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Zeitschrift von und f\xFCr Ungern
Hrsg. von
Ludwig Schedius
Pest, Patzko, 1802
Band 1, Heft 1
I. Abhandlungen und k\xFCrzere Aufs\xE4tze
Text 1 (S. 16-23)
Autor:
J\xE1nos Fekete
Zuordnung: Biografie
(P16)
Die Biographie meines Freundes, den ich als Menschen liebte, als Gelehrten hochsch\xE4tzte, kann nicht mit jenen prunkvollen Ausdr\xFCcken den Posaunenton anstimmen, der dem Eroberer oft vom Blut triefende unverdiente Lorbeerkr\xE4nze, dem Staatsmann (selbst bey ver-
*) Womit k\xF6nnte ich wohl auf eine w\xFCrdigere Art die gegenw\xE4rtige Zeitschrift er\xF6ffnen, als mit der Lebensbeschreibung desjenigen Mannes, dem wir das erste in Ungern erschienene Journal, die ersten Wochenbl\xE4tter, und den Anfang der seit ungef\xE4hr vierzig Jahren bisher immer noch bestehenden deutschen Pre\xDFburger Zeitung verdanken. – Die reinste Erkenntlichkeit, die ich nicht nur als sein gl\xFCcklicher Schwiegersohn, die ich auch als ungrischer Literator f\xFCr sein Andenken f\xFChle, hie\xDF mich den obigen, von einem unserer gebildetsten M\xE4nner, der lange sein vertrauter Freund war, verfa\xDFten Aufsatz zum Eingang eines Werkes w\xE4hlen, worin ich ihn zum w\xFCrdigen Vorg\xE4nger habe.
A. d. H
(P17)
dienter Gei\xDFel der Nachwelt) mit Thr\xE4nen der Zeitgenossen benetzte B\xFCrgerkronen windet. O wie mancher Feldherr war beym herrlichsten seiner Siege die unwichtigste Triebfeder desselben! Wie mancher Staatsmann, ob er gleich Gutes stiftete, that es mit fremden Talenten – oft sogar ohne es zu wollen. Ganz anders ist das Verh\xE4ltni\xDF eines, durch eigenen inneren Werth verdienstvollen B\xFCrgers, der sich \xFCber die d\xFCstern Zeiten, die ihn umnebelten, erhebend, Licht und Wahrheit, so viel es in seinen Kr\xE4ften stand, zu verbreiten suchte, der, wenn ihn auch der Druck der Umst\xE4nde hinderte, alles zu leisten, was er vermochte und w\xFCnschte, doch im Lande der Ersten einer war, der an \xE4chter Aufkl\xE4rung arbeitend, ihr heiliges Feuer gegen Unken und Eulen zu sch\xFCtzen sich bem\xFChte.
So war der im Jahr 1725, den 28. J\xE4ner zu
Pre\xDFburg gebohrne Karl Gottlieb von Windisch. Seine Wiege umgab nicht der eitle Glanz, der die Seele manches Menschen, meist schon in der zartesten Jugend, durch Einimpfung h\xE4ufiger Fehler, zu Lastern vorbereitete. Bestimmt zur Kaufmannschaft in seiner Vaterstadt, wo ein betr\xE4chtlicher Theil der Einwohner neben der deutschen Sprache auch die ungrische, und ein noch gr\xF6\xDFerer die slavische Spache noch nicht ganz verlernet hat, w\xFCnschten seine f\xFCr ihres Sohnes Wohl besorgten Eltern, da\xDF er sich in beyden Sprachen mehr Fertigkeit erwerben m\xF6chte; dieses war die Veranlassung seines dreyj\xE4hrigen Aufenthaltes in
Raab und
Trentschin vom Jahre 1736 bis 1738. Sonst studirte er unter der Leitung zweyer w\xFCrdigen M\xE4nner und Lehrer der evangelisch - lutherischen Schule zu
Pre\xDFburg,
Beer und
Szaszky; – aber sein nicht zu erm\xFCdender Flei\xDF lie\xDF ihn mit dem sich nicht begn\xFCgen, was Schulen gew\xE4hren k\xF6nnen; durch best\xE4ndiges Lesen zu Hause, legte er den Grundstein seiner ausgebreiteten Kenntnisse. Zum Beweise seiner Talente mag es dienen, da\xDF er die italienische Sprache, ohne Beyhilfe eines Meisters, sich so eigen gemacht, da\xDF er
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nicht nur die besten Schriftsteller dieser Nation verstehen und benutzen, sondern selbst sehr gut \xFCbersetzen konnte; eben so brachte er es in der Zeichenkunst, Mahlerey, sogar im Kupferstechen auf einen Grad der Vollkommenheit, den so mancher, beym Unterricht der besten Meister, kaum zu erreichen vermag. Ich f\xFChre diese Umst\xE4nde, die dem eckeln Geschmack manches Gelehrten klein scheinen d\xFCrften, mir darum an, weil sie Beweise seiner F\xE4higkeiten, so wie der humanen Stimmung seines Gem\xFCthes darbieten. Wer den sch\xF6nen K\xFCnsten huldiget, wer an einem
Metastasio,
Tasso,
Ariost,
Petrarcha ec, fr\xFCh Geschmack findet, hat gewi\xDF ein f\xFCr die Menschheit warm schlagendes Herz. Seine Begierde nach h\xF6herer Ausbildung fl\xF6\xDFte ihm auch den Wunsch ein, im Auslande seine Studien fortsetzen, seine Kenntnisse und seinen Denkungskreis erweitern zu k\xF6nnen, aber der Tod seiner Mutter und seine dadurch ver\xE4nderten Familien-Verh\xE4ltnisse verhinderten ihn an der Ausf\xFChrung seines Vorhabens. Doch gelang es ihm bald nachher zuerst in den
Erblanden, sodann selbst im Auslande einige Reisen zu machen, die seine Mitb\xFCrger sowohl als die Fremden in dem Wahn best\xE4rkten, da\xDF er wirklich auf Universit\xE4ten gewesen sey, und wenn seine Freym\xFCthigkeit sie des Gegentheils versicherte, bew\xE4hrten ihnen seine Kenntnisse die gro\xDFe Wahrheit, da\xDF wahre Talente sich selbst erziehen. –
Bey dieser Gelegenheit kn\xFCpfte er jene, nachher durch gelehrten Briefwechsel unterhaltene, freundschaftliche Verbindungen, die ihm so warme Verehrer, so innige Freunde bis ins Grab gew\xE4hrend, einen noch helleren Glanz auf seine Verdienste warfen. Schon hatten seine vielen literarischen Arbeiten, die inneres Vollgewicht mit Anmuth vereinigten ihm einen ausgezeichneten Platz unter den Gelehrten seines Vaterlandes errungen, lange bevor, ehe er noch eine Sylbe drucken lie\xDF. Als mein Freund endlich seiner Selbstst\xE4ndigkeit bewu\xDFt, die literarische Bahn durch die Herausgabe
(P19)
eben so n\xFCtzlicher als angenehmer Werke betrat, erlangte er gar bald einen so ausgebreiteten Ruhm, da\xDF ihn
die k\xF6nigliche franziscische Akademie der Wissenschaften und K\xFCnste zu Augsburg zum korrespondirenden Mitglied ernannte; kurz vorher hatte ihn auch die
Ollm\xFCtzer gelehrte Gesellschaft, so wie auch
die deutsche Gesellschaft zu Altdorf der Zahl ihrer Mitarbeiter einverleibet.
In seiner Vaterstadt verschaffte ihm seine Uneigenn\xFCtzigkeit, sein biederer B\xFCrgersinn schon im Jahre 1763 die Senators-W\xFCrde, dann hat er zweymahl das beschwerliche Amt eines Stadt-Hauptmannes mit der vollkommensten Zufriedenheit der damals in
Pre\xDFburg sich befindenden politischen Stellen bekleidet, deren vorz\xFCglichste Mitglieder seine Freunde wurden, ihn des vertrautesten Umgangs w\xFCrdigten.
Zweymal war er B\xFCrgermeister seiner Vaterstadt, und starb als solcher im Jahre 1793, den 30. M\xE4rz, nachdem man ihn zum zweytenmahle gerade darum gew\xE4hlet hatte, weil es Zeitl\xE4ufte gab, in welchen Vaterlandsliebe mit Klugheit und Bescheidenheit verbunden, allein die rechte Mittelstra\xDFe zwischen den beyden Extremen, wohin der gr\xF6\xDFte Theil der Menschen sich verlor, treffen konnten, –
Einfach in seinen Sitten, gutm\xFCthig in seinen h\xE4uslichen Verh\xE4ltnissen, gelassen in allen seinen Handlunge, war Windisch ganz Feuer, ganz Th\xE4tigkeit, wenn sich ihm ein Weg zum N\xFCtzlichwerden, eine Gelegenheit zu irgend einer guten Handlung zeigte; dann verga\xDF er sich selbst, durchwachte N\xE4chte und that Alles, um sowohl seinem Vaterlande, als seinen Freunden zu dienen. Die leidende Menschheit fand an ihn immer einen unerschrockenen Vertheidiger, das Laster einen strengen Richter, die irregef\xFChrte Schwachheit einen mitleidsvollen Rathgeber. – Nie hat die Thr\xE4ne der Wittwe, oder der Waisen sein durch Flei\xDF und Th\xE4tigkeit ansehnlich vermehrtes Verm\xF6gen besudelt; – das Zutrauen seiner Mitb\xFCrger in
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seine Rechtschaffenheit, in seine Einsichten war so unumschr\xE4nkt, da\xDF man ihn gar oft zum Schiedsrichter h\xE4uslicher Zwiste, auch dann erbat, da er nur Senator war. So rauh seine Aussenseite schien, aber auch nur schien; so schmetternd seine starke m\xE4nnliche Stimme war, so sanft war sein Herz, so geschmeidig sein lehrreicher Umgang. –
O wenn er so in seiner Studierstube mit einem
Miltitz, mit einem
B\xFCnau, einem
Niklas Forg\xE1ts und einigen wenigen andern, unter die sich auch der Verfasser dieser Biographie mit Wonne erinnert gez\xE4hlet worden zu seyn, in freundschaftlicher Vertraulichkeit sa\xDF, da schien er das Bild des seine J\xFCnger belehrenden
Sokrates zu seyn. Wie innig, an Herz und Kopf greiffend waren dann seine Gespr\xE4che; wie von allem Schulgez\xE4nke entfernt die oft getheilten Meinungen. Wie oft verga\xDFen seine Freunde sich bey ihm bis in die sp\xE4te Mitternachtstunde, und opferten gerne Gesellschaften und Schauspiele dem s\xFC\xDFen Vergn\xFCgen bey ihm zu verweilen.
Nie wird die Stadt
Pre\xDFburg ein so w\xFCrdiges Mitglied seines Magistrats, nie seine Freunde, deren noch einige leben, Karl Gottlieb von Windisch vergessen; nie das dankbare Ungern aufh\xF6ren auf einen solchen B\xFCrger stolz zu seyn. –
Wir glauben daher seine Biographie nicht besser beschlie\xDFen zu k\xF6nnen, als durchs das Verzeichni\xDF seiner Werke, den richtigsten Beweis der Mannigfaltigkeit seiner Kenntnisse, die \xE4chtese Beylage zu dem, was wir in einzelnen Z\xFCgen von seinem moralischen Charakter gemeldet haben. Durch diese Werke hat er das non omnis moriar gewi\xDF erlangt, und sich selbst das herrlichste, der Zeit trotzende Denkmal errichtet.
1)
Hannswurst, ein Lustspiel in einem Aufzuge, Pre\xDFburg 1761. gr. 8. – Diese Satyre, auf den damahls noch herrschenden Geschmack am Possenspiele, erschien fr\xFCher als des um die Aufkl\xE4rung der \xF6st-
(P21)
reichischen Staaten so wohl verdienten
Herrn Hofraths v. Sonnenfels:
"Gei\xDFelhiebe auf den gr\xFCnen Hut". Sie beweiset unendlich viel f\xFCr den richtigen Geschmack sowohl, als den Muth meines Freundes , der Vorg\xE4nger eines solchen Mannes gewesen zu seyn, wie Sonnenfels.
2)
Der Freund der Tugend, eine Wochenschrift, eben daselbst 1767 – 1769. 8. Der Titel erspart jede weitere Anmerkung.
3)
Der vern\xFCnftige Zeitvertreiber, eben daselbst. 1772. 8.
4)
Pre\xDFburgisches Wochenblatt zur Ausbreitung der Wissenschaften und K\xFCnste, 3 B\xE4nde, eben daselbst, 1771 – 1773. 8.
Kann wohl jemand an allen diesen, in verschiedene Formen gegossenen Wochenschriften, welche die ersten waren, die in Ungern erschienen, den unerm\xFCdeten Eifer des Verewigten zur Aufkl\xE4rung seines Vaterlandes verkennen?
5) Auch die noch bisher bestehende
deutsche Pre\xDFburger Zeitung hat ihm ihren Ursprung zu danken.
6)
Politisch - geographisch - und historische Beschreibung des K\xF6nigreichs Hungarn, eben daselbst, 1772. 8. Man siehst aus dem Zeitpunkte dieser Herausgabe, wie mein w\xFCrdiger Freund das Leichte des bildenden Scherzes mit dem gr\xFCndlich belehrenden Ernste zu verbinden suchte, und wu\xDFte. –
7) Einzelne Gelegenheits-Gedichte. –
8)
Verschiedene Aufs\xE4tze in die monatlichen Ausz\xFCge alt und neuer gelehrten Sachen. Olm\xFCtz 1747 –1749. Ein unwiderlegbarer Beweis, da\xDF mein Freund sich bereits in j\xFCngeren Jahren herrliche Kenntnisse gesammelt hat.–
9) Viele Aufs\xE4tze in die wienerische Wochenschrift,
die Welt betitelt,
Wien 1761-1763. 8. Sie mu\xDFten sehr gut und brauchbar seyn, diese Aufs\xE4tze
(P22)
eines Ungern, um in ein Wiener Wochenblatt auf\xADgenommen zu werden. –
10)
Beytr\xE4ge zur altdorfischen Bibliothek der gesammten sch\xF6nen Wissenschaften, 2 B\xE4nde, Altdorf 1762. gr. 8. also wieder unmittelbar in einem Zeitpunkte, wo er ohnehin mit einem Wochenblatt besch\xE4ftigt war. –
11)
Einige Aufs\xE4tze in den Beytr\xE4gen der Augsburger Akademie zu den sch\xF6nen Wissenschaften und freyen K\xFCnsten, Augsburg 1764. gr. 8.
12) Und in den
k. k. privilegirten Anzeigen, die in Wien 1771 – 1776. gr. 4. erschienen.
13)
Ungrisches Magazin oder Beytr\xE4ge zur vaterl\xE4ndischen Geschichte, Erdbeschreibung und Naturwissenschaft. 4 B\xE4nde, 1781 – 1788. – Dieses im Auslande noch weit mehr, als bey uns gesch\xE4tzte Werk, (welches einem Freund unsers unsterblichen Windisch den Wunsch abdrang, eine vielj\xE4hrige Reise durch das an alten Monumenten sowohl, als an Produkten der drey Naturreiche so ergiebige Vaterland, in Begleitung eines Antiquars, eines geschickten Zeichners und eines Naturforschers machen zu k\xF6nnen) wurde durch seinen Eifer f\xFCr die Ehre und das Wohl des Vaterlandes veranstaltet, und mit eben so wichtigen, als reichhaltigen Aufs\xE4tzen von seiner Hand bereichert, so, da\xDF wenn er sonst nichts geleistet h\xE4tte, sein Aschenkrug schon darum verdiente, mit der B\xFCrgerkrone zu prangen.
14)
Geographie des K\xF6nigreichs Ungern, 2 Theile 1780 gr. 8.
15)
Geographie des Herzogthums Siebenb\xFCrgen, als dritter Theil des vorigen Werkes, 1790. Diesen beiden Werken wird sein Schwiegersohn die etwa noch mangelnde Vollkommenheit n\xE4chstens geben und dadurch der Asche seines zweyten Vaters am herrlichsten parentiren.
(P23)
16)
Geographie und Geschichte des K\xF6nigreichs Ungern, f\xFCr Kinder; 1780, 2te Auflage. 1785, 3te Auflage in 8.
17)
Kurzgefa\xDFte Geschichte der Ungern, Pre\xDFburg 1778. gr. 8., die zwar manchem ungenie\xDFbar scheint, der nicht bedenkt f\xFCr wen, und unter welchen Umst\xE4nden, W. dieselbe schrieb. Wer darauf achtet, wird gewi\xDF die Gelehrsamkeit und den Patriotismus des Mannes, verbunden mit jener M\xE4\xDFigung und edlen Klugheit, die sich in alles schickt, ohne sich wegzuwerfen, bewundern.
18)
Neues Ungrisches Magazin in II. B\xE4nden, 1791-1798. 8. Die letzten Hefte davon erschienen nach seinem Tode, aber aus seiner fertig hinterlassenen Handschrift. Die Fortsetzung des oben erw\xE4hnten, in eben dem Geiste, wie die ersten 4 B\xE4nde.
19)
Briefe des Herrn K. G. von Windisch \xFCber den Schachspieler des Herrn Hofraths von Kempelen, Pre\xDFburg. – Ins Franz\xF6sische \xFCbersetzt vom Herrn v. Mechel, Basel, 1783.
Wie selten ist so ein Mann, der selbst ohne Amtsgesch\xE4fte, so viel Gutes, Sch\xF6nes und N\xFCtzliches leistete. – Aber wo ist, nicht nur in Ungern, sondern wo immer, ein mit fremdartigen Gesch\xE4ften \xFCberh\xE4ufter Beamte irgend einer Stadt, der mit so vielem Eifer als auszeichnendem Talente sich den K\xFCnsten und Wissenschaften geweihet hat! –
Sanft ruhen die Gebeine des Edlen!
G. I. G. F.