wegnehmen l\xE4\xDFt. Sie waren aus dem Hohenlohischen Lager. Diese Sache k\xF6mmt im Kriegsrahte vor; und der Herr B\xE1n nimmt es sehr hoch auf. Seit vielen Jahren sagte er, besch\xFCtze er dieses Land gegen die Heiden, und itzt
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verderben und verw\xFCsten es die Deutschen, die doch zum Schutze gekommen w\xE4ren. Hierauf versetzte Hohenlohe im Zorne: Weil der Herr B\xE1n einige Maulesel und Kameele weggetrieben und erbeutet, so glaube er schon, er habe die T\xFCrken geschlagen. Es entstand ein heftiger Wortwechsel, und zuletzt kam es fast zu dem Degen. — Der Zunder dieser Zwietracht ist noch in jener Entzweyung zu suchen, die vorigen Winter zwischen diesen beyden Herren bey
F\xFCnfkirchen vorgefallen war.
Den 27igsten vor Tages Anbruch zwischen zwey und drey Uhr kommen die T\xFCrken, unter sehr heftigem Kanonen- und Flintenfeuer zum Sturme; wie denn die Deutschen schon aus dem Ravelin verdr\xE4ngt waren, als die ungrische Infanterie zu Hilfe kam, und die T\xFCrken wieder hinaus trieb. Von den Deutschen sind drey\xDFig niedergemacht worden. Der Herr B\xE1n ist auch zu dem Sturme gekommen. — Abends gehen die Herren
Peter Srini (Zrini) und
Schnaidau mit beyl\xE4ufig dreyzehntausend Mann, nebst den jenseitigen Ungern hin\xFCber. Mit gemeinschaftlicher Einwilligung wird Peter Srini Oberkommendant.
Den 28sten. Peter Srini schreibt zur\xFCck: die T\xFCrken und Tartarn, wider welche er gegen
Bertzenze zu marschirt, w\xE4ren vor ihm goflohen; jene T\xFCrken aber aus dem Lager des Gro\xDFwisirs, erwarteten ihn in v\xF6lliger Bereitschaft, und Schlachtordnung: zwischen ihnen w\xE4re grosses Wasser, \xFCber welches er, Herr Peter Srini die H\xE4lfte seiner Truppen schon \xFCbergesetzt, die andere H\xE4lfte aber diesseits gelassen h\xE4tte, und sich deswegen erkundigte, ob er die T\xFCrken angreifen soll. Montecucoli antwortete ihm: wie er es beqwem finden w\xFCrde. Srini aber hielt es nicht f\xFCr rahtsam, die T\xFCrken zu attaquiren, weil diese um viel zahlreicher waren; sondern kehrte gegen Abend zur\xFCck ins Lager. Der Herr schickt 120 Granaten in die Festung. Ein Musketier schl\xE4ft dabey ein, z\xFCndet die
Lunde an, wodurch drey Tonnen Pulfer ergriffen, viele
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Menschen besch\xE4digt, und in die Luft gesprengt worden. Unter andern ward auch der Kommendant der Festung,
Andreas Horw\xE1th, ein sehr tapferer und braver Offizier, in den Graben geworfen, und get\xF6dtet. -Gegen Abend sprengen die unsrigen eine Mine, und thun dadurch dem T\xFCrken einen betr\xE4chtlichen Schaden.
Der Herr B\xE1n macht sich bereit nach Wien zu reisen, und l\xE4\xDFt seine Gezelte abbrechen. N\xE1daschdi, Montecucoli, und andere Standespersonen, f\xFChren allerhand wichtige Gr\xFCnde an, ihn von diesem Entschlusse abzubringen, richten aber nichts aus. Er giebt folgende Ursachen an: 1. da\xDF er in der Festung gar keine Disposition habe, indem ihm alles aus den H\xE4nden gerissen worden. 2. Man h\xE4tte sogar Beamte ohne sein Wissen in die Festung gesetzt. 3. Wollte man die Festung vorsetzlich verlieren, weil man den T\xFCrken kein Treffen liefern will ; und auch in andern Sachen wollte man mit ihm keine Korrespondenz halten. — Montecucoli und andere Herren geben ihm auf das Erste und Zweyte zur Antwort: da\xDF die Disposition und Besetzung der Aemter in der Festung durch den Kriegsraht ergangen w\xE4re, wobey auch der Herr B\xE1n zugegen gewesen, und eingewilliget h\xE4tte: dem T\xFCrken aber ein rechtes Treffen zu liefern, w\xE4re vor der Ankunft des Markgrafen von Baaden ganz unm\xF6glich, als welcher bereits in der Gegend von
G\xFCns sich best\xE4nde. Diesem ungeachtet, macht sich derselbe auf die Reise.
Man schickt einen Kurrier nach Wien, um
Seine Majest\xE4t von dem Vorfalle mit dem Herrn B\xE1n zu benachrichtigen. - Viele halten daf\xFCr, da\xDF die oben ber\xFChrten Punkte, dem Herrn B\xE1n nur zum Vorwande gedienet haben, und da\xDF er sich vielmehr dar\xFCber ge\xE4rgert, da\xDF nicht die ganze ungrische Armee, und um so viel weniger die deutschen Truppen von ihm abhiengen, wor\xFCber er in Wien etwas zu erhalten hoffte; wie es aus gewissen Anzeigen abzunehmen ist. Denn, als Montecucoli hieher kam,
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und er ihn in seine eigene Festung Srin f\xFChrte, hat er demselben da so wenig, als bey anderer Gelegenheit, zur rechten Hand gehen lassen; welches ihn auch sehr verdrossen.
Die Patente Seiner Majest\xE4t an die sieben Gespanschaften kommen mir zu H\xE4nden, n\xE4mlich: da\xDF die neuen P\xE4\xDFe nicht gelten, die R\xE4uber gefangen werden, und niemand aus den L\xE4gern ohne P\xE4\xDFe von den Generalen und Offizieren gelassen werden soll. - Das
Raber Komitat schickt 100 Reiter und Infanteristen.
Den 29igsten. Die T\xFCrken kommen zum Sturm, werden aber von den Unsrigen abgetrieben, die auch zwo Minen sprengen. Der Herr B\xE1n geht von dem Orte, der dem Sturme ausgesetzt war, nach Koton, und nach Mittage tritt er seine Reise nach Wien an, von wannen er binnen 6 Tagen zur\xFCck kommen wollte. Herr Peter Srini, und die \xFCbrigen Herren sprechen \xFCber dem Abendessen beym Herrn N\xE1daschdi von der Abreise des Herrn B\xE1ns, dem Herr
Paul Esterh\xE1\xDFy nachgeschickt wird. Man schrieb mit wenig Worten, lie\xDF ihm aber m\xFCndlich mehrers melden. - Nachts wird auf die Festung sehr stark geschossen, und der Befehlshaber derselben in dem Backen verwundet. Das grobe Gesch\xFCtz wird aus der Festung \xFCber die Mauer gebracht.
Den 20igsten ungef\xE4hr um 7 Uhr nehmen die T\xFCrken den Graben von der Festung ein, und gegen 8 Uhr besteigen sie die Festung. In derselben waren 1200 deutsche, und 40 ungrische Infanteristen. Sie machen Rei\xDFaus. Die Br\xFCcke \xFCber die Mur sinkt unter ihnen, und es kommen fast tausend dabey um. Die Minen, welche unter den Bollwerken der Festung waren, (denn zuletzt wollten es die Unsrigen selbt thun) konnten sie nicht sprengen.
In dem ganzen Lager entsteht ein grosser L\xE4rm. Es werden auch sogleich Tatarn zur Verheerung ausgeschickt. In der n\xE4mlichen Stunde wird dieses nach Wien berichtet,
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und die Mur von den Deutschen sorgf\xE4ltig bewachet. Zu
Sopock (Szopok) aber werden ungrische Wachen ausgestellt. Die Truppen des
Franz Piber, und
Franz Nagy, lassen melden, da\xDF sie auseinander gehen w\xFCrden, wenn sie morgen nicht bezahlet w\xFCrden. Nur mit vieler M\xFChe k\xF6nnen wir sie bes\xE4nftigen, indem wir dieselben versichern, da\xDF die Bezahlung bis den 5ten k\xFCnftigen Monats gewi\xDF erfolgen werde.
Den 1sten Julii. Die T\xFCrken arbeiten an der Verbesserung der Festung mit allem Flei\xDFe; die Unsrigen aber, die Deutschen n\xE4mlich, werfen starke Schanzen wider die Festung auf. Die Truppen Seiner Majest\xE4t stehen Tag und Nacht zu Pferde auf der Wache in einem Wasser, welches bald bis an die Knie, bald noch h\xF6her reichet. Die Unsrigen schie\xDFen \xF6fter aus der disseits der Mur gelegenen Bastey, welche in einem Sumpfe sehr nahe an der Festung stehet. Von Seiner Majest\xE4t k\xF6mmt ein Schreiben wegen der Zahlung.
Den 2ten dauert das Sengen und Brennen noch immer fort. Die T\xFCrken versuchen w\xE4hrend der Her\xFCberkunft die Unsrigen zu schlagen. Die Mur wird flei\xDFig bewacht, der Soldat aber nicht bezahlt. Den 3ten, 4ten, bis 5ten, wie vorhin. Die T\xFCrken schie\xDFen, zuweilen auch die Unsrigen.
R.